Читать книгу Fachkräfte in der Mangel - Andreas von Schubert - Страница 5
ОглавлениеEinleitung
Jeder Mensch ist Fachkraft für etwas und sollte stets entsprechend seiner Fähigkeiten und Interessen eingesetzt werden. Wie Unternehmen dies professionell tun können, darum geht es in diesem Buch.
Die Personalwirtschaft beschäftigt sich mit den Menschen im Unternehmen; mit ihrem ökonomischen, das heißt für das Unternehmen Gewinn bringenden Einsatz, aber auch mit dem Nutzen, den die Menschen selbst von ihrem Einsatz im Unternehmen haben. Beides versucht die Personalwirtschaft gleichzeitig zu realisieren. Sie hat damit eine hohe gesellschaftliche Verantwortung, denn es ist vergleichsweise einfach, die Macht, die jedes Unternehmen als Arbeitgeber gegenüber seinen abhängig beschäftigten Mitarbeitern hat, nicht nur zu nutzen, sondern auch auszunutzen. Dem Impuls, Macht zum Nachteil der Mitarbeiter auszunutzen, ist das Arbeitsrecht entgegengestellt worden. Aber auch dieser Schutz kann natürlich nicht vollständig sein, und vermutlich wäre es auch gar nicht sinnvoll, einen der beiden innerbetrieblichen Partner gegenüber dem anderen vollständig abzuschirmen. Schließlich sollen sie so zusammen arbeiten, dass die Zusammenarbeit für beide vorteilhaft ist: für das Unternehmen und zugleich für die Mitarbeiter.
Auf Grund der Machtunterschiede und vor allem auch auf Grund der stets unterschiedlichen Interessen des Unternehmens und seiner Mitarbeiter ist es wichtig, das Arbeitsleben im Unternehmen nicht einfach geschehen zu lassen, sondern es aktiv zu gestalten. Das ist Aufgabe und damit Verantwortung der Personalwirtschaft; und als ihr Unterstützer und Wegbereiter insbesondere auch der Personalwirtschaftslehre.
Teil 1 dieses Lehrbuchs ist deshalb überschrieben mit: »Personalwirtschaft als gesellschaftliche Verantwortung«. Verantwortung meint die Verantwortung aller Menschen und insbesondere der von Menschen gegründeten Unternehmen für eine menschliche Ausgestaltung des Arbeitslebens. Die Industrialisierung in den verschiedenen Regionen der Welt zeigt jedoch, dass dies keineswegs selbstverständlich war – und vielfach auch noch nicht ist. Die Personalwirtschaft ist daher nicht nur Ergebnis des gesellschaftlichen Diskurses über die Ausgestaltung des Arbeitslebens, sondern einer der wesentlichen, aktiven Mitgestalter.
Um dieser Aufgabe gerecht werden zu können, ist es wichtig, die Geschichte der Industrialisierung und die ihr zugrunde liegenden Denkweisen zu kennen, denn nur in Kenntnis dieser zu personalwirtschaftlichem Wissen gewordenen Erfahrungen wird man die Geschichte nicht einfach wiederholen. Man wird Schlüsse aus ihr ziehen und damit im Laufe der Zeit immer bessere Entscheidungen treffen können.
In Europa und Nordamerika wurden nach der Phase der Industrialisierung einige interessante Ideen entwickelt, wie privatwirtschaftliche Unternehmen organisiert werden sollten und welche Rolle dabei den Mitarbeitern in den Unternehmen zukommt. Diese Organisationsentwürfe und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen sind zwar durchaus unterschiedlich, weshalb sich an ihrem Beispiel die Entwicklung des personalwirtschaftlichen Wissens gut beobachten lässt, dennoch sind sie alle nach wie vor relevant und leisten als Entscheidungshilfe auch heute noch einen wichtigen Beitrag bei der personalwirtschaftlichen Ausgestaltung von privatwirtschaftlichen Unternehmen.
Zusammengefasst ist die wesentlichste Erkenntnis aus mehr als einem Vierteljahrtausend personalwirtschaftlicher »Feldversuche«, dass Unternehmen dann am erfolgreichsten sind, wenn sie sich nicht nur um ihre eigenen Ziele kümmern, sondern sich aktiv und mit hoher Priorität um die Realisierung der Ziele ihrer Mitarbeiter bemühen. Dies zum Nutzen aller Beteiligten umzusetzen, ist die unternehmerische Aufgabe der Personalwirtschaft. So lautet daher auch die Überschrift des zweiten Teils dieses Lehrbuchs, in dem die personalwirtschaftlichen Aufgaben im operativen Tagesgeschäft eines Unternehmens detailliert beschrieben werden.
Die Ausgestaltung der personalwirtschaftlichen Aufgaben zeigt, auf welche Weise ein Unternehmen sich im Spannungsfeld seiner eigenen ökonomischen Interessen und den Wünschen sowie Bedürfnissen der Menschen im Unternehmen bewegt. Die zu beachtenden Variablen sind dabei vielfältig: notwendige Kompetenzen, Erfahrungen und Wissen müssen für jede Tätigkeit im Unternehmen gesondert geplant werden, um diese Tätigkeiten im nächsten Schritt einzelnen Menschen zuordnen zu können; Menschen, die dann auch noch bereit sein müssen, die Tätigkeiten im Sinne des Unternehmens auszuführen. Die personalwirtschaftlichen Aufgaben sind damit ein unverzichtbares Instrumentarium zur Planung und Absicherung des unternehmerischen Erfolgs; und das ist aus Unternehmenssicht ihr eigentlicher Zweck.
Verantwortlich für die Umsetzung der personalwirtschaftlichen Aufgaben ist übrigens keineswegs nur die Personalabteilung (sofern sie in kleineren Unternehmen überhaupt existiert), sondern jede einzelne Führungskraft in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich. Denn weil das Ergebnis personalwirtschaftlicher Entscheidungen alle Mitarbeiter des Unternehmens betrifft, sind alle Verantwortlichen in der Pflicht, diese Entscheidungen sorgfältig und mit dem nötigen personalwirtschaftlichen Wissen vorzubereiten.
Schließlich sind die Auswirkungen der personalwirtschaftlichen Entscheidungen in jedem Fall erheblich: nicht nur auf die Qualität der innerbetrieblichen Zusammenarbeit und damit auf die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens, sondern auch auf die ganz persönliche Lebensgestaltung aller Betroffenen. In diesem Sinne ist Personalwirtschaft in der Tat sowohl unternehmerische Aufgabe, als auch zugleich gesellschaftliche Verantwortung.
Dieses Lehrbuch spricht zwei Zielgruppen an: Studierende der Wirtschaftswissenschaften sowie Praktiker im Personalwesen. Die einen können sich hoffentlich anhand der vielen Beispiele ein Bild von den Vorgängen in Unternehmen machen. Die anderen werden vielleicht an der einen oder anderen Stelle Parallelitäten zu ihrem eigenen Unternehmen erkennen. Und möglicherweise sind ja die Praxistipps und Werkzeuge für das operative Management für beide Zielgruppen gleichermaßen interessant; für die einen, um ein Instrumentarium für »später« zu besitzen, und für die anderen, um es sofort anzuwenden. Wenn das gelingt, dann hat das Lehrbuch seinen Zweck erfüllt.