Читать книгу Das unheimliche Horror-Kabinett: Sammelband - Alfred Bekker - Страница 11

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Die Fähre quälte sich durch die ruhige See. Wir standen am Bug der SEAGULL, wie sich das ziemlich schwerfällige Schiff nannte. Die Motoren ließen den Boden zu unseren Füßen vibrieren.

Außer uns befanden sich kaum mehr als ein Dutzend Pkw und ein Lieferwagen auf der Fähre, die geradewegs in das graue Nichts aus dichtem Nebel hineinfuhr. Bei klarem Wetter konnte man von Portsmouth auf die Küste der Isle of Wight sehen. Aber heute war daran nicht zu denken.

Tom Brown und ich standen an der Reling.

Eisige Kälte stieg vom Meer zu uns herauf. Sie fraß sich durch die Kleidung und ließ binnen kürzester Zeit alles klamm erscheinen.

"Als ich ein Junge war, habe ich davon geträumt, ein Hausboot zu besitzen", meinte Tom Brown plötzlich.

Ich sah ihn etwas erstaunt an. Sein Blick war in die Ferne gerichtet.

Eine Möwe war dem Schiff gefolgt und kreischte laut.

"Ein Hausboot?", fragte ich.

"Ja."

"Die Heimat eines Menschen, der nicht wirklich sesshaft werden will!"

Tom Brown lachte. "Willst du mich analysieren?"

Sein Kopf machte plötzlich eine ruckartige Bewegung. Die Augenbrauen zogen sich zusammen. Er deutete mit dem ausgestreckten Arm in die graue Nebelwand hinein.

"Sieh mal..."

Jetzt sah ich es auch. Es war ein schwaches, grünliches Leuchten, das zu pulsieren begann. Es schimmerte durch den Nebel hindurch.

In der nächsten Sekunde hatte ich ein Gefühl, als ob eine fremde geistige Kraft mein Inneres berührte. Eine mentale, übersinnliche Energie. Ich spürte sie ganz deutlich. Vor meinem inneren Auge sah ich wieder eine grünlich schimmernde Hand aus dem modrigen, pflanzenüberwucherten Boden herausragen...

Eine Totenhand...

Für den Bruchteil eines Augenaufschlags hatte ich das Gefühl, den Geruch von Fäulnis und Verwesung zu riechen.

Der Puls schlug mir bis zum Hals.

Der Tod!, durchschoss es mich. Er ist ganz nahe...

Die klamme Kälte, die von der See herkam und alles zu durchdringen schien, wirkte jetzt wie die Kälte einer Totengruft, der Nebel wie grauer Stein, in den man mich lebendig eingemauert hatte...

"Nein!", schrie ich.

Es war ein kurzer, halb entsetzter, halb ächzender Laut.

Ich klammerte mich an der Reling fest.

Tom Brown fragte: "Mensch Reilly, was ist los?"

"Ich weiß es nicht", sagte ich wahrheitsgemäß. "Ich habe eine übersinnliche Kraft gespürt... Nur einen kurzen Moment, dann zog sie sich zurück. Und dann waren da wieder diese furchtbaren Bilder... Eine Hand, die aus dem Boden eines Friedhofs ragt!"

Ich starrte in den Nebel.

Das grünliche Leuchten schimmerte schwächer und schwächer, bevor es schließlich gar nicht mehr zu sehen war und von den dichten Nebelschwaden überdeckt wurde.

Von der Seite her hörte ich Schritte.

Einer der Männer, die auf der Fähre arbeiteten, näherte sich uns. Er kratzte sich am Hinterkopf und starrte nachdenklich in die Ferne.

Ich wandte mich an den Mann.

"Was ist dort?", fragte ich und deutete in den Nebel, dorthin, wo ich gerade noch das Leuchten gesehen hatte.

Der Mann sah mich an und zuckte dann die Schultern.

"Was soll dort sein? Nichts. Das Meer."

"Haben Sie das Leuchten gerade nicht gesehen?"

Er zögerte einen Moment mit der Antwort. Sein Blick wandte sich Tom Brown zu, den er prüfend musterte. Dann sah er mir direkt in die Augen.

Ein seltsamer Ausdruck stand in seinem Gesicht.

"Wenn man lange genug in diese graue Suppe hinein sieht, glaubt man alles Mögliche zu sehen", erwiderte er dann und ging an uns vorbei.

Das unheimliche Horror-Kabinett: Sammelband

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