Читать книгу Öko-Habitate – Eine Zukunft für die Zukunft - Anand Buchwald - Страница 13

Zukunftsträume

Оглавление

Das menschliche Leben auf der Erde bewegt sich zur Zeit immer mehr in Richtung Auslaufmodell. Die Menschen kommen nicht miteinander aus und zerstören so ganz nebenbei ihre eigenen Lebensgrundlagen; und kaum einer bemerkt es, und keiner will es gewesen sein. Aber so wie bisher kann es auf der Erde nicht weitergehen. Das sollte mittlerweile eigentlich jedermann bewusst sein, der mit zumindest halb offenen Augen durch das Leben geht. Und trotzdem unternimmt kaum jemand etwas. Es scheint, als ob die Welt von lauter Kaninchen bevölkert ist, die bei dem Anblick ihrer selbstgemachten Schlange in Starre verfallen. Die Öko-Habitate als konkreter erster Lösungsschritt wären rein technisch gesehen bereits heute problemlos machbar. Wir könnten jederzeit anfangen, sie Wirklichkeit werden zu lassen.

Doch wie soll das vor sich gehen? Wie kommt es zur Bildung der ersten Öko-Habitate? Man könnte nun natürlich meinen, es würde reichen, dass ein Staat sich entschließt, ein paar Öko-Habitate zu fördern, ein Architekt entwirft sie, und dann kämen von überall her Menschen, die an diesen coolen, zukunftsträchtigen Orten leben möchten, und nach kurzer Zeit würden diese Habitate zu einem selbstlaufenden Erfolgsmodell, das sich überall auf der Erde verbreitet. – Das kann man zwar machen, aber das wird so nicht funktionieren. Das würde eine Totgeburt werden, wie es schon bei Brasilia der Fall war. Wenn eine Sache nicht in den Herzen der Menschen angekommen ist, dann ist sie nicht richtig lebensfähig. Und für die Öko-Habitate, und ganz besonders für die ersten von ihnen, ist dies eine zwingende Grundvoraussetzung.

Zwar kann der Staat, oder besser die Staatengemeinschaft, schon etwas unternehmen, um den Öko-Habitaten auf den Weg zu helfen. Die Staaten können Grundlagen schaffen (sofern ihnen ihr Paragrafendschungel die nötigen Freiräume lässt und die politischen Recken sich mal zu einer gemeinsamen Anstrengung FÜR etwas durchringen können), rechtliche Rahmenbedingungen etwa, die durch die Einräumung von mehr Freiheiten für die zukünftigen Öko-Habitate ihren Bewohnern den Aufbau der Habitate erleichtern, und auch eine finanzielle Unterstützung wäre hilfreich – ohne Bedingungen. Doch mehr wäre kontraproduktiv, denn ein Öko-Habitat ist ein lebendiger Organismus, der wachsen muss. Man kann ihn nicht wie Frankenstein künstlich erschaffen oder wie eine Kulturrevolution anordnen. Es bringt nichts, in einem technokratischen Lösungsansatz ein Gemeinwesen aus Menschen zusammenzusetzen, die nichts anderes verbindet als der Wunsch, dem allgemeinen Wahnsinn in ein angenehmes Leben zu entkommen. Noch ehe die ersten Habitate fertiggestellt wären, würden sie wie viele künstliche Trabantenstädte zu Problemfällen werden.

Der Aufbau, das Wachsen und das Erblühen von Öko-Habitaten ist nur im Prinzip eine einfache Sache, dann nämlich, wenn sich alle Beteiligten einig sind und die optimalen Umstände vorliegen. Aber diese Rahmenbedingungen sind bislang nicht in Sicht. Die Genese der Öko-Habitate wird also anfangs von Widerständen begleitet sein. Hinzu kommt, dass man sich dabei auch auf unerforschtes Terrain begibt, denn etwas Vergleichbares ist im Bewusstsein der meisten Menschen bislang noch nicht angekommen – obwohl in Mirapuri, der Stadt des Friedens und des Zukunftsmenschen in Europa, immerhin schon daran gearbeitet wird. Öko-Habitate und die mit ihrer Entstehung einhergehenden Begleitumstände sind noch Terra inkognita.

Darum ist es wichtig, dass die richtigen Menschen zusammenfinden. Die Gründer und künftigen Einwohner der geplanten Öko-Habitate benötigen vor allem eine gehörige Portion Pioniergeist. Das scheint ein einfaches Konzept zu sein, aber Pioniergeist ist mehr als ein romantischer Siedlertreck mit Planwagen, Kühen und Schreinern, wie er in manchen Hollywoodproduktionen zu sehen ist.

Pioniergeist fängt zum Beispiel schon damit an, dass man den Mut hat, in sich Den Traum zu entdecken und sich der Aufgabe zu stellen, die diese Entdeckung in sich birgt. Jeder Mensch trägt Den Traum in sich. Man könnte sagen, Der Traum ist die Wahrheit des eigenen Wesens, und bisweilen unterscheidet sich diese Wahrheit von dem Bild, das man bislang von sich selbst hat. Darum braucht man Mut, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein, wenn man sich auf Entdeckungsreise begibt.

Dieser Traum, diese Wahrheit ist mal mehr, mal weniger stark verschüttet. Er ist das Ideal, nach dem zu leben es uns drängt, unser inneres Gesetz. Je mehr man dieses Ideal freilegen kann, desto besser kann man versuchen, es vollständig auszudrücken und umzusetzen. Manchmal blitzt ein kleines, begrenztes Teilstück durch, und so hat etwa Napoleon entsprechend dem damaligen Bewusstsein und Wissensstand versucht, Europa zu vereinigen, indem er es mit Krieg überzogen hat. Andere haben versucht, diese Blitze in Bilder oder Musik umzusetzen, oder glauben, die Welt missionieren zu müssen.

Ein wahrer Pionier muss sich also zuerst einmal auf die Suche nach Dem Traum machen, und wenn er ein Zipfelchen gefunden hat, darf er nicht sagen, er habe die absolute Wahrheit entdeckt, sondern muss noch tiefer graben. Die Suche nach Dem Traum ist eine Lebensaufgabe und erfordert wachsende Aufrichtigkeit. Um Fortschritte zu machen, muss man sich stetig bewegen, immer nach noch mehr streben, denn wer glaubt, am Ziel angekommen zu sein, stagniert im besten Fall. Die Schaffung von Öko-Habitaten erfordert ganzen Einsatz, blühendes Leben, unermüdliche Begeisterung und ausdauernden Fortschritt. Man setzt sich nicht für ein Öko-Habitat ein, um einen Ort des Ausruhens zu schaffen, sondern um progressiv Den Traum zu verwirklichen.

Wenn der wirkliche Pionier einen ersten Zipfel Des Traums gefunden hat und die Öko-Habitate ein Bestandteil dieses Traumes sind, was durchaus nicht bei jedem Menschen der Fall sein muss, dann ist erneut Mut gefragt, denn im heimischen Bett von Heldenmut zu träumen und den ersten mutigen Schritt in eine unbekannte Zukunft zu wagen, sind zwei ganz verschiedene Dinge. Im normalen Leben kommt man mit Mitläufertum und Verantwortungsdelegation oder -verweigerung ganz gut zurecht, aber als Pionier, als zukünftiger Held sieht man sich wirklichen Herausforderungen gegenüber. Da kann man das sichere Leben, das man bisher geführt hat, vergessen. Beim Aufbau von Öko-Habitaten gibt es keine Checkliste, die man nach und nach abhaken und an deren Ende man sich im Habitat zur Ruhe setzen kann. Man trifft damit eine grundlegende Entscheidung für ein neues Leben, das mit dem bisherigen nicht mehr viel zu tun hat. Wer seinem Traum folgen will, braucht Mut, denn er muss einen Schritt ins Ungewisse wagen, einen Sprung in die Zukunft tun.

Wenn man diesen ersten und entscheidenden Schritt getan hat, dann kommen viele Veränderungen auf einen zu. Man muss immer wieder Entscheidungen treffen, auch unangenehme, und sich manchmal wiederholt mit der Frage auseinandersetzen, ob man mit diesem Schritt das Richtige getan hat. Man muss immer wieder Kräften entgegentreten, die einen ins alte Leben zurückziehen möchten oder die sagen, dass es der halbe Einsatz auch tut.

Wenn man seinen Traum erkannt hat und den Mut hatte, den ersten Schritt zu tun, dann war diese Entscheidung auch von einer Begeisterung für Den Traum und für das Ziel begleitet. Diese Begeisterung muss man in sich immer lebendig erhalten, damit man sich nicht entmutigen lässt, wenn es beim Aufbau der Öko-Habitate nicht nur Fortschritte gibt. Dann hat man die Kraft, immer wieder von vorne anzufangen und suboptimale Entwicklungen weiter zu perfektionieren, denn die Begeisterung gilt dem Ideal in seiner Vollkommenheit, nicht in einer groben Anmutung davon. Man kann sich das wie eine Beziehung zwischen zwei Menschen vorstellen. Nach dem Erkennen der Liebe oder auch gleichzeitig mit der Erkenntnis hat man sich für eine Beziehung entschieden, und wenn man das verbindende Element in ihr nicht immerzu am Leben erhält oder besser immer stärker entfacht, dann wird die Beziehung zur Gewohnheit und Gleichgültigkeit und stirbt unbemerkt. Wenn man sich für die Teilnahme am Aufbau eines Öko-Habitats entschieden hat, dann muss man in seinem Herzen das Feuer der Aspiration und der Hingabe entfachen und es wie eine Fackel vor dem inneren Auge mit sich tragen.

Wenn man sich dann mit anderen zusammen an die Verwirklichung des Öko-Habitats macht, dann wird von den zukünftigen Habitanten recht bald die Fähigkeit zur Gemeinschaftsbildung gefordert, denn hier ist man kein kleiner Angestellter einer Habitats-Projektleitung, sondern man ist selbst ein verantwortlicher Bestandteil des Habitat-Aufbaus. Ein wirkliches Öko-Habitat kann nicht von oben herab entstehen, auch wenn vielleicht manche über die noch anstehenden Schritte und Arbeiten einen besseren Überblick haben als andere und darum natürlich besser befähigt sind, die gemeinsamen Bemühungen zu koordinieren und zu kanalisieren, sondern von innen heraus und im Zusammenspiel aller, aus einem gemeinsamen Interesse und Traum heraus.

Die Fähigkeit zur Zusammenarbeit ist eine der wichtigsten Pionierstugenden überhaupt, denn niemand ist in der Lage, den Aufbau ganz allein zu schultern. Gemeinsam geht jede Arbeit leichter und freudiger von der Hand. Und über der gemeinsamen Arbeit kommt man sich auch leichter näher und wächst zusammen. Gemeinsam kann man Den Traum verwirklichen und seine vielen Aspekte erforschen, und im Austausch mit anderen kann man ihn in sich lebendig halten und sogar neue Einblicke gewinnen und ihn so noch vertiefen.

Ein Öko-Habitat ist der Gegenentwurf zur vereinzelten Gegenwartsgesellschaft. Gemeinschaft, gewollte und gelebte Gemeinschaft bewusster und wirklich individualisierter Menschen, bildet eine seiner Lebensgrundlagen. Blinder Herdengehorsam ist out, Solidarität, die Bemühung um Verständnis der Bedürfnisse des Anderen und der Gemeinschaft, die Suche nach dem angemessenen und ureigensten Platz im großen Gefüge, das Wohlwollen und die Liebe zu den Mit-Habitanten und das Gefühl des Einklangs sind dagegen absolut in. Diese Bereitschaft, sich auf die anderen einzulassen, ist ein wichtiger Teil des Pioniergeistes und sollte, wenn nicht natürlicherweise in ausreichendem Maße vorhanden, erarbeitet und ausgebaut werden.

Wenn man mit anderen Menschen zusammenlebt und -arbeitet, bleibt einem die Erkenntnis nicht verborgen, dass viele von ihnen anders denken, anders handeln und andere Wertmaßstäbe haben als man selbst, wobei diese mitunter als der eigenen Seinsweise über- oder unterlegen erscheinen mögen. Jede Begegnung ist dabei eine Möglichkeit, etwas zu lernen, über andere und über sich selbst. Jede Begegnung ist eine Möglichkeit zu wachsen, neue Sichtweisen kennen zu lernen und sicher geglaubte Ansichten zu hinterfragen. Jede Begegnung ist eine Gelegenheit zu Selbsterkenntnis und Wachstum. Und wenn man sich für die Gemeinschaft öffnet, hat man viele Möglichkeiten zu wachsen und auch zum Wachstum der Gemeinschaft als Ganzes beizutragen. In der Auseinandersetzung mit Anderen, in der Begegnung, in allen Arbeitssituationen findet sich immer wieder ein Element, welches das Potenzial hat, uns wachsen zu lassen, Flexibilität zu lernen, offener und weiter zu werden und alte, verkarstete Strukturen aufzubrechen. Wenn man sich an die Verwirklichung Des Traums macht, dann macht man sich gleichzeitig an die Verwirklichung seiner selbst.

Bei der Verwirklichung eines Öko-Habitats treffen viele Träume und viele Selbstverwirklichungen aufeinander, die nicht immer vollständig übereinstimmen oder die unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Das bietet natürlich jedem die Gelegenheit, die eigenen Träume klarer herauszuarbeiten. Aber wenn all diese Träume, die in ihrem reinsten Kern wahrscheinlich alle eng miteinander verwoben sind, ungefiltert aufeinandertreffen und sich zu verwirklichen trachten, dann besteht zum einen die Gefahr der Spaltung, wenn Differenzen als unüberbrückbar wahrgenommen und akzeptiert werden, und zum anderen einer verschwommenen, nebelhaften Entwicklung des Habitats. Eine gewisse Organisationskultur und die Bereitschaft zu Gutwille und Zusammenarbeit vermögen diese Tendenzen zwar etwas auszugleichen, aber eine wirkliche Gemeinschaft braucht etwas mehr; sie benötigt einen Kondensationskeim, eine subtile Struktur, einen Mittelpunkt, von dem aus sie wachsen kann.

Ein Mittelpunkt der Habitatsbildung ist Der Traum, das Ideal eines jeden Aspiranten. An diesem Traum kondensiert sozusagen das Öko-Habitat. Es ist nicht so, dass zuerst der Grundstein gelegt wird und sich daraus dann alles entwickelt. Zuallererst ist da Der Traum, der immer konkreter wird und dann über Planungen, Kontakte und Landkäufe immer mehr Substanz bekommt, immer materieller wird. Es ist der Geist, die Idee, das Ideal, das der Verwirklichung vorausgeht, das den Mittelpunkt bildet.

Aber dieser Mittelpunkt reicht nicht aus, um Chaos und scheinbar widerstreitende Tendenzen in Zaum zu halten. Die Habitatsidee verbindet zwar Interessen, aber nicht unmittelbar die Menschen und nicht die Seelen. Es werden natürlich vielfältige Freundschafts- und Liebesbande entstehen, aber für eine wirkliche Gemeinschaft, die das Öko-Habitat zum blühenden Leben erweckt und zur Fortschrittskraft werden lässt, fehlt ein kraftvoller Mittelpunkt, etwas, das die Menschen verbindet, ein Ideal, das sich nicht auf Umweltschutz und gute Nachbarschaft beschränkt, sondern über die Idee der Öko-Habitate noch hinausweist.

Die Öko-Habitate sind notwendig geworden, weil das Leben auf der Erde immer mehr in die Irre geht. Die Kräfte und Interessen der Menschen streben auseinander. Gemeinschaften, kommunale wie globale, verlieren durch Betonung von Ego-Interessen und Tunnelblick-Mentalität ihren Zusammenhalt. Das Leben auf der Erde war allenfalls lokal und zeitlich begrenzt von Ganzheitlichkeit geprägt gewesen, aber seit vielen Jahren stellt es zunehmend jede Rücksichtnahme auf unterbewusstes und dumpf wahrgenommenes Unwohlsein hintan. Die Gegenbewegung, die ihre Präsenz ab und an schüchtern erkennen lässt, setzt auf das Schlagwort der Ganzheitlichkeit, doch bemüht sie sich bislang vor allem um einzelne Aspekte und Auswüchse und unterliegt ansonsten der gleichen Krankheit von Nicht-Zusammenarbeit, Egozentrik und Tunnelblick.

Die Öko-Habitate sind, wenn man sie in ihrem Potenzial richtig versteht, nicht in erster Linie das Mittel gegen diese alte Mentalität, sondern vor allem eine beispielgebende und letztendlich mitreißende Kraft des Wandels, welche die Menschen und Kräfte vereint, die diesen umfassenden Wandel suchen. Deshalb werden die Öko-Habitate ihre Bemühungen nicht auf die physischen Wachstumsprozesse des Habitat-Aufbaus beschränken, sondern tiefer schürfen. Ein wirkliches, gut funktionierendes Öko-Habitat ist eine Welt für sich. Es ist ein Muster-Planet, auf dem im Wesentlichen alle Funktionen des großen, idealen Gemeinwesens Erde abgebildet sind, so wie es sein könnte. Es wird, auch in seinen Beziehungen zu den anderen Habitaten, ein Beispiel dafür sein, wie die Erde funktionieren und erblühen könnte, und das ist auch eine seiner wichtigsten Funktionen.

Darum wird im Mittelpunkt der Öko-Habitate nicht in erster Linie der Umweltschutz, die Energieeinsparung oder die Hilfe für bedrohte Arten stehen, sondern der Mensch. Das Heilmittel für diesen Planeten ist entweder die Ausrottung des Menschen oder sein Erblühen. Mit seinem Erblühen werden sich die übrigen Probleme dann fast automatisch lösen.

Die Öko-Habitate sind also vor allem ein Feld zur Entwicklung des wahren Menschseins, eine Stätte der Entfaltung eines wirklichen Humanismus und der Erforschung des Bewusstseins oder des bewussten Seins. Bemühungen dazu gab es schon immer. In den unbewussten Anfangszeiten der Menschheit haben sich die Religionen um die Herausarbeitung des wahrhaft Menschlichen im Menschen verdient gemacht, aber mittlerweile sind ihre dogmatisch-politischen Strukturen, Engstirnigkeit und der Ballast der Jahrtausende, den die Religionen mitschleppen, meist mehr Hindernis als Hilfe. Parallel dazu bildeten sich schwach-konfessionelle Gruppen, die im Geheimen die Natur des Menschen und des Universums erforschten. Außerdem entstand auch der Yoga, eine Wissenschaft, die sich unabhängig von den Religionen ganz dem Menschen und seinen verschiedenen Aspekten widmete. Ein zeitgemäßeres, weniger geheimnisvolles Wort für die Zusammenfassung aller Yogawege ist die Bewusstseinsforschung, die gewissermaßen für ein moderneres Konzept des Yogagedankens steht.

Aber wie auch immer man diese Bemühungen um das Herausarbeiten der wahren menschlichen Natur auch nennen mag, sie sind ein würdiger und auch unverzichtbarer Mittelpunkt des ­Öko-Habitat-Gedankens, denn wenn sich die menschliche Natur, wie sie sich derzeit ausdrückt, nicht grundlegend wandelt, sind alle Bemühungen, das Dasein auf diesem Planeten auf neue, zukunftsträchtigere Beine zu stellen, vergebens. Wissenschaft und Technologie haben in den letzten beiden Jahrhunderten Gewaltiges vollbracht, jetzt ist es endlich an der Zeit, dass das menschliche Bewusstsein deren Vorsprung einholt und sich die nötige Reife für den verantwortungsvollen Umgang mit diesen Technologien und Kräften erarbeitet.

Diese Ausarbeitung eines zumindest planetaren Humanismus, welcher Ökologie, Ökonomie, globales Denken, die Entfaltung der Seele und der Gewissensstimme, Spiritualität und Bewusstseins­ausweitung mit dem Streben nach Schönheit, Harmonie, Weisheit, Kraft, Freude, Mut und Liebe vereint, ist ein umfassenderes, stärkeres, dauerhafteres und verbindlicheres Bindeglied als purer Öko-Aktivismus, und er ist auch dann noch aktuell und zukunftsweisend, wenn die technische Seite eines Öko-Habitats längst abgeschlossen ist.

Das weltweit wahrscheinlich einzige Projekt, das sich aufgemacht hat, ein einem Öko-Habitat entsprechendes Konzept in vollem Umfang zu verwirklichen, ist das in Italien entstehende Mirapuri, die Stadt des Friedens und des Zukunftsmenschen in Europa. Mirapuri wurde 1978 auf Anregung von Mira Alfassa von dem Künstler und Bewusstseinsforscher Michel Montecrossa gegründet. Die innere Grundlage bilden Erkenntnisse und Menschenbild von Sri Aurobindo, einem indischen Dichter, Philosophen und Revolutionär, und von Mira Alfassa, einer französischen Malerin, Pionierin und Bewusstseinsforscherin.

Und es war Mira Alfassa, die vor bald hundert Jahren ihren Traum wie folgt formulierte: „Es sollte irgendwo auf der Erde einen Platz geben, den keine Nation als ihr Eigentum beanspruchen kann, ­einen Platz, an dem alle gutwilligen Menschen, ehrlich in ihrem Bestreben, frei als Bürger der Welt leben können und einer einzigen Autorität folgen, der höchsten Wahrheit. Ein Platz des Friedens, der Eintracht, der Harmonie, wo alle kämpferischen Instinkte des Menschen ausschließlich dazu benützt würden, die Ursachen seines Leidens und Elends zu bewältigen, seine Schwäche und sein Unwissen zu überwinden, über seine Grenzen und Unfähigkeiten zu triumphieren. Ein Platz, an dem die spirituellen Bedürfnisse und die Sorge um Fortschritt Vorrang hätten vor der Befriedigung von Verlangen und Leidenschaften, dem Suchen nach materiellem Vergnügen und Genuss. An diesem idealen Ort wäre Geld nicht mehr der unumschränkte Herrscher. Individueller Wert hätte größere Bedeutung als der Wert, der aus materiellem Reichtum und sozialer Stellung kommt. Arbeit würde nicht dazu dienen, seinen Lebensunterhalt zu erwerben. Sie wäre das Mittel, um sich auszudrücken, um seine Fähigkeiten und Möglichkeiten zu entwickeln, während man gleichzeitig einen Dienst für die Gemeinschaft tut, die ihrerseits für die Lebensbedürfnisse und das Tätigkeitsfeld des Einzelnen sorgen würde. An diesem idealen Platz wären Kinder in der Lage, ganzheitlich heranzuwachsen und sich zu entwickeln, ohne die Verbindung mit ihrer Seele zu verlieren. Ausbildung würde nicht im Hinblick auf Prüfungen und Zeugnisse und Positionen erteilt, sondern um die vorhandenen Fähigkeiten zu bereichern und neue hervorzubringen. Kurz, es wäre ein Platz, an dem die Beziehungen zwischen den Menschen, die gewöhnlich fast ausschließlich auf Konkurrenz und Streit begründet sind, durch Beziehungen des Wetteiferns um das Bessertun ersetzt würden, des Wetteiferns um Zusammenarbeit und Beziehungen wahrer Brüderlichkeit.“

Diesen Traum versucht Mirapuri zu verwirklichen, und dieser Traum kann auch bei der Geburt weiterer Öko-Habitate Pate stehen.

Wenn ich alleine träume, ist es nur ein Traum. Wenn wir zusammen träumen, ist es der Anfang der Wirklichkeit.

Brasilianische Weisheit

Öko-Habitate – Eine Zukunft für die Zukunft

Подняться наверх