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Mangelnde öffentliche Finanzierung der WHO und zunehmende Abhängigkeit von privaten Spendern

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Die Kritik am Versagen der WHO gegenüber der 2014 ausgebrochenen Ebola-Epidemie ist berechtigt. Zugleich ist diese Kritik aber wohlfeil, ja häufig verlogen, wenn sie von Regierungen der WHO-Mitgliedstaaten geäußert wird. Denn die Mitgliedstaaten sind dafür verantwortlich, dass die größte Sonderorganisation des UNO-Systems schon seit Jahrzehnten chronisch unterfinanziert ist. Seit Ende des Kalten Krieges ist die WHO in immer stärkere Abhängigkeit von Pharmakonzernen, Stiftungen und anderen privaten Geldgebern geraten. Die Interessen dieser privaten Geldgeber bestimmen heute in erheblichem Ausmaß die Politik der WHO – stärker als bei jeder anderen Sonderorganisation der UNO. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass die WHO ihren Kernauftrag, die Errichtung von funktionierenden öffentlichen Gesundheitssystemen zu unterstützen und damit zur Verwirklichung des Menschenrechts auf Gesundheit in allen Ländern dieser Erde beizutragen, zunehmend vernachlässigt.

Die hochproblematische Entwicklung der WHO stößt schon seit langem auf scharfe Kritik von Medico International und anderen im Gesundheitsbereich engagierten Nichtregierungsorganisationen (NGO). Diese WHO-kritischen NGOs haben sich international im People’s Health Movement vernetzt.

Die Kritik von Medico International am mangelnden Interesse der Pharmaindustrie und der reichen Mitgliedstaaten der WHO, schon lange vor der aktuellen Ebola-Epidemie in die Forschung nach Medikamenten zur Bekämpfung der Seuche zu investieren, wird auch von anderen Gesundheitsfachleuten geteilt.

Nach Überzeugung der Ärztin Gisela Schneider, Direktorin des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission (Difäm), hätte die Forschung bereits nach den ersten größeren Ebola-Ausbrüchen in der Demokratischen Republik Kongo (1995) und in Uganda (2000) intensiviert und staatlich gefördert werden müssen. Nun brauche es »so eine furchtbare Epidemie, damit auch mehr öffentliche Gelder zur Verfügung stehen«.

Stattdessen standen der WHO aber nicht einmal genug Gelder zur Verfügung, um auf die Ebola-Epidemie des Jahres 2014 angemessen reagieren zu können. Denn im Vergleich zum vorherigen Zweijahreshaushalt 2012/13 hatte das Budget 2014/15 der Weltgesundheitsorganisation mehr als 50 Prozent der Gelder für Krankheits- und Krisenmanagement eingebüßt. Von den noch 469 Millionen US-Dollar (knapp 375 Mio. Euro) für 2012/13 verblieben für 2014/15 nur noch 228 Millionen US-Dollar (ca. 180 Mio. Euro). Dies jedoch war genau die Summe, die der Organisation damals eigentlich hätte zur Verfügung stehen müssen, um nur angemessen auf Ebola reagieren zu können. Stattdessen konnte die WHO in ihrem Haushaltsplan ledglich 71 Millionen US-Dollar (rund 57 Mio. Euro) veranschlagen für die Umsetzung des Ebola-Programms – ein solches Defizit würde gar nicht existieren, wenn die Mitgliedstaaten den Etat zur Krisenintervention nicht um mehr als die Hälfte gekürzt hätten. Sie 2014 ist die Schere zwischen den finanziellen Mitteln, die die WHO benötigt, um ihren Auftrag zu erfüllen, und den Mitteln, die die Mitgliedstaaten der Organisation in Form fester Beiträge zur Verfügung stellen, noch weiter aufgegangen. Damit hat auch die Abhängigkeit der WHO von der von Microsoft-Gründer Bill Gates und seiner Frau Melinda betriebenen Stiftung, von Wirtschaftsunternehmen und anderen privaten Geldgebern weiter zugenommen.

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