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Einleitung

Von der Kunst in der Natur

»Bewegung, Wandel, Licht, Wachstum und Zerfall sind das Herzblut der Natur, die Energien, die ich durch meine Arbeit versuche, zu erschließen. Die Erregung bei einer Berührung, der Widerstand, den ein Ort, die Materialien und das Wetter leisten, die Erde sind Quellen meiner Arbeit … Wenn ich mit Blättern, Steinen oder Stöcken arbeite, beschäftige ich mich mit ihnen nicht nur in ihrer Eigenschaft als Material; sie ermöglichen mir zugleich einen Zugang zu dem Leben, das in ihnen ruht und das sie umgibt. Wenn ich sie zurücklasse, leben sie weiter …«

Andy Goldsworthy


Schwimmende Blätterschlangen, Schneeskulpturen, Trolle aus Lehm, waghalsig ausbalancierte Steintürme und Farbübergänge aus kunstvoll arrangierten herbstlichen Blättern … Für Landart, wie wir sie verstehen, brauchen wir weder künstliche Hilfsmittel noch außergewöhnliche Fähigkeiten. Landartkünstler gestalten ihre Werke mit bloßen Händen aus Materialien, die sie in der Natur finden, und belassen sie am Ort ihrer Entstehung in der Natur, wo sie dann meist nach kurzer Zeit vergehen.

Vor vielen Jahren wurden wir durch den schottischen Landartkünstler Andy Goldsworthy angeregt, selbst und mit Gruppen Kunstwerke aus Naturmaterialien zu gestalten. Die Idee ist naheliegend: Kinder bauen von sich aus Werke aus Naturmaterialien wie Schneemänner, Staudämme oder Hütten. Eine motivierende Anleitung und die anschließende Präsentation der Kunstwerke steigern ihre Freude beim Bauen und lenken die Kreativität in neue Richtungen. Jugendlichen und Erwachsenen fällt es zunächst oft schwerer, sich auf die Natur einzulassen und Landartwerke zu gestalten. Haben sie ihre Hemmschwelle jedoch erst einmal überwunden, können sie wie Kinder in ihr Tun versinken und Alltag und Zeit völlig vergessen. Oft sind sie anschließend überrascht, welche faszinierenden Werke sie geschaffen haben. Inspirierende und geheimnisvolle Orte, die möglichst vielfältige Materialien bieten, sind dabei förderlich, müssen aber nicht sein.

Künstlerische Begegnung mit der Natur

Landart ist eine Kunst, bei der die Seele mitwachsen oder einfach baumeln kann. Freude am eigenen Tun und das Erleben der Natur sind uns wichtiger, als etwas vollkommen Neues in höchster künstlerischer oder handwerklicher Perfektion zu schaffen. Die natürliche Ästhetik des Materials und ein spielerischer Zugang zur Natur lassen immer wieder neue Ideen entstehen, die zum Bauen herausfordern. Manchmal spüren wir die Geheimnisse eines Ortes erst, wenn wir uns die Zeit nehmen, ihn zu entdecken und uns auf die Natur einzulassen. Wenn es uns gelingt, die oft unscheinbaren, aber prägenden Besonderheiten der Umgebung in unsere Landart einzubeziehen, wirken unsere Werke besonders faszinierend. Bei Landart gibt es kein richtig oder falsch, auch keine Noten oder andere Bewertungen. Die Blätter gehen nie aus, die Federn werden nicht stumpf, Farben trocknen nicht ein, der Radierer ist die Hand, Material gibt es in Hülle und Fülle. Allerdings kann man nass werden und die Werke selten in die Hosentasche packen. Landart ist für uns eine bunte, erlebnisreiche Kunst aus einer Mischung von Natur erfahren und erkunden, Abenteuerspiel und bauen dort, wo einem frischer Wind um die Nase weht. Landart ist dennoch mit Worten nicht ganz zu beschreiben, es ist mehr als die Summe der genannten Teile. Dieses »Mehr« gilt es selbst zu erleben.

Landart mit Gruppen

Wir gestalten nicht nur eigene Landartwerke, sondern setzen Landart auch im pädagogischen Kontext ein. Wenn wir mit Gruppen arbeiten, steht für uns der pädagogische, weniger der künstlerische Aspekt von Landart im Vordergrund. Künstler würden sicher einiges anders gewichten. Landart ist für uns eine kreative Methode der Umweltbildung und ein ganzheitlicher Ansatz für die Persönlichkeitsentwicklung in allen Altersstufen. Dennoch reduzieren wir Landart nicht auf ein pädagogisches Instrument, sondern schätzen gleichermaßen den Wert von Landart als künstlerische Ausdrucksform.

Landart trägt dazu bei, Menschen für die Natur zu begeistern und sie für einen sanften Umgang mit der Natur zu sensibilisieren. Landart spornt die Kreativität an und erweitert die Ausdrucksmöglichkeiten. Bei der Gestaltung von Landartwerken in Kleingruppen lernen die Teilnehmer zusammenzuarbeiten. Für Landartprojekte ist weder eine besondere künstlerisch-ästhetische Vorbildung nötig noch eine außergewöhnliche Kreativität. Freude an der Natur, Spaß am Umgang mit Menschen und die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen, sind – neben ersten eigenen Landarterfahrungen der Leiter – die besten Voraussetzungen. Wenn Kinder Zauberwesen, Ungeheuer oder Miniaturlandschaften bauen, ist das für uns ebenso Landart wie abstrakte Werke großer Künstler. Landart kann hier für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen einen neuen Anstoß geben – sei es im Rahmen von Projekttagen, Seminaren, auf einem Sonntagsspaziergang oder als besonderes Element einer Geburtstagsfeier.

Den Stein ins Rollen bringen

Immer wieder bemerken wir, dass Landartwerke Menschen inspirieren, weitere Werke hinzuzubauen. Es ist ein wunderbares Erlebnis, wenn wir nach einigen Tagen an einen unserer Landartorte zurückkehren und sehen, dass nicht nur unsere eigenen Werke noch stehen, sondern durch zahlreiche weitere Werke unbekannter Künstler ergänzt wurden. Orte bekommen dadurch für uns eine besondere Ausstrahlung. Uns gefällt die Vorstellung, immer öfter von Kunst in der Natur überrascht zu werden, wenn mehr und mehr Menschen Landartwerke gestalten.



Naturwerkstatt Landart

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