Читать книгу Die Frau meines Vaters - Anja Röhl - Страница 6
Vorbemerkung der Autorin
ОглавлениеDer folgende Text beschreibt eine Kindheit zehn Jahre nach Kriegsende – aus der Perspektive des Kindes. Diese Geschichte ist bei weitem kein Einzelfall. Viele Kinder wuchsen in den fünfziger und sechziger Jahren so auf, die Strukturen in den Kindergärten und Heimen waren noch geprägt von den Erziehungsmethoden der Nazis. Trennungskinder hatten es besonders schwer, da alleinerziehende, voll arbeitende Frauen oft keine Möglichkeit hatten, ausreichend Zeit mit ihren Kindern zu verbringen und außerdem auch noch sozial geächtet waren. Autoritäre Erziehungseinrichtungen und ungenügende elterliche Beschäftigung mit den Kindern waren und sind Zeitphänomene.
Ich habe Ulrike Meinhof als neue Frau meines Vaters und als Mutter meiner Halbschwestern kennengelernt. Die Darstellung dieser Begegnung ist subjektiv. Sie soll subjektiv sein. Um dem Leser diese Subjektivität zugänglich und verständlich zu machen, sind den Erinnerungen an Ulrike Meinhof andere Kindheits- und Jugenderinnerungen zur Seite gestellt. Nur in diesem Rahmen lässt sich die Bedeutung, die Ulrikes Handeln und ihre Briefe für das Kind, das Mädchen, für mich hatten, nachvollziehen.
Das Buch ist allen Scheidungs-, Trennungs- und Heimkindern gewidmet.
Meiner Mutter und mir tut es heute sehr leid, dass wir uns einst so viel Kummer bereitet haben und eine so konfliktreiche Zeit durchleben mussten. In den vergangenen Jahren haben wir aber wieder einen Weg zueinander gefunden.
In diesem Buch stehen die negativen, sehr subjektiven Erinnerungen an meine Mutter im Vordergrund. Daher möchte ich betonen, dass es auch viele positive gemeinsame Erlebnisse gegeben hat.