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Griechen auf dem Pharaonenthron: das goldene Zeitalter der Ptolemäer Ptolemäische Hegemonie im kurzen 3. Jahrhundert
ОглавлениеKurz nach dem Tod seines Vaters gründete Ptolemaios II. in Alexandria Festspiele, die Ptolemäen. Er erklärte dieses Fest als gleichrangig mit den Pythischen Spielen Apollons. Städte aus der ganzen griechischen Welt wurden eingeladen, durch Entsendung heiliger Gesandter (theoroi) daran teilzunehmen, wie bei den traditionellen großen Festspielen. Als das Fest zum ersten Mal stattfand – das Datum ist umstritten (ca. 274 v. Chr.?) – inszenierte der König in Anwesenheit dieser fremden Gesandten und Besucher die großartigste Prozession, die die griechische Welt je zu sehen bekommen würde. Sie war so beeindruckend, dass der Autor Athenaios noch ein halbes Jahrtausend später eine ausführliche Beschreibung zitieren konnte, die sich im Werk des Kallixeinos von Rhodos erhalten hatte. Die verschiedenen Abteilungen der Prozession verdeutlichten die Beziehung der Ptolemäer zu ihren göttlichen Schutzpatronen Zeus und Dionysos sowie zu Alexander dem Großen, ihren Beitrag zur Freiheit der Griechen und das Ausmaß ihrer Macht. Schauspieler in bunten luxuriösen Kostümen stellten die Begleiter des Dionysos sowie Abstraktes wie das Jahr und die vier Jahreszeiten dar. Eine regelrechte Armee von Satyrn marschierte in silberner, goldener und bronzener Montur; Silene, Jungen und Mädchen spielten Dionysos’ triumphale Rückkehr aus Indien nach.
Es gab Statuen von Alexander und von Ptolemaios, die mit goldenen Efeukränzen bekrönt waren. Die Statue der (militärischen) Tugend, die neben Ptolemaios stand, hatte einen goldenen Kranz aus Olivenzweigen … Die Stadt Korinth, die neben Ptolemaios stand, war mit einem goldenen Diadem bekränzt … Diesem Wagen folgten Frauen, die luxuriöse Gewänder und Schmuck trugen; es wurde ausgerufen, dass diese die Städte in Ionien sowie die übrigen griechischen Städte in Asien und auf den Inseln |92|darstellten, die von den Persern beherrscht worden waren … Nach all diesem kamen in der Prozession die Kavallerie und die Infanterie, die erstaunlich bewaffnet waren. Die Infanterie zählte um die 57 600 Männer, die Kavallerie 23 200 …
Die Feier war eine komplexe Propagandamaßnahme, inszeniert, um die Legitimität der Herrschaft, den göttlichen Schutz, den Reichtum und die Macht der Ptolemäer vorzuführen. Das unvergessliche Spektakel hatte militärische Zwischentöne – eine Anspielung auf den Anspruch der Ptolemäer auf eine Hegemonialstellung in der griechischen Welt.
Anders als bei allen anderen hellenistischen Dynastien hatte die Übertragung der Macht von der Generation der Diadochen auf die nächste 283/282 v. Chr. im ptolemäischen Ägypten ohne Zwischenfälle stattgefunden. Die „geschwisterliebenden“ Monarchen Ptolemaios II. und Arsinoë II. (s. Abb. 7) machten sich die reichen Ressourcen ihres Königsreichs, dessen Territorium nicht direkt bedroht war, zunutze und betrieben eine ausgeklügelte Bündnispolitik. Auf diese Weise machten sie das Ptolemäerreich zur führenden politischen Macht im östlichen Mittelmeerraum. Theokrit beschrieb Ägypten und seinen Herrscher um 270 v. Chr. in den folgenden Versen:
Zahllose Länder und zahllose Völker
lassen ihre Feldfrüchte wachsen mit der Hilfe des Regens von Zeus,
doch keines bringt so viel hervor wie die Niederungen Ägyptens,
wenn der Nil überläuft und den Boden aufbricht,
noch hat eines so viele Städte gelernter Handwerker.
Dreihundert Städte sind dort erbaut,
dann dreitausend zusätzlich zu dreißigtausend,
und zweimal drei und dreimal neun dazu.
Über all diese herrscht Ptolemaios als König.
Darüber hinaus hält er einen Teil Phöniziens, Arabiens,
Syriens, Libyens und des Landes der dunkelhäutigen Äthiopier.
Er befehligt alle Pamphylier, die kilikischen Speerwerfer,
die Lykier und die kriegsliebenden Karer,
die Inseln der Kykladen, da seine Schiffe die besten sind,
die das Meer befahren. Das ganze Meer und Land
und die tosenden Flüsse werden von Ptolemaios beherrscht,
viele Reiter und viele Schildträger,
die mit glänzender Bronze beladen sind, versammeln sich um ihn.
Hinsichtlich seines Reichtums könnte er alle Könige übertreffen,
so viel kommt jeden Tag in sein reiches Haus,
|93|von überall her. Das Volk geht seinen Beschäftigungen in Frieden nach …
Ein solch großartiger Mann herrscht über die weiten Ebenen,
der blonde Ptolemaios, kundig im Speerkampf,
der sich sehr darum bemüht, den Besitz seines Vaters zu bewahren,
wie sich dies für einen guten König ziemt, und selbst neuen dazugewinnt …
Würde man Hofdichtern Glauben schenken, liefen zukünftige Historiker Gefahr, hinsichtlich der nordkoreanischen Dynastie der Kims in die Irre geführt zu werden. Ptolemaios II. beherrschte nicht wirklich Libyen. Magas, sein Stiefbruder und Statthalter von Kyrene, hatte sich 276 v. Chr. selbst zu einem unabhängigen König erklärt, und Kyrene blieb bis zu seinem Tod 250 v. Chr. ein unabhängiges Königreich. Erst als Magas’ Tochter Berenike 246 v. Chr. Ptolemaios’ Sohn heiratete, wurde Kyrene wieder zu einem Teil des Ptolemäerreichs.
Von seinen Übertreibungen einmal abgesehen, ist Theokrits Darstellung von Reichtum, militärischer Macht, Seeherrschaft, Einfluss außerhalb und Sicherheit innerhalb des Reiches so zutreffend, wie es das Genre der Lobgedichte zulässt. Ptolemaios wusste dieses Image der Überlegenheit gut zu propagieren, doch konnte er aufmerksame Beobachter nicht täuschen. Es wird erzählt, dass Aratos den Reichtum Ägyptens bewunderte, „als er Geschichten von seinen Elefanten, Flotten und Palästen hörte“; als er jedoch einen Blick hinter die Kulissen warf, „sah er, dass alles in Ägypten Inszenierung und Kulissenmalerei“ war.
Die diplomatischen Verbindungen der Ptolemäer reichten bis in die heutige Ukraine. Im Hafen von Nymphaion ist in einem Graffito auf der Wand eines Aphroditeheiligtums ungeheuer detailreich ein Schiff mit dem Namen Isis dargestellt, vermutlich jenes, das Abgesandte Ptolemaios’ II. zu den Städten an der Nordküste des Schwarzen Meeres brachte. Und an diesen König wandten sich griechische Städte in Zeiten der Not und Konflikte. Ptolemaios II. war in den Chremonideïschen Krieg involviert und unterstützte Aratos bei der Befreiung peloponnesischer Städte von Tyrannenherrschaften und Garnisonen.
Ptolemaios’ Außenpolitik verfolgte zwei Ziele: erstens durch die Kontrolle der Inseln und Küstenstädte in Kleinasien die Oberherrschaft über die Ägäis zu sichern; zweitens eine Region unter seine Kontrolle zu bringen, um die auch Jahrhunderte später noch Reiche, Nationen und Religionen kämpfen würden – Koilesyrien (das hohle Syrien); es umfasste die Gebiete des heutigen Südsyriens, des Libanons und Palästinas (s. Karte 3); sechs |94|Syrische Kriege wurden zwischen den Ptolemäern und den Seleukiden um den Besitz dieser Region geführt.