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China beginnt in Montenegro

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«China ist ein schlafender Löwe, lasst ihn schlafen!

Wenn er aufwacht, verrückt er die Welt!»

Napoleon I. Bonaparte, französischer Feldherr (1769 – 1821)


Wir sind bereits auf der Seidenstrasse. Das ist kein Witz, sondern die neue Realität. Etwa eine Stunde nachdem wir Podgorica, die Hauptstadt von Montenegro verlassen haben, fahren wir an einem blauen Torbogen mit chinesischen Schriftzeichen vorbei: Hier baut die Chinese Road and Bridge Cooperation eine Autobahn von der Adriaküste bis an die serbische Grenze.

Ein Monsterprojekt, für das sich der Kleinstaat mit bloss 600 000 Einwohnern tief verschuldet. Die rund 160 Kilometer lange Strasse, die wegen der anspruchsvollen Topografie viele Tunnels und Viadukte erfordert, wird voraussichtlich mehr als 2 Milliarden Euro kosten. Den Vorschuss gewährt China, womit sich der EU-Anwärter aber auch abhängig macht.

Für uns wird die Etappe zwischen Podgorica und der Kleinstadt Berane super spannend. Sie führt über weite Teile entlang der Baustelle. Lange sehen wir keine Chinesen, sondern bloss fertige Schneisen, Tunneleingänge und planierte Flächen, die jedoch noch nicht asphaltiert sind. Etwa zur Tagesmitte kommen wir an einem ersten Camp vorbei, einer Ansammlung von Baracken mit blauen Dächern, die jedoch ziemlich verlassen wirken. Nach einer Abfahrt in einen Talkessel erblicken wir dann riesige Pfeiler eines künftigen Viaduktes – und hier hat es tatsächlich Arbeiter mit asiatischen Gesichtszügen. Ich teste mein «Ni hao» und ernte dafür freudige Gesichter.

Ich liess die Shebikerider-Trikots bloss in Englisch beschriften. So blöd und so eurozentrisch. Und wie ich jetzt feststelle, beginnt das Reich der Mitte eigentlich schon auf der Türschwelle zu Europa. Dazu kommt: Den Sinn hinter «One Road, One Belt, One E-Bike», dem englischen Slogan, den ich für die Trikots gewählt habe, verstehen die meisten Europäer ohnehin nicht. Die «One-Belt-One-Road»-Initiative, mit der China die alten Handelswege neu beleben will, ist den wenigsten ein Begriff. Seit ich mich wegen meines Projekts mit China befasse, denke ich, der Westen sollte sich zwingend dafür interessieren. Das, was da passiert, wird die Welt verändern. Schon die alten Römer wussten, wie wichtig Transportwege sind – und wo ihre Strassen hinführten, nahmen sie Einfluss.

So oder so: Die chinesischen Arbeiter lesen kein Englisch. Würde ich chinesische Schriftzeichen tragen, hätte das wahrscheinlich für eine ziemliche Aufregung auf der Baustelle gesorgt. Schliesslich bauen die Arbeiter an der Strasse, auf der ich fahren möchte – wobei es natürlich nicht gerade eine Autobahn sein müsste, ein schöner Fahrradweg würde mir reichen.

Mit dem E-Bike auf der Seidenstrasse

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