Читать книгу Aufwachstory - Anatol Flug - Страница 9

Оглавление

[6]

Der Kirchenplatz war völlig ausgestorben, aber ein Stück weiter die Straße hinauf entdeckte ich ein Gasthaus. Ich sah auf der Veranda Leute sitzen und ging darauf zu. Das Gasthaus war geschlossen, auf der Veranda gab es einen Getränke- und einen Kaffeeautomaten. Die drei Gäste – alle waren Radfahrer, die hier Pause machten – nutzten vor allem den schattigen Sitzplatz: Sie hatten ihre Getränkeflaschen ausgepackt und genossen den leichten Wind. Zwei der Männer saßen an einem gemeinsamen Tisch und unterhielten sich sehr angeregt. Der dritte saß an seinem eigenen Tisch und sah in die andere Richtung. Niemand schenkte mir Beachtung und ich machte mir in Sachen Handy auch wenig Hoffnung, war doch erst vor Kurzem nachgewiesen worden, dass die Strahlung gerade der neuesten besonders für den Sport geeigneten Handys extrem schädlich war. Ich ging an den Tischen vorbei und klopfte an die Küchentür.

Die Wirtsleute hier waren sicher gewohnt, solche Störversuche zu ignorieren, und es bedurfte einiger kräftiger Schläge gegen die Tür, damit mir geöffnet wurde. In der Tür stand ein alter Mann, schräg hinter ihm war ein Rollstuhl zu sehen. Das etwa zehnjährige Kind, das darin saß, hatte die Augen geöffnet, zeigte aber keinerlei Reaktion. Ich fragte um Erlaubnis, wartete die Antwort aber gar nicht ab, und stürmte zum Telefon, das nahe der Tür an der Wand hing. Ich wählte wieder 112. Ich hatte mir am Weg hierher schon überlegt, wie ich die Fragen mit meinen wenigen spanischen Vokabeln unmissverständlich stellen konnte, und wollte, da ich an der markanten Stimme erkannte, dass es dieselbe Frau war wie vorhin, gleich ins Detail gehen. Aber die Frau war auch schon vorbereitet, erkannte meine Stimme und verband mich mit einem Englisch sprechenden Kollegen.

Er beruhigte mich. Die Frau sei schon abgeholt und in die Krankenstation gebracht worden, wo sie voraussichtlich zumindest eine Nacht zur Beobachtung bleiben musste. Die andere Frau? Man habe bereits die Wasserrettung losgeschickt. Die Chancen waren auch sehr gut – es gab eine relativ genaue Beschreibung, bei welcher Boje sich die Frau befinden könnte, und es waren auch noch zwei Stunden Zeit bis zur Dunkelheit. Meine Sachen seien sicher auch in der Krankenstation – wenn die Frau sie nicht mitgenommen habe, dann hätten das sicher die Rettungskräfte getan. Wenn unter den Sachen nichts Unentbehrliches sei, wäre es allerdings besser, heute nicht mehr in die Krankenstation zu kommen – die Verletzte brauche zuallererst mal Ruhe.

Nachdem wir uns verabschiedet hatten, legte ich den Hörer auf und gab dem alten Mann Geld für das Telefonat. Dann ging ich zurück auf die Veranda. Die Krankenstation war noch einige Kilometer weiter in Richtung Landesinneres. Es wäre am besten, wenn ich hier im Dorf übernachten könnte und morgen dann in die Krankenstation fahren, um die Frau zu besuchen und mein Zeug abzuholen.

Nach einem Ort zum Übernachten konnte ich mich auch später noch umsehen, zuerst wollte ich jetzt mal etwas trinken und die kühle Brise auf der Veranda genießen.

Ich brauchte etwas zur Entspannung und Beruhigung und stellte erfreut fest, dass es im Getränkeautomaten auch Bier gab. Ich warf die Münzen ein, drückte den Knopf und entnahm die Dose – erst nach ca. zwei Minuten öffnen, sagte das Hinweisschild am Automaten. Ich drehte mich um zur Veranda. Ich war zu aufgekratzt, um mich einfach nur hinzusetzen und still dazusitzen. Ich wollte mit jemandem sprechen. Der dritte Radfahrer sah immer noch in die andere Richtung, ich trat an seinen Tisch und fragte auf Englisch, ob noch ein Platz frei sei.

Aufwachstory

Подняться наверх