Читать книгу Der Fall mit den Todesbriefen: Kommissar Jörgensen Hamburg Krimi - Alfred Bekker - Страница 8
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»Sie brauchen sich keine Vorwürfe zu machen, Herr Sutthoff«, sagte später unser cHef, Kriminaldirektor Jonathan D. Bock, als wir in seinem Büro saßen.
Sutthoff zuckte die Schultern.
Roy war auch dabei. Ein Wundverband zierte seine Stirn.
Aber es sah viel schlimmer aus, als es war. Ein Glassplitter hatte ihn touchiert. Die Wunde war desinfiziert und genäht worden. Er würde allenfalls eine kaum sichtbare Narbe zurückbehalten. Er hatte Glück gehabt. Das Ding hätte buchstäblich auch ins Auge gehen können.
»Sie haben Gabriel Wenzel in einer Notwehr-Situation erschossen«, stellte Herr Bock klar. »Er ließ Ihnen keine andere Wahl...«
»Ich weiß«, sagte Sutthoff. »Und trotzdem...«
Bock sah ihn an und nickte verständnisvoll.
»Ich denke, ich weiß, was Sie meinen.«
»Jedenfalls habe ich beim letzten Mal eine ganze Weile gebraucht, um darüber hinwegzukommen.«
»Du hast schon einmal jemanden erschossen, Maik?«, fragte ich.
Er drehte sich zu mir herum. Bevor er sprach, führte er den Becher mit dem dampfenden Kaffee zum Mund. Mandy hatte ihn gekocht, Kriminaldirektor Bocks Sekretärin. Ihr Kaffee war zwar nicht weltberühmt, aber diejenigen, die in dieser Abteilung ihren Dienst taten und schon einmal von diesem dunklen Gebräu gekostet hatten, waren begeistert.
Sutthoffs Augen wurden schmal.
Seine Augen flackerten unruhig.
»Ist schon lange her, Uwe«, sagte er dann. »Und ich habe eigentlich auch keine Lust darüber zu reden.«
Ich hob die Hände.
»So war das nicht gemeint.«
Sutthoff nickte.
Er wirkte sehr ernst. Nicht erst seit diesem Vorfall. So war er immer schon gewesen, solange ich ihn kannte. Er war einer, der sich von ganz unten hochgearbeitet hatte. Als Streifenbeamter hatte er angefangen, hatte Kurse besucht, sich fortgebildet. Seine Vorgesetzten hatten ihn stets für Beförderungen und Zusatzausbildungen vorgeschlagen.
Sutthoff schien einer der Männer zu sein, die ihr Leben voll und ganz dem Kampf gegen das Verbrechen gewidmet hatten. Ein Eins-A-Polizist. Wir waren froh, ihn bei uns zu haben. Ich persönlich hatte noch nicht so viel mit ihm zu tun gehabt.
Aber die Kollegen Medina und Carnavaro arbeiteten öfter mit ihm zusammen.
»Wollen Sie 'nen Tag Urlaub?«, fragte Bock.
Sutthoff zuckte die Achseln. »Wäre vielleicht nicht schlecht»
»Aber grübeln Sie nicht zuviel, Maik.«
»Keine Sorge.« Er grinste. »Jana wird das schon verhindern.«
»Na, dann...«
Ich nippte an meinem Kaffee.
Er war noch ziemlich heiß.
»Seltsam«, sagte ich dann nachdenklich.
Bock sah mich aufmerksam an und machte einen Schritt auf mich zu. Ich saß in einem der Sessel, die in Herrn Bocks Büro standen und hatte die Beine übereinandergeschlagen.
»Worüber denken Sie nach, Uwe?«, fragte er.
Ich blickte auf.
»Darüber, dass dieser Wenzel mich kurz vor seinem Tod noch bereden wollte...«
»Bereden?« Das was Sutthoff. Er wirkte plötzlich sehr aufmerksam.
Ich nickte.
»Ja, er wollte einen Deal. Und ich sollte mich dafür einsetzen.«
»Nun, es steht fest, dass Gabriel Wenzel für die ganz Großen gemordet hat«, stellte Herr Bock fest. »Allerdings war er immer sehr diskret, was seine Auftraggeber anging.«
»Die dürften gerade diese Seite sehr an ihm geschätzt haben«, mischte sich Roy Müller ein.
»Er sprach von Mario Russo«, sagte ich.
»Was?« Bock zog die Augenbrauen hoch.
Ich nickte.
»Ja, er wollte ihn ans Messer liefern, wie er sagte... Kurz zuvor hatte er bemerkt, dass sich offenbar auch von der anderen Seite der Wohnung unsere Leute heranpirschten. Er muss geahnt haben, dass selbst für einen eiskalten Haifisch wie ihn jetzt die Felle wegschwimmen...«
Hinter Russo waren wir schon lange her. Ihm gehörten einige Nobel-Discos und Nachtlokale, von denen wir vermuteten, dass es sich in Wahrheit um Umschlagplätze für Designer-Drogen handelte. Allerdings hatten diverse Razzien unserer Kollegen und verschiedener Sondereinheiten zur Drogenfahndung, die die einzelnen Polizeireviere unterhielten, zu keinem Ergebnis geführt.
Carnavaro stellte seinen leeren Pappbecher auf den Tisch.
»Würde mich nicht wundern, wenn dieser Wenzel auch etwas mit dem Fall Voß zu tun hätte.«
Victor Voß war Geschäftsführer in einer von Russos Discotheken gewesen, bis er vor einer Woche in seinem Wagen erschossen wurde.
»Bis jetzt kann das niemand beweisen«, meinte Sutthoff.
Carnavaro hob die Hand. »Aber das ändert sich vielleicht, wenn die Kollegen vom Erkennungsdienst die Waffen unter die Lupe genommen haben, die sich in Wenzels Wohnung befanden...«
Während Stefan Carnavaro redete, beobachtete ich Sutthoff.
Seine Augen flackerten immer noch unruhig. Ich fragte mich, was in ihm vorging.
Er stand auf.
Er strich sich mit der Hand über das Gesicht. Als er meinen Blick bemerkte, ging ein verkrampftes Lächeln über sein Gesicht. Irgendetwas machte ihn verlegen und ich fragte mich was es war.
»War ein harter Tag heute, was, Uwe?«
»Allerdings!«
»Wenigstens wird diese lebendige Kampfmaschine jetzt niemanden mehr umbringen können...«
»Ja.«
Aber diese Kampfmaschine namens Wenzel war lediglich ein Werkzeug, fügte ich in Gedanken hinzu. Eine Waffe in den Händen ganz anderer Leute, die im Hintergrund agierten...
Immer noch.