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Was ist ein Knonk?

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„Hast Du Hunger?“ Lara schaute den Knonk an. Sie waren noch ein bisschen im Großen Museum herumgegangen. Da aber eine ganze Reihe von Sälen wegen der seltsamen Verfärbungen der Bilder geschlossen war, musste die Exkursion früher beendet werden als erwartet. So konnte die Schulklasse schon um eins nach Hause gehen. Jetzt saß Lara zusammen mit Peter in ihrem Zimmer und versuchte herauszubekommen, wer ihr anhänglicher Besucher eigentlich war.

„Ja“, antwortete der etwas kleinlaut. Offensichtlich fühlte er sich in der ungewohnten Umgebung nicht wohl. Lara ging in die Küche herunter und kam mit Brot, Käse und Saft wieder hinauf in ihr Zimmer. Der Knonk musste sehr hungrig und durstig sein, denn er schlang alles in sich hinein ohne ein einziges Mal zu meckern. Dann lehnte er sich zufrieden im Bett an das Kopfkissen und entspannte sich sichtlich.

„Also“, setzte Peter an, „wer bist Du und was machst Du hier?“

„Ich bin ein Knonk, das hab ich doch schon gesagt.“

„Was ist ein Knonk?“ fragte Lara.

Das kleine Wesen verdrehte die Augen. Immer diese dummen Palidonier. „Ein Knonk ist ein Knonk. Ganz einfach. Ich frag ja auch nicht, was ist ein Palidonier…“

„Palidonier?“ Peter schaute noch ungläubiger.

„Ja, Du bist ein Palidonier. Ich bin ein Coloranier. Ist doch klar.“

„Aha“, entfuhr es Lara.

„Also“, der Knonk merkte, dass er es wohl mit sehr unwissenden Zeitgenossen zu tun hatte. Er musste also ganz von vorn anfangen. „Ich bin aus Coloranien nach Palidonien entsendet worden. Von der Weißen Königin. Sie schickt mich, um einen oder mehrere Sehende zu finden, die ihr und damit uns allen aus der dummen Misere helfen, in die wir geraten sind.“

„Und was ist diese Misere?“ hakte Lara nach.

„Die Lila Bleiche greift um sich.“

„Lila Bleiche?“ wiederholte Lara fragend.

„Naja, eigentlich heißt das Problem Palioviolettuenziaria.“

„Das kann ja keiner aussprechen!“ rief Peter da.

„Ja, genau. Deshalb wird das Ganze ja auch von allen nur Lila Bleiche genannt“, erklärte der Knonk.

„Und was heißt das jetzt genau?“ wollte Lara wissen.

„Unsere Welt bleicht aus. Wir verlieren die Farbe.“

„Wie die Bilder im Großen Museum?“ warf Peter da ein.

„Ja, genau.“

„Naja, das ist zwar nicht so schön, aber sterben wird man daran ja wohl nicht, oder?“ Peter konnte sich mit Blick auf die farblich doch sehr hervorstechende Kleidung des Knonk ein Grinsen nicht verkneifen.

„Du Dummkopf“, schimpfte der Knonk da. „Was lernt Ihr denn in Eurer komischen Schule? Viele unserer Wiesen und Wälder sind schon ganz fahl. Was meinst Du denn, was passiert, wenn sie alle verschwinden? Hast Du Dir mal überlegt, wo alles Leben herkommt? Von der Farbe! Wenn die Pflanzen ihre Farbe verlieren, sterben sie und mit ihnen alles andere gleich mit!“ Der Knonk schaute ganz aufgeregt drein.

„Könnte uns das auch bald treffen?“ frage Lara sichtlich erschrocken.

„Bald? … Das Ganze betrifft Euch doch schon. Denk doch mal an die Bilder im Großen Museum. Und das ist erst der Anfang, denn einige Bilder in Euren Museen sind die Verbindung zwischen unseren Welten. Die Lila Bleiche wird sich weiter verbreiten. Schon sehr bald werden andere Teile Eurer Welt betroffen sein.“

Lara erinnerte sich jetzt an die seltsam grauen Blätter, die sie an einem der Bäumchen, die neben dem Museumseingang standen, gesehen hatte. Sie war sprachlos. Peter konnte auch nichts mehr sagen. Er atmete schwer.

Da ging die Kinderzimmertür auf. Sie hatten Laras Mutter gar nicht nach Hause kommen gehört. „Hallo, Ihr zwei. Schon zurück?“ fragte sie sichtlich aufgeregt. Der Knonk, der immer noch auf Laras Bett gemütlich ausgebreitet lag, schien sie nicht weiter zu stören.

„Ja, im Großen Museum waren einige Räume gesperrt. Deshalb konnten wir früher wieder nach Hause“, erwiderte Lara.

„Geht es Euch gut?“ fragte die Mutter mit besorgter Stimme. Lara und Peter schauten sich fragend an.

„Äh, ja. Wieso?“ entgegnete Lara.

„Na, wegen dem Raub heute Vormittag im Großen Museum“, fuhr die Mutter fort.

Die Kinder zogen die Augenbraun hoch.

„Was denn für ein Raub?“ fragte Lara.

Die Mutter machte einen Schritt ins Zimmer. „Ich habe auf dem Nachhauseweg im Radio gehört, dass aus dem Großen Museum mehrere Bilder aus einem Abstellraum entwendet worden sind. Da ist offensichtlich eine Bande unterwegs. Letzte Woche ist etwas Ähnliches im Louvre und im Prado passiert. Dort wurde jeweils ein einziges Bild auch aus einem Abstellraum entwendet.“

Peter und Lara schüttelten den Kopf. „Davon haben wir nichts mitbekommen“, entgegnete Peter. Lara nickte heftig. Der Knonk schaute derweil sehr ernst drein. Die Mutter seufzte erleichtert.

„Schau mal, Mama, wir haben einen Knonk mitgebracht“, sagte Lara schließlich und zeigte dabei auf das für die Mutter vollkommen leere Bett.

„Ja, klar“, antwortete diese lächelnd. „Ich mach uns jetzt erstmal was zu essen. Peter, bleibst Du auch zum Essen?“

„Das wäre super. Meine Mutter kommt erst um drei und ich habe einen Riesenhunger.“

„Alles klar. Ich mach Nudeln mit Soße. In einer halben Stunde könnt Ihr runterkommen.“ Und schon war die Mutter nach unten verschwunden.

Der Knonk schaute entrüstet. „Sie hat mich einfach ignoriert, wie diese unverschämten Leute im Großen Museum!“

„Vielleicht können Dich ja gar nicht alle Menschen sehen“, erwiderte Peter.

Da hellte sich das Gesicht des Knonk auf. Ja, stimmt. Das hatte die Weiße Königin ihm doch auch angedeutet. Wie konnte er das nur vergessen! Nur Sehende konnten ihn erkennen. Da fiel ihm jetzt aber ein großer Stein vom Herzen. Für Knonks war es nämlich sehr wichtig, nicht übersehen zu werden.

„Und was machen wir jetzt mit Dir?“ fragte Lara.

Der Knonk schaute sie nachdenklich an. „Die Weiße Königin hat gesagt, dass ich dem folgen soll, der mich erkennt. Nun, da Ihr mich erkannt habt, werde ich Euch mal folgen.“

Sieben Farben

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