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Der Ausweg aus dem Dilemma: Demokratisierung der WHO
ОглавлениеEine echte Reform der WHO und damit der Global Governance im Gesundheitsbereich müsste sich nach Überzeugung von Medico International und der übrigen im People’s Health Movement vernetzten Nichtregierungsorganisationen an zwei Eckpfeilern orientieren: An der umfassenden Demokratisierung der WHO und an ihrer Konzentration auf das Menschenrecht auf Gesundheit sowie auf die Basisgesundheitsversorgung (Primary Health Care). Umfassende Demokratisierung der WHO meint vor allem die stärkere Beteiligung kritischer (Gesundheits-) Netzwerke aus der Zivilgesellschaft an den Verfahren zur Etablierung und Durchsetzung von Normen und Standards im Gesundheitsbereich. Im Fokus wären hier vor allem zivilgesellschaftliche Kräfte, die einen starken Bezug zu sozialen Bewegungen haben und somit ein wichtiges Korrektiv gegenüber der medizinisch-technokratischen Expertokratie großer Privatstiftungen und Unternehmen bilden.
Eine stärkere Ausrichtung der Weltgesundheitsorganisation an dem Menschenrecht auf Gesundheit und dem Primary-Health-Care-Ansatz hieße, sich bei den Beratungstätigkeiten und der Etablierung von Normen auf die Stärkung lokaler Gesundheitszentren und nationaler Gesundheitssysteme zu konzentrieren.
Denn um Krankheiten wie Ebola nachhaltig zu bekämpfen beziehungsweise erst gar nicht entstehen zu lassen, bedarf es sozialer Strukturpolitiken, die lokales, insbesondere zivilgesellschaftliches und damit kontextsensibles Wissen sowie auf die Partizipation der Betroffenen ausgerichtete Prozesse der Selbstorganisation zum Ausgangspunkt nehmen. Es geht darum, nicht nur einmal ausgebrochene Epidemien zu bekämpfen, sondern auch die sozialen und politischen Ursachen von Krankheit.
Damit die WHO diese Aufgaben übernehmen kann, bedarf es aber einer ernsthaften finanziellen Verpflichtung der internationalen Gemeinschaft zur globalen Gesundheitspolitik, die auf einem Bekenntnis zu öffentlichen und solidarischen Strukturpolitiken beruht. Denkbar wäre ein internationaler Gesundheitsfonds, der alle Staaten, die dazu in der Lage sind, ähnlich wie im deutschen Länderfinanzausgleich dazu verpflichtet, zu den Sozialbudgets der ärmeren Länder beizutragen. Das ist keine abstrakte Utopie, sondern eine konkrete Forderung, die sich aus dem Menschenrecht auf Gesundheit ergibt und bereits Eingang in die Diskussionen der UNO-Generalversammlung gefunden hat. Medico International hat diese Idee einer länderübergreifenden Gesundheitsfinanzierung bereits im Jahr 2011 entwickelt und arbeitet derzeit mit den Partnern aus dem People’s Health Movement wie auch aus diversen internationalen Public-Health-Einrichtungen an einem völkerrechtlich wirksamen Rahmenabkommen (Framework Convention on Global Health), um die Regierungen der WHO-Mitgliedstaaten zur Finanzierung dieses Gesundheitsfonds zu verpflichten.
Über die Forderung nach einem Rahmenabkommen hinaus hat Medico International weitere Ziele für eine Reform der internationalen Gesundheitspolitik formuliert, für deren Umsetzung die Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation verantwortlich wären (siehe Anhang »Fünf Schritte zur Reform der globalen Gesundheitspolitik«, Seite 339).