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16. März 2016: Der Fluss des Lebens.

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„Lieber Freund,

es geht mir erfreulicherweise wieder besser. Zum einen verdanke ich dies der Tatsache, dass die Erkältung mich aus ihren Fängen langsam entlassen hat und zum anderen darf ich Dir mit Freude verkünden, dass das Glück sowohl an meine Tür, als auch an die eines mir nahestehenden Menschen geklopft hat. Und was kann schöner sein, als diese glücklichen Momente dann miteinander zu teilen. Überdies ist es mir gelungen mich aus einigen Abhängigkeiten zu befreien, die mir nicht mehr gut taten, so dass ich es bei der einen oder anderen Gelegenheit bereits schmerzlich zu spüren bekam. Gerade erfüllt es mich sogar mit Stolz, dass ich die Konsequenzen überwinden konnte und wieder einmal feststellte, wozu ich imstande bin, wenn ich die inneren Kräfte mobilisierte, mir mit Selbstachtung begegnete und die Veränderungen einläutete, die notwendig sind. In meinem letzten Brief an Dich erwähnte ich bereits, wie ich mir des Öfteren in letzter Zeit die Frage stellte, was so manches, das in meinem Leben eingezogen war, noch mit Liebe zu tun hatte. Losgelöst von den Abhängigkeiten führte es mich wieder einmal zur Selbstliebe und bescherte mir Schritt für Schritt mehr inneren Frieden und Gelassenheit. In den letzten Tagen lernte ich von neuem einiges über mich selbst und stellte fest, wenn ich mich voller Vertrauen dem Fluss des Lebens hingab und mich in Geduld übte, überraschte mich dieser mit tollen Begegnungen, glücklichen Momenten und ließ mich meine Liebe zum Leben spüren. Langsam zogen auch erneut Träume durch meine Seele und meinen Geist und zeigten mir, dass ich mich auf meinem Weg befand und nach vorne schaute. Da ich dabei auch das Hier und Jetzt nicht aus den Augen verlor, standen mir dann unverhofft auch hilfreiche Gedanken anderer beiseite, die meinen Weg kreuzten.

Ein Gedankenaustausch, der meine Fantasie beflügelte, ergab sich durch eine zauberhafte Begegnung mit einer bisher unbekannten Dame, deren Name mich an eine Lady erinnerte, die einst das Herz des sagenumwobenen Robin von Locksley, besser bekannt auch als Robin Hood, eroberte und seine Liebe entflammte. Besagte Dame traf ich bei schönstem Sonnenschein auf der Terrasse eines Cafés, wo sie mir auf meine Frage hin den noch freien Platz neben sich anbot. Meine Freude über die ersten warmen Sonnenstrahlen ermunterte mich dies auch ihr gegenüber kundzutun und so führte eins zum anderen und wir fanden uns mitten in einem anregenden Gespräch wieder. Gefüllt wurde es mit Themen über Reisen in ferne Länder und die Erfahrungen, die wir dort machten, über unsere Herkunft und die Beweggründe dafür, dass wir unsere Zelte in Düsseldorf aufschlugen sowie ein paar Lebensgeschichten zu den zwischenmenschlichen Begegnungen und Erlebnissen, die uns in den letzten Monaten bewegten und bei denen die Liebe im Spiel war. Mir gefiel ihre offene Art und ihre positive Ausstrahlung und so gestaltete sich dieses Zusammentreffen zu einem fröhlichen und erkenntnisreichen Austausch über die jeweiligen Ansichten und endete mit dem Vertrauen, dass wir uns irgendwann wiedersehen würden, wenn der Lauf des Lebens es so vorsah. Das Gespräch inspirierte mich auch einen Gedanken weiter zu verfolgen, der mich schon seit letztem Jahr begleitete und mit der Erfüllung eines Traums zu tun hatte. Doch dazu möchte ich Dir jetzt noch nicht mehr verraten, da ich mir noch mehr Klarheit über die weitere Entwicklung der Idee verschaffen möchte.

Nach dieser Zusammenkunft regte sich in mir das Bedürfnis nach Weitsicht und Entspannung, um die neuen Eindrücke zu verinnerlichen. Diese fand ich an einem sonnigen Platz mit Blick auf den Rhein, diesem vielbefahrenen Fluss, der sich durch die Stadt schlängelte, wie eine Schlange durch den Wüstensand. Dort verharrte ich eine Weile, genoss die weite Aussicht, beobachtete die Schiffe, die vorbeizogen und ließ meine Gedanken kommen und gehen. Dem fließenden Wasser zuzuschauen, wie es sich seinen Weg durch die Stadt bahnte, hatte etwas Beruhigendes auf mich und ließ mich für einige Momente völlig die Zeit vergessen. Da war er wieder – der Fluss des Lebens, dem ich mich für den Augenblick hingab und der mich mit Ruhe und Gelassenheit beschenkte. Außerdem erinnerte mich das Wasser an die Liebe, die man, wie dieses Element, nicht festhalten konnte, selbst wenn sie spürbar durch einen floss – idealerweise gab man sich ihr dann einfach nur hin.

Nach einer Weile warf ich einen kurzen Blick auf meinen Email-Eingang, der mich mit einer Nachricht überraschte, die mich zunächst sprachlos machte. Ein Umstand, der sich nicht als tragisch erwies, da ja niemand in der Nähe war, dem ich mich mitteilen konnte. In der Betreffzeile offenbarten sich schon Worte, die auf etwas Erfreuliches hinwiesen, denn dort stand: „Der Stern-Verlag gratuliert!”. Bei näherer Betrachtung erinnerte mich eine Dame daran, dass ich wenige Wochen zuvor an einem Gewinnspiel teilgenommen hatte, dessen Auslosung dazu führte, dass ich mich zu den glücklichen Gewinnern zählen durfte. Zwei Kinokarten und der Roman, der die Grundlage zum Film bildete, warteten nun auf mich zur Abholung bereit, wie mir die Dame in der Nachricht versicherte. Das Glücksgefühl, das ich empfand, als ich die Zeilen noch einmal Revue passieren ließ und ich innerlich über den Gewinn jubilierte, erwies sich als genauso intensiv wie vier Monate zuvor in einer ähnlichen Situation. In diesem Moment erkannte ich, dass es für dieses Gefühl keine Wertigkeit gab, die sich vielleicht sogar an dem Wert des Gewinns gemessen hätte. Es stieg einfach in mir empor und erfüllte mich gleichermaßen, wie im November des letzten Jahres. Irgendwann zog allerdings auch die noch winterliche Kälte in meine Glieder und bewog mich, neben meiner fast unaussprechlichen Freude über die Gewinn-Nachricht, diesen Ort zu verlassen.

Neue Begegnungen mit bereits bekannten Menschen gaben mir dann die Möglichkeit mein Glück mit ihnen zu teilen und völlig unvermutet durfte ich mich dann noch zusätzlich daran erfreuen, dass das Glück in etwas anderer Form auch an die Tür meines Sohnes geklopft hatte. Meinen Gewinn nahm ich dann am nächsten Tag zur 13. Stunde im Stern-Verlag entgegen und somit betrat ich doch noch einmal nach zwei Wochen unvermutet die Räumlichkeiten des Verlagshauses, das zum Ende des Monats für immer seine Türen schließen würde.

Einen Tag später konnte ich charmanten Besuch empfangen und da wir uns einige Zeit nicht gesehen hatten, gestaltete sich ein erzählreicher Abend, der mit dem perfekten Gastgeschenk begann, kulinarische Genüsse offenbarte und für uns beide glückselig endete, da wir uns ein Stück Lebenszeit geschenkt hatten. Neben den Erzählungen zu den ereignisreichen letzten Tagen kam ich nochmals auf die „36 Fragen” zu sprechen. Du erinnerst Dich sicher noch an meinen Brief über „Frühlingsgefühle“, in dem ich darüber berichtete!? Damals erwähnte ich nicht die „4 Minuten”, die sich an die Fragen anschlossen und in denen sich die beiden Akteure schweigend in die Augen schauen sollten. Mein reizender Besuch wurde ganz neugierig und aufmerksam, als ich ihr von meinen „4 Minuten” zu erzählen begann. Diese erlebte ich genauer gesagt an dem Tag, als ich das letzte Mal den Mann sah, der zu einem Freund geworden war und mit dem ich fünf Monate vorher die „36 Fragen” beantwortet hatte. Er bat mich überraschend um diese Minuten und obwohl es mich aufgrund der Entwicklungen der letzten Monate wenige Sekunden irritierte, ließ ich mich darauf ein. In mir offenbarten diese vier Minuten das tiefe Gefühl, dass alles in Ordnung ist, so wie es war – es fühlte sich richtig an und ich sah die Liebe in seiner Seele, die sich in seinen bewegten Augen wiederspiegelte. Er erzählte mir danach, dass er mich von meiner Kindheit bis zu der Frau, die ich heute bin, wahrgenommen hatte. Ein unvergessliches Erlebnis, das uns die absolute Freiheit gab, den anderen jeweils in sein Leben zu entlassen und dies im besten Sinne – in bedingungsloser Liebe und dem Vertrauen, dass der Fluss des Lebens eine erneute Begegnung möglich machte, wenn er es vorsah.

Für heute enden meine Zeilen an Dich und dieses Mal begleitet mich schon eine gewisse Vorfreude auf meinen nächsten Brief an Dich, denn ich werde mein persönliches Wunderland besuchen, in dem alles möglich ist.

In Liebe,

Alice

PS. Dies möchte ich Dir noch auf den Weg mitgeben – Georg Bernard Shaw sagte einst:

„Liebe ist die Fähigkeit und Bereitschaft, den Menschen, an denen uns gelegen ist, die Freiheit zu lassen, zu sein, was sie sein wollen, gleichgültig, ob wir uns damit identifizieren können oder nicht.”

Liebesbriefe von Alice.

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