Читать книгу Maries neues Glück auf vier Hufen - Alina Nölker - Страница 10

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Die Liebeseiche

Am nächsten Morgen wurde Marie von einer Trillerpfeife geweckt. Sie gähnte laut. Jenny und Susi machten auch die Augen auf und quälten sich aus dem Bett.

Laura pfiff immer noch, als die verschlafenen Jungen und Mädchen aus ihren Zelten krochen. Es machte ihr anscheinend viel Spaß.

Marie störte es irgendwann und sie tippte Laura an: „Psst! Es sind jetzt alle wach, du kannst wieder aufhören.“ Laura schaute sich um und schwieg.

Herr Kröger rief nach dem Frühstück die Gruppe zusammen, um zur Liebeseiche zu laufen. Marie freute sich, weil sie dort eventuell mit Tim zusammentreffen würde und sie dann endlich wieder vernünftig miteinander reden konnten, denn sie hatte das Gefühl, dass er ihr aus dem Weg ging. Doch Tim lief auf dem Weg zur Eiche immer bei den Jungen. Marie kam es so vor, als wenn sie nicht mehr zusammen wären. Sie war einfach nur wütend auf ihn.

Als sie ankamen, bestaunten alle die große dicke Eiche. Dazu gab es auch eine wunderschöne Geschichte. Diese handelte von einer Magd und einem reichen Sohn, die dort ihre Liebe fanden, doch die Magd wurde von dem reichen Vater getötet, weil er die beiden Turteltäubchen erwischt hatte. Denn die Magd war nicht standesgemäß für den Sohn. Seitdem hieß es, dass sich ihre Geister immer bei Vollmond um Mitternacht bei diesem Baum trafen. Traurige Geschichte.

Marie betrachtete den Baum. Der Stamm war kräftig, die Rinde rissig und an manchen Stellen harzig. Er war so voller Äste, dass sie die Krone nicht sehen konnte. Als sie darunter stand, hörte sie die Blätter im Wind rauschen und sie spürte irgendwie die magische Kraft, die von dem Baum ausging. Nachdem sie sich von der Eiche wegdreht hatte, sah sie, wie Tim hinter der Gruppe lief. Sie rannte zu ihm und sagte gelassen: „Hallo!“

Er schaute sie an und nickte.

„Mehr nicht“, stöhnte Marie.

„Was hast du gesagt?“, fragte Tim verwundert.

Marie schüttelte heftig den Kopf und erwiderte: „Nichts!“ Sofort ging Tim zu seinen Kumpels und redete mit ihnen weiter. Marie rannte vor zu Hannah und ließ den Kopf hängen. Sie schoss einen Stein vor sich her und dachte nach, runzelte ihre Stirn und fing dann an, mit dem Kopf nach unten gerichtet, vor sich hin zu träumen. Der Wind wehte ihre Haare hin und her und Marie klemmte diese immer wieder hinters Ohr. Die Eiche lag einige Schritte hinter ihr. Noch ein letztes Mal drehte sie sich um und schaute in ihre Äste. Dieser Baum war wirklich magisch. Wenn der Wind hindurch fegte, hörte es sich so an, als würde der Baum immer wieder ihren Namen rufen.

Langsam löste sie ihren Blick von der Eiche und drehte sich wieder um, doch alle waren verschwunden. Weit und breit niemand. Sie bekam Panik. Schnell rannte sie los und machte die Jacke bis oben hin zu. Ihr war auf einmal sehr kalt und der Wind wehte ihr um die Ohren, obwohl es Sommer war. Mit ihren Augen suchte sie beim Laufen die Gegend ab, es war aber niemand in Sicht. Sie sah nur Bäume, Bäume, Wiesen. Aber wo waren die anderen?

Marie fröstelte immer noch, also hielt sie an und verschnaufte. Sie versuchte sich an den Weg zu erinnern, den sie zur Liebeseiche gelaufen waren. Sie schaffte es aber nicht. Plötzlich sah sie eine Person in der Ferne. Ja, da war wirklich jemand. Marie freute sich und rannte, so schnell sie konnte, in diese Richtung. Nun war sie sehr erleichtert, als sie unten auf dem Weg alle laufen sah.

Jenny winkte ihr zu und wartete. „Wo warst du denn?“, fragte sie, als Marie schnaufend angerannt kam.

„Ich habe geträumt. Als ich wieder bei Sinnen war, wart ihr alle verschwunden“, prustete sie los. Beide gingen zurück zum Zeltplatz und den anderen und machten sich fertig zum Ausreiten. Blitz begrüßte sie freudig. Sie gab ihm einen roten saftigen Apfel und fing wie jeden Tag an, Blitz zu satteln. Dann schwang sie sich im hohen Bogen auf seinen Rücken. Marie tätschelte ihn am Hals und fuhr ihm durch seine schwarze Mähne, die sich flauschig anfühlte.

Diesmal ritt Jenny neben ihr. Ihre Fuchstigerstute Sun tänzelte wild umher und stupste Blitz zur Begrüßung an. Dieser schnaubte nur gelangweilt. Marie nahm das Haargummi, das sie um ihr Handgelenk gebunden hatte, und machte sich Freihand einen Pferdeschwanz. „Heute war ein unvergesslich beeindruckender Tag“, dachte Marie. Sie trieb Blitz an, denn es ging nun los. Sie atmete tief ein und aus.

Als sie im Galopp waren, sah sie, wie Tim wieder neben Nina ritt, die total rausgeputzt war mit ihrer Designerhose und dem passenden T-Shirt. Jenny schaute Marie durchdringend an, doch als Marie sich zu ihr umdrehte, blickte sie eilig weg. „Heute Abend ist Lagerfeuer“, freute sich Jenny. Marie grinste. Sie ritten wieder Schritt. Marie träumte wieder und schloss für eine kurze Zeit die Augen.

Plötzlich wurde sie nach hinten gezogen und ihre Stirn schmerzte. Blitzartig schossen ihre Augen auf, sie sah, als sie sich umdrehte, einen Ast hinter sich. Sie rieb sich ihre Stirn. „Aua“, stöhnte sie. Jenny lachte laut neben ihr und fiel fast vom Pferd. Marie fing auch an zu kichern, doch als sie ihre Hand mit dem hellroten Blut sah, wurde ihr schwindelig. Dann verschwamm alles vor ihren Augen.

Marie lag auf einer Jacke. Neben ihr knieten viele Kinder. „Sie kommt zu sich“, flüsterte Susi. Oder Jenny? Marie konnte die Stimmen nicht zuordnen. Langsam öffnete sie die Augen und sah Tim. Tim? Sie wollte ihn umarmen, doch ihr wurde wieder schlecht. Marie fühlte an ihrer Stirn ein großes fettes Pflaster.

Tim lachte: „Nicht so eilig“, und legte behutsam ihre Hände wieder auf den Boden. Marie blickte in sein Gesicht. Tim schaute jedoch in eine andere Richtung und sagte: „Warte, Nina! Ich komme auch mit!“ Schon war er wieder verschwunden. Maries Träume zerbrachen.

Herr Kröger atmete erleichtert auf. „Wir haben uns Sorgen gemacht, als du vom Pferd gestürzt bist“, meinte er, zog seine Kappe aus, schüttelte seine Haare und setzte die Kappe wieder auf.

„Ich bin vom … vom Pferd gefallen?“, fragte Marie stotternd.

„Ja“, antwortete Laura, „dir ist aber nichts passiert. Nur eine kleine Platzwunde am Kopf, sie ist nicht gerade groß, aber dir wurde wohl schwindelig von deinem Blut, auch wenn es nicht viel war.“

„Keine Sorge, Blitz geht es gut. Er kam angerannt, als du heruntergefallen bist“, beruhigte sie Herr Kröger. Marie wollte aufstehen, doch ihr wurde wieder schwindelig und sie setzte sich hin.

„In letzter Zeit passieren sehr viele Unfälle. Erst Laura und jetzt ich“, stotterte Marie verlegen.

„Wir reiten zurück zu den Zelten“, schrie Herr Kröger und sprach dann ruhig zu ihr: „Kannst du reiten?“ Marie nickte. Sie stand auf und taumelte zu Blitz, stieg mithilfe von Herrn Kröger auf und lenkte ihn in die Parade.

Erleichtert ritten sie weiter. Diesmal war Susi neben ihr. Sie machten kehrt und lenkten die Pferde Richtung Camp. Die Stute Luna blieb ganz ruhig, und als sie durch eine Pfütze wollten, hob sie ihre Füße wie eine Dame. Der warme Sommerwind blies Marie durch die Haare und ließ den Zopf umherflattern. Diesmal passte sie besser auf, dass kein Ast oder Ähnliches sie erwischte.

Am Lagerplatz angekommen, bürstete sie Blitz sorgfältig und ließ ihn auf die eingezäunte Weide springen. Es fröstelte sie immer noch, wenn sie an ihren Sturz dachte. Sie drehte sich um, als sie jemanden kommen hörte.

Dort stand Susi und lachte: „Geile Action heute!“

Marie fand das zwar gar nicht witzig, aber sie erwiderte: „Na ja. Für euch vielleicht, aber für mich eher nicht.“

Susis Lachen verschwand. „Ja, das stimmt, aber mir ist so etwas noch nie passiert.“

Maries neues Glück auf vier Hufen

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