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Koalition williger Multilateralisten statt Weltordnung der G2, G8 oder G20
ОглавлениеEine Umsetzung all dieser Vorschläge zur Stärkung der UNO und ihrer Handlungsfähigkeit hängt davon ab, ob sich unter den 193 Mitgliedstaaten der Generalversammlung eine strategische Koalition williger Multilateralisten zusammenfindet. Eine Koalition, die bereit ist, diese Vorschläge auch dann umzusetzen, wenn sich die USA, China, Russland oder andere Vetomächte und gewichtige Mitgliedstaaten zunächst nicht beteiligen oder sogar ausdrücklich dagegen sind. Zu dieser Koalition müssten neben den europäischen Staaten erklärte Multilateralisten aus anderen Weltregionen gehören wie zum Beispiel Kanada, Mexiko, Brasilien, Indien, Südafrika, Ägypten und Australien.
Das UNO-Abkommen zum Verbot von Atomwaffen, die Schaffung des Internationalen Strafgerichtshofs, die Vereinbarung des Kyoto-Protokolls und des nachfolgenden Pariser Abkommens zum Klimaschutz sowie die drei Konventionen zum Verbot von Antipersonenminen und von Streumunition sowie zur Kontrolle des konventionellen Waffenhandels – jeweils durchgesetzt ohne Beteiligung oder gar gegen den erklärten Willen der USA, teilweise zunächst auch Russlands und Chinas – sind sechs erfolgreiche Beispiele für derartige Koalitionen aus den letzten 25 Jahren. In allen sechs Fällen bestand die ursprüngliche Koalition zunächst nur aus einer kleinen Minderheit von maximal zwei Dutzend der UNO-Mitgliedstaaten, die – angetrieben und unterstützt von Nichtregierungsorganisationen – in der Generalversammlung für ihre Ziele warben. Bis Ende 2020 haben 189 Staaten das Pariser Klimaabkommen unterschrieben und ratifiziert sowie jeweils über 150 Staaten – also über drei Viertel der UNO-Mitglieder – die Verbotskonventionen zu Antipersonenminen und Streumunition. 123 Staaten sind trotz massiven Gegendrucks aus Washington dem Internationalen Strafgerichtshof beigetreten.
Die konsequente Weiterverfolgung der Strategie einer die Weltregionen übergreifenden Koalition engagierter Multilateralisten, die zur Bewältigung der globalen Herausforderungen auf das kollektive System der UNO setzen – das wäre die Alternative zu dem gefährlichen Versuch, eine neue, militärisch definierte multipolare Machtbalance oder gar nur eine neue bipolare Weltordnung der G2 (USA und China) zu errichten.
Andreas Zumach, Genf und Berlin, 16. März 2021