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1. Einleitung

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Die Bibel richtig zu lesen, stellt eine Herausforderung besonderer Art dar. Lesen bedeutet hier, sich auf eine eigenartige Sprache einlassen, sich in eine andere Welt aufmachen, aber auch wieder zurückkommen in die Gegenwart, die Bibel zurück-übersetzen in das Heute.

Diese Übersetzungsarbeit ist notgedrungen eine persönliche und eine unabgeschlossene, manchmal eine vorläufige, abhängig vom Auffassungsvermögen und von der Offenheit des Lesers. Die Bibel hat eine Botschaft, die durch Menschen übermittelt wird, die sich als Zeugen eines Heilsereignisses verstehen. Sie ist deshalb auch keine Ansammlung kluger Sätze und Beispiele im Sinne einer Kasuistik, sie ist keine Sittenlehre, die für alle Wechselfälle des Lebens eine Antwort bereithält, sie zeigt einfach Menschen vor Gott.

Deshalb ist die Bibel ein zutiefst menschliches Buch; nichts Menschliches ist ihr fremd. Die Bibel erzählt von einzelnen Menschen in ihren Ängsten, Freuden, Leiden, von Scheitern, Hoffnungslosigkeit, aber auch von Hoffnung wider alle Vernunft. Sie spricht ferner von Menschen in ihrem jeweiligen Sozialgefüge, die in besonderem Maße der verständnisvollen Kommunikation und des Schutzes bedürftig sind.

Menschlich bedeutet in diesem Sinne ein Qualitätsurteil, etwas, was dem Menschen zukommt, was ihn ausmacht als Mensch. Der Mensch, ein sinnliches und rationales (im Sinne von Vernunft plus Verstand), aber auch ein irrationales Wesen, ein Wesen ohne festgelegte Bestimmtheit, das nicht festgestellte Tier, wie es Nietzsche ausdrückt. Der Mensch ist frei und abhängig zugleich. Er kann und muss Entscheidungen treffen. Er kann Großes vollbringen, sich aber auch bewusst und unbewusst irren und täuschen, er kann sich für das Böse entscheiden, dem und den Mitmenschen in vollem Bewusstsein etwas zuleide tun, unmenschlich handeln, in letzter Konsequenz heißt das, er kann töten wollen.

Für alles, was er tut, ist er deshalb vor sich selber – vor seinem Gewissen – und vor dem Nächsten verantwortlich.

Die Bibel, das ist die Priorität des Anderen im Verhältnis zu mir.

(Emmanuel Levinas)

Die Bibel - ein menschliches Buch

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