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Nachdem Mister Bronkers mit dem Gesichtsausdruck, eines zum Tode verurteilten der seine Henkersmahlzeit einnimmt, den letzten Bissen Toast mit Sonntagsbraten und H&P Soße gegessen hatte und seine zweite Tasse Tee in Angriff nahm, hörte er das Stottern eines lauten Motors am Vorplatz. Er seufzte auf und eilte vom Frühstückszimmer in die Halle und sah draußen zu seiner Erleichterung Chief Constable Hamerling, den Polizeichef der East Sussex Grafschaft, in Begleitung von Inspektor Donovan aus seinem Automobil klettern. Chief Constable Hamerling war ein guter Freund und Klient von Karl zudem ein Klub Kamerad aus dem Brighton Marine und Segel Klub. Mister Bronkers besaß am entzückenden See Bexhill ein kleines Segelboot deshalb redete man ihn auch manchmal mit Captain an. Inspektor Donovan von CID Brighton ein energisch wirkender Mann, der mit seinem Malakka Spazierstock auf den Boden klopfte, als dauere ihm alles zu lange kannte er nicht.

»Morgen, Captain Bronkers na mit der Crew in schwere See geraten«, grüßte der Chief Constable.

»Dachte, ich komme besser selbst. Scheint ein ganz und gar ungewöhnlicher Fall zu sein.«

»Es ist – es ist …«

Mister Bronkers fehlten die Worte dann straffte er sich und schimpfte.

»Es ist einfach lächerlich geradezu ... geradezu verbrecherisch!«

»Du hast keine Ahnung, wer die Frau ist?«

»Nicht die Geringste sie gehörte nicht zu meiner Besatzung auf der Fregatte Bronkers. Ich habe sie noch nie gesehen und sie scheint ihrer Aufmachung nach nicht von hier zu sein.«

»Aha verstehe Maat ihre Kürbisse was? Also wer hat sie gefunden?«, wollte Hamerling wissen während Inspektor Donovan sich das Zufahrtstor genau an sah. Es war solides Gusseisen und drei Meter hoch und am Schlüsselloch gab es keinerlei Spuren von einem Einbruch. Der Zaun war verdammt hoch, um mit einer Leiche auf dem Rücken darüber zu klettern. Vermutlich war sie also lebendig in die Todesfalle geraten, oder der Mörder besaß einen Schlüssel sowohl zum Zufahrtstor als auch dem Gewächshaus. Schränkte die Sache ein, wenn das Gewächshaus auch nicht aufgebrochen war. Donovan schrieb diese Gedanken in sein Notizbuch.

»Mathilde glaube ich aber fragen sie das am besten meinen Butler Frederick.«

»Hm Frederick und weiter? Hat der Mann keinen Nachnamen?«, fragte Inspektor Donovan.

»Machen sie sich nicht lächerlich Donovan woher soll man denn die Familiennamen seines Personals Wissen? Wechseln doch alle naselang. Kennen sie den Namen ihrer Köchin?«, zischte Hamerling.

»Das Gehalt eines Inspektors ist zu gering das ich mir eine Köchin leisten kann, wir haben nur ein Dienstmädchen, das Clara Simpson heißt, Sir.«

»Auf manche Fragen muss man nicht antworten Inspektor!«, sagte Hamerling.

Dann klatschte der gute Mann in seine behandschuhten Hände und rief: »An die Taue Soldaten machen wir uns an die Arbeit. Polizeichirurg Wessels muss auch jeden Moment hier sein.«

Kaum war der erstaunlich wirkende Satz verklungen fuhr ein zweites und Drittes Auto vor, das den kleinen, breitschultrigen Polizeichirurgen von East Sussex entlud, sein Assistent folgte ihm mit einem Stativ und der fotografischen Kamera auf seiner Schulter.

»Und wie geht es der kleinen Misses Bronkers hoffe die Kapitänin schlägt sich tapfer und hat keinen hysterischen Anfall oder dergleichen.«

»Nun ja Cecille sie ist ein schwaches Weib und dann der Anblick. Aber sie ist tapfer und kämpft gegen die Qual. Miss Eddowes aus dem Dorf, du kennst sie zum Glück nicht ist bei ihr.«

Im Diningroom nahmen Misses Bronkers und Miss Eddowes das Frühstück mit ungewöhnlich großem Heißhunger ein. Es schien geradezu so, dass der Anblick der Leiche förderlich für ihre Verdauung währe, der Eindruck der Leiche sie daran erinnerte, dass sie noch lebten und das Beste aus der verbleibenden Zeit machen sollten. Nachdem Marie die beiden Frauen versorgt wusste, verließ sie das kleine Speisezimmer und ließ sie allein, um in der Küche mit den anderen die Sache ausgiebig zu erörtern.

»Nun, Augusta was sagst du?«

Miss Eddowes blickte überrascht auf. Ihre Gedanken kreisten gerade um die wichtige Frage ob Stilton Käse vor elf Uhr nicht ein wenig extraordinär währe. Allerdings es war ein ganz außergewöhnlicher Tag. Nicht einmal Mrs Beeton würde wohl etwas dagegen einwenden können. Obwohl man als Dame den Verzehr von Käse einschränken sollte. Käse essende Damen wirkten ausgesprochen unweiblich, aber das waren wohl die gestorbenen Ideale der Victorianer.

»Man muss ja schließlich nicht päpstlicher als der Papst sein.«

Vertraute sie ihrer Freundin verschwörerisch an und schnitt ein weiteres Käsestück ab.

»Was hat den der Papst mit der Leiche zu tun?«, verlangte Polly zu wissen.

Ihrem Kenntnisstand zufolge war keine derartige hohe Persönlichkeit wie ein Papst der zu den Dienstboten predigte in St. George gewesen. Warum auch, nur ein paar Dienstboten waren katholisch.

»Nichts meine Beste. Pius der Zehnte hat natürlich nichts mit dem Mord zu tun. Ich glaube der Spruch ist nicht sehr alt, denn die Päpste zeichneten sich meines Wissens nicht nur durch ihre Blutgier aus, wie heidnische Götzen, sondern auch durch Gier nach jedem verbotenen Genuss. Du weißt die katholischen Würdenträger geben ihre Kinder als ihre Neffen aus. Ich denke der Spruch ist bestimmt keine 60 Jahre alt.«

Sie blickte auf: »Was fragtest du meine Liebe?«

»Erinnert dich das Ganze nicht an etwas?«

Misses Bronkers war voller Zuversicht. Obwohl sie nicht den Schimmer hatte, wie man so eine Untersuchung anging. Was Augusta zu einigem Ansehen verholfen hatte, was ihr einen prominenten Status in der kleinen Gemeinde eingebracht hatte, waren ihre vielgelesenen Kriminalromane, die in einem Ort ähnlich wie St. Georges spielten. Dorfkrimis für Frauen mit dem kaum zu ertragenen Hang zu niedriger Literatur nannten es die Kritiker. Kriminalromane aus dem wahren englischen Alltag nannten es ihr Verleger. Beides war unwahr und traf nicht den Kern der Sache sie schrieb Bücher, weil sich damit Geld verdienen ließ. Gäbe es einen Markt für Gedichte von sagen wir Schiffe, hätte sie sich darauf gestürzt, nach akribischer Vorarbeit natürlich. Augusta hätte Zeitungsausschnitte von Schiffen gehortet Briefwechsel, mit dem Marineministerium geführt anstatt mit Scotland Yard und sie hätte, mit pensionierten Seeleuten gesprochen anstatt in Dartmoor oder Broughtmoor mit den Kriminellen.

»Nein«, sagte Miss Eddowes nachdenklich, »nicht, dass ich wüsste – ich muss erst in meinem Archiv recherchieren. Kurz dachte ich daran, dass die Tote dieselbe Fingernagelfarbe verwendet wie die jüngste von Mrs Armbruster die, die mit dem irischen Butler nach Amerika durchgebrannt ist. Eine Schande! Es kommt von dieser aristokratischen Unsitte, nur von schönen Menschen bei Tisch bedient werden zu wollen. Eine Sitte, die noch viel Unheil über England bringen wird.«

Mrs Bronkers nickte zustimmend und säbelte sich sehr gekonnt ein Stück Rhabarberkuchen ab. Mrs Bronkers schätzte, das wenigstens die Hälfte der Aristokraten in England irgendwann mit Butlern und Dienern gekreuzt waren. Anderenfalls wegen der dramatischen Auswirkungen der Inzucht hätte man nur sabbernde Narren auf dem Thron. Mancher Nachkomme von Peers konnte kaum seinen eigenen Namen schreiben und schaffte es nur mit Mühe in das Oberhaus. Für einen geburtsrechtlichen Sitz im Oberhaus wurde keinerlei Talent gebraucht, sitzen und ab und zu hört ... Hört ... Hört zu rufen und mit den Füßen zu stampfen bekam jeder Narr hin. Mrs Bronkers hielt nicht sehr viel vom Oberhaus.

»Und sie hatte dieselbe Vorliebe für aufreizende Kleidung wie das Opfer«, spann Miss Eddowes ihr Netz weiter.»Putz des Effektes wegen! Es wundert mich das Sie nicht zu einem Theater durchgebrannt ist, um Schauspielerin zu werden.«

»Du meinst wegen des Kleiderausschnitts?«, fragte Polly.

»Ja, dieser Satin mit diesem Ausschnitt man muss sich wundern das die Polizei einer Dame erlaubt so herumzulaufen. Wenn ich Polizist währe, würde ich das nicht dulden. Wahrscheinlich kann man nichts unternehmen, bis ein Gesetz die Ausschnittgröße festlegt. Ich meine sie war gekleidet für einen geschlossenen Raum nur wie ist sie dann dahin gekommen so herausgeputzt und wo ist ihr Mantel der Hut?«

»Was ist eigentlich aus Mrs. Armbruster‘s Tochter geworden?«, fragte Mrs Bronkers.

»Sie hat die Unverfrorenheit glücklich zu werden. Dieser Ire scheint mit einer Erfindung zu viel Geld gekommen zu sein. Eine Maschine, die Bierkronkorken heißt. Ein amerikanischer Gentleman aus Boston hat 200.000 Dollar bezahlt. Sie leben mit ihren Kindern am Munster Square in Kensington London.«

»Ungeheuerlich!«, bestätigte Mrs Bronkers entsetzt.

Augusta nickte, es war kein gutes Beispiel für junge Mädchen von heute, es ermutigte die jungen Dinger von heute, geradezu mit gut gewachsenen Dienern durchzubrennen.

»Wenn ich nur wüsste«, sagte Mrs Bronkers, »was das Mädchen in meinen Kürbissen zu suchen hatte. Vielleicht ist sie zum Einbrechen hergekommen, sie hat sich mit einem Komplizen um die Beute gestritten und er hat sie ermordet?«

Mrs Bronkers sah erwartungsvoll zu Augusta die gekonnt Käse aß, ohne bäuerlich dabei zu wirken. Gute Erziehung, wie es nur ein gutes Dameninternat fertigbrachte.

»Für einen Einbruch in dein Gewächshaus? Nein sie war entschieden falsch gekleidet. Einbrecher ziehen keine leuchtend weiße Sachen bei der Arbeit an, sie mögen Mitternachtsblau und bevorzugen Gold und Bargeld und Schmuck anstatt Blumen und Kürbissen«, erklärte Miss Eddowes.

»Nein, sie sah aus als gehe sie auf einen Tanztee mit Alkohol ... du weißt schon Augusta. Eine sogenannte Party wie Abendgesellschaften bei den jungen Leuten genannt werden. Aber unmöglich hier, ich hätte davon erfahren.«

»Stimmt schon …« Miss Eddowes, zögerte etwas.

»Ja?«

Mrs Bronkers Stimme vibrierte vor Neugier. Sie vergaß sogar, den letzten Rest Rhabarberkuchen auf ihrem Teller anzurühren. Eines musste man der Köchin lassen sie war unhöflich und schlampig und gab pampige Antworten und verlangte einen unverschämt hohen Lohn aber ihr Rhabarberkuchen war göttlich. Karl Bronkers währe ohne die Köchin gestorben, zumindest viel schneller als jetzt, wo er sich zu Tode naschte.

»Luther Blackwell.«

»Nein!«, entfuhr es Mrs. Bronkers laut.

»Nein ich kenne ihn er ist mein Gärtner.«

»Ich verstehe, dass du das nicht gerne hörst, Polly. Aber es wurde nicht eingebrochen und du verschließt doch dein Gewächshaus des Abends?«

»Ja natürlich! Es ist immer alles verschlossen aber er ist Gärtner. Ein Gärtner bringt nie Menschen um. Ein Gärtner schafft doch Leben er ist die Hebamme der Gartennatur!«

Miss Eddowes stimmte völlig überein ein Gärtner konnte nur in extremer Wut einem kurzeitigen Anfall von Wahnsinn zum Mörder werden. Vielleicht war die Tote lustwandeln gegangen und auf seine Beete gelaufen, was eine so heftige Reaktion erklären konnte. Wie oft war Miss Eddowes kurz davor die kleinen Gören, die ihren Ball über den Zaun in ihre Rosen schossen zu verprügeln. Einmal hatte sie anstelle des Balls einen Stein geworfen. Der kleine Timothy Green machte zumindest seit dem einen großen Bogen um ihre Rosen. Und wie stolz er mit dem Verband um den Kopf auf der Straße spaziert war, wie ein kleiner Soldat nach der Schlacht.

»Oh, Augusta, du glaubst doch nicht mein Gärtner …«

»Aber nein, meine Liebe.«

Augusta tätschelte Pollys Hand und sagte: »Das hieße nur aus einem zu offensichtlich miserablen Charakter und sehr schlechten Ruf voreilige Schlüsse ziehen. Die junge Dame muss zu jemand hier hergekommen sein. Sie passt altersmäßig zu keinem Gentlemen aus St. George mit Ausnahme von Luther Blackwell. Aber sein schlechter Ruf und das er schon einmal verhaftet war, will nichts bedeuten. Kein Schluss, bevor nicht alle Tatsachen vorliegen. Ich kann nur um deine Eccelstones hoffen er hat ein Hieb und stichfestes Alibi.«

»Du meinst, er ein Mörder?«, rief Mrs. Bronkers entsetzt.

»Ich überlege laut das nennt sich detektivische Inspirationen. Ein Suchen nach dem Für und Wider so wie mein Detektiv Constable Parker in der Blaustrumpf Mörder, eines meiner erfolgreichsten Werke. In dem Buch treibt sich mein Mörder mit einer Kutsche in Whitechapel London herum und nimmt sich der Frauen niedriger Moral an.«

Miss Eddowes kicherte. Mrs Bronkers hatte dieses abscheuliche blutrünstige Buch gelesen, es gab keine einzige Stelle, wo man Anlass fand zu kichern. In dem Machwerk schlitzte ein Irrer sich durch das lasterhafte London.

»Eine Frau niedriger Moral? Mit dem Ausschnitt des Kleides und dem Nagellack stimmt! Sie könnte eine moralisch Verderbte gewesen sein.«

»Eine Möglichkeit Polly eine von vielen! Hast du eine Zigarre?«

»Was?«

»Ich kann mich besser in den Detektiv hinein versetzen, wenn ich seine schlechten Angewohnheiten übernehme. Parker raucht Astoria Zigarren und trinkt Whisky!«

Polly klingelte mit einem kleinen Glöckchen und wies das Dienstmädchen an eine Schachtel Zigarren und zwei Gläser Whisky zu bringen.

»Alle verrückt geworden hier! Erst ein Mord und nun wollen die Damen auch noch Zigarren!«, murmelte das Dienstmädchen im Hinausgehen.

»Ich kann sie nicht hinauswerfen sie kennt das Geheimnis Wäsche leuchtend weiß zu bekommen«, erklärte Polly.

In der Villa Bronkers gab es keine simplen Dienstboten es waren hochspezialisierte Fachkräfte, die mit Respekt behandelt wurden. Allein Frederick bekam 30 Pfund Monatsgehalt das war das doppelte, was ein Inspektor verdiente.

Mord im Gewächshaus

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