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VORWORT

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Kennen Sie Ihre Urgroßmutter?

Wie war ihr Name und wie viele Kinder hat sie geboren?

Welchen Beruf hatte Ihr Urgroßvater?

Diese Sätze las ich in einem Familienalbum, welches mir meine Schwester zur Hauseinweihungsparty schenkte. Man sollte seinen Stammbaum eintragen. Nach einigen Monaten, als der Umzugstrubel vorbei war, machte ich mich etwas halbherzig ans Werk, dieses Album auszufüllen. Nun, es war Winter, im Garten gab es nichts zu tun, da konnte ich ja mal meine Eltern und Schwiegereltern nach ihren Ahnen befragen. Was dabei herauskam, war erstaunlich:

Ich hatte mütterlicherseits eine italienische Urgroßmutter und den Vornamen meiner Tochter Marie gab es in jeder Linie mindestens einmal. Drei Großväter hießen Friedrich. Wir hatten Verwandtschaft in Brasilien und in Amerika! Mein Opa, von dem ich nur wusste, dass er Bergmann und später Neulehrer gewesen war, hatte eigentlich den Beruf des Damenschneiders erlernt.

Immer neue Dinge, interessante, spannende und lustige, kamen bei den Erzählungen der älteren Familienmitglieder bei Kaffe und Kuchen ans Tageslicht.

Aber am meisten faszinierte mich die Geschichte meiner Oma Emilie, der Mutter meines Vaters. Ich kannte sie kaum. In meiner Erinnerung war sie eine knuddelige, rotwangige Omi, die uns nur selten besuchte, denn sie lebte im Westen, wir im Osten. War sie es nicht gewesen, die mir die rote Puppenwagendecke gehäkelt hatte? Vor Jahren schon war sie gestorben.

Mein Vater kam, als seine Erinnerungen einmal geweckt waren, ins Erzählen und zog mich in seinen Bann. Plötzlich entstand vor meinem inneren Auge ein farbenfrohes Bild:

Eine Kindheit vor langer Zeit in einem fernen Land, angefüllt mit sonnigen, unbeschwerten Tagen voller Lachen, aber auch bitteren Erfahrungen und harter Arbeit. Das Leben damals war außerordentlich entbehrungsreich, doch die Menschen waren stark. Sie gaben ihre Sehnsüchte und Hoffnungen niemals auf und waren hart im Nehmen.

Wie war meine Großmutter als Kind? Wie sah sie aus, was hat sie erlebt und wovon hat sie geträumt? Das wollte ich gerne wissen. Ich begab mich auf eine Reise und tauchte in die Vergangenheit ein. Dort besuchte ich meine Vorfahren und nahm an ihrem Alltag teil. Es sind nicht immer die großen Ereignisse, die den Lauf der Geschichte bestimmen. Der ganz alltägliche Tagesablauf, die normalen Geschehnisse im jahreszeitlichen Rhythmus bestimmten das Leben der Menschen, genauso wie es heute bei uns ist. Es hat diese Menschen wirklich gegeben, sie haben gefühlt und geträumt wie du und ich.

Jetzt sind sie tot. Wenn sie aber den täglichen Kampf ums Überleben damals nicht gewonnen hätten, dann wären meine Eltern und Geschwister, Onkel, Tanten, meine Kinder und ich selbst - nicht da. Deshalb verdienen sie es, in unserer Erinnerung lebendig zu bleiben.

Man kann sich an einen Menschen erinnern, wenn man an einem moosbewachsenen Grabstein steht. Lebendig wird er, wenn man ihn sich als Kind vorstellt. In Anlehnung an die Biographie meiner Großmutter habe ich diese Geschichte aufgeschrieben, die den Lebensweg eines Mädchens in einer für uns unbekannten Gegend erzählt. Dieses Land war für tausende Deutsche fast einhundertdreißig Jahre lang die Heimat.

Emilie

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