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Kapitel 11: Der geheime Weg in Spiritos Reich

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Tobias hörte die alte Schlossstanduhr schlagen. Er zählte die Schläge.

– Na klasse –, dachte er, – Geisterstunde! –

Dabei hätte er niemals gedacht, noch es für möglich gehalten, dass sie bereits schon so viele Stunden unterwegs waren.

Doch Baptisè der Wächter des Zwischenreiches schwieg noch immer.

Plötzlich, als wenn er von einer Hummel gestochen worden wäre, stand er auf. Den Freunden machte er ein Zeichen, dass diese sitzen bleiben sollten.

Baptisè rieb sein grünliches Kinn. Auf jeden anderen hätte er gewirkt, als wenn er eine Fischvergiftung hätte, so grün wie er war. Nicht so auf die Freunde, wussten sie doch mittlerweile, dass es seine natürliche Hautfarbe war, dieses eigentümliche Grün, das doch sehr an die Schale einer Avocado erinnerte.

Er lief auf und ab, rieb sich sein Kinn, als würden ihn wachsende Bartstoppeln jucken. Dann blieb er abrupt stehen, sah die Freunde durchdringend an.

»Gut, es geht nicht anders. Auch, wenn ich mal so gar nicht verstehen kann, wie es angehen kann, dass ein Geist seine Vergangenheit verlieren kann, so kann ich aber auch verstehen wie wichtig es ist, eine solche zu haben und über diese auch Bescheid zu wissen. Da auch mir kein anderer Weg einfällt, als Euch weiterziehen zu lassen, werde ich das dann auch erlauben. Aber, Ihr müsst wissen, dass es für Euch beide sehr gefährlich werden kann, der Weg zum Wissen der Vergangenheit. Deshalb, bevor ich Euch nun sage, wie Euer Weg weitergehen muss, will ich Euch nochmals inständig raten: Überlegt gut, ob Ihr tatsächlich diesen Weg gehen wollt, denn habt Ihr erst mal den ersten Schritt gemacht, dann gibt es vorerst mal überhaupt keinen Weg mehr zurück. Das ist wie bei – Manatu, spiel um dein Leben –, diesen Film kennt Ihr vielleicht, wenn nicht, ist es auch nicht weiter tragisch. Und auch, wenn ich Euch sehr gerne helfen würde, da ich mir vorstellen kann, wie beschissen es Dir, Schniefer, so ganz vergangenheitslos gehen muss, ich kann Euch auf Eurem Weg nicht begleiten. Vielleicht könnte ich Euch einen Begleiter mitgeben, nur wen?« Wieder schwieg der Wächter des Zwischenreiches. Wieder dachte er aufs Neue nach.

Tobias bekam ein ganz ungutes Gefühl in der Magengegend. – Der will uns jemanden, etwas, mitgeben? Wer weiß, was das für eine Gruselgestalt sein wird. Womöglich eine Gestalt, die uns das Grauen lehren wird – überlegte der, noch dreizehnjährige, Junge.

Auch Schniefer hatte etwas Geisterschiss vor dem was nun kommen sollte.

Doch es half alles nichts, sie mussten wieder warten, und gleich wie die Entscheidung des Wächters auch ausfallen würde, sie würden sie hinnehmen müssen.

Baptisè überlegte lange. Sehr lange.

Viel zu lange, aus der Sicht der ungleichen Freunde. Selbst Emilie kam das Ganze viel zu lange vor. Außerdem verspürte sie jenen Hundezwang, der zum Gassi gehen Anlass gab. Aber auch Emilie blieb nichts anderes übrig als abzuwarten, ihren Gassi-Trieb noch etwas zurückzuhalten.

Wortlos drehte sich Baptisè um, ging weg, und kam im nächsten Moment wieder zurück. Neben ihm flog eine kleine Elfe. So klein, dass die Freunde sie fast übersehen hätten, wäre nicht Emilie gewesen, die ganz leise zu winseln begann.

»Das hier ist Minze, meine kleine Elfenfreundin. Sie ist ein sehr freundliches und liebes Elfenmädchen. Außerdem mag sie auch immer wieder das Neue. Und was ganz wichtig ist, sie mag sowohl Geister, wie auch Hunde. Und auf Menschen war sie schon immer sehr neugierig. Da ich nicht so ganz wohl bin, ach was red ich, da mir nicht so ganz wohl ist, bei dem Gedanken, Euch alleine gehen zu lassen, gebe ich Euch Minze als Begleitung mit. Sie wird versuchen Euch vor Gefahren zu warnen. Aber ich habe folgende Bitte an Euch: Passt Ihr Eurerseits auf Minze auf, denn wenn Ihr Schniefers Vergangenheit gefunden hat, dann möchte ich Euch bitten, sie wieder zu mir zurück zu bringen. Und nun erhebt Euch, damit ich Euch das Fenster in Spiritos Reich öffnen kann.« Mit der Hand deutete der Wächter des Zwischenreiches Tobias, Schniefer und Emilie an ihm zu folgen.

Die Freunde standen sofort auf und folgten dem großen Wächter, der doch sehr an einen Indianer erinnerte. Die kleine Elfe hatte sich bereits zu ihnen gesellt und saß bei Tobias auf der Schulter, was für Tobias ein winziges Kitzeln an dieser Stelle fühlen ließ. Baptisè ging auf ein großes Fenster zu, das es, nach Tobias´ Meinung, zuvor noch nicht gegeben hatte.

Baptisè hielt das Fenster geöffnet. Seine Haare begannen zu wehen.

Tobias und Schniefer hatten den großen Verdacht, dass, wo immer sie jetzt hin mussten, es dort wohl sehr, sehr windig sein musste. Weshalb sonst sollten die Haare des Indianer ähnlichen Wächters so sehr fliegen?

Schniefer begann an den Füßen zu frieren ein Gefühl, das er seit Jahrhunderten nicht mehr kannte, noch gefühlt hatte.

Was kam da auf sie zu? Wohin mussten sie gehen, um die Vergangenheit des Geistes wiederzufinden? Und was würde dort, hinter dem Fenster, das Baptisè immer noch für sie geöffnet hielt, verborgen sein? Was würde sie dort erwarten? Würde es ihnen gelingen Schniefers Vergangenheit wiederzufinden, oder würden sie niemals mehr wieder zurückfinden?

Der Wächter hielt das Fenster immer noch geöffnet. Er sah zu der kleinen Elfe hin und nickte ihr zu.

Minze flog hindurch. Die Freunde folgten der kleinen grasgrünen Elfe.

Tobias hatte Emilie mal wieder vorsichtshalber auf seine Arme genommen.

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