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Kapitel 4

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Guy folgte Tiara die Treppen hinunter, die in einer Kombination aus menschlicher und Naturkraft aus den Klippen gearbeitet worden waren. Er folgte seinem Ziel leise hinunter zu dem abgeschiedenen Strand.

Tiaras Gestalt wurde auf dem Sand sichtbar und er blieb am Fuße der Treppe kurz stehen, um ihren schlanken Körper zu betrachten. Als seine Füße schließlich den Sand berührten, stand er voller Ehrfurcht vor dem Bild, das sie erzeugte. Mit ihrem langen, seidigen, weißen Haar und ihrer goldenen Haut… sah sie wie eine wunderschöne Wassernymphe aus, die an den Strand gespült worden war, um Männer in die Irre zu leiten.

Tiara stand direkt am Ufer und ließ das Wasser über ihre Sandalen spülen. Obwohl die kalte Dunkelheit sie rief, liebte sie das Gefühl der warmen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. Als sie über das Meer hinaus starrte, konnte sie die Leben fühlen, die das Wasser über die Jahrtausende genommen und nicht mehr zurückgegeben hatte.

Die meisten Menschen gingen in die nächste Dimension über, wenn sie starben… aber es gab immer welche, die dem Ruf nicht folgten. Sie legte ihren Kopf zur Seite und fragte sich, ob diese Geister mit den Fischen im Wasser schwammen und ob sie glücklich waren.

Ein weiches Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als sie sich an die vielen Geschichten erinnerte, die sie im Laufe der Jahre von Menschen gehört hatte, die im Meer verschollen waren und jemanden bei sich im Wasser gesehen hatten. Diese Personen blieben dann so lange bei ihnen, bis Rettung kam. In keinem Fall war die zweite Person je gefunden worden und Tiara wusste, dass die andere Person der Geist eines längst Verstorbenen war, der sich weigerte, sein Zuhause im Ozean zu verlassen.

Geister waren meistens sanftmütige, flüsternde Wesen, die keine Mächte nach außen hatten. Sie musste es wissen… sie hatte als Kind mit ihnen gespielt. Ihre wahre Macht lag in ihrer Seele… diese innere Macht war es, die auf die Dämonen anziehend wirkte. Wenn sie einmal der Kontrolle eines Dämons unterlagen, dann wurden Geister zu Puppen, die machten, was ihre Meister von ihnen verlangten… unschuldige Opfer in den Spielen, die die Dämonen spielten.

Guys Schritte waren geräuschlos, als er sich Tiara so weit näherte, bis das Salzwasser die Sohlen seiner Schuhe umgab. Die Brise war noch warm, obwohl nur mehr wenige Wochen sie von Halloween trennten… von der Nacht, in der sich Menschen als Monster verkleideten. Er wollte nicht einmal daran denken, was diese Nacht bringen würde.

„Tiara.“ Seine Stimme war kalt, denn er wusste, dass sie Storm angelogen hatte, was die Anzahl der Leute in ihrem Team betraf, nur damit sie sich von ihm fernhalten konnte. „Wir müssen reden.“

Tiara war so sehr in Gedanken versunken gewesen, dass sie zusammenzuckte, als sie ihren Namen so nahe hörte. Sie seufzte innerlich, denn sie wusste, dass sie Guys Gefühle verletzen würde, dann drehte sie sich um, um ihn anzusehen. Sie schluckte, als sie den Schmerz sah, der in seinen Augen glitzerte.

„Guy, es tut mir so leid.“ Sie meinte jedes Wort.

Guy ballte seine Fäuste an seinen Seiten. Sie sagte nein und sie beide wussten es. Er versuchte, den Gedanken, sie dazu zu zwingen, zu tun, was er wollte, wegzuschieben, aber er war sehr anhänglich… verlockend.

„Carley war Teil des TEP und sie starb um ein anderes Leben zu retten… meines. Sie verdient eine zweite Chance“, beharrte er, als hätten sie schon eine stille Diskussion über das Thema geführt… und irgendwie hatten sie das auch.

Tiara schüttelte langsam ihren Kopf aber ihr Gesichtsausdruck war voller Mitleid. Ihre Stimme blieb ruhig und ernst, als sie versuchte, zu erklären, wieso sie seine Schwester nicht wiederbeleben konnte. „Jemanden vom Tod zurückzuholen bedeutet, einen Zombie ohne Seele zu erzeugen. Sie können sprechen und sich bewegen, aber sie sind leer… nichts mehr als eine Schale in der ihre Seele früher lebte. Meine Arbeit ist, Zombies von ihren Schöpfern zu befreien… nicht selbst welche zu erzeugen.“

„Erzähl mir nicht diesen Unsinn.“ Guy verlor die schwache Kontrolle, unter der er seine Wut gehabt hatte. „Deine Mutter konnte Seelen kontrollieren und nun hast du diese Macht, also sag einfach Carley, dass sie zurück in ihren Körper kommen soll. Wenn sie einmal hier ist, kannst du sie darin einsperren. Komm schon, es ist erst ein paar Stunden her. Ihr Körper ist noch nicht einmal richtig kalt.“

„Du möchtest sie an einen Körper fesseln, in einer schlimmeren Verfassung, als er war, als sie ihn verlassen hat? Würdest du das wirklich für deine Schwester wollen?“, fragte Tiara enttäuscht. „Du hast dir das nicht richtig überlegt, Guy. Welches Leben wäre das für sie?“

Guy stand plötzlich direkt vor ihr, packte ihr Handgelenk und riss sie vorwärts, bis sie nur wenige Zentimeter getrennt waren. Während er wütend in Tiaras erschrockenes Gesicht hinunter starrte, knurrte er: „Ich werde alles tun, um sie zurückzuholen. Ich habe mich bisher um sie gekümmert und das werde ich wieder tun.“

„Wenn du nicht mehr als nur einen Sonnenbrand willst, dann würde ich dir empfehlen, sie loszulassen.“ Zacharys Stimme war nahe und sehr warnend.

Zachary hatte sich zurückgehalten und der Unterhaltung zwischen Tiara und Guy zugehört. Er wusste, dass Guy verletzt war… verdammt, alle wussten, was Carley dem großen Mann bedeutet hatte. Aber als Guy Tiara gewaltsam packte, konnte Zachary nicht mehr tatenlos zusehen. Sie war so klein und zerbrechlich verglichen mit ihm. Sie sah aus, als könnte er sie einfach zermatschen.

Guys Blick richtete sich auf Tiara, ignorierte Zacharys Drohung. Stattdessen starrte er weiterhin hinunter auf Tiaras leuchtende Augen, zu hell für einen normalen Menschen. Wieder drang der Gedanke, sie zu zwingen, das zu tun, was er von ihr wollte, in sein Unterbewusstsein. Was konnte er schon verlieren… er hatte schon alles verloren, wofür er gelebt hatte.

„Er tut mir nicht weh.“ Tiaras Stimme war ruhig, aber sie ließ Guy nicht aus dem Auge. Er tat ihr weh, aber was sie am meisten schmerzte, war der Anflug von Wahnsinn, der sich in Guys wütenden Blick mischte. Er war nicht wirklich wütend auf sie… er erfuhr die normalen Gefühle des Überlebnsschuld-Syndroms. Wenn es nach ihm ging, dann hätte er anstelle von Carley sterben sollen.

„Guy, wenn du mich loslässt, werde ich meine Macht verwenden, um Carley zu rufen. Dann kannst du deine Schwester fragen, was sie jetzt will.“ Tiara wehrte sich nicht gegen ihn. Sie wollte, dass er ihr vertraute.

Zachary schüttelte seinen Kopf und machte einen Schritt auf die beiden zu. „Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist“, meinte er finster. Er war sehr gut darin, Menschen zu lesen und auch wenn Tiara es verdammt gut versteckte, so konnte er doch erkennen, dass sie verängstigt war. „Ich habe gesagt, lass sie los, Guy!“

„Ich tue ihr nicht weh!“ Guy schrie beinahe über seine Schulter.

Zachary knirschte mit den Zähnen und versuchte mühsam, sein eigenes, feuriges Temperament zu kontrollieren, das plötzlich an die Oberfläche kam. Er wusste, dass Guy trauerte, und es war offensichtlich, dass der Mann nicht besonders gut damit umging. Aber trotzdem würde er nicht zulassen, dass Guy seinen Frust an Tiara ausließ.

Ohne, dass er überhaupt bemerkte, was er machte, wurde die Luft um Guy plötzlich mehrere Grad wärmer.

Guy ließ Tiaras Hand los und richtete seinen wütenden Blick auf Zachary, als er in Schweiß ausbrach. „Halt dich hier heraus, verdammt.“

„Oh, ich denke, dafür ist es zu spät.“ Zacharys Lippen deuteten ein gefährliches Lächeln an.

Nachdem sie nicht der Grund sein wollte, wegen dem jemand verletzt wurde, streckte Tiara ihre Hand aus und berührte sanft Guys Arm, um seine Aufmerksamkeit wieder auf sich zu ziehen. „Ich werde Carleys Seele rufen… nicht ihren Körper“, flüsterte sie. „Und du kannst mit ihr sprechen.“ Jetzt, wo sie seine volle Aufmerksamkeit hatte, hob sie ihre beiden Hände und legte sie auf seine Wangen. „Zuerst brauche ich etwas von dir.“

„Ich gebe dir alles, was du willst“, sagte Guy verzweifelt. „Und wenn es geschafft ist… wenn du mich brauchst…“ Er legte eine seiner Hände über eine von ihren, drehte sein Gesicht dorthin und küsste ihre Handfläche liebevoll, dann ließ er sich auf seine Knie sinken, damit er nicht so viel größer war als sie. „… werde ich für dich da sein.“

Zachary knurrte innerlich, denn er wusste genau, was Guy vorschlug, und es gefiel ihm gar nicht. Er wandte seinen verärgerten Blick auf Tiaras Gesicht und fragte sich, was sie davon hielt, ihre Geisterbeschwörer-Gefälligkeiten gegen Sex zu tauschen.

„Danke, Guy.“ Ihre vollen, roten Lippen hoben sich zur Andeutung eines gütigen Lächelns. „Aber was ich von dir brauche, ist, dass du all die Liebe, die du für deine Schwester fühlst, durch dich strömen lässt. Ich kann sie dann verwenden, um ihre Seele zu rufen.“

Sogar von dort, wo Zachary stand, konnte er sehen, wie Guys Blick weich wurde, und sein Gesicht sich entspannte, aber er konnte sich selbst nicht davon abhalten, noch einen Schritt nach vorne zu machen, als Guy seine Arme um Tiaras Hüfte schlang und sie an sich drückte, als er seine Augen schloss.

Tiara holte tief Luft und schloss ihre Augen, fühlte die überwältigende Liebe eines Bruders für seine kleine Schwester in der Art, wie er sich so fest an sie klammerte. Sie konnte sogar fühlen, wie seine Hände durch die Emotionen zitterten. Sie waren so rein und kamen direkt vom Herzen, dass sie sich danach sehnte, auch eine solche Liebe zu kennen.

Zachary beobachtete beeindruckt, wie Tiara zu verschwimmen schien und Carleys Aussehen sich mit ihrem vermischte. Carleys Seele klammerte sich an Tiaras Körper und starrte verwirrt hinunter auf ihren Bruder. In nur wenigen Sekunden wurde Zacharys misstrauischer Gesichtsausdruck von einem ersetzt, den man nur als liebevoll bezeichnen konnte.

„Guy“, sagte Carley leise.

Guys Augen öffneten sich ruckartig und er hob schnell seinen Kopf, um seine Schwester anzusehen, die in seiner Umarmung stand.

„Carley.“ Guys Stimme zitterte und Tränen fielen aus seinen Augen. „Wieso hast du das gemacht? Es hätte doch mich treffen sollen.“

Carley lächelte. „Ich war an der Reihe, dich zu beschützen. Ich bereue es nicht, und ich würde es nicht rückgängig machen.“

Guy schüttelte seinen Kopf, wollte es nicht wahrhaben. „Ich brauchte keinen Schutz… was ich brauchte, war meine Schwester.“ Er schlang seine Arme besitzergreifend fester um sie. „Ich verspreche dir, dass ich dich diesmal nicht loslassen werde.“

„Du hast dich immer um mich gekümmert“, sagte Carley. „Aber sieh mich jetzt an.“ Sie drehte sich schwungvoll innerhalb seiner Arme, da es in Wirklichkeit Tiaras Körper war, den er hielt… nicht ihrer. „Ich kann wieder laufen. Wenn ich möchte… kann ich sogar fliegen.“

„Wir können es diesmal besser machen. Ich werde eine Möglichkeit finden, dich glücklich zu machen“, versprach er und bereitete sich innerlich darauf vor, dass sie ablehnte.

Carley seufzte leise und beugte sich hinunter, um einen sanften Kuss auf seine Wange zu setzen. „Ich bin jetzt glücklich, Guy. Das einzige, was ich mir wünsche, ist, dass du einen Weg findest, um glücklich zu sein… und, um Himmels Willen, such dir eine Freundin!“

Guy senkte seinen Kopf und saugte so viel Magie, wie er nur konnte, aus der Erde. „Tiara kann dich zurückbringen, Carley. Willst du das nicht ebenso sehr wie ich?“

Carley hob ihre Hand und zerzauste sein Haar, so wie er es immer bei ihr gemacht hatte. „Es tut mir leid, Guy, aber nein… bitte, nimm mir das hier nicht weg.“

Guys Augen wurden groß, als er Schuldgefühle spürte, und sein verweinter Blick hob sich zum Gesicht seiner Schwester. „Es gibt eine Möglichkeit, wie wir beide bekommen können, was wir wollen.“

Gerade als sich die Lippen seiner Schwester verwirrt öffneten, stieß Guy seine Handfläche fest in Tiaras Brust, wobei er schnell die Worte des Zauberspruchs flüsterte, den er vor einer Stunde auswendig gelernt hatte. Der Ausbruch der Macht schleuderte Tiara rückwärts davon, sodass einen Augenblick lang ihr Schatten noch dort sichtbar war, ehe er verblasste, und nur noch das Bild von Carley zu sehen war, die vor ihm stand.

„Was hast du gemacht?“, flüsterte Carley.

Guy blinzelte, jetzt, wo sie auch ohne Tiaras Verbindung stabil war. Sie hatte ihm keine andere Wahl gelassen und er weigerte sich, sie wieder gehen zu lassen. Also hatte er die Entscheidung getroffen, ihren Geist an diese Welt zu binden.

Zachary sprang mit ausgestreckten Armen nach vorne und fing Tiara auf, ehe ihr Kopf den Sand des Strandes berühren konnte. Schnell überzeugte er sich, dass sie atmete und ihr Herz schlug, dann starrte er wütend auf Guy und erkannte, dass der Zauberer noch immer den Ort anstarrte, wo Tiara eben gestanden hatte, als könne er Carley noch sehen.

Carley sah über ihre Schulter auf Tiara, dann missbilligend zurück auf ihren Bruder. „Das war gemein… du hättest Tiara zumindest darauf hinweisen können, was du vorhattest.“

„Ich werde mich bei ihr entschuldigen“, sagte Guy lächelnd und wischte ein paar Tränen von seiner Wange. „Jetzt, wo du die Verbindung zwischen den Welten beherrschst, brauchen wir kein Medium mehr für uns.“

Carley kicherte, denn sie wusste, dass der Zauber harmlos war, aber zumindest würde sie ihn jetzt besuchen können, auch wenn er und Tiara die einzigen waren, die sie sehen konnten. „Vergiss bloß nicht, dass du nicht mit mir reden kannst, wenn Leute dabei sind. Sie werden glauben, dass du den Verstand verloren hast.“ Als sie zum Schloss hoch schielte, wurde ihr klar, dass sie sogar Guys geheime Spionin sein könnte, wenn das TEP sie brauchte. Sie würde später mit ihm darüber reden.

„Ich liebe dich, großer Bruder, aber ich glaube, du solltest dich bei Tiara entschuldigen, ehe Zachary dich röstet.“ Sie beugte sich hinunter und ließ ihre Lippen über Guys Stirn streichen, auch wenn sie wusste, dass er es nicht fühlen konnte. „Ich werde hier sein.“

Guy sah zu, wie Carley ihm ein strahlendes Lächeln schenkte, ehe ihr Bild verblasste, sodass nur mehr Zacharys wütende Gestalt in seinem Blickfeld war.

„Was, zur Hölle, hast du ihr angetan?“, knurrte Zachary, während er Tiaras schlaffen Körper an seine Brust drückte.

Während er auf Tiaras entspanntes Gesicht hinuntersah, wischte er ein paar Haare weg, die der Wind über ihre Wange und Lippen blies. Er hielt sofort inne, als ihm mehrere Dinge gleichzeitig klar wurden. Ihre Haut war genauso weich, wie sie aussah… und ihr Haar auch.

Zachary erzitterte, als es von seinen Fingern fiel wie Seidenfäden. Sein Blick hielt an ihren vollen Lippen, verzaubert durch den Wunsch, sie zu küssen, sodass seine Brust sich zusammenzog. Ihre Unschuld machte sie so viel schöner und verführerischer, als er je gemeint hatte, dass ihre Mutter es war… dieses Wissen ängstigte ihn auf eine Weise, die er nicht verstehen konnte.

Guy beobachtete die Emotionen, die über Zacharys Gesicht flimmerten, während der andere Mann Tiaras bewusstlose Gestalt hielt. Ein fester Knoten formte sich in seinem Magen, es gefiel ihm gar nicht, dass Zachary ihr so nahe war… er vergaß einfach, wer sie vor wenigen Augenblicken noch in seinen Armen gehalten hatte.

Nachdem er aus dem feuchten Sand aufgestanden war, näherte sich Guy schnell den beiden und stand einen Moment lang über Zachary. Unbewusst ballte er seine Hände zu Fäusten, ehe er sich neben Tiara wieder auf die Knie sinken ließ und verliebt auf ihr weiches Gesicht hinuntersah.

„Ich habe sie nicht verletzt… ich schwöre es. Ich würde sie nie verletzen“, sagte Guy mit tiefer Stimme, meinte jedes Wort. Er hob seine Hand und fuhr mit der Rückseite seiner Finger über ihre weiche Wange, dann knurrte er beinahe, als Zacharys Arme sich fester um ihren Körper schlossen, aber er konnte sich noch rechtzeitig zur Ordnung rufen. „Sie hat mir das einzige Geschenk gegeben, das mir sonst niemand geben hätte können und ich schulde ihr alles dafür“, versuchte Guy es noch einmal.

„Ich habe gefragt, was, zum Teufel, du getan hast, dass sie bewusstlos wurde“, fragte Zachary scharf und schob Guys Hand von Tiaras Wange weg, traute dem Zauberer nicht genug, um zuzulassen, dass er sie anfasste. Er hatte diesen Fehler schon einmal gemacht. „Sie ist nicht wie wir, wenn es darum geht, ihren Körper zu heilen. Sie ist ein Mensch, du Idiot, damit ist sie verletzlich.“

Guy ließ seine Hand sinken, konnte Zacharys Fürsorglichkeit verstehen, aber er entfernte sich nicht. „Ich habe einen Zauber, den Carley und ich vor ein paar Jahren gefunden haben, mit der Geisterbeschwörer-Macht, die Tiara ausstrahlte, als sie Carley erlaubte, ihren Körper zu nutzen, kombiniert.“ Er hob seine Hand wieder, aber Zachary schlug sie wieder weg.

„Geh weg“, befahl Zachary.

„Durch sie kann ich Carley jetzt immer sehen, wenn ich will“, fuhr Guy fort und ignorierte den Befehl. „Tiara hat mir meine Schwester zurückgegeben… und daher werde ich für immer in ihrer Schuld stehen.“

„Wenn Tiara nicht aufwacht und mir sagt, dass es ihr gut geht, werde ich dich auf direktem Weg zu deiner Schwester befördern“, drohte Zachary, aber dann zuckte er zusammen, als weiche Finger über seine Lippen streiften.

Beide Männer senkten ihren Blick ruckartig auf die kleine Frau, aber es waren Zacharys Augen, die Tiaras Blick suchte.

Zachary stockte der Atem, als er Tiaras echte Augenfarbe zum ersten Mal aus der Nähe sah. Sie waren voller tanzender Flecken aus reinem Gold und Grün, die sich in scheinbar zufälligen Bahnen bewegten und ihn beinahe hypnotisierten und sie starrten mit ihrer verlockenden Unschuld direkt in seine.

„Mir geht es gut“, flüsterte Tiara, fühlte, wie Zacharys überwältigende Fürsorge sie wie in eine schützende Decke wickelte.

Sie wurde schnell von Zacharys Perfektion in ihren Bann gezogen. Nachdem sie den Mann, der ihre Gedanken im Laufe der Jahre so oft heimgesucht hatte, berühren wollte, ließ sie ihre Finger noch einmal über seine Lippen streicheln, ehe sie über sein Kinn und seinen Hals fuhren. Als er scharf einatmete, wurde ihr bewusst, was sie machte.

Tiara zog schnell ihre Hand zurück und setzte sich auf, bemühte sich, von seinem Schoß zu rutschen.

Zacharys Gehirn war in Streik getreten, als er fühlte, wie ihre Finger einen Moment auf seinen Lippen ruhten, ehe sie über sein Kinn streiften. Er unterdrückte ein Zittern, als dieselben Finger seinen Hals streichelten und sich einen Weg zu seinem Nacken bahnten, wo die Haut so unglaublich sensibel war. Als Tiara sich zu bewegen begann, musste er sich dazu zwingen, sie loszulassen, sodass sie aufstehen konnte.

In dem Moment, als sie sich aus Zacharys Armen befreit hatte, hatte Tiara kaum Zeit, auf ihren schwachen Beinen zu schwanken, ehe Guy sie in seine Umarmung zog. Sie errötete, als sie fühlte, wie jeder Zentimeter seines Körpers sich an ihren drückte.

Sie konnte fühlen, wie die kleine Flamme des Verlangens, das entstanden war, als sie in Zacharys Schoß gelegen hatte, nun heller brannte. Von einem Mann gehalten zu werden, war etwas Neues für sie, denn außer ihrer Mutter war nie jemand so nahe an sie herangelassen worden.

„Ich kann Carley jetzt sehen“, rief Guy und hob sie höher, bis ihre Füße fast einen halben Meter über dem Boden hingen. „Danke.“

Guy war glücklich, dass er seine Schwester zurückhatte, aber das Gefühl der Sehnsucht nach dieser kleinen Frau wuchs wieder in ihm. Der Drang, mehr zu tun, als sie einfach nur festzuhalten, war fast überwältigend. Als Tiara ein wenig zappelte, starrte er mit hungrigen Augen auf sie hinunter. „Ich habe dir nicht wehgetan, oder?“

Tiara sah zu dem großen Mann hoch, der sie festhielt und legte ihre Hände auf seine breiten Schultern. Er war außer sich vor Glück… das konnte sie sehen und fühlen. Sie hatte seine Magie gefühlt, in dem Moment, als sie sie getroffen hatte… die Macht, die Guy in sich beherbergte, war unglaublich groß. Es war ein Fehler gewesen, ihn abzuweisen, als er angeboten hatte, sich ihrem Team anzuschließen.

„Du hast mir nicht wehgetan“, sagte sie leise, auch wenn es eine Lüge war.

Er hatte sie nicht verletzen wollen und das wusste sie. Ihre Mutter hatte ihr mehr als nur einmal eingebläut, dass sie ihr Team sorgfältig auswählen musste, und sie hatte nicht von Partnern fürs Bett gesprochen. Auch wenn Guy nicht um Erlaubnis gefragt hatte, ehe er seine Macht mit der ihren verbündet hatte, die Tatsache, dass er dem Geist seiner Schwester gegenübergestanden hatte, genügte für sie, um ihm zu vergeben.

„Ich will dich“, Tiara lehnte ihren Kopf zurück und hob ihre Fingerspitzen zu seinen Lippen, als er seinen Kopf nach vorne senkte, „in meinem Team haben.“

Guy fühlte eine kurze Welle der Enttäuschung durch sich spülen, als sie ihren Satz beendete, und küsste stattdessen ihre Fingerspitzen. „Du kannst alles von mir haben, was du willst“, flüsterte er verführerisch.

Tiara fühlte, wie Hitze durch ihre Mitte zuckte, passend zu dem Blick in seinen Augen. Dies war eine weitere Warnung, die ihre Mutter ihr mitgegeben hatte, und Tiara wusste, dass sie sie nicht ignorieren konnte. Bald würde sie mehr als nur Teammitglieder wählen müssen, wenn sie überleben wollte. Ihr Leben hing buchstäblich davon ab, dass sie einen Sex-Partner fand, der ihr Lebensenergie schenkte, wenn der Ruf der Dunkelheit für sie zu stark wurde.

So wie es im Moment aussah, sollte es nicht allzu schwierig werden, sicherzustellen, dass jemand für diesen Zweck in ihrer Nähe war.

In Zacharys Magen brannte ein Feuer und seine Körpertemperatur war ein paar Grad angestiegen. Er fühlte sich, als würde er plötzlich in Flammen aufgehen, als Guy seinen Kopf senkte, um Tiara zu küssen. Das Gefühl verflog wieder, als sie erklärte, was sie von Guy wollte, und Zachary musste gegen den Drang ankämpfen, den überheblichen Mann triumphierend anzugrinsen.

Als Guy sie nicht sofort losließ, beschloss Zachary schließlich, dass er es verdammt satt hatte, nur ein Zuschauer zu sein. Er richtete sich auf und machte einen Schritt nach vorne, um ihre verstörende Intimität aufzubrechen.

„Gut“, knurrte Zachary. „Du hast bewiesen, dass du es verdienst, im Team zu sein… zumindest in Tiaras Augen. Aber dank dem, was du gemacht hast, ist Tiara geschwächt und muss sich ausruhen, damit sie dem gewachsen ist, was heute Nacht auf uns zukommt.“

Guy schenkte Zachary einen bitterbösen Blick, wollte ihm sagen, dass er das Maul halten sollte, aber hielt sich gerade noch zurück. Er wusste nicht so genau, wie die Beziehung zwischen Tiara und Zachary aussah, und er nahm an, dass er es auch nicht so genau wissen wollte.

„Er hat recht, ich bin etwas erschöpft“, sagte Tiara und sah in Guys Augen, wollte, dass er sie hinunterließ. Sie fühlte sich wie ein Kind in seinen Armen… klein und hilflos.

„Gute Idee“, stimmte Guy zu und hob eine Augenbraue in die Richtung der steilen Treppen, die über die Klippen nach oben führten. „Du solltest dich ausruhen.“

Zu Zacharys Leidwesen senkte Guy einen Arm unter Tiaras Knie und trug sie vor sich über den schmalen Pfad zum Schloss. Er fing einen kurzen Blick von ihr auf, als sie ihren Kopf drehte, um zu sehen, ob er ihnen folgte.

Innerlich knurrend folgte Zachary, obwohl er sich nicht so sehr darüber im Klaren war, wieso er sich überhaupt ärgerte. Es störte ihn absolut nicht, dass er nicht derjenige war, der Tiara trug… obwohl er Guy genau im Auge behielt, um sicherzugehen, dass seine Hände an ordentlichen Stellen ihres Körpers blieben. Nur weil Guy seine Macht mit der ihren verbunden hatte, war die Geisterbeschwörerin so geschwächt worden… also konnte Guy sie auch selbst tragen.

Tiara lächelte leise und lehnte ihren Kopf an Guys Hals. Sie nahm an, dass er seine Schwester oft auf diese Weise getragen hatte, und so ließ sie zu, dass er nun sie trug. Es half ihm wohl, die Leere, die Carleys Tod in seinem Herzen hinterlassen hatte, zu füllen. Minuten später fand sie sich selbst in ihrem Zimmer wieder.

Zachary lehnte im Türstock, seine Arme vor der Brust verschränkt und sah zu, wie Guy Tiara vorsichtig auf die Matratze legte. „Also, ich nehme an, wir sind nun zu viert im Team und nicht mehr zu dritt?“, fragte er.

Ehe Tiara das bestätigen konnte, antwortete Guy für sie: „Ihre Mutter hatte immer sechs Leute bei sich. Tiara hat gelogen, was die Anzahl betraf, weil sie mich nicht in der Nähe haben wollte.“ Er zwinkerte Tiara zu, sodass diese errötete und sich aufsetzte.

Zachary runzelte die Stirn, als er sich fragte, wieso er nicht schon selbst darauf gekommen war… er war einige Male Teil von Myras Team gewesen. Irgendwie hatte seine Bekanntschaft mit Tiara seine Erinnerungen an ihre Mutter verblassen lassen. Er würde besser darauf achten müssen, was um ihn herum geschah.

Tiara fühlte sich merkwürdig, jetzt wo zwei Männer in ihrem Zimmer waren… alleine mit ihr. Wenn sie zwischen den beiden wählen hätte müssen… hätte sie sich für Guy entschieden. Sie hatte Zachary mehrmals aus der Ferne gesehen, als sie noch jünger gewesen war, wenn die TEP-Teams einander über den Weg gelaufen waren. Zachary hatte ihre Mutter immer so komisch angesehen, dass sie eine kindliche Angst vor ihm entwickelt hatte.

Wie auch immer sie die Dinge betrachtete, Zachary war wirklich ein Mann, den man fürchten sollte, wenn sie es sich genauer überlegte. Es gab so vieles von Zachary, was niemand wirklich wusste, außer Storm und vielleicht Ren. Selbst sein Profil in der TEP-Datenbank war wenig mehr als sein Name und seine derzeitige Mission. Alleine die Tatsache, dass Storm ihm eine der höchsten Positionen eingeräumt hatte, sprach Bände über seine Macht.

Sie hatte von anderen TEP-Mitgliedern Geschichten über Zachary gehört. Tiara hielt nicht besonders viel von Geschichten und Gerüchten, aber sie genügten, um ihre Angst vor ihm zu bestätigen. Doch diese kindliche Angst war immer mit einer drängenden Neugier vermischt gewesen, die jetzt, wo sie ihn getroffen hatte, nur noch stärker wurde.

Als sie hier angekommen war, hatte Storm ihr gesagt, dass Zachary ihr Team koordinieren würde. In der Versammlung unten war sie überrascht gewesen, als Storm verkündet hatte, dass Zachary tatsächlich ein Teil ihres Teams sein würde. Sie hatte gedacht, dass jemand, der so wichtig war wie Zachary, ihrem Team einfach sagen würde, wo sie hingehen und was sie tun sollten… nicht, dass er selbst mitkam.

Guy hob ihre Hand hoch und gab ihr einen schnellen Kuss, ehe er sie wieder losließ. „Du musst dich ausruhen. Ich werde etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang zurückkommen.“

„Bleib noch kurz“, sagte Storm von hinter Zachary, woraufhin er zusammenzuckte. Zachary machte einen Schritt zur Seite, um Storm eintreten zu lassen.

Dunkle Flammen

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