Читать книгу Vom Abschied meines besten Freundes - Ann-Rebecka Madsen - Страница 9
ОглавлениеErster Abschnitt: Mein Jahr ohne dich!
Alles hat seine Zeit: „1 Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde; 2 geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit; 3 töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit; abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit; 4 weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit; 5 Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit; herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit; 6 suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit; behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit; 7 zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit; schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit; 8 lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit; Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit.“
— Pred. 3, V.1-8
Eine neue Zeitrechnung
Funi ist am 17. Dezember 2015 gestorben. Ein Jahr lang habe ich alle vier Wochen am Todestag auf Facebook eine Art Nachruf geschrieben. Ich habe festgehalten, wie es mir ging, was ich fühlte und meine Trauer zum Teil auch auf diese Weise verarbeitet und loslassen können.
Ich habe ein Jahr lang keine Entscheidungen getroffen und abgewartet, was in mir und mit mir passiert. Dieses Jahr hat mich vor möglichen Fehlentscheidungen bewahrt. Ich habe mir nichts ein- und nichts ausreden lassen. Sky und ich sollten neue Kräfte sammeln, uns wiederfinden und neu sortieren, so ohne Mittelpunkt. Nur ein Mal hatte ich eine Horsemanship-Trainerin da, die mir helfen sollte, einen Schritt vorwärts zu machen. In dieser einen Stunde standen wir beide neben Sky in der Reithalle und haben zusammen geweint.
Meine Facebook-Posts wurden zahlreich kommentiert. Von Menschen, denen es ähnlich ging, als sie ihr Herzenspferd verloren haben. Von Menschen, die es zumindest nachvollziehen konnten. Von Freunden, die mich gut kannten und von Fremden, mit denen ich nur über Social Media Kontakt hatte. Einer dieser Menschen zündete sogar eine Kerze für Funi an.
Es waren ausdrucksstarke, empathische Worte, die dort geschrieben wurden. Und ich fühlte mich weniger allein. Insbesondere in solch schweren Zeiten denkt man, man ist die einzige Person auf der Welt, der es schlecht geht, die leiden muss. Aber das ist man nicht! Das ist man nie. Man sieht es anderen Leuten nur selten an. Vor allem in der digitalen Welt ist immer alles super, schön, toll, einfach. Jeder sieht gut aus, verdient sein Geld mit seinem Traumberuf, der sich nicht nach Arbeit anfühlt und arbeitet dort, wo andere Urlaub machen.
Die persönlichen, negativen Seiten des Lebens, das, was einen wirklich beschäftigt, erwähnt kaum einer — online, wie offline. Die Verfremdung greift um sich, jeder denkt nur an sich selbst. Immer seltener bemerken wir, was im Gegenüber vorgeht. Empathie — ein Fremdwort. Zugleich ist das Internet auch eine brauchbare Plattform, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Sich auszutauschen. Ich konnte mich auch mit meiner Familie austauschen, hatte immer jemanden, der sich Zeit für mich nahm. Aber das Web war eine gute Ergänzung.
Aufgrund von urheberrechtlichen Gründen kann ich die Facebook-Posts nicht alle im Original in diesem Buch abdrucken – ich musste sie abwandeln. Aber sie ergeben denselben Sinn und spiegeln meine Emotionen ebenso wieder. Und wenn ich sie jetzt, ein paar Jahre später lese, weiß ich wieder, wie alles war. Und dass ganz besonders Herzenspferde auch wirklich fehlen können im Leben.
17. Dezember. 2015
— am Boden zerstört
„Seelenpferde hat jemand einmal Pferde wie Euch genannt – Pferde, die es nur einmal geben wird im Leben, die man begleiten darf und die einen auf andere Wege führen; die wie Schatten sind und wie die Luft zum Atmen.“ – Autor unbekannt
Unser letzter Ausritt vor ein paar Tagen. Nicht besonders spektakulär, die Bilder. Und völlig verschwommen. Hätte ich gewusst, dass es die letzten sein werden. Nun ist der Schatten fort und mir stockt der Atem. Ich muss meinen weiteren Weg jetzt ohne dich finden. Danke, dass ich dich begleiten durfte. Bis zum letzten Atemzug. ♥
„So überschlägt sich die Zeit wie ein Stein vom Berge herunter, und man weiß nicht, wo sie hinkommt und wo man ist.“ – Goethe
#TschüssFuni #LoveOf MyLife #WorstDayOfMyLife #ZuJungZumSterben #MissYou #SkyWillAlsoMissYou
Tag #22 ohne dich
— unvollständig
„The moment that you left me, my heart was split in two one side was filled with memories, the other side died with you.
I often lay awake at night when the world is fast asleep and take a walk down memory lane with tears upon my cheek.
Remembering you is easy, I do it everyday, but missing you is a heartache that never goes away.
I hold you tightly within my heart and there you will remain, you see life has gone on without you, but will never be the same.“ –
Autor unbekannt
Unsere ersten Fotos ohne Funi, auch verschwommen, wie könnte es auch anders sein. Und auf dem selben Feld, im selbem Wasser. Nur ein anderes Jahr. Ein anderes Leben… ♥
#Lieblingskira #Skypony #MissYou #Funi #LoveOfMyLife
17. Februar 2016
— feiert das Leben
Weine nicht um dein Pferd, welches das Leben freigegeben hat. Weine nicht um dein Pferd, das nun in Gottes Händen ist. Er hatte es dir gegeben und ihr beide wusstet, dass du es nicht für immer bei dir behalten kannst. Es sollte dich nur eine Weile begleiten und dein Leben bereichern. Dein Pferd gehörte nie dir und meines niemals mir.
„Schau hinauf in den Himmel, wo all diese Pferde mit den Wolken um die Wette rennen. Mit wehenden Mähnen und silbernen Flügeln. Wenn deine Zeit gekommen ist, wird dein Pferd dich abholen. Es wird dich dorthin bringen, wo alle Wünsche wahr werden. Und bis dahin wirst du neue Erinnerungen schaffen. Kein Pferd wird je seinen Platz einnehmen. Weine nicht um die Pferde, die gegangen sind. Erfreue dich an denjenigen, die noch da sind.
#62TageOhneDich #Funi #WeAreStillMissigYou #Sky #BFF #Lieblingspony
17. März 2016
— freut sich über gute Worte
„Sag morgens mir ein gutes Wort,
bevor du gehst vom Hause fort.
Es kann so viel am Tag gescheh‘n,
wer weiß, ob wir uns wiederseh‘n.
Sag lieb ein Wort zur guten Nacht,
wer weiß, ob man noch früh erwacht.
Das Leben ist so schnell vorbei
und dann ist es nicht einerlei,
was du zuletzt zu mir gesagt,
was du zuletzt mich hast gefragt.
Drum lass ein gutes Wort das letzte sein,
bedenk, das letzte könnt‘s für immer sein!“
– Autor unbekannt
#3Months #EndOfLife #Tag91OhneDich #Funi
17. April 2016
— dankt Gott
Die Trauer annehmen und mit der Zeit in Dankbarkeit zu verwandeln, ist eine große Aufgabe. Es gibt Menschen, die beten für die Dinge, die wir für selbstverständlich halten. Ganz gleich, was im letzten Jahr passiert ist.
Der Schmerz kommt und geht, als hätte er ein eigenes Leben. Man kann ihn ablehnen oder annehmen. Man kann verzweifeln oder versuchen, zu wachsen und irgendwann Frieden zu finden. Dankbarkeit ändert die Sichtweise auf alles. Obwohl es heute schwierig ist, über den Schmerz hinauszusehen, kann ein Zurückblicken in Erinnerung morgen trösten. Nur wer dankbar ist, kann auch glücklich sein.
„Glücklich allein ist das Herz, das liebt.“ – Goethe
#122Tage #Funi #InLovingMemory
17. Mai 2016
— nachdenklich
Auf ein Wort.
Warum schafft man sich ein Haustier an?
Ein Hund oder eine Katze? Ein Hund zum Schutz vor Dieben, eine Katze zum Schutz vor Mäusen. Und beide als Freunde. Vielleicht auch zum Schutz vor Einsamkeit.
Aber sind wir nicht auch ihnen Schutz schuldig? Wir haben sie in unser Leben geholt, ohne sie zu fragen (Wie denn auch?). Aber wir sollten ihnen dann auch einen Platz in diesem Leben einräumen. Mit Schutz vor Kälte. Schutz vor Hunger und Durst. Schutz vor Einsamkeit.
Doch wie oft begegnen mir Tiere, die diesen Schutz nicht erfahren? (Von Kindern mal ganz zu schweigen!) Die Katzen, die draußen frieren, obwohl der Lieblingsplatz die flauschige Decke auf Deinem Sofa ist. An Deiner Seite. Der Hund, der den ganzen Tag im Garten bellt, weil er doch nur etwas Zuwendung möchte. Deine Hand, die wohlwollend streichelt. Oder das Pferd, das sich in der Box das Langhaar scheuert. Dabei braucht es doch nur etwas Bewegung. Mit Dir zusammen über Stock und Stein.
Aber zum Glück gibt es da noch die anderen Menschen, die jeden Tag schon vor dem ersten morgendlichen Kaffee einen perfekt abgestimmten Wunschpunsch anrühren. Ein Wunschpunsch, den der alte Hund braucht, damit sein Körper möglichst lange machen kann, was der Kopf noch immer verlangt. Die Menschen, die den Ekzemer auch nach vielen Jahren treusorgend pflegen und ihn mit Herzchenaugen ansehen. Die Menschen, die den Kaninchen ein großes Gehege bauen und es komplett versorgen, damit ihre Kinder sich an den Tieren erfreuen können. Und dadurch vielleicht irgendwann lernen, was Verantwortung bedeutet.
Ich hoffe, dieser Beitrag erreicht die richtigen Leute. Die, die ihre Katzen weggeben, weil sie zu viel werden. Die den Hund den ganzen Tag bellen lassen, obwohl er schon fast heiser wird. Die Menschen, dessen Pony mit nur einem Hauch Liebe so viel zufriedener sein könnte. Ich hoffe, der Beitrag erreicht überhaupt irgendwen. Die Menschen, die da sind, wenn das Tier lästig wird. Er soll wenigstens ein Dankeschön sein, an die, die es besser machen wollen.
(Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs, aber das Herz der Gottlosen ist unbarmherzig. – Sprüche 12, Vers 10)
#Funi #152Days #ThankYou #Reflections
17. Juni 2016
— bewegt
Mein geliebtes Pferd ist heute vor genau sechs Monaten gestorben und ja, es hat mich verändert. Es hat mein Leben verändert. Jetzt ist alles anders, auch wenn es (noch) nicht sichtbar ist.
Ihn auf diese Weise zu verlieren war einer der größten Schocks, die ich mir jemals hätte vorstellen können. Unser letzter gemeinsamer Tag war so dramatisch. Das hätte ich nie erwartet.
Aber wer weiß, wofür es gut ist?
Ich war immer ein starker Mensch und nach einiger Zeit wurde mir klar, dass sein Verlust auch etwas dagelassen hat. Das Gefühl, gesegnet gewesen zu sein. Ich sollte dankbar sein für unsere gemeinsame Zeit. Das bin ich auch. Und dies bringt mich dazu, das Leben noch mehr zu lieben. Egal was ist! Funi war sicher sowas wie ein Geschenk des Himmels. Eine Nachricht: LIFE IS ALWAYS WORTH LIVING!
Es scheint immer noch überwältigend, aber die Zukunft kommt zum Glück von Augenblick zu Augenblick. Und ich bat Gott, mir zu helfen, die schwierigsten Augenblicke zu überleben. Er half mir.
An dich, der du dieses Buch liest, ich bin froh, dass du am Leben bist, auch wenn wir uns (noch) nicht kennengelernt haben. (Ich hoffe, du bist es auch.) Egal, wie du dich heute, in dieser Woche oder in diesem Monat fühlst, versuche, positiv zu bleiben (das kann ab und zu schwierig sein). Versuche, Stärke in den nicht so guten Dingen zu finden, die passieren. Wenn ich das kann, kannst du das auch! Finde etwas Positives. Etwas Kostbares. Schau dich um und sei glücklich und dankbar für das, was wir alle heutzutage haben. Was wir hatten. Und haben werden. Es besteht kein Grund (länger) traurig zu sein. Oder unglücklich. Das muss ich einfach sagen.
#KeepCalm #LifeGoesOn #ALittleReminder
PS. Falls es dir noch niemand gesagt hat, beachte bitte diese offizielle Mitteilung, dass DU FANTASTISCH bist.
PPS. Wenn du dies liest, hast du dein gesamtes Leben bis zu diesem Zeitpunkt überlebt. Du hast Traumata, Herzschmerz, Verwüstung und die verschiedenen Lebensphasen überstanden.
…und hier bist du. Du rockst! Du bist unglaublich.
#183Days #YouAreAwesome #JustMyTwoCents
17. Juli 2016
— kaputt
Leg du auf meine Lebensgeige
die Hände an des Schicksals Statt, –
dass ich vergesse, was für feige
Töne jede Saite hat.
Lehr mich ein Lied. Ein Lied das zage
wie Glückserinnerung beginnt.
Ein Lied für meine Feiertage,
die ohne alle Hymne sind.
– Rainer Maria Rilke
#Sky #213Tage
17. August 2016
— nachdenklich
Die Leute wundern sich, warum ich Fremden so viele Komplimente mache. Ich bin nicht fake und ich suche nicht nach Menschen, die mich mögen. Aber wenn ich an jemandem vorbeikomme und etwas an dieser Person mag, sage ich es. „Oh, ich liebe diese Schuhe!“ Oder „Tolles Haar!“ Oder „Wow, deine Augen sind wunderschön!“ … Warum? Weil das Leben hart ist und diese Welt ein miserabler Ort sein kann und die Menschen gemein sind.
Du weißt nie, was diese paar Wörter jemandem bedeuten können. Du weißt nie, welche Hölle die Menschen durchmachen und wenn du Positivität in das Universum bringst, wirst du selbst ein glücklicherer Mensch. Es ist schwer, selbst nett zu sein und sich gleichzeitig mies zu fühlen. Es wird von außen nach innen zurückstrahlen. Willkürliche Komplimente werden dein Leben verändern – und vielleicht auch das eines anderen.
Gestern sind Sky und ich ausgeritten, links durch das kleine Dorf, mit Blick auf die goldblinzelnde Abendsonne. Eine Frau am Wegesrand machte ihren Rasenmäher aus, schon als sie uns von Weitem kommen sah. Aus Rücksicht auf das Pferd. Daraufhin hatten wir eine nette, kurze Unterhaltung. Sie war keine Reiterin, kenne das aber von ihren Hunden.
Am Tag zuvor fuhr ein sehr aufmerksamer (Milch-)Lastwagen-Fahrer langsam an uns vorbei (obwohl er, wie viele seiner Art, sicher auch Zeitdruck hatte).
Sky ist nicht zu 100% straßensicher, was inzwischen meist nur noch für erfahrene Pferdemenschen ersichtlich ist und üben kann man ja bekanntlich nur im Real Life. Von daher bedeuten mir so kleine Gesten besonders viel.
Wie angenehm das Leben ist, wenn fremde Menschen einander wahrnehmen! Was etwas Empathie und kleine Aufmerksamkeiten ausmachen!
Ich wünsche euch eine schöne Woche und dass ihr in diesen harten Zeiten auch solche winzigen-und-doch-bedeutsamen Dinge von anderen erzählen könnt. :)
#InLovingMemory #Funi #244DaysOf MissingYou
17. September 2016
— thinking about old memories
Do not mourn my passing,
For if you could only see,
By slipping all my earthly bonds,
I‘m young again and free.
By day I run the heavenly fields,
My body healthy and strong,
At night I sleep at angels‘ feet,
Lulled by celestial song.
So do not mourn my passing,
Just close your eyes – you‘ll see,
I‘m once again that gallant horse,
As you remember me.
– Autor unbekannt
#275Tage #Funi
17. Oktober 2016
— zuversichtlich
So langsam schaffen Sky und ich neue Erinnerungen. Eigene Erinnerungen. Momente, die nur für uns sind. Ohne Funi. Mit ihm bin ich durch ‚die halbe Weltgeschichte‘ geritten, fast in jedem Ort, an jeder Straße liegt eine Spur von uns, ein Gedanke. Nun entdecken Sky & ich neue Wege. Es ist unfassbar hart, tut aber auch zugleich gut. Es ist ein anderes Leben…
Diese kleine Hof-Rallye am vergangenen Wochenende zeigte mir, was wir in den letzten zehn Monaten geschafft haben, was noch zu schaffen ist und dass wir langsam aber sicher auf dem Weg sind, auch zu zweit ein gutes Team zu werden. Das hoffentlich eines Tages ebenso die Weltgeschichte bereist…
#LifeGoesOn #HardWork #RideItLikeYouStoleIt #305Days #NeverForget
Danke an alle, die uns unterstützt haben.
Deine Gedanken:
17. November 2016
— unvollständig
Fast ein Jahr ist nun vergangen. Ich versuche, den Tag zu rekonstruieren und ich schaffe es kaum. Ich war wie in Trance. Kaum wachte ich auf – ich wurde geweckt – ein Anruf kam, Funi hat eine Kolik. Eine Miteinstellerin fand ihn am Morgen auf der Weide liegend, mit den Beinen in der Luft. Er hatte sich an einen Baum gelehnt, kopfüber.
Ich glaube, ich habe die drei Kilometer mit dem Auto zum Stall nur geschafft, weil es hieß, dass er außer Lebensgefahr sei. Aber ich fuhr mit zitternden Händen und hoffte auf grüne Ampeln.
Als ich ankam, sah ich das ganze Ausmaß. Funis Ohren hingen schlapp herunter, sein Fell war nass, kalt, dreckig bis obenhin. Er musste Stunden auf der Weide gelegen haben und war kaum wiederzuerkennen.
Wir führten ihn über den Hof, wie man es so macht. Keinen Meter wollte er ohne mich gehen. Die erste Tierärztin gab ihm eine Infusion mit Morphin, aber sie begriff den Ernst der Lage nicht. Später kam der Chef-Tierarzt und hatte eine vernichtende Diagnose. Überlebenschance 5%. Ich bin sicher, dass er bereits wusste, wie der Tag für Funi enden würde. Es gab noch mehr Dröhnungen, Schmerzmittel, eine Schlundsonde. Und ich sollte ihn weiter führen.
Ich wollte noch nicht aufgeben und auf unsere Tierärztin warten. Sie brauchte über eine Stunde zum Hof, eine gefühlte Ewigkeit für uns. Ich rief sie mehrmals an, dass sie sich auch ja beeilte.
Funi und ich standen die ganze Zeit nebeneinander am Ende der Stallgasse, mit hängende Köpfen und vielen Tränen, meine Hände an seinem Rücken, den Hals entlangfahrend, ganz nah bei ihm. Es gab nur uns zwei. Ich gab ihm mein Wort: „Ganz egal, was passiert, heute Abend ist alles vorbei! Das verspreche ich dir!“
Als Funi die Stimme unserer Tierärztin hörte, hob er seinen Kopf. Er erkannte sie gleich. Ein kurzer Hoffnungsschimmer.
Wir machten und taten. Den gesamten Tag kämpften wir für eine Besserung. Doch es half alles nichts. Funi „sagte“ mir, dass es nun gut ist. Für einen Sekundenbruchteil waren wir eins – ich weiß nicht, wie ich es sonst beschreiben soll. Einen kurzen Augenblick fühlte ich mich, als wäre ich er. Und ich wusste, alles war gut.
Am Abend kam erneut der Chef-Tierarzt und legte meinen besten Freund in der Reithalle schlafen. Ein letztes großes Schnaufen und Funi sank in meinen Armen zusammen.
Ich weiß nicht, wie lange ich neben ihm saß, bevor ich wieder sprechen konnte. Mir war wichtig, Sky die Möglichkeit zu geben, sich zu verabschieden. Sie sollte wissen, was mit ihrem besten Freund passiert ist. Eine Freundin holte sie zu uns. Nach einer kleinen Schreckenssekunde ging Sky auf Funi zu und nahm leise Abschied.
Diesen Winterabend kurz vor Weihnachten werde ich nie vergessen. Noch vier Stunden saß ich im Sand bei ihm, meine Hand an Funis kaltem Körper. Es war nicht mehr er. Bis ich zusammenbrach. Ich hatte keine Tränen mehr.
„I‘m not saying anything because I‘m feeling.“
#336Tage #Funi #InLovingMemory
17. Dezember 2016
— …
Ich habe, was ich habe und damit bin ich glücklich. Und ich bin auch glücklich, obwohl ich verloren habe, was ich mal hatte. Das Jahr ist so schnell vergangen und nun ist es auch vorbei. Aber es ist nicht alles weg, nur anders. Die Erinnerung bleibt.
Ich habe meine Trauer voll durchlebt. Es war beschwerlich und tief und emotional. Der Schmerz geht niemals weg, aber er lässt nach und verändert sich, wenn er damit fertig ist, einen gelehrt zu haben, was man lernen muss. Irgendwann merkt man, das es Zeit wird, abzuschließen. Die Zukunft braucht mich, nicht die Vergangenheit. Es ist Zeit, wieder glücklich zu sein.
Ich schließe ab, mit dem, was war und öffne mein Herz für alles, was kommt. Denn eines ist ganz klar im Leben: Es geht immer weiter.
#Funi #365Days #TheEnd