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Italiener in New York
ОглавлениеItaliener im urbanen Großraum von New York, die um die Jahrhundertwende 1900 nach Amerika eingewandert waren, hatten es nicht leicht. Abgesehen von den Unwägbarkeiten der langen Schiffspassage über den Atlantik in den Hafen von New York war der Aufbruch in eine neue Zeit in einem unbekannten Land mit vielen ungeahnten Schwierigkeiten verbunden, die man lediglich aus Berichten von befreundeten Auswanderern oder offiziellen Auskünften der Behörden in beiden Ländern kannte. Kulturelle Unterschiede aufgrund verschiedener Sprachen, Essensvorlieben und gewohnter Abläufe im Familienleben bedingten die Auseinandersetzung mit der aus vielen ethnischen Gruppen bestehenden amerikanischen Gesellschaft. Der erste Kontakt fand für alle Einwanderer in die USA auf der im Hafen New Yorks liegenden Insel Ellis Island statt. Noch vor der offiziellen Einreise in die USA mussten eine Überprüfung der Dokumente und ein Gesundheitscheck auf der Insel durchlaufen werden, was mehrere Tage oder auch Wochen dauern konnte. Wenn man heute als Tourist diese nun in ein Museum umgestaltete Durchlaufstation auf der Insel besucht, kann man in der umfangreichen (digitalen) Kartei nach möglichen Verwandten suchen und anhand der zahlreichen Exponate den bangen Prozess der Einreiseformalitäten zwischen Hoffnung und Angst nachempfinden, der nicht immer erfolgreich war und dann die unmittelbare zwangsweise Rückreise zur Folge haben konnte. Die glücklich akzeptierten Einwanderer konnten auf der Überfahrt von Ellis Island nach Manhattan, einem der fünf Stadtteile von New York City, die Freiheitsstatue auf der Insel Liberty Island bewundern. Auf dem Sockel war 1903 das Gedicht „The New Colossus“ (1883) der jüdisch-amerikanischen Dichterin Emma Lazarus eingraviert worden, das den Armen und Heimatlosen der Welt eine rosige Zukunft versprach. Als Nachkomme jüdischer Einwanderer aus Deutschland und Portugal konnte sie das Schicksal der in Europa wirtschaftlich und politisch leidenden Menschen nachvollziehen und in einem Sonett in Worte fassen.
Nicht wie der metallene Gigant von griechischem Ruhm, Mit sieghaften Gliedern gespreizt von Land zu Land. Hier an unserem meerumspülten hesperischen Tore soll stehen Eine mächtige Frau mit Fackel, deren Flamme Der eingefangene Blitzstrahl ist, und ihr Name Mutter der Verbannten lautet. Von ihrer Leuchtfeuerhand Glüht weltweites Willkommen, ihre milden Augen beherrschen Den luftüberspannten Hafen, den Zwillingsstädte umrahmen. „Behaltet, o alte Lande, euren sagenumwobenen Prunk“, ruft sie Mit stummen Lippen. „Gebt mir eure Müden, eure Armen, Eure geknechteten Massen, die frei zu atmen begehren, Den elenden Unrat eurer gedrängten Küsten; Schickt sie mir, die Heimatlosen, vom Sturme Getriebenen, Hoch haltʹ ich mein Licht am gold’nen Tore!“ (Auf die Freiheitsstatue, 1953)
Auch wenn die meisten Einwanderer vermutlich diese der amerikanischen Freiheitsrhetorik entsprechende Willkommensbotschaft nicht lesen und auch keine Beziehung zur abgebildeten römischen Göttin der Freiheit herstellen konnten, verhieß der Anblick dieser von Frankreich der amerikanischen Nation zur Hundertjahrfeier ihres Bestehens 1876 geschenkten Statue damals noch die Hoffnung auf einen Neuanfang.