Читать книгу Meine Trauer traut sich was - Andrea Riedinger - Страница 4
ОглавлениеProlog
Als es keinen Geburtstag mehr gab
„Mama, hast du eigentlich auch mal Geburtstag?“ Mit diesen Worten hüpft meine dreijährige Tochter auf meinen Schoß und schaut mich erwartungsvoll an. „Ja, das habe ich. Im Februar“, antworte ich ihr sehr zögernd, und mir ist gar nicht wohl bei meinen Worten. „Wann ist denn Februar?“ Svenja lässt nicht locker. „Ein paar Wochen nach Weihnachten, also gar nicht mehr so lange“, erkläre ich. „Au prima, da freue ich mich schon drauf.“ Kaum ausgesprochen kraxelt sie wieder runter von mir und saust ins Kinderzimmer zurück.
Und da sitze ich nun und starre die Decke an. Mein Geburtstag! Wie gerne hätte ich ihn wieder ignoriert und einfach ausfallen lassen, wie bereits im vergangenen Jahr. Nichts sehen, nichts hören, nicht reden. Einfach so tun, als wäre es ein ganz normaler Wochentag, der in keinster Weise mit mir in Verbindung steht. Nicht ans Telefon gehen und niemanden einladen. Am besten aus der Wohnung flüchten, damit ich ja keinem begegne. Doch mir wird klar, dass ich nach dem Gespräch mit Svenja aus dieser Nummer nicht so schnell wieder rauskomme. Sie würde nachbohren, bis der Tag endlich da ist, soviel steht heute schon fest. Was soll ich nur tun?
Seit dem Ausbruch der Krankheit meines Mannes Andi hatte ich das Gefühl, dass es in meinem Leben einfach keinen Grund mehr zum Feiern gab. Ich war traurig und ich hatte Angst. Mit meinem Geburtstag konnte ich einfach nichts mehr anfangen, denn zu viel Schreckliches war in den letzten zwei Jahren passiert: eine Krebserkrankung, ein Todesfall, das Zurückbleiben als junge Witwe mit einem Kleinkind, das mit nur zwei Jahren seinen Papa verlor.
Das Schicksal hatte mit voller Wucht zugeschlagen! Wums. Einfach so. Es war ungefragt und ohne Vorbereitung in mein Leben getreten. Da war es. Rücksichtslos und ohne jede Vorwarnung. Und es blieb, biss sich fest und ließ nicht mehr locker. „Ich will dich nicht, du hast in meinem schönen, friedlichen und geordneten Leben nichts zu suchen. Es gibt keinen Platz. Geh weg, ganz weit weg, denn so etwas passiert mir nicht. Und jetzt erst recht nicht.“ Doch weder Wut noch Entsetzen, weder Worte noch Gedanken helfen in solch einer Situation, den ungebetenen Gast zu vertreiben. Sie verpuffen, prallen ab und bleiben völlig unbeachtet.
Ein Schicksalsschlag trifft hart und löst sich nicht einfach wieder in Luft auf. Er wird zum Wegbegleiter und jeder Betroffene muss lernen, mit ihm zu leben. Auch ich musste diese bittere Erfahrung machen.