Читать книгу Das unheimliche Horror-Kabinett: Sammelband - Alfred Bekker - Страница 36
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Оглавление"Quarmategis sequo'on Maltevet!", rief ich, als die kleinen Wesen auf uns zuhuschten. Sie hielten inne. Einige zerfielen zu Erdklumpen, aus denen sich aber schon in der nächsten Sekunde erneut jene augenlosen Geschöpfe des Grauens bildeten, die uns zweifellos töten würden.
So wie den Inspector und seinen Kollegen.
Der Gedanke daran, dass wir anschließend vielleicht noch als untote Zombies über die Hügel um Ranby wanken würden, ließ mich bis ins tiefste Innere frösteln.
Tom Brown und ich sprachen beide die magische Schutzformel. Unablässig. Aber nur vereinzelt zerfielen die Kreaturen der Nacht. Sie wankten vorwärts, krochen uns entgegen...
Die Kraft, die sie führte und am Leben hielt, war deutlich stärker geworden.
Und dann tauchten aus der Dunkelheit die Scheinwerfer einer dunklen Limousine auf.
Der Kreis der untoten Geschöpfe öffnete sich und machte der Limousine Platz.
Sie hielt an. Das Mondlicht fiel so, dass ich den Fahrer erkennen konnte. Es war der Butler, den ich auf Cornelius Manor gesehen hatte. Eine Tür öffnete sich, und Marcus Cornelius stieg aus. Wie ein vollendeter Gentleman half er auch seiner Frau aus dem Wagen. Ein teuflisches Lächeln stand auf seinem Gesicht.
Unsere Lippen formten noch immer unablässig den Schutzspruch.
Die Untoten veranlasste das jetzt nur noch dazu, in ihrer Bewegung innezuhalten. Nirgends sah ich noch eines dieser Geschöpfe zu Staub zerfallen.
"Sie haben einiges herausgefunden in der kurzen Zeit, die Sie erst hier in Ranby sind", sagte Cornelius dann. Ich verstummte.
Auch Tom Brown sagte nichts mehr.
Cornelius lachte.
"Sie bemerken, dass diese alte Formel an Wirkung verliert, nicht wahr? Ich habe sie selbst oft benutzt, wenn ich mich der Dienste meiner untoten Diener bedient hatte und sie dann nicht mehr brauchte... Ob ich es jetzt noch könnte? Ich weiß es nicht."
Die ganze Zeit über hatte ich das grüne Leuchten in seiner Hand bemerkt. Ein Leuchten, das so stark war, dass es durch seine Hand hindurchdrang und die Knochen sichtbar machte.
"In dieser Nacht beginnt die Herrschaft Yramkyrrs?", fragte ich mit bebender Stimme.
"So ist es", nickte Cornelius. "Das wissen Sie also auch. Es wird Ihnen nichts mehr nützen..."
"So wie Elaine Ralston!", stellte Tom Brown fest.
"Sie war dumm", sagte Cornelius. "Ich hatte geglaubt, sie wäre uns treu ergeben. Das ewige Leben hätte sie haben können, wenn sie eine von uns geworden wäre. Eine Dienerin Yramkyrrs, des neuen Herren der Welt... Yramkyrrs Kräfte wachsen von Augenblick zu Augenblick..." Er hob den grünen Stein empor.
Und ich fühlte den mentalen Druck mit fast schmerzhafter Intensität.
"Nein!", schrie ich. Eine Welle des Schmerzes durchraste meinen gesamten Körper vom Kopf aus.
"Hören Sie auf damit!", rief Tom Brown.
"Ich wusste von Anfang an, dass ich in Ihnen einen Feind hätte", sagte Cornelius. "Sie wurden schon beobachtet, als Sie mit der Fähre von Portsmouth her übersetzten... Sie verfügen über eine außergewöhnliche Gabe, wenn auch nicht sehr ausgebildet. Vielleicht hätten Sie uns sogar gefährlich werden können. Aber jetzt nicht mehr! Jetzt ist Yramkyrr bereits zu stark..."
Er lachte schauderhaft.
Ich hörte seine Worte wie durch eine Nebelwand.
Wir hatten keine Chance. Nicht einmal den Hauch. Die Schattenkreaturen würden uns zerreißen, und es schien nichts zu geben, was wir dagegen tun konnten. Tom Brown hielt mich fest, und ich konnte langsam wieder etwas klarer denken. Aber der mentale Druck lastete immer noch schwer auf mir. Der Druck einer absolut kalten, unmenschlichen Macht...
Yramkyrr....
Dann schoss ein giftgrüner Lichtstrahl aus dem Stein heraus, direkt auf meinen Kopf zu. Er teilte sich und jeweils eine der Verzweigungen dieses geisterhaften Blitzes trat in eins meiner Augen ein. Ich war geblendet.
"Du würdest kein gehorsamer Diener sein...", hörte ich eine Gedankenstimme in meinem Kopf. Yramkyrrs Gedanken... "In meiner Welt ist für dich und deinesgleichen kein Platz! Und diese Herrschaft hat schon begonnen... Überall werden die Kadaver aus der Erde kriechen... Die Toten werden auferstehen und eine neue Welt schaffen!"
Das grüne Leuchten pulsierte.
"Reilly!", hörte ich Toms Stimme wie durch einen Nebel hindurch.
Im nächsten Moment zogen sich die Strahlen zurück.
Einige Augenblicke lang drehte sich alles in meinem Kopf.
Ich war unfähig, etwas zu sagen.
Das Ritual!, durchzuckte es mich. Das Ritual, um Yramkyrr zu bannen... Bruder Pierre Valjean hatte mir nichts mehr darüber mitteilen können. Vielleicht wäre es ohnehin zu spät gewesen.
Jeder Augenblick, der verging, ließ die Macht dieses Dämons wachsen.
Mit Hilfe der Magie hast du bereits des öfteren die Abgründe von Raum und Zeit überwunden!, ging es mir durch den Kopf.
Warum nicht in diesem Augenblick?
Der Gedanke, dass das rettende Wissen unerreichbar in Bibliothek des Klosters Clairmont lag, machte mich halb wahnsinnig.
Ich versuchte mich zu konzentrieren.
Es war wohl das erste Mal, dass ich versuchte, meine seherische Gabe bewusst einzusetzen. Ich rief mir die Bibliothek in Erinnerung, machte mir ein inneres Bild dieses Raumes und versuchte dabei meine übersinnlichen Energien zu bündeln.
Meine Visionen waren bislang immer plötzlich über mich hereingebrochen - oft genug völlig unvorbereitet. Es war mir nie gelungen, sie von mir aus zu beeinflussen.
Ich nahm all meine Kräfte zusammen, um das zu erreichen.
Murmelte Beschwörungsformeln. Konzentrierte mich.
Ein Blick nur in jenes Buch, das Bruder Valjean vermutlich offen und mit einem Lesezeichen voller Notizen versehen, auf einem der groben Holztische in der Bibliothek gelegt hatte...
Ein Blick...
Ich hörte Cornelius Stimme.
"Ihr seid des Todes..."
Dumpfe, plumpe Schritte, die etwas Schleppendes hatten.
Etwas krabbelte über den Boden...
Im nächsten Moment sah ich das Buch vor mir.
Aufgeschlagen, so wie es Bruder Valjeans Art war. Die aufgeschlagene Seite zeigte eine eigenartige, recht kompliziert wirkende Zeichnung.
Ein Symbol, das sich aus verschiedenen geometrischen Formen zusammensetzte, die kunstvoll ineinandergeschachtelt waren.
Das ist es!, durchschoß es mich.
Dieses Zeichen war es, was den Dämon bannen konnte.
Ich wusste es, aber dieses Wissen würde uns nichts mehr nützen können...
Nein!, schrie es in mir, während ich fühlte, wie eine unwahrscheinliche Müdigkeit mich ergriff. Lethargie machte sich in mir breit. Eine Erschöpfung, wie ich sie nie zuvor zu spüren geglaubt hatte...
Ich fühlte wie nahe der Tod mir in dieser Sekunde war...
Und dann senkte sich gnädigerweise Schwärze über mein Bewusstsein. Ich glaubte in einen tiefen, dunklen Schlund zu fallen. So dunkel und kalt wie der Weltraum.
Dann fühlte ich nichts mehr.