Читать книгу Pauline ermittelt... - Andrea Lieder-Hein - Страница 6
Familientag
ОглавлениеMittwoch schon, und sie hatte sich noch kein Stück um das chice Fitness-Studio gekümmert. Also ging es nach dem Frühstück erst einmal an den PC. In Essen gab es wie erwartet mehrere Studios mit gut klingenden Namen, aber bei keinem konnte sie den Preis entdecken. Komisch, das war immer verdächtig, wenn Preisangaben fehlten. Sie würde drüber nachdenken, aber nun wollte sie noch googeln, wie das mit dem nach innen wachsenden Fett war.
***
Am Wochenende war es immer noch sonnig. Ihr Sohn Christian hatte sich mit Familie zum Kaffee angemeldet. Christian war Journalist bei der Tageszeitung „Ruhr-Bote“.
Gegen drei kam er zusammen mit seiner Frau Franziska und den beiden Mädchen Kea und Leefke. Kea war vier und Leefke 15 Monate alt, und beide wollten am liebsten rund um die Uhr beschäftigt werden. Da Franziska „nur“ Hausfrau war, hatten die beiden Mädels eine sorgenfreie, interessante Jugend vor sich.
Was sich nach familiär-gemütlichen Nachmittags-Kaffee anhörte, entpuppte sich als stressiger Arbeitskaffee. Franziska und die Kinder fuhren gleich weiter in den City Zoo. Kea liebte Aquarien und Kleintiere. Tja, und Christian brauchte dringend ein Interview mit einer Lehrerin zum Thema „Neue Ausbildungswege im Lehrer-Studium“.
Bei einem Cappuccino und sieben Espressos ging es dann zur Sache:
Interview: Ziegler gegen Ziegler
Lehrer sein heißt einer Berufung folgen. Voller Leidenschaft steigen engagierte Lehrer in ihren Beruf ein und sind häufig schon Jahre vor ihrer Pensionierung ausgebrannt. Das kostet den Steuerzahler eine Menge Geld.
An der Ausbildung von Lehrern und an den Schulformen basteln die Politiker seit Jahren. Da Bildung Ländersache ist, fehlt in Deutschland ein einheitliches Bildungsniveau und Konzept. Kleine Länder wie Bremen haben nicht die finanziellen Möglichkeiten wie zum Beispiel ein reiches Bayern.
Ein erster Schritt wäre also Bildung in die Hände des Bundes zu legen?
Genau, ein ERSTER Schritt.
Ein zweiter, genauso wichtiger Schritt, liegt bei den Inhalten der Universitäten.
Ein Lehrer braucht Semester begleitend Kenntnisse in Rhetorik, Körpersprache, Motivation, Deeskalationstraining, Mobbing und Neue Techniken wie z.B. Gefahren im Internet oder ActivBoards als neue Lehr- und Lernmedien im Unterricht.
Wozu braucht ein Lehrer Rhetorik-Kenntnisse?
Nehmen wir mal an, es handelt sich um einen Lehrer am Gymnasium, da wird das Problem am deutlichsten. Die Schüler, die dort lernen, sind zwischen 9 und circa 19 Jahre alt. Nun spricht man mit einem 9jährigen anders als einem Erwachsenen.
Was muss Schule neben Unterricht leisten können?
Gute Fortbildungen für Lehrer in Sachen Mobbing sind ebenso selbstverständlich wie Streitschlichter, Vertrauenslehrer und eine gut funktionierende Schülervertretung (SV).
Was muss ein Lehrer bei den erwachsenen Schülern beachten?
Ich finde es ausgesprochen wichtig, Schüler der Oberstufe zu siezen. Damit schafft jeder Lehrer sich eine Distanz, die ein Schüler im Erwachsenen-Alter braucht. Die aus den Haupt- und Realschulen entlassenen Jugendlichen werden bei ihrer Ausbildung in dem Alter auch gesiezt.
Gleichzeitig müssen Lehrer technisch in der Lage sein, Schüler für Gefahren bei Chats oder sozialen Netzen wie Facebook zu schulen.
Eltern wollen für ihre Kinder doch immer das Beste. Warum gibt es dennoch oft Ärger mit ihnen?
Jeder ist einmal zur Schule gegangen und glaubt aus jahrelanger Beobachtung, den Schulbetrieb zu kennen. Aber als Lehrer wechselt man die Seiten. Man sitzt in einem Raum mit über 30 Schülern zusammen, beobachtet und überprüft ihre Leistungen, gibt Noten, erzieht.
Dann soll der Unterrichtsstoff spannend sein, aber Schule ist keine TV Sendung. Verwöhnt von schnell wechselnden Sequenzen in den Medien sind 45 Minuten Aufmerksamkeit am Stück für viele Schüler langweilig oder sie fühlen sich überfordert.
Hinzu kommt, dass viele Lehrer schlecht mit persönlichen Angriffen umgehen können.
Wie soll ein Lehrer das alles neben der Stoffvermittlung schaffen?
Kleinere Klassen, Doppelstundenmodell mit ruhigen Arbeits-Phasen der Schüler, Gruppenarbeit, Einsatz moderner Technik wie Netbooks mit Internetrecherche.
Da kommen enorme Kosten auf den Steuerzahler zu.
Richtig, aber es sind auch die Kinder der Steuerzahler, die eine gute, solide Ausbildung fordern. Und das kostet eben.
Danke, Mama, für die Espressos und deine Antworten. Hast du nicht Lust, bei uns als Freie anzufangen?
Als freie was?
Jede Zeitung sucht Freie Mitarbeiter, die über lokale Ereignisse schreiben, wie z.B. 100ster Geburtstag oder Eröffnung einer Ausstellung. Das macht Spaß, du lernst viele Leute kennen, und du kommst zu allen diesen Veranstaltungen umsonst rein. Wär das was?
Nicht schlecht, mein Sohn. Ich weiß ja, wie begeistert du immer von deinem Beruf als Journalist sprichst. Und ein bisschen Geld verdienen klingt auch gut. Eine digitale Kamera habe ich, Internet auch, aber ich habe noch so viele andere Pläne. UND, ich falle in kein Loch, Christian. Keine Sorge.
Wenig später verabschiedete sich Christian, um seine Familie vom Zoo abzuholen.