Читать книгу Beyoncé - Crazy in Love - Anna Pointer - Страница 10

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Sie arbeitete zwar mittlerweile härter als je zuvor, aber dennoch schaute Beyoncé so oft wie möglich – zumindest für ein paar Tage im Monat – im heimatlichen Houston vorbei. Während sie dort Zeit verbrachte, genoss sie die Möglichkeit, „normale“ Dinge tun zu können, etwa einfach nur in die Stadt zu fahren, um Zahnpasta und Schokoriegel zu kaufen. Wie sie den Leserinnen der Elle anvertraute: „Ich gehe ungeschminkt zu Walmart, in Jeans und T-Shirt, und laufe im Laden meiner Mom ohne Schuhe herum.“ Zuhause zu sein, bedeutete für sie, die Gelegenheit zu haben, mit ihrer viel zu kurzen Kindheit in Kontakt treten zu können: „Ich liebe nach wie vor Achterbahnen, am Telefon zu quatschen und Blödsinn zu machen“, erzählte sie in Film Monthly. Trotz all des Ruhms und ihres Reichtums hatte sie auf eine herkömmliche Kindheit verzichten müssen, was sie offensichtlich mitunter belastete. „Ich hatte einen Privatlehrer, was eine sehr ernste und langweilige Angelegenheit war. Ich war weder eine Cheerleaderin, noch ging ich zu den Spielen, oder machte sonst etwas in der Art“, sagte sie. „Wenn ich also die Möglichkeit dazu habe, möchte ich Dinge tun, die Spaß machen. Ich habe seit meinem 15. Lebensjahr die Verantwortung von jemandem, der bereits 25 oder 30 ist, übernehmen und mit sehr viel Druck umgehen müssen. Ich habe viele Leute, die für mich arbeiten, treffe eine Menge Erwachsenen-Entscheidungen, wodurch ich eben ein wenig schneller erwachsen werden musste.“

Wenn sie gerade in Houston war, um zu „chillen“, liebte sie es, Tinas Kochkünste in vollen Zügen zu genießen. „Meine Mutter ist die beste Köchin der Welt“, verkündete sie oftmals. „Sie macht das beste kreolische Essen – Gumbo, Jambalaya, Soul Food … Wenn ich nachhause komme, möchte ich mich bemuttern lassen, ich will, dass meine Mutter für mich kocht.“

Ein weiteres Highlight ihrer Heimatbesuche ist es, sich mit alten Freunden zum Abendessen in ihrem Lieblingsrestaurant This Is It zu verabreden. Sie, die sich regelmäßig als „hoffnungslosen Fall“ in der Küche bezeichnet, erlaubt sich hier gelegentliche Schlemmereien wie Maisbrot, Makkaroni mit Käse und frittiertes Huhn.

Nachdem Beyoncé ihre Vorliebe für Fast-Food-Hühnchen der Schnellimbisskette Popeyes in der Show von Oprah Winfrey publik gemacht hatte, wurde ihr – obwohl sie sich dank ihres ständig zunehmenden Vermögens alles auf der Speisekarte locker leisten konnte – eine besondere Ehre zuteil: „Irgendwann begannen die Leute mir, egal, wo ich hinging, Essen von Popeyes zu kaufen. Dort hörte man davon und man verlieh mir die lebenslange Mitgliedschaft … Ich kann die Karte zücken und so viel haben, wie ich will. Aber ich habe das noch nie getan, weil es mir peinlich wäre.“ Aber ihre notorische Leidenschaft für Popeyes’ Chicken ist so groß, dass sie es sogar den Gästen auf ihrer Hochzeit anbot.

Beyoncé war uneingeschränkt stolz auf ihre texanischen Wurzeln und Houston blieb immer der Ort, an dem sie sich am wohlsten fühlte und an dem sie entspannen konnte. „Wenn sich die Gelegenheit bietet, dann chille ich üblicherweise zuhause“, erklärte sie. Während ihrer Heimaturlaube bereite es ihr und Kelly große Freude, wie Jugendliche Ausflüge ins nahegelegene Einkaufszentrum mit seinen mehr als 300 Shops zu unternehmen: „Manchmal kann das schon ein wenig ausarten, weil die Leute einen wiedererkennen, aber üblicherweise lassen sie uns in Ruhe“, erklärte Kelly in Texas Monthly. „Eigentlich werde ich lieber erkannt.“

Jede Rückkehr zu den Wurzeln war auch deshalb überlebenswichtig für Destiny’s Child, da es ihnen auch die Möglichkeit gab, ihrer geliebten Kirche, St. John’s, einen Besuch abzustatten. Die Mädchen waren bekannt dafür, mitunter spät am Sonnabend in Houston zu landen, nur um den sonntäglichen Gottesdienst besuchen zu können und sich im Anschluss wieder zu verabschieden. „St. John’s ist mein Zuhause“, sagte Kelly einmal. „Ich liebe St. John’s. Ich weiß, dass ich meinen Weg nicht alleine bestimmen kann, also überlasse ich das Gott.“ Auch Beyoncé brachte stets einen Besuch beim Gottesdienst unter, wenn sie ein wenig Freizeit hatte. Sie behauptete, dass es sie bei Verstand halten würde. Der damalige Pastor der Mädchen, Rudy Rasmus, erörterte gegenüber dem Observer: „Es ist ein sehr spezieller Ort. Wir begannen vor neun Jahren als eine Gemeinde mit neun Menschen. Mittlerweile sind es 4.600. Obwohl es eine sehr große Kirchengemeinde ist, fühlt es sich eher kleinstädtisch an.“ Er fügte noch hinzu: „Die Mädchen sind hier aufgewachsen … Hier stehen sie nicht im Rampenlicht. Die Leute lassen sie in Ruhe.“ Als ein Interviewer vom Magazin Vibe Beyoncé im Jahr 2001 in der Kirche traf, bemerkte er, dass sie leise in einer der Kirchenbänke schluchzte und auch Kelly ein paar Reihen vor ihr Tränen vergoss. Ein wenig später erklärte Beyoncé, dass ihre Tränen kein Zeichen von Trauer gewesen seien. Sie würde sich nur besonders gesegnet fühlen. Die Kirche spielte jedenfalls eine so große Rolle in ihrem Leben, dass Beyoncé Berichten zufolge im Laufe der Jahre St. John’s eine halbe Million Dollar gespendet haben soll.

Wochenlang unterwegs zu sein und aus dem Koffer zu leben, hatte desaströse Auswirkungen auf das Liebesleben der Girls. Sie gaben an, wenig Glück beim anderen Geschlecht zu haben, selbst wenn der seltene Fall eintrat und sie am Abend ausgehen konnten. „Wir sitzen nur herum und schauen deprimiert aus der Wäsche“, kommentierte Beyoncé trocken im Magazin W. „Wir sehen so unglücklich und gelangweilt drein und nie spricht uns jemand an. Wegen der Sicherheitsleute kommt ohnehin keiner zu uns durch.“ Obwohl sie sich selbst darüber lustig machte: Es gab einfach keinen Platz für soziale Kontakte in ihrem Terminkalender. „Ich bin für einen Tag in einer Stadt, erledige meinen Job, dann geht es schon weiter in die nächste Stadt, deshalb kann ich nicht wirklich Leute kennenlernen“, vertraute sie dem Telegraph Magazine an. Als sie kurz davor stand, ihre Teenager-Jahre hinter sich zu lassen, wäre das wohl der ideale Zeitpunkt gewesen, sich auf eine dauerhafte Erwachsenenbeziehung einzulassen, doch standen die Chancen dafür gleich null. „Ich hätte so gerne einen Freund“, meinte sie. „Wenn ich einen finden könnte, der mit dieser Art Leben zurechtkäme, wäre das toll, aber jetzt im Moment hat das hier eben Priorität.“ Auch gab sie an, dass die Versuche der Jungs, sie zu bezirzen, in der Regel hoffnungslos und mit hochnotpeinlichen Anmachsprüchen gespickt seien. „Ich bin sehr wählerisch. Viele Typen sind mit Konversation echt überfordert. Viele kommen mit Sachen daher, die sich auf unsere Songs beziehen. Das ist so abgedroschen.“ Auf die Frage von COSMOgirl, auf was sie bei einem potenziellen Freund Wert legen würde, antwortete sie: „Ich bin auf der Suche nach jemandem, der seinen eigenen beruflichen Weg bestreitet, Karriere macht. Er muss nicht viel Geld haben – jemand, der aufs College geht, wäre cool.“ Vielleicht forderte sie mit diesen Worten das Schicksal heraus, denn Beyoncé standen plötzliche und sehr einschneidende Veränderungen bezüglich ihres Liebesglücks ins Haus.

Es begann völlig unerwartet bei einer Fotosession für eine spezielle „Musikausgabe“ von Vanity Fair im Spätsommer 2001. Außer ihr war neben Kalibern wie David Bowie, Gwen Stefani, Stevie Wonder und Joni Mitchell auch ein gewisser Hip-Hop-Künstler und Produzent namens Jay-Z vor Ort. Der Rapper und gebürtige New Yorker hörte auf den Geburtsnamen Shawn Corey Carter, obwohl nur wenige ihn unter diesem Namen kannten. Beyoncé hatte Jay-Z im Sommer zuvor kennengelernt, als sie mit der Rapperin Amil zusammenarbeitete, die bei seiner Plattenfirma Roc-A-Fella unter Vertrag stand. Beyoncé, damals 18 Jahre alt, sang auf Amils Single „I Got That“, die Jay-Z mitverfasst hatte und für die er auch das dazugehörige Video als Regisseur betreute. Bei ihrem neuerlichen Aufeinandertreffen bei der Fotosession von Vanity Fair flogen jedenfalls die Funken zwischen Jay-Z und Beyoncé. Zwischen den beiden bestand eine Verbindung, die sie so nicht erwartet hätte. Sie war einverstanden damit, Telefonnummern auszutauschen, dachte aber tief in ihrem Inneren, dass eine Beziehung unwahrscheinlich sein würde, da beide durch ihre randvollen Terminpläne eingeschränkt waren. Abgesehen davon lebte Jay-Z zirka 2.400 Kilometer von Houston entfernt in Fort Lee, New Jersey. Und trotzdem war sie aufrichtig begeistert von diesem Mann, der sie zu „kapieren“ schien, und sie begann, wenn es ihnen beiden zeitlich möglich war, sich mit ihm am Telefon zu unterhalten – bald sogar schon jeden Tag.

Im Endeffekt beruhte ihre ganze Beziehung auf diesen Ferngesprächen. Jahre später erzählte Beyoncé Oprah Winfrey: „Wir waren zuerst bloß Freunde, ungefähr eineinhalb Jahre lang, bevor wir uns zu einem Rendezvous verabredeten. Eineinhalb Jahre hingen wir am Telefon. Solch eine Grundlage ist so wichtig in einer Beziehung.“ Dem Magazin Glamour verriet sie außerdem: „Ich war 18, als wir uns zum ersten Mal trafen, beziehungsweise 19, als wir anfingen zu daten. Es gab keine Eile. Niemand erwartete von mir, dass ich durchbrennen und heiraten würde.“

Schließlich begannen Beyoncé und Jay-Z, sich so oft es eben ging zu treffen. Sie genossen ruhige Abendessen, Besuche im Kino oder hingen einfach nur in Jay-Zs Apartment ab, um Musik zu hören. In puncto Liebeswerben lief also alles ziemlich unschuldig ab, obwohl Jay-Z gestand, dass er sein Bestes gab, sie für sich einzunehmen. „Nun, ihr wisst schon, du musst es eben versuchen“, erzählte er Vanity Fair Jahre später. „Du musst dich reinhängen … gediegen Essen gehen und so.“

Es hieß außerdem, dass Beyoncé immer noch Jungfrau war, als sie mit Jay-Z zusammenkam. In einem Interview im Jahr 2008 mit dem Daily Telegraph deutete sie an, dass ihre bis dahin einzige Beziehung – jene mit Lyndall – nicht auf diese Art und Weise intim geworden sei. „Ich war noch zu jung, um einen echten Freund zu haben – wir lebten ja nicht zusammen, wir haben nicht, ihr wisst schon …“, sagte sie. „Das war meine einzige Erfahrung mit einem Typen und seither hatte ich auch nur einen anderen Freund in meinem Leben, nämlich Jay.“ Lyndall untermauerte diese Aussage, indem auch er angab, dass er und Beyoncé nie miteinander geschlafen hätten. Der Sun erklärte er, dass er sie nie unter Druck hatte setzen wollen, da sie so einen tiefreligiösen Background hatte. „Das war hart, weil die Chemie zwischen uns so stimmte, aber ich respektierte Beyoncé und wusste, dass es ihr wichtig war zu warten“, meinte er.

Glücklicherweise zahlte sich Jay-Zs Bemühen um ritterliches Benehmen letztlich aus: Beyoncé hatte sich bis über beide Ohren in ihn verliebt. Jedoch zog es das Paar vor, seine knospende Romanze geheim zu halten, und war erpicht darauf, sich nicht gemeinsam fotografieren zu lassen. Beyoncé hatte in den düstersten Stunden von Destiny’s Child schmerzlich erfahren müssen, wie zerstörerisch sich endlose mediale Spekulationen auswirken konnten, und weigerte sich, ihr Privatleben der Öffentlichkeit preiszugeben. Zusätzlich hatte sie sich bereits auch mit einigen Kommentaren zum Single-Dasein böse die Finger verbrannt, wozu sie sich später in der MTV-Show Genuinely In Love äußerte: „Man wollte mich als das verzweifeltste arme Ding auf der Welt darstellen. Überall stand auf den Titel­blättern: ‚Beyoncé ist einsam. Wir müssen ihr einen Freund suchen.‘ Deshalb beschloss ich, nicht über mein Privatleben zu sprechen, weil es das einfach viel leichter macht. Und ich weiß, dass die Leute über einen spekulieren und nachgrübeln, wofür ich Verständnis habe, weil ich ja auch so eine bin.“ Sie fügte noch hinzu: „Ich habe nur gerne das Gefühl, etwas für mich behalten zu dürfen.“

Jay-Z war ähnlich auf der Hut vor großem Medien-Getöse, vermutlich da er wusste, dass sein unstetes Vorleben ihn zu einem einfachen Ziel machen würde. Immerhin stammte er aus den Marcy Projects, einer harten Siedlung im heruntergekommenen Brooklyner Viertel Bedford-Stuyvesant, in dem Gewaltverbrechen an der Tagesordnung standen. Er war im Dezember 1969 auf die Welt gekommen und somit ganze zwölf Jahre älter als Beyoncé. Als eines von vier Geschwistern wuchs Jay-Z bei seiner Mutter Gloria Carter auf, nachdem sich sein Vater – ein gewisser Adnes Reeves – aus dem Staub gemacht hatte, als er gerade einmal elf Jahre alt war. Es fehlte an allem, aber Gloria arbeitete hart, um ihre Familie über Wasser zu halten. „Meine Mutter regelte alles, sie musste die Dinge jonglieren“, erzählte er der Vanity Fair. „Manchmal bezahlten wir die Lichtrechnung, manchmal bezahlten wir das Telefon, manchmal drehten sie uns das Gas ab. Wir mussten nicht hungern – wir hatten zu essen, es ging uns okay. Aber man wollte sich für solche Dinge in der Schule nicht genieren müssen. Du wolltest keine dreckigen Turnschuhe oder immer dieselben Sachen tragen.“

Dass ihn sein Vater im Stich gelassen hatte, stellte sich als schwerer Ballast im Leben von Jay-Z heraus. In einem bewegenden Interview mit Oprah Winfreys Magazin O sagte er 2009: „Wenn du aufwächst, ist dein Dad dein Superheld. Wenn du jemandem erst einmal so viel Liebe entgegenbringst und er dich dann enttäuscht, willst du diesen Schmerz nie mehr erleben müssen.“ Aufgrund der Trennung landete er auf der schiefen Bahn und fügte seinem Bruder Eric sogar eine Schussverletzung an der Schulter zu, da er ihn verdächtigte, ihm einen Ring gestohlen zu haben. Über den Schock, der ihn durchfuhr, als er den Abzug drückte, rappte er später im Song „You Must Love Me“: „Saw the devil in your eyes, high off more than weed, confused, I just closed my young eyes and squeezed.“ („Sah den Teufel in deinen Augen, nicht nur high vom Gras, verwirrt, ich schloss meine jungen Augen und zog ab.“)

Obwohl sein Bruder überlebte, sollte es beinahe 30 Jahre dauern, bis Jay-Z sich bereit fühlte, öffentlich über seine Erfahrung zu sprechen. Er versuchte, seine Tat Oprah Winfrey zu erklären: „Er nahm eine Menge Drogen. Er klaute Sachen von unserer Familie. Ich war der Jüngste, aber ich dachte, ich müsse alle beschützen.“ Es sei ihm bewusst, dass er das Falsche getan hatte, wie er den Guardian wissen ließ: „Es war entsetzlich. Ich war ein Junge, ein Kind. Ich hatte schreckliche Angst.“ Er war überzeugt davon, ins Gefängnis zu müssen. „Ich dachte mein Leben wäre vorbei. Ich glaubte, ich müsste für immer in den Knast.“ Im selben Interview lieferte er noch einen eindringlichen Einblick in das Leben in seiner Siedlung: „Überall gab es Knarren. Sie waren jeden Tag um einen herum. Es gab Schießereien.“ Er wurde selbst drei Mal unter Feuer genommen, blieb jedoch unverletzt. „So als würde ein abtrünniger Engel auf uns achtgeben.“

Nachdem er in die Welt von Waffen und Gewalt eingeführt worden war, startete Jay-Z erste Gehversuche im nicht weniger anrüchigen Milieu der harten Drogen. „Ich war ein Crack-Dealer – das war unausweichlich“, gestand er der Vanity Fair. „Es gab keinen Ort, an dem man davon eine Auszeit hätte nehmen können. Wenn du auf den Gang rausgingst, waren da Crack-Junkies. Wenn man in die Pfützen am Rinnstein sah, schwammen darin Crack-Ampullen. Man konnte es am Flur riechen, diesen ekelhaften Geruch. Ich kann es nicht erklären, aber ich habe ihn immer noch im Kopf, wenn ich daran denke.“ Obwohl er zugab, als 13-Jähriger mit Crack gedealt zu haben, bestand er darauf, es selbst nie genommen zu haben – enthüllte jedoch, dass seine Mutter von seiner Dealerei gewusst habe. „Alle Mütter wussten Bescheid. Man möchte meinen: Wie kann man seinen Sohn bloß so etwas machen lassen, aber ich sag’s euch, es war normal.“

Nachdem ihn Gloria dazu ermutigt hatte, versöhnte sich Jay-Z 2003 mit seinem Vater und kaufte ihm ein möbliertes Apartment: „Ich konnte ihm endlich alles sagen, was ich wollte“, erzählte Jay-Z dem Rolling Stone. „Ich sagte ihm einfach, was ich fühlte. Weder schrie noch weinte ich. Nichts Drastisches oder Dramatisches. Es war sehr erwachsen, aber es war auch sehr hart. Ich ließ ihn nicht vom Haken. Ich ging mit ihm sehr hart ins Gericht.“ Vater und Sohn gelang der Brückenschlag, aber es verging nicht viel Zeit und er trank sich selbst zu Tode. Er verstarb in derselben Nacht, in der Jay-Z in New York einen Nachtclub namens 40/40 eröffnete. „Er ist gegangen“, erklärte er in GQ. „Er war nicht bei sich.“ Obwohl sie keine einfache Beziehung zueinander gehabt hatten, war der Tod des Vaters doch eine schmerzhafte Angelegenheit. „Diese Verbindung aufzubauen, nur um sie dann wieder zu verlieren, war am schlimmsten.“

Trotz seines schwierigen Starts ins Leben gelang es Jay-Z zum Glück, den Willen aufzubringen, sein Leben auf die Reihe zu bekommen. Seine Rettung war der Hip-Hop – eine Leidenschaft, die seine Mutter zu entfachen half, indem sie ihrem Sohn einen tragbaren Ghettoblaster kaufte, nachdem sie es satt gehabt hatte, dass ihr Junge bis spät in die Nacht Beats auf dem Küchentisch trommelte. Nachdem er sich eine Art Stegreif-Rap namens Freestyle, bei dem die Texte in der Regel spontan entstehen, beigebracht hatte, begann er bald ganze Tracks zu schreiben. Binnen kurzer Zeit wurde er in seiner Nachbarschaft unter dem Namen Jazzy bekannt – ein Spitzname, der sich vom Pseudonym seines Mentors, einem angesehenen Rapper namens Jaz-O, ableitete. Im Laufe der Zeit entwickelte sich daraus schließlich Jay-Z. Ein weiterer seiner Spitznamen ist Hova, abgeleitet von Jehova, nachdem er als „Gott des Raps“ bezeichnet worden war.

Jay-Z, der genauso geschäftstüchtig wie musikalisch talentiert war, unternahm seine ersten Schritte hin zu seinem Geschäftsimperium, indem er CDs aus dem Kofferraum seines Autos verkaufte. 1995 gründete er zusammen mit Damon Dash und Kareem Burke seine Plattenfirma Roc-A-Fella. Nachdem er sein erstes Album mit dem Titel Reasonable Doubt veröffentlicht hatte, arbeitete er mit Rap-Stars wie etwa seinem alten Schulfreund The Notorious B.I.G., der tragischerweise 1997 in Los Angeles erschossen werden sollte, zusammen. Jay-Z war am Boden zerstört, als er von seinem Tod erfuhr, wie er gegenüber Vibe betonte: „Ich kann gar nicht beschreiben, was dieser Verlust für mich bedeutete. Es war schlimmer, als jemanden durch das Drogengeschäft zu verlieren, weil du über die Risiken auf der Straße Bescheid weißt – Tod oder Knast. Aber hier ging es doch eigentlich um Musik.“ Obwohl der bis heute ungelöste Mord ihn in Erwägung ziehen ließ, sich aus der Rap-Szene zurückzuziehen, entschied er, dass es „eigennützig“ wäre, diesem Impuls nachzugeben, und er schon aus Respekt für B.I.G. am Ball bleiben müsse.

Nachdem er sich ein paar Jahre lang abrackern hatte müssen, gelang ihm schließlich mit dem Album Vol 2 … Hard Knock Life und der Single „Hard Knock Life (Ghetto Theme)“ – mitsamt Samples aus dem Musical Annie – der Durchbruch zum Status eines Superstars. Der Song, der im Jahr 1998 erschien, war sein erster transatlantischer Hit und stieß in den UK-Charts bis auf Platz zwei vor. 1999 gründete Jay-Z zusammen mit seinem Partner Damon Dash außerdem die Modelinie Rocawear, die schon bald bis zu 700 Millionen Dollar jährlich abwerfen sollte.

Als Jay-Zs musikalisches Meisterwerk gilt weithin sein Album The Blueprint aus dem Jahr 2001, das sein Freund Kanye West half zu produzieren. Das Album kam am Tag der Terroranschläge auf die Zwillingstürme des World Trade Centers in New York in den Handel und ging trotz der Umstände immerhin eine halbe Million Mal über die Ladentische und schaffte den Sprung an die Spitze der Albumcharts. Allerdings war es für Jay-Z persönlich eine schwere Zeit: Auf ihn warteten zwei Strafprozesse – im einen ging es um illegalen Waffenbesitz, im anderen um Körperverletzung. Er beteuerte stets seine Unschuld bezüglich der Waffen-Geschichte und die Anklage wurde später fallengelassen, doch wurde er im Oktober zu drei Jahren auf Bewährung verurteilt, nachdem er sich schuldig bekannt hatte, den Musikmanager Lance Rivera auf einer Party niedergestochen zu haben. In seinem Buch von 2010, Decoded, beschrieb er, was ihn so in Rage gebracht hatte: Ein Bootleg seiner jüngsten Aufnahmen war bereits einen Monat vor dem geplanten Release an die Öffentlichkeit gekommen. Da er in Lance Rivera den Schuldigen gefunden zu haben glaubte, suchte er auf einer Party im New Yorker Kit Kat Klub die Konfrontation mit ihm. „Rivera wurde mitten im Club richtig laut mit mir“, schrieb Jay-Z. „Es war seltsam. Wir gingen auseinander und ich begab mich an die Bar … Ich stand … unter einer Art Schock … Ich ging zu ihm zurück, aber dieses Mal verlor ich vor lauter Wut total die Besinnung.“ Er fügte hinzu, dass er beschloss, sich schuldig zu bekennen, nachdem er den Prozess gegen seinen Freund Puff Daddy wegen eines Waffenvergehens, bei dem er freigesprochen worden war, verfolgt hatte. Seine Schilderung des Vorfalls beendete Jay-Z mit einer überraschend positiven Anekdote: „Das Witzige daran – wenn man irgendetwas an der Sache als witzig bezeichnen will – war, dass sich die gefütterte Jacke von Rocawear, die ich trug, als man mich den Kameras vorführte, in den letzten drei Wochen vor Weihnachten wie warme Semmeln verkaufte.“

Jay-Zs Liebesleben war – ähnlich dem von Beyoncé – nicht uneingeschränkt glücklich. Im Verlauf der Jahre war er mit einer Reihe von Damen locker verbandelt gewesen – man sagte ihm etwa Techtelmechtel mit der Schauspielerin Rosario Dawson, den Sängerinnen Missy Elliott, Lil’ Kim und der mittlerweile verstorbenen Aaliyah sowie dem R&B-Star Blu Cantrell nach. Dem Rolling Stone beichtete er, dass der Umstand, dass sein Vater seine Mutter sitzen gelassen hatte, seine eigene Beziehung zu Frauen beeinflusst habe. „Sogar wenn ich mit Frauen zusammen war, war ich nicht wirklich bei ihnen. Im Hinterkopf dachte ich mir immer, dass ich, ihr wisst schon, wenn dieser Shit auseinanderbricht, was auch immer … Deshalb ließ ich mich nie wirklich auf etwas ein. Ich ließ nie die Deckung sinken. War immer misstrauisch, konnte mich nie fallenlassen.“ Infolgedessen, so gab er zu Protokoll, hatte er wegen einer Frau noch nie unter einem gebrochenen Herzen leiden müssen.

Aber seine Geduld wurde belohnt: Kurze Zeit nachdem er Beyoncé kennengelernt hatte, wusste er bereits, dass sie die Frau seiner Träume war. Als sie gerade frisch ein Paar waren, wussten nur ihr Familie und seine engsten Freunde Bescheid. In der öffentlichen Wahrnehmung war sie immer noch Single und lebte ein extrem behütetes Leben bei ihren Eltern, was zu Gerüchten führte, dass sie es ihr sogar ausdrücklich verboten hätten, sich mit jemandem zu treffen. Tina wies solche Anschuldigungen aber zurück. „Welche Mutter würde nicht wollen, dass ihre Tochter einen Freund hat?“, sagte sie verächtlich gegenüber Ebony. „Ich bin nicht anders als andere Mütter. Ich will, dass meine Kinder glücklich und nicht einsam sind.“ Sie ergänzte: „Es ist dämlich, wenn jemand glaubt, dass Beyoncés Dad so viel Kontrolle über sie hätte, dass er ihr einen Freund verbieten könnte.“ Ebenso satt hatten sie und Mathew die seit Jahren kursierenden Gerüchte, sie wären „Sklaventreiber“, die Destiny’s Child an ihre Grenzen pushten und ihnen jeglichen sozialen Anschluss untersagten. „Nun da sie 18 beziehungsweise 19 Jahre alt sind, können wir sie nicht aufhalten, auf Partys zu gehen“, gab Tina zu verstehen. „Sie können machen und lassen, was sie wollen. Wir können sie nicht wie ‚Sklavinnen‘ behandeln. Warum sie dann so hart arbeiten? Weil sie eben verstehen, was nötig ist, um erfolgreich zu sein.“

Destiny’s Child wurden im September 2001 eingeladen, ein besonderes Konzert für ihr größtes Idol, Michael Jackson, zu geben. Diese Gala, die in New York veranstaltet wurde und anlässlich Jacksons 30-jährigem „Thronjubliäum“ als „King of Pop“ stattfand, sollte ihm eine passende Bühne für seine erste Performance auf amerikanischem Boden seit über zehn Jahren bieten. Außerdem sollten auch Whitney Houston, Britney Spears, Liza Minelli und Ray Charles auftreten. Beyoncé berichtete vom Moment, als sie ihren Helden traf: „Ich blickte nach rechts und da stand er auf der Seite der Bühne. Ich musste das Mikro ablegen und begann zu kreischen – das Publikum war total verwirrt!

Beyoncé - Crazy in Love

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