Читать книгу Aufbruch in die Weite - Alison Teale - Страница 6
In diesen Versen wird also eine Situation beschrieben, in der es eine Bewegung von einem engen Raum in die Weite hinaus gibt, von einem Ort der Beschränkung zu einem Ort, an dem Freiheit wachsen und gedeihen kann.
ОглавлениеBeide Male geht es darum, von einem Ort des Leidens oder der Not in die Weite hinausgeführt zu werden. Bei weiteren Nachforschungen fand ich heraus, dass das Wort „Unheil“ oder „Bedrängnis“ in beiden Kontexten mit einem „begrenzten“ oder „engen“ Raum assoziiert wird.4 In diesen Versen wird also eine Situation beschrieben, in der es eine Bewegung von einem engen Raum in die Weite hinaus gibt, von einem Ort der Beschränkung zu einem Ort, an dem Freiheit wachsen und gedeihen kann.
Das erinnert mich an die Paprikapflanzen, die ich in diesem Frühjahr aus den Samen einer roten Paprikaschote gezogen habe. Ich staunte, dass die Samen überhaupt keimten, und als die Pflanzen wuchsen und immer größer wurden, topfte ich sie immer wieder um. Jetzt stehen zehn dieser sechzig Zentimeter hohen Pflanzen auf den Fensterbänken meines Wintergartens und fangen an zu blühen. Vor einigen Wochen nahm ich jedoch einige Setzlinge mit zur Arbeit, um den anderen Frauen im Büro welche zu geben. Eine Kollegin ließ ihre Pflanzen auf der Fensterbank bei ihrem Schreibtisch in den kleinen Töpfen stehen, in die ich sie ursprünglich gepflanzt hatte. Sie goss sie, aber das war alles. Als ich gestern in die Sommerferien ging, waren diese Pflänzchen noch immer fünf Zentimeter groß und hatten keine zusätzlichen Blätter bekommen. Sie befanden sich immer noch in einem „engen Raum“. Sie hatten Wärme, Wasser und Licht, aber keinen Platz zum Wachsen.
Ins Weite hinauszugehen ist so, als würden wir Gott erlauben, uns umzutopfen, so wie ich meine Paprikapflanzen umgetopft habe. Unsere Wurzeln werden vielleicht gestört, wenn wir in immer größere Töpfe gesetzt werden, aber das ist die nötige Voraussetzung dafür, dass wir Platz haben, unser wahres Potenzial zu erfüllen. Ich bin gespannt, was das für uns alle in den kommenden Jahren bedeutet.
Als ich meine Wortsuche noch weiter fortsetzte, fand ich mich in 2. Mose 3 wieder. Das überraschte mich, da dasselbe Kapitel der Ausgangspunkt für mein voriges Buch gewesen war. Dieser Abschnitt erzählt davon, wie Gott durch den brennenden Dornbusch mit Mose spricht: „Der Herr sagte: Komm nicht näher heran! Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden“ (2. Mose 3,5; EÜ).
Mir gefiel damals der Gedanke, dass Mose vor dem brennenden Dornbusch seine Schuhe auszog und Gott einen ganz gewöhnlichen Gegenstand benutzte, um Moses Aufmerksamkeit zu erregen und eine lebensverändernde Wahrheit in sein Leben hineinzusprechen. Dann überlegte ich, wie wir durch die Alltäglichkeit unseres Lebens als Hausfrau und Mutter in Gottes Gegenwart kommen können, indem wir unsere Küche als heiligen Boden begreifen, anstatt dass wir uns von den negativen Bildern vom „Heimchen am Herd“ herunterziehen lassen.5
In Barfuß in der Küche hatte ich bei Vers 5 im dritten Kapitel des 2. Buches Mose aufgehört zu lesen. Jetzt, als ich bis Vers 8 weiterlas, entdeckte ich nicht nur, dass dort von einem „schönen, weiten Land“ die Rede ist, sondern auch der Gedanke wieder auftaucht, von einem Ort des Leidens an einen Ort des Segens zu gelangen: „Da verhüllte Mose sein Gesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen. Der Herr sprach: Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen … Ich bin herabgestiegen, um sie der Hand der Ägypter zu entreißen und aus jenem Land hinaufzuführen in ein schönes, weites Land“ (Verse 6–8; EÜ).
Es konnte doch bestimmt kein Zufall sein, dass ich mich in diesem Kapitel in 2. Mose wiederfand, während ich an einem Wendepunkt stand, mich aus der Küche hinausbewegte und zu verstehen suchte, welche geistliche Bedeutung der Begriff „Weite“ hatte.
Als ich mit einem Theologen darüber sprach, was ich herausgefunden hatte, sagte er mir, das hebräische Wort für „Ägypten“ (mitzrayim) klinge so ähnlich wie das Wort für „engen Ort“ (meitzarim).6 Ägypten war also ein enger Ort oder ein Ort der Gefangenschaft für die jüdischen Sklaven und der Herr hatte versprochen, sie in ein „weites Land“ oder einen Ort der Freiheit zu führen. Im Verlauf der Zeit und auf allen Kontinenten haben unterdrückte Bevölkerungsgruppen die Geschichte des Exodus als Quelle der Inspiration genutzt, weil sie darin die Kraft fanden, ihren „engen Ort“ zu verlassen und eine gefährliche Reise – im wörtlichen oder übertragenen Sinne – in das „weite Land“ zu unternehmen, das Gott ihnen versprochen hat.7 Frauen in der Mitte des Lebens stehen vor einem ähnlichen Umbruch und diese Veränderung kann für jene, die ihre ganze Zeit und Kraft in die Erziehung ihrer Kinder investiert haben, durchaus beängstigend sein.
Vielleicht haben Sie das Gefühl, dass ich es mit der Metapher ein wenig übertreibe, wenn ich vorschlage, dass unsere Jahre zu Hause mit kleinen Kindern unser persönliches „Ägypten“ und unsere Familien unsere „Sklaventreiber“ sind, die uns Armselige „leiden“ lassen, bis Gott wie durch ein Wunder in unser Leben hineinbricht und uns aus häuslicher Gefangenschaft in ein neues Leben der Freiheit und Verheißung führt! Wenn Sie wollen, können Sie die Metapher so deuten, aber ich persönlich glaube, dass das, was wir in unsere Kinder investieren, das wertvollste Vermächtnis ist, das wir hinterlassen können. Ich wollte nie die Bedeutung des Familienlebens untergraben oder die Entscheidung vieler Frauen entwerten, als Vollzeitmütter zu Hause zu bleiben. In meinem ersten Buch wollte ich nur ausdrücken, dass es manchen Frauen, so wie mir, sehr schwer gefallen ist, kleine Kinder zu betreuen: Es war ein „enger Ort“, ein Ort der Beschränkungen, aber trotzdem ein Ort, an dem wir geistliche Bedeutung und Erfüllung finden können, wenn wir uns bewusst dazu entschließen, solange dieser Lebensabschnitt dauert.
Weil Kinder wachsen, flügge werden und ihr Zuhause verlassen, ist es eine unvermeidliche Tatsache, dass unser Leben irgendwann leerer wird. Unter Umständen haben wir mit einem Mal buchstäblich mehr Raum, weil Kinder aus eigenem Willen gehen. Wir müssen nicht gegen das Muttersein rebellieren oder unseren eigenen Exodus inszenieren: Am Ende gehen Kinder normalerweise und wir können kaum etwas deswegen tun, außer kreativ auf diesen weiten Raum zu reagieren, so wie wir versucht haben, mit dem engen Ort positiv umzugehen. Anstatt sich auf das „Hurra! Jetzt kann ich endlich tun und lassen, was ich will“ zu konzentrieren oder gar in den negativeren Gefühlen zu baden, die mit dem leeren Nest zusammenhängen, verstehe ich den Begriff „Weite“ als Metapher für einen Umbruch zu einem Lebensabschnitt, in dem wir Zeit und Gelegenheit haben, das zu werden, was Gott in uns angelegt hat.
Übrigens glaube ich, dass es für Mose einen Zusammenhang gab zwischen der Tatsache, dass er auf heiligem Boden seine Schuhe auszog, und der Bereitschaft, dem Herrn zuzuhören und zu gehorchen und das Volk Israel aus Ägypten bis an die Grenze zum Gelobten Land zu führen. Könnte es sein, dass wir für den Umbruch von dem „engen Ort“, ausschließlich Familienfrau zu sein, zu der „Weite“ unserer verheißenen Zukunft besser gerüstet sind, wenn wir bereits die schwierige, aber wertvolle Lektion gelernt haben, barfuß in der Küche zu stehen?
Mein letztes Buch schloss mit einem Hinweis auf Hosea 2,17: „… und das Achor-Tal mache ich für sie zum Tor der Hoffnung“ (EÜ), und so ist es vielleicht ganz natürlich, dass es der nächste Abschnitt dieser geistlichen Reise ist, von diesem engen Tal zu dem weiten fruchtbaren Weideland, das uns erwartet, weiterzuziehen. Trotzdem ist es nicht immer einfach, von einem Ort an einen anderen weiterzuziehen. Weiterzuziehen erfordert eine bewusste Entscheidung und dann entsprechendes Handeln. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass sie sich entscheiden können, indem sie gar keine Entscheidung treffen. Wir können unser Zelt an der Wegkreuzung aufschlagen, wie Abrahams Vater Terach es tat, der Ur zwar verließ, aber das Land Kanaan nie erreichte, weil er buchstäblich an der Kreuzung bei Haran stecken blieb, an der die Karawanen aufeinandertrafen (1. Mose 11,31–32). Oder wir können mutig sein und uns aus dem vertrauten Gebiet in neue Dinge begeben, die auf uns warten, wie Abraham es nach dem Tod seines Vaters tat. Ich lade Sie deshalb ein, „durch das Tor zu gehen“, der Führung des Heiligen Geistes zu folgen, die Entscheidung für das Leben zu wählen (5. Mose 30,19) und etwas Zeit mit mir zu verbringen, während wir versuchen herauszufinden, was vor uns liegt, und es entschlossen mit beiden Händen ergreifen.
In den folgenden Kapiteln stelle ich jene Art Fragen (und versuche, sie auch zu beantworten), die wir uns vielleicht stellen, wenn wir darüber nachdenken, in dieser Weite zu leben, von der wir glauben, dass sie Erfüllung und Befriedigung im nächsten Lebensabschnitt bringen wird. Diese Kapitel sind ein öffentliches Tagebuch, eine Erforschung meiner Gedanken und Erfahrungen, während ich über mehrere Jahre voller Fragen und Veränderungen hinweg mit Gott rang. Meine Situation und meine Erfahrungen sind vielleicht nicht die gleichen wie Ihre, aber ich bin sicher, dass es Stellen geben wird, an denen Sie etwas aus Ihrem Leben wiedererkennen. Hinter unseren äußerlichen Verschiedenheiten, das habe ich festgestellt, sind wir Frauen uns in unseren Hoffnungen und Ängsten ähnlicher, als wir zugeben wollen. In diesem Sinne beginne ich dieses Buch so, wie ich das letzte beendet habe, nämlich mit einem Wunsch, dass der Herr Sie und mich auf all das vorbereitet, was er für uns bereithält.
Darum beten wir auch immer für euch, dass unser Gott [uns unserer] Berufung würdig mache und in seiner Macht allen Willen zum Guten und jedes Werk des Glaubens vollende. So soll der Name Jesu, unseres Herrn, in [uns] verherrlicht werden und [wir] in ihm, durch die Gnade unseres Gottes und Herrn Jesus Christus.
(2. Thessalonicher 1,11–12; EÜ)
11 Barefoot in the Kitchen. Bible Readings and Reflections for Mothers, Bible Reading Fellowship, Abingdon 2004.
2 Grant Luton: In His Own Words: Messianic Insights into the Hebrew Alphabet, Beth Tikkun, 1999, S. 89–98.
3 Wilhelm Gesenius: A Hebrew and English Lexicon of the Old Testament, übersetzt aus dem Lateinischen von Edward Robinson DD, Crocker and Brewster, Boston 1836, S. 937. www.htmlbible.com/sacrednamebiblecom/kjvstrongs/ STRHEB47.htm.
4 Charles B. Bugg: Preaching and Intimacy: Preparing the Message and the Messenger, Smyth & Helwys, Macon, GA, 1999, S. 67.
5 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Moses_%26_Bush_Icon_Sinai_c12th_century.jpg. Dieser Link zeigt eine Ikone von Mose und dem brennenden Dornbusch, die ich zu Meditationszwecken benutzte, als ich Barefoot in the Kitchen schrieb.
6 http://www.myjewishlearning.com/article/self-liberation/
7 Adrian Hastings, Alistair Mason und Hugh S. Pyper: „Exile“ in: The Oxford Companion to Christian Thought, Oxford University Press USA, Oxford und New York 2000, S. 227.