Читать книгу Beyoncé - Crazy in Love - Anna Pointer - Страница 8

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Im Alter von 13 kam Beyoncé an die angesehene Houston School for the Performing and Visual Arts. Die Fotos aus ihrem Jahrbuch zeigen sie, wie sie zu einer natürlich schönen, jungen Frau erblüht ist. Mit ihrer makellosen Haut, dem strahlenden weißen Lächeln und den geflochtenen Haaren wäre sie auch leicht als Model durchgegangen. Jedoch war ihr die Musik stets wichtiger gewesen als ihr Aussehen, und während sie und die anderen Mädchen ihre Schulkarriere fortsetzten, setzte Mathew alles daran, ihnen Auftritte als Vorgruppe vor etablierteren R&B-Gruppen zu besorgen.

Endlich begann sich sein Aufwand auszuzahlen: Sie wurden zu mehreren Vorsingen von Plattenfirmen eingeladen, unter anderem auch bei Elektra Records, wo sie Darryl Simmons kennenlernten. Grobkörnige Videoaufnahmen von dieser Vorführung zeigen die vier Mädchen in beigen Jeans und schwarzen Trägerhemdchen, wie sie eine hübsch choreografierte Tanznummer zu ihrem Song „Wide Open“ performen. Alles in allem klang ihr Gesang nun um einiges tighter, wodurch sie geschliffener und erwachsener wirkten.

Nachdem sie sich jahrelang hatten abrackern müssen, waren die Girls und Mathew absolut begeistert, als Darryl eine Schlüsselfigur bei Elektra, Sylvia Rhone, die bereits die extrem erfolgreichen En Vogue unter Vertrag genommen hatte, hinzuzog. So wie die meisten, die die Gruppe hörten, fand auch sie, dass Beyoncés Stimme hervorstach, und beauftragte Darryl, den Mädchen einen Vertrag zu geben – und Beyoncé ins Zentrum zu rücken.

Nur kurze Zeit später wurde die Band nach Atlanta geflogen, von wo aus Darryl arbeitete, und ins Studio geschickt, wo sie an den Gesangsspuren für ein Album arbeiten sollten. Sie waren gemeinsam mit Darryls Assistenten in einem kleinen Haus untergebracht. Der Trip verströmte das Flair eines Ferienlagers, allerdings verpassten die Mädchen auch viele Schultage. Da dies die Eltern beunruhigte, wurden Privatlehrer engagiert. Nach ein paar Monaten zeichnete sich jedoch eine Katastrophe ab. Es war noch kein Datum für die Veröffentlichung besprochen worden und es schien, als würde Elektra die Entscheidung auf die lange Bank schieben wollen. Schließlich flatterte ein Brief von einem hohen Tier beim Label ins Haus, der die Gruppe davon unterrichtete, dass man die Band fallen lassen würde. Das Magazin Essence berichtete, dass die Entscheidungsträger einen dramatischen Sinneswandel durchlaufen hätten und nun denken würden, dass die Mädchen „zu jung“ und „zu ungeschliffen“ seien, um den nächsten Schritt setzen zu können. Die Frustration darüber, vorzeitig abgesägt zu werden, saß tief, wie Beyoncé Jahre später der Zeitschrift Q anvertraute: „Wir dachten, dass die Welt untergehen würde.“ 2002, auf dem Zenit ihres globalen Erfolgslaufs angelangt, blickte Kelly augenzwinkernd zurück: „Ich hoffe, dass derjenige bei Elektra, der entschieden hat, uns in die Wüste zu schicken, die Grammy-Preisverleihung von 2000 mitverfolgt hat.“

Zurück in Houston motivierten die enttäuschenden Neuigkeiten Mathew zu einem drastischen Schritt. Er kündigte seinen hochdotierten Job, um sich als Manager nun ausschließlich um die Belange der Band kümmern zu können. „Der ausschlaggebende Moment war, als sie von Elektra fallen gelassen wurden“, sagte er. „Ich kündigte meinen Job, und alle dachten, ich hätte sie nicht mehr alle.“ Mathews Hingabe an seinen Beruf war bereits seit längerer Zeit dahingeschwunden. „Ich war 20 Jahre im Geschäftsleben gewesen und 18 davon waren phänomenal gewesen“, erzählte er in Empower. „Aber die letzten beiden Jahre fehlte mir die Leidenschaft und ich spürte, wie ich einen Wandel durchlief.“ Sein Beschluss, diese Welt hinter sich zu lassen, wurde ihm erleichtert, als bekannt wurde, dass seine Co-Managerin Andretta zusehends von ihrer Lupus-Erkrankung geschwächt wurde.

Er traf auch noch eine weitere einschneidende, für die Zukunft der Gruppe wegweisende Entscheidung. Da er fand, dass der Name „Girls Tyme“ zu jung klang, war es an der Zeit, die Band mithilfe eines anderen Namens neu zu erfinden. Unter den Vorschlägen fanden sich „Somethin’ Fresh“ und „Borderline“, aber nichts passte so recht – ebenso wenig wie „Cliché“ oder „Da Dolls“. Schließlich wurde „Destiny“ in die Runde geworfen, doch der Name war bereits vergeben. Letztlich einigte man sich auf „Destiny’s Child“. Beyoncé erklärte im Magazin Interview, wie es dazu gekommen sei: „Immer, wenn ich wegen etwas verwirrt bin, frage ich Gott, mir die Antworten auf meine Fragen zu schenken – und er tut es. So fanden wir unseren Namen – wir schlugen die Bibel auf und da stand das Wort ‚Destiny‘.“ LaTavia führte weiter aus: „Eines Tages wollte Beyoncés Mom gerade in der Bibel lesen und schlug sie auf, um eine Stelle im Buch Jesaja zu lesen. Da fiel ihr ein Foto von uns hinunter und an der Stelle, an der es landete, stand in fetten Lettern das Wort ‚Destiny‘. Wir spürten, dass Gott uns diesen Namen schickte, fanden aber heraus, dass bereits viele Gruppen so hießen, deswegen ergänzten wir noch ‚Child‘, um eine Art Wiedergeburt von ‚Destiny‘ anzudeuten.“

Obwohl jeder von ihrer neuen Ausrichtung begeistert war, hatte Mathews abrupter Ausstieg aus seinem Beruf auch ernsthafte Auswirkungen auf die finanzielle Situation der Familie Knowles. Seine Opferbereitschaft für Beyoncés Sache war jedoch so groß, dass er und Tina gemeinsam beschlossen, das Haus der Familie zu verkaufen, um die finanzielle Belastung zu senken. „Wir übersiedelten vom Haus in ein Apartment“, erzählte Beyoncé. „Statt drei Autos hatten wir nun zuerst noch zwei, dann nur mehr eines.“ Tina war der Meinung, dass die Strapazen für die Familie nur schwer zu ertragen gewesen seien, wie sie in einem ehrlichen Interview mit CBS enthüllte: „Es war sehr stressig, weil wir zuerst zwei echt gute Einkommen hatten und dann nur mehr eines. Wir mussten uns mit weniger Wohnfläche begnügen, unsere Autos verkaufen. Es war eine echt schwere Zeit für uns.“ Wenig überraschend stellten viele Freunde des Ehepaars ihre Entscheidung in Frage und Tina gab zu: „Die Leute hielten uns für durchgeknallt, sie dachten wirklich, wir wären verrückt geworden.“

Die Schwierigkeiten nahmen vorerst kein Ende, als sich die Familie plötzlich mit steuerlichen Problemen konfrontiert sah. „Irgendwie begann alles auseinanderzufallen“, berichtete Tina im Rolling Stone. „Wir mussten unser Haus für viel weniger als das, was wir mit ausreichend Zeit dafür bekommen hätten, verkaufen. Es war sehr emotional, weil meine Kinder in diesem Haus aufgewachsen waren und sie nun überhaupt nicht glücklich waren.“ Als Mathew herausfand, dass der Vormieter ihres neuen Apartments im Badezimmer Selbstmord begangen hatte, machte das die chaotische Lage nicht gerade besser. LaTavia erinnerte sich später an die neuen Lebensumstände der Knowles: „Mathew und Tina teilten sich ein Zimmer und Beyoncé, ihre Schwester Solange und Kelly teilten sich das andere. Sie hatten zwei Einzelbetten mit einem Ausziehbett darunter. Rückblickend war das alles sicher sehr stressig für die Familie.“

Um zu etwas mehr Geld zu kommen, ließ Tina ihren Haarsalon länger offen, während Mathew sich für ein paar Monate verabschiedete, um eine Fortbildung in puncto Künstler-Management zu machen – womit er den Grundstein für seine eigene Multi-Millionen-Dollar-Firma, Music World Entertainment, legte. Mathews Entscheidung, seine Tochter und ihre Freundinnen als Manager zu betreuen, war inspiriert gewesen von einer Geschichte, die er über Berry Gordon, den Präsidenten von Motown Records, gehört hatte. Berry hatte unvorstellbaren Erfolg, indem er praktisch alle Geschäfte von seinem eigenen Studio in Detroit aus abwickelte – er managte seine Acts, nahm sie auf und veröffentlichte und vermarktete sie selbst. Er behielt die Fäden in der Hand. Er bemühte sich außerdem, seinen Künstlern zu zeigen, wie sie sich benehmen, kleiden und bewegen sollten. Tatsächlich erklärte er ihnen, wie sie Superstars werden würden.

Der Kampf, Beyoncés Karriere in Gang zu kriegen, war höchst beschwerlich und hatte zur Folge, dass Mathew und Tina sich eine Zeit lang trennten. Tina erzählte CBS: „Wir gingen damals auseinander, weil mir vorkam, dass er ein wenig zu besessen war. Ich hatte nie Zweifel daran, dass sich der Erfolg einstellen würde, aber ich sagte ihm, dass er nicht einfach so die Welt auf den Kopf stellen könnte, sich auf diese Sache stürzen und sich nicht länger um seine Familie kümmern könnte.“ Als sie im Rolling Stone noch detaillierter auf die damalige Situation einging, fügte sie noch hinzu: „Zum damaligen Zeitpunkt kamen wir einfach nicht miteinander aus. Ich hatte das Gefühl, dass Mathew besessen war und sich besser einen Job hätte suchen sollen … Es ging uns einfach elend.“

So wie für jedes Kind war auch für Beyoncé die Trennung ihrer Eltern ein traumatisches Erlebnis. Später sagte sie dazu: „Es war eine so schmerzhafte Zeit, dass ich viele Erinnerungen daran aus meinem Kopf gelöscht habe.“ Sie suchte Halt bei ihrer Kirchengemeinschaft und man sah sie oft in der St. John’s Kirche, wie sie weinend ins Gebet versunken war. Als ihr alles zu viel wurde, legte sie sich ein Mantra zu, das sie immer und immer wiederholte, um mit ihrer Situation zurechtzukommen: „Gott hat einen Plan und Gott hat alles unter Kontrolle.“ Es half ihr, sich zu beruhigen, und wurde zu einem Motto, das sie seitdem durch ihr Leben begleitet.

Ihr christlicher Glaube half ihr auch dabei, die gelegentlichen Höhen und Tiefen ihrer Band zu verarbeiten. COSMOgirl erzählte sie vom ersten Mal, als sie die Gegenwart Gottes gespürt habe: „Ich war innerhalb der Gruppe so etwas wie die ‚Mutti‘ – wenn es Spannungen gab, jemand log oder jemandes Gefühle verletzt wurden, ging mir das sehr zu Herzen. Ich stand unter Stress, weil ich wusste, dass die Band durchdrehte. Ich konnte nicht mehr schlafen und ich bekam einen Ausschlag im Gesicht. Eines Tages in der Kirche weinte ich und mit einem Mal ließ ich einfach alles los. Es war, als würde Gott sagen: ‚Überlasse es einfach mir.‘ Der ganze Druck fiel von mir ab … Nachher war ich 20 Minuten lang im Reinen mit allem. Als würde ich schweben.“

Obwohl sie die Trennung ihrer Eltern sehr bekümmerte, wurde sie dadurch nur noch entschlossener, für Destiny’s Child die Anerkennung, nach der sie sich so sehnten, zu erringen. Ein Trip nach San Francisco, wo sie 1996 ein paar Demos aufnehmen wollten, läutete schließlich ihren finalen Durchbruch ein. Nachdem sie die Tapes an Dutzende einflussreiche Personen verschickt hatten, meldete sich bei ihnen ein Musiker namens D’wayne Wiggins aus Oakland, Kalifornien, dem das Gehörte zusagte, was ihn schließlich dazu veranlasste, die Band im Handumdrehen für seine Firma, Grass Roots Entertainment, unter Vertrag zu nehmen. In einem späteren Interview mit der Website von Soul Train sprach er über die so wichtige Entscheidung, der Band eine Chance zu geben: „Die größte Erfahrung meines Lebens in Bezug auf das Geschäft war es, Destiny’s Child unter Vertrag zu nehmen und sie zu entwickeln. Diese jungen Ladys waren ein paar erwachsene Damen in den Körpern von jungen Mädchen. Sie waren fokussiert und hatten Weitblick.“

Als Teil seines Investments in die Band ließ D’wayne sie in ein Haus mit sechs Schlafzimmern in Oakland in der Nähe seines Studios einziehen, um ihnen damit zu ermöglichen, ihre Musik zu schreiben und aufzunehmen. Erneut war Schule kein Thema und Privatlehrer kamen ins Spiel, damit sie ihren Stundenplan um die Musik herum arrangieren konnten.

Beyoncé blühte in dieser Umgebung auf und es gelang ihr, D’wayne schwer zu beeindrucken. „Ich kann mich daran erinnern, dass ich gerade den Gesang arrangierte und Beyoncé hinterm Mikro stand. Ich schlug ihr eine Harmonie vor und sie antwortete darauf mit einer Vielzahl von Harmonien und Melodien, die mich umhauten. Sie tanzte und warf ihre Haare herum, als würde sie gerade ein Konzert geben.“ Er fügte hinzu: „Ich war für die Produktion zuständig und ich war ein Fan. Es war eine wunderbare Erfahrung, die Familie kennenzulernen – Tina, Mathew und Solange –, und ich spürte das Vertrauen und den Respekt. Ich dachte mir stets: ‚Wow, sie vertrauen mir ihre Kinder an, damit ich nach ihnen sehe und sie produziere und mich außerdem darum kümmere, dass ihr Unterricht nicht auf der Strecke bleibt.‘“

Obwohl D’wayne sich darum kümmerte, dass Beyoncé brav lernte, hat sie nie ihren Highschool-Abschluss gemacht, da die Band ihr Leben beherrschte. Dennoch war das nur ein geringer Preis für das, was ihr noch bevorstand. Da das Interesse, das D’wayne der Gruppe entgegenbrachte, ihnen noch mehr Credibility verlieh, flogen Destiny’s Child 1997 nach New York, um erneut für Terese LaBarbera Whites vorzusingen, die immer noch für Columbia Records, wo auch Bruce Springsteen, Michael Jackson und Mariah Carey unter Vertrag standen, tätig war. Wie Beyoncé später in Soul Survivors, der Autobiografie von Destiny’s Child, zugab, war das ihre letzte Chance, und sie konnten es sich einfach nicht leisten, sie noch einmal ungenutzt zu lassen.

Es verhieß eigentlich nichts Gutes, dass der Konferenzraum, der für das Vorsingen zur Verfügung gestellt wurde, nicht groß genug für die Begleitmusiker und ihre Instrumente war, was zur Folge hatte, dass die vier Mädchen sich auf die einschüchternde Herausforderung einlassen mussten, a cappella zu singen. Es gelang ihnen jedoch zum Glück, perfekte Versionen von Bill Withers’ „Ain’t No Sunshine“ sowie ihres eigenen Tracks „Are You Ready?“ abzuliefern. Allerdings ließ Teresa die Mädchen in puncto Feedback erst einmal im Dunkeln. Sie reisten zurück nach Houston und hatten keinen Schimmer, wie es nun weitergehen würde. In Wahrheit aber war Teresa ganz hin und weg, wie sie viele Jahre später betonte: „Beyoncé ist eine unglaubliche Künstlerin, Songschreiberin, Produzentin und Performerin – sie hat einfach alles drauf. Ich kenne sie bereits seit ihrer Kindheit und habe ihr dabei zugesehen, wie sie zu der legendären musikalischen Urgewalt, die sie heute ist, heranreifte. Ich weiß nicht, ob es irgendetwas Cooleres gibt.“

Die quälend langen Wochen des Wartens hatten zur Folge, dass Beyoncé und die Mädchen an nicht viel anderes denken konnten. Die Nachricht, dass ihnen Columbia einen Vertrag anbieten wollte, ereilte die Mädchen nicht ganz unpassenderweise in Tinas Haarsalon. Tina hatte den Brief der Plattenfirma neckisch in einen Umschlag mit dem Logo eines lokalen Diners namens Luby’s gesteckt. Als Beyoncé ihn nun in die Hand gedrückt bekam, ging sie davon aus, dass es sich bloß um einen Essensgutschein handeln würde. Als sie den Inhalt des Umschlags durchlas, verschlug es ihr beinahe den Atem und erst recht die Sprache. „Wir fingen an, zu schreien und zu weinen, mitten im Salon“, erinnerte sie sich in Soul Survivors. Die Damen unter den Trockenhauben sahen uns an, als ob wir verrückt wären, weil sie nicht hören konnten, warum wir so schrien. Wir liefen durch den Laden, sprangen auf und ab, hielten den Vertrag in die Luft, damit ihn alle Kundinnen sehen konnten.“

Ganz anders als damals mit Elektra sollte es von dem Moment an, in dem sie auf der gepunkteten Linie unterschrieben, so richtig losgehen. Da sie nach so vielen Tagen in diversen Studios schon etliche Songs geschrieben hatten, konnte sich die Band sofort an die Arbeit an ihrer ersten Veröffentlichung machen. „Killing Time“ war eine Ballade, die schließlich auf dem Soundtrack des Films Men in Black landete und im Juli 1997 herauskam.

Mit Yvette Noel-Schure wurde der Gruppe von Columbia auch ihre erste Presseagentin zugeteilt. Sie sollte vor allem später eine wichtige Rolle im Team um Beyoncé spielen. Yvette erinnerte sich gegenüber Out an ihr erstes Treffen mit der Sängerin: „Ich sah eine sehr akribische 14-Jährige. In diesem Alter schon so abgeklärt zu sein … ich erinnere mich, dass ich sagte, dass das genau mein Projekt sei und ich mit diesen Mädchen die beste Zeit meines Lebens haben würde.“ Sie sagte außerdem: „Das ist es, an das ich mich für immer bezüglich Beyoncé erinnern werde: Sie hört einem genau zu. Sie sieht dir in die Augen, wenn sie mit dir spricht … Damals sagte sie noch andauernd ‚Ja, Ma’am, ja, Ma’am‘ zu mir, aber sie sah mir dabei immer geradewegs in die Augen. Es schien, als würde sie dabei nie zwinkern. Sie hörte einem zu … ich erkannte ihren Mut. Bis heute ist es dasselbe, wenn man mit ihr spricht. Ich sage immer zu ihr: ‚Wow, du machst das immer noch.‘“

Sie begannen mit der Arbeit an ihrem Debütalbum, das unter dem Namen Destiny’s Child herauskommen sollte, und ein Datum für die Veröffentlichung wurde ins Auge gefasst. Im Wissen, dass Image alles war, instruierte Teresa ihr Team, sich auf die Suche nach geeigneten Tracks zu machen, die die Band nicht zu „girliehaft“ oder infantil rüberkommen lassen würden. Auch Mathew war es ein Anliegen, dass die Girls nicht als Teenager-Band wahrgenommen würden, weshalb sie monatelang vortäuschten, zwei Jahre älter zu sein. Als sie von Black Beat 1998 nach ihrem Alter gefragt wurde, antwortete Beyoncé: „Wir wissen es nicht! Ich scherze nur. Eigentlich sind wir Teenager. Der einzige Grund, weshalb wir es nicht sagen, ist, dass sich ältere Leute nicht so für uns interessieren würden, wenn sie herausfänden, wie alt wir sind. Unsere Musik ist abwechslungsreich und älteren Menschen könnte sie auch gefallen, weshalb wir uns lieber nicht in eine Schublade stecken lassen möchten.“

Eine der ersten Nummern, die sie aufnahmen, „No, No, No“, war ursprünglich als erste Single vorgesehen, wurde aber schließlich als zu langsam befunden. Der angesehene Rapper Wyclef Jean von den Fugees wurde daraufhin damit beauftragt, einen schneidigeren Sound zu garantieren, was dazu führte, dass der mittlerweile in „No, No, No Part 2“ umbenannte Song Anfang 1998 Platz drei in den amerikanischen Charts sowie Platin erreichte. In Großbritannien landete der Song auf Nummer fünf und in Kanada auf Platz sieben. Ganz schön beeindruckend für eine brandneue Gruppe, die sich in einem heiß umkämpften Genre betätigte. Beyoncé erzählte später eine heitere Anekdote davon, wie sie die Single zum ersten Mal im Radio hörte, als sie gerade mit Kelly und ihrer Schwester Solange im Auto unterwegs war. Nachdem sie angehalten hatten, sprangen die beiden Bandmitglieder aus dem Wagen und fingen an, um das Fahrzeug herumzulaufen, während sie ihren Song mitsangen. Solange war zuerst ganz verwirrt, wie sich Beyoncé erinnerte: „Aber dann ließ sie ihre Tasche und ihre Bücher fallen und schloss sich uns an. Es war ein echt cooles Erlebnis.“

Gleichzeitig bedeutete der lang herbeigesehnte Umschwung auch, dass der Druck, der auf Beyoncés Eltern lastete, nachließ. Dies führte dazu, dass sie sich versöhnten und Mathew wieder zurück in das enge Apartment zog. Tina war begeistert vom Durchbruch der Mädchen und war von nun an durchgehend mit dem Styling der Gruppe beschäftigt, die praktisch im Wochentakt neue Outfits benötigte. In puncto Auftreten gab es allerdings Meinungsverschiedenheiten zwischen Tina und dem Label. „Ich wollte immer, dass die Mädchen glamourös aussehen“, erzählte Tina Texas Monthly. „Aber die längste Weile verstand uns niemand bei Columbia. Sie sagten: ‚Tina, diese Mädchen sehen so nach Texas aus. Kannst du nicht beim Make-up, den auffälligen Frisuren und den High-Heels einen Gang zurückschalten?‘ Aber ich liebe diese Frisuren und das Make-up. Wir sind hier anders als irgendwo sonst auf der Welt. Die Frauen hier sind so gut ausgestattet.“

Abgesehen von Styling-Fragen war es Tina auch wichtig zu verhindern, dass der aufkeimende Erfolg ihrer Tochter zu sehr zu Kopfe stieg. Diese mütterliche Besorgnis führte zu einer amüsanten öffentlichen Episode, die von da an im Knowles-Clan als „die Backpfeife“ bekannt sein würde. Es passierte, als die Familie einen Ausflug in einen Musikladen unternahm, wo „No, No, No Part 2“ im Radio gespielt wurde. Tina versuchte, ihrer Tochter etwas mitzuteilen, worauf­hin diese lauthals mit dem Radio mitsang, um sie effektiv übertönen zu können. Beyoncés Mutter wurde stinksauer. Später erinnerte sich die Sängerin in Piers Morgans Show auf CNN an diesen Vorfall: „Sie scheuerte mir ein paar, sodass mir Hören und Sehen verging, und schickte mich zurück ins Auto.“ Tina machte ihr eindringlich klar: „Mir ist es egal, ob einer deiner Songs im Radio läuft. Du bist mein Kind und du hast mich mit Respekt zu behandeln.“ Tina erzählte in der Elle, was danach passiert war: „Mein Mann kam zu mir und sagte: ‚Tina! Sie hat einen Song an der Spitze der Charts!‘ Ich sagte daraufhin: ‚Das ist mir schnuppe!‘“ Ihre eigene Mutter hatte ihr bereits einzutrichtern versucht, dass es die inneren Werte seien, auf die es ankam. Beyoncé erzählte dem Daily Telegraph in Bezug auf diesen Zwischenfall: „Es war das Beste, das sie tun konnte, da mir zum ersten Mal klar wurde, dass ich aus den Augen verlor, was wirklich wichtig war.“

Nachdem Beyoncé ihre Lektion auf die harte Tour hatte lernen müssen, kam im Februar 1998 schließlich das Album Destiny’s Child in die Läden – 36 Monate nachdem sie begonnen hatten, am Material für ihr Debütalbum zu arbeiten. Und trotz all des schweißtreibenden Aufwands, der hinter diesem Meilenstein steckte, war Beyoncé gerade erst einmal 16 Jahre alt. Black Beat erzählte sie: „Es dauerte zweieinhalb Jahre, das Album fertigzustellen. Wir nahmen 33 Tracks auf, von denen letztlich 13 auf dem Album landeten.“ Sie fügte noch hinzu: „Früher hatten wir uns noch gewundert, warum alles so lang zu dauern schien, aber dann realisierten wir, dass Gott einen Plan für uns hatte. Anders als andere Gruppen sind wir zusammen aufgewachsen und lieben einander. Im Herzen sind wir Schwestern.“

Obwohl die Rezensionen gemischt ausfielen, schienen die Kritiker den neuesten Zuwachs der R&B-Szene willkommen zu heißen, und das Album verkaufte sich vorerst eine halbe Million Mal. Zwar keine Zahl, die die Welt aus den Angeln hob, aber durchaus genug, um das Label bei der Stange zu halten.

Die nächsten paar Monate verliefen turbulent für die Band. Die Mädchen gingen nicht nur mit Wyclef Jean auf Tour und spielten Shows mit Dru Hill, LL Cool J und Run-DMC, sondern reisten auch international, stiegen in Luxushotels ab und trafen auf Fans, die sie anhimmelten und sie schon bald mit dem Kürzel „DC“ bedachten. Aber der größte Beweis für ihren wachsenden Status war, dass die mittlerweile leider verstorbene Whitney Houston sie einlud, auf ihrer Party zu ihrem 35. Geburtstag im August 1998 in New York aufzutreten. Sie kratzten ihr ganzes Geld zusammen, um sich neue, aufeinander abgestimmte Outfits zu kaufen, und als sie auf der Feier aufkreuzten, fühlten sich viele der Gäste an die Supremes erinnert – ein großes Kompliment für die Girls.

Weitere Aufeinandertreffen mit Megastars sollten folgen, darunter etwa mit der ultimativen Diva des R&B, Mariah Carey – eine Begegnung, die sie alle, wie Kelly meinte, „erstarren“ ließ. Für die Mädchen war Mariah ein Idol. Beyoncé konkretisierte das auf VH1: „Es fühlt sich für mich an, als würde Mariah Careys Stimme von Gott kommen.“ Einer der Smash-Hits der Sängerin, „Vision Of Love“, hatte Beyoncé, die bei der Veröffentlichung des Songs 1990 gerade einmal acht Jahre alt gewesen war, zutiefst beeindruckt. „Ich hörte all diese Gesangsmotive und dachte mir: ‚Wie macht sie das bloß?‘ Die Anzahl der Noten, die sie in einen kleinen Takt packen konnte, faszinierte mich, weshalb ich ebenfalls anfing, das zu versuchen. Sie hat mich total inspiriert.“

„Get On The Bus“, ein Song, bei dem Destiny’s Child vom Rapper Timbaland unterstützt wurden und der auch im Film Why Do Fools Fall In Love mit Halle Berry zu hören war, wurde 1998 ihre nächste Hit-Single. Dann luden die phänomenal erfolgreichen Boyz II Men die Gruppe um Beyoncé ein, sie auf dem ersten Abschnitt ihrer ausverkauften Evolution-Tour als Support-Band zu begleiten. LaTavia erinnerte sich daran: „Auf Tour zu sein, war ein sehr intensives Gefühl. Wir waren Mädchen, die gerade die Pubertät durchmachten. Unsere Hormone spielten verrückt. Den Terminplan einzuhalten, war sehr anstrengend … spät ins Bett und früh wieder auf.“

Die Mädchen, die sich erst gerade daran gewöhnten, länger von zu Hause weg zu sein, teilten sich die Hotelzimmer je nach jeweiliger Stimmung und Laune. „Eine Woche schlief ich bei Beyoncé, die nächste dann bei Kelly, dann wieder bei LeToya“, sagte LaTavia. Über die unterschiedlichen Temperamente der Mädchen meinte sie: „LeToya war der Spaßvogel, ich war der Frechdachs, Beyoncé die Mama und Kelly das Sensibelchen. Wenn wir einen Film anguckten, war sie die erste, die weinte.“ Tatsächlich war Kelly so ein sanftes Gemüt, dass sie die erste war, die unter dem Druck an der Spitze zu leiden begann – vor allem dann, wenn es ihr nicht gelang, den hohen Ansprüchen Mathews zu genügen. Nach einem sehr früh angesetzten Gig in Atlanta, bei dem sie eine Reihe von Tanzschritten versemmelt hatte, soll er ihr eine epische Standpauke gehalten haben: „Wo warst du heute Abend, Kelly? Ich habe gesehen, wie du zwölf Schritte verhaut hast.“ Kelly war am Boden zerstört. LaTavia erzählte im Daily Mirror: „Mathew nahm sich kein Blatt vor den Mund, und eine solche Kritik kann hart sein, wenn man ein kleines Mädchen ist. Wir gaben uns Mühe, nicht daran zu zerbrechen. Aber Kelly war so sensibel und manchmal lief sie auf ihr Zimmer, um zu weinen.“ Und doch hatte sein oftmals brutaler Management-Stil keinen negativen Einfluss auf ihre Loyalität ihm gegenüber. Der Zeitschrift Vibe teilte sie etwa mit: „Er ist mein Held. Mathew hat so viel für uns geopfert. Er hätte mich nicht in die Band aufnehmen müssen. Auch hätte er nicht sein Haus und seine Autos für uns verkaufen müssen. Er hätte nicht sein Leben für Destiny’s Child aufgeben müssen.“

Da das Label spürte, dass der große Megaseller sich demnächst einstellen würde, ließ Columbia die Band ihr nächstes Album, The Writing’s On the Wall, in gerade einmal zwei Monaten aufnehmen. In ihrer Rolle als Glücksbringerin der Band und als jemand, der unter enormem Druck aufblüht, schrieb und co-produzierte Beyoncé 17 Tracks und ließ sich dabei von Künstlern wie She’kspere, Timbaland und Missy Elliott unterstützen. Die Songs – beinahe alle stammten zumindest teilweise von ihr – repräsentierten zunehmend reifere Sichtweisen, wobei sich viele der Songs der Thematik der Gleichberechtigung annahmen, was auch in Zukunft eines ihrer Schlüsselthemen bleiben würde. Nachdem sie im Song „Hey Ladies“ die Frage gestellt hatte: „Why is it that men can go do us wrong?“, betonte sie in einem Interview: „Dieses Album zeigt auf, was in einer Beziehung passiert, wenn sich Leute auf eine gewisse Weise behandeln. Es zeigt wirklich, was da vor sich geht.“ Im Interview mit der Zeitschrift Texas Music reflektierte sie über die Veränderung der Girls zwischen ihren beiden Alben: „Zwischen 16 und 18, also in der Zeit, in der wir unsere beiden Alben aufgenommen haben, entwickelt man sich enorm. In diesem Zeitraum wächst man vom Mädchen zu einer jungen Frau heran. Es war ganz natürlich für uns, reifer zu werden – und das hört man auch an unserer Musik.“

Interessanterweise stand Beyoncé auf dem Cover des Debütalbums noch am äußeren Rand der Fotografie und wirkte leicht unsicher, während die anderen drei breit in die Kamera grinsten. Für das Artwork von The Writing’s On the Wall posierte sie nun an vorderster Front, dominierte dadurch das Porträt und wirkte um einiges selbstbewusster.

Die im Juli 1999 veröffentlichte neue CD sprühte vor R&B-Beats und ehrgeiziger Harmonien, was ihnen Vergleiche mit En Vogue eintrug – einer Gruppe, die sie immer schon geliebt hatten. „Man vergleicht uns mit ihnen, was wunderbar ist“, schwärmte Beyoncé in der Washington Post. „Sie haben großartige Songs und Tanzeinlagen. Wir sahen ihnen zu und taten so, als wären wir sie.“

Erfreulicherweise für Destiny’s Child wurde The Writing’s On the Wall zu einem globalen Triumph. In die Billboard-Charts stieg das Album gleich auf Position sechs ein und verkaufte sich in der ersten Woche nach der Veröffentlichung gleich 132.000 Mal. Bevor das Jahr 1999 vorüber war, hatte es sich noch eineinhalb Millionen Mal verkauft und den Mädchen außerdem gleich sechs Grammy-Nominierungen eingebracht – sie sollten in immerhin zwei Kategorien, „Best R&B Performance by a Group with Vocals“ und „Best R&B Song“, auch tatsächlich die Trophäe mit nach Hause nehmen. Zusätzlich platzierte Billboard das Album noch im Countdown seiner Top 200 des gesamten Jahrzehnts auf Platz 39. Im Jahr 2000 verkaufte sich das Album 3,8 Millionen Mal und brachte vier Hits hervor – darunter „Say My Name“ und „Bills, Bills, Bills“, eine Kritik an Männern, die ihre Frauen finanziell ausnützen, indem sie ihre Kreditkarten überzogen und das Benzin in ihren Autos aufbrauchten.

Obwohl alles so fabelhaft lief, war die Annahme, dass sich ihr Erfolg praktisch „über Nacht“ eingestellt hatte, ein Ärgernis für die Mädchen. Beyoncé rückte damals in einem Interview bereitwillig die Fakten gerade: „Die meisten Leute kapieren nicht, dass wir wirklich unser Leben dieser Sache verschrieben haben. Ein paar Leute in Houston sagten gerne, dass wir verrückt wären zu versuchen, einen Plattendeal zu bekommen, weil es von dort noch nie irgendwer wirklich geschafft hätte. Aber wir sind der Beweis, dass man alles, was man sich vornimmt, auch erreichen kann. Das ist erst der Anfang für uns, das könnt ihr mir glauben.“

Damals, als Beyoncé und die Girls so auf der Erfolgswelle dahin­glitten, wäre es schwer gewesen vorherzusagen, dass sich in Kürze massive Schwierigkeiten anbahnen würden. The Writing’s On the Wall würde für die Gruppe, die gerade erst in diese Sphären vorgedrungen war, die letzte gemeinsame Leistung in dieser Größenordnung sein.

Beyoncé - Crazy in Love

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