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Der Brauch des Vorsprechens

Der Brauch des Vorsprechens hat uns eine Idee dazu gegeben, wie wir auf der Modern Work Tour Kontakte knüpfen können. Denn uns wird bewusst, dass wir uns in den einzelnen Ländern vernetzen müssen. Den Freireisenden ist es auf Wanderschaft nicht erlaubt, in jeder Stadt oder jedem Dorf ungefragt Arbeit anzunehmen. Deswegen sind sie dazu verpflichtet, bei den jeweiligen Stadtvertretern vorstellig zu werden. Das Ritual des Vorsprechens und was genau dabei gesagt wird, ist ein streng gehütetes Geheimnis. Damit soll sichergestellt werden, dass die Arbeit auch von einem „echten“ Handwerker ausgeübt wird und das Privileg nicht missbraucht werden kann.


In Kunming (China) klappt die Kontaktaufnahme nur mit der Unterstützung unserer kuscheligen HelferInnen in der Airbnb.

Ach, hätten wir gerne ein vorgeschriebenes Codewort oder Sprüchlein gehabt! Das hätte uns als „ehrbare Arbeitsabenteurer“ ausgewiesen und uns einen sehr viel leichteren Zugang in den jeweiligen Ländern verschafft. Ohne ein solches Zauberwort hieß das für uns allerdings viel harte und ernüchternde Arbeit – nämlich viel, sehr viel Kaltakquise. Denn zu diesem Zeitpunkt haben wir kein aktives Netzwerk in den meisten Ländern. Oder kennst du etwa Menschen in Georgien, Kirgistan oder Uganda?

Drei Stufen der Kontaktaufnahme

Wenn schon kein Sprüchlein, so haben wir in der Planung und Vorbereitung drei Stufen des Vorsprechens entwickelt. Auf diese Weise sind wir an unsere Treffen und Aufträge gelangt, womit sich die Modern Work Tour erst geformt hat.

1.UNSER NETZWERK. Wir suchen in unserem eigenen Netzwerk, ob wir bereits Kontakte in den Ländern haben, in die wir reisen wollen. Dabei stellen wir erfreut und teilweise überrascht fest, dass unser Bekanntenkreis internationaler ist als gedacht. So erhalten wir beispielsweise die Gelegenheit, bei einer ehemaligen Arbeitskollegin von Nils in Shanghai zu wohnen. Weiter fragen wir aktiv unser Netzwerk nach Kontakten in den jeweiligen Ländern. Dadurch potenziert sich die Möglichkeit, auf spannende Unternehmen zu treffen. Das gelingt auch immer wieder – zum Beispiel beim American Institute of Architects in Hongkong. Mit regelmäßigen Posts und Visualisierungen auf LinkedIn und Twitter zeigen wir unserer Community, für welche Regionen wir derzeit in der Planung stecken, und fragen nach interessanten Kontakten.

2.DIE KALTAKQUISE. Zugegebenermaßen ist der Aufwand sehr groß und der Ertrag hingegen mickrig klein. Doch uns bleibt nichts anderes übrig! Für uns heißt das: tagelang über LinkedIn, Twitter, Angellist.io und weitere Websites proaktiv die Fühler auszustrecken und hartnäckig für unseren Wunsch einzustehen. Im chinesischen Kunming zum Beispiel haben wir fast zehn Tage lang Unternehmen, Hochschulen mit internationaler Ausrichtung und Menschen mit spannenden Rollen angeschrieben. Das Resultat war mehr als ernüchternd und unsere Laune schon bald tief im Keller. Wir sitzen dort bei schlechtem Wetter und schreiben von morgens bis abends Nachrichten ins Nichts – zumindest fühlt es sich so an.

Besonders in China sollten wir die Erfahrung machen, wie wichtig es ist, das richtige Tool zum Vernetzen zu verwenden. Gelernt haben wir hier, dass per Mail oder LinkedIn Message wenig bis gar nichts zu erreichen ist. Erst als wir uns nach einem Treffen in Shanghai bei WeChat registrieren, werden wir weiterempfohlen – und plötzlich gelingt die Vernetzung im Minutentakt. Wir gewöhnen uns hier so an das rasante Tempo, dass jegliche Antwortzeit, die länger als zehn Minuten ist, uns bald langsam vorkommt. Dagegen warten wir auf wichtige Antworten aus Deutschland manchmal über eine Woche lang. So unterschiedlich funktioniert also Zeit. In der Regel läuft unsere Suche so ab, dass im ersten Schritt gegoogelt wird – zum Beispiel: „innovative companies Sydney“ oder „Singapur inspiring CEO“. So bekommen wir einen ersten Eindruck. Mit der Zeit werden wir echte Profis im Suchen und Finden, auch wenn diese Arbeit häufig keinen Spaß macht.

3.WEITEREMPFEHLUNG VOR ORT. Am besten entstehen großartige Treffen, wenn wir bereits vor Ort sind und schon erste Sessions hatten. In den meisten Fällen sind die Menschen von unserer Modern Work Tour begeistert und vernetzen uns mit Personen und Unternehmen, die wir unbedingt kennenlernen müssen. Durch diese Empfehlungen entstehen in der Regel extrem schöne Erlebnisse, da ein Treffen aufgrund eines persönlichen Kontaktes direkt mit einem Vorschuss an Vertrauen beginnt. Auf diese Weise erhalten wir auch die meisten Aufträge und treffen auf Personen und Unternehmen, die bei einer Kaltakquise wahrscheinlich nicht einmal reagiert hätten. Auch gehen wir auf den tollen Tipp unserer Netzwerk-Kollegin Corinna ein, die uns empfiehlt, bei den jeweiligen deutschen Außenhandelskammern anzuklopfen. Hier bekommen wir immer wieder spannende Empfehlungen und sogar tolle Aufträge. Manchmal reisen wir im jeweiligen Land noch ein wenig herum, um dann anschließend ein geplantes Training durchzuführen. Und plötzlich macht auch die Tellerrandzeit wieder Sinn. Denn so mancher Ort scheint uns gar nicht mehr loslassen zu wollen, weil so viele spannende Möglichkeiten entstehen. Doch dank der Tellerrandzeit geben wir uns einen Ruck und ziehen weiter.

Auf der Modern Work Tour lernen wir, wie wichtig alle drei Stufe des Vorsprechens sind, auch wenn sie manchmal ganz schön anstrengend sind. Aber wir werden im Laufe der Zeit immer besser darin, uns die Arbeit einzuteilen und systematisch zu organisieren. Der Begriff „Shit Sandwich“, den Elizabeth Gilbert in ihrem Buch Big Magic verwendet, passt hier wie die Faust aufs Auge. Das „Shit Sandwich“ ist die Bereitschaft, das Schlechte oder Nervige gemeinsam mit dem Guten hinzunehmen. Sind wir also bereit, die ganze Arbeit auf uns zu nehmen? Oh ja, das sind wir! Sobald wir wieder ein Treffen haben, das uns begeistert, wissen wir genau, warum wir das alles machen.

So manche Nachricht aus Deutschland verwundert uns dann aber schon: „Wie ist denn euer Urlaub so?“ Oder: „Hach, einfach mal so lange nichts tun, das muss herrlich sein!“ Es ist schon interessant, dass der Eindruck von Urlaub entsteht, nur weil man nicht mehr in Deutschland arbeitet. Dieses fluide Arbeitskonzept ist offenbar nicht so leicht zugänglich und die viele Arbeit wird von einigen nicht wahrgenommen – noch so ein „Shit Sandwich“ …

Drei Zeithorizonte der Planung

Nach und nach entwickeln wir bei der Planung ein Vorgehen, das wir in drei Zeithorizonte einteilen. Auf diese Weise gelingt es uns, von losen Kontakten bis hin zu konkreten Treffen zu planen, ohne uns vorschnell Optionen zu nehmen und gleichzeitig Verlässlichkeit aufzuzeigen und Vertrauen aufzubauen.

1.DREI MONATE PLUS. Alles, was länger als drei Monate hin ist, muss noch nicht konkret geplant werden. Dennoch stoßen wir bei unseren Recherchen immer wieder auf Personen und Unternehmen, die wir unbedingt treffen wollen. In den Nachrichten und Mails heißt es dann beispielsweise, dass wir „im Herbst“ wahrscheinlich im Land sind. Stets fragen wir, ob grundsätzliches Interesse an einem Treffen oder Bedarf an unseren Angeboten besteht. In diesem Zeithorizont investieren wir noch nicht viel Aufwand, sondern fühlen ein bisschen vor.


In großen Schritten wird aus Vorfreude endlich die konkrete Planung für die Moderne Walz.

2.EIN BIS DREI MONATE. In diesem Zeithorizont werden wir deutlich konkreter. Wir gehen bereits in die Planung mit Unternehmen: Es werden Inhalte für Workshops oder Trainings vorgeplant und gemeinsame Verabredungen getroffen. Wir können bereits besser abschätzen, wo wir wann sein werden. Wir orientieren uns hier an einem Zeitstrahl, den wir auf unserer Website wie Tourdaten einer Band veröffentlichen. Dank der leichten Flexibilität fühlen wir uns nicht eingeschränkt. Und zur Not verschieben wir die geplanten Treffen noch einmal. Das passiert beispielsweise nach unseren Stationen in Albanien und China. Dort bleiben wir deutlich länger als geplant. Doch so viel Freiheit nehmen wir uns. So ist halt das Arbeitsabenteuer, es kann nicht immer alles perfekt geplant sein. Manchmal schätzen wir die Wegstrecken auch komplett falsch ein und merken erst bei der konkreten Buchung, dass aus den von Google Maps prognostizierten vier Stunden in Wahrheit sieben bis elf Stunden werden.

3.UNTER EINEM MONAT. In diesem Zeithorizont werden wir so konkret wie möglich. Wir wissen, wann wir vor Ort sind, und terminieren fleißig die geplanten Treffen. Dabei erleben wir am eigenen Leibe, dass es sinnvoll sein kann, in einer ganz neuen Umgebung erst einmal einen „Ankommenstag“ zum Akklimatisieren zu haben. Das klappt nicht immer, aber mit der Zeit immer besser. Dennoch sind uns Treffen besonders zu Beginn des Aufenthalts wichtig, weil so Weiterempfehlungen vor Ort leichter Früchte tragen.


Immer wieder nehmen wir uns „Abenteuer-Auszeiten“, um Land und Leute besser kennenzulernen.

Bei der Planung für Afrika werden unsere drei Zeithorizonte etwas aufgeweicht. Hier machen wir die Erfahrung, dass die meisten Treffen zeitlich nur unter einem Monat geplant werden. „Meldet euch, wenn ihr in der Stadt seid!“, hören wir häufig, was für uns erst einmal sehr ungewohnt ist. Warum sagen sie nicht einfach, wann sie können und wir legen das fest? Okay, so läuft es halt nicht. Und letztlich funktioniert diese Spontanität recht gut.

Selbstverständlich klappt nicht immer alles wie in der Dreiteilung beschrieben. Gerade am Anfang müssen wir hier unseren Rhythmus erst finden. Ein so großes Projekt haben wir beide in unserem Leben noch nie gestemmt. Besonders weil wir ja „nur“ zu zweit sind, braucht es eine gute Planung. Das ist zwar aufwendig, aber nicht unbedingt schwierig. Eine sinnvolle Aufteilung und gutes Teamwork helfen uns dabei, das Reisen zu planen, die Treffen vor Ort vorzubereiten, mit den KundInnen zu Hause weiterzuarbeiten und natürlich auch „Quality Time“ auf der Reise zu haben. Es ist eine Menge, doch wir wollen das hinkriegen. Für einen großen Traum, so merken wir, können wir auch viel Energie aufbringen.

Unsere Sessions: Was wir vor Ort anbieten

Alle Treffen fassen wir unter dem Begriff „Sessions“ zusammen. Je nach Bedarf und Machbarkeit schauen wir gemeinsam mit den Unternehmen oder Ansprechpartnern, was am sinnvollsten erscheint. Die Themen „Modern Work“, „New Work“ und „Teamwork“ stehen dabei sehr hoch im Kurs. Folgende Sessions haben wir im Reisegepäck als Angebot dabei:

BERATUNG: Wir bringen unsere geballte Expertise rund um Modernes Arbeiten, Führung und Wissensvernetzung mit ins Unternehmen und geben Tipps und Tricks weiter.

COACHING: Wir begleiten Personen (und manchmal Teams) in ihren persönlichen Entwicklungsprozessen und Herausforderungen. Unterwegs sind das meistens GründerInnen, CEOs und General ManagerInnen.

TRAINING: Wir trainieren eine Gruppe oder ein Team vor Ort zu einem ausgewählten Thema. Alle Trainings basieren auf dem von uns entwickelten Trainity Modell, bei dem wir Input mit praktischen Übungen und Reflexionsschleifen kombinieren.

WORKSHOP: Wir begleiten eine Gruppe oder ein Team zu einer gewählten Thematik im Gruppenprozess, geben kleine Denkanstöße und moderieren in erster Linie.

VORTRAG: Wir berichten von Modernem Arbeiten, New Work und unserer Modern Work Tour mit anschließender Fragerunde, die häufig am meisten Spaß bringt.

INTERVIEW: Häufig gekoppelt mit einem anderen Format, interviewen wir inspirierende Menschen. Wir befragen sie zu ihren Erkenntnissen und Erfahrungen mit Moderner Arbeit im eigenen Land und ihren Wünschen für die Zukunft der Arbeit.

WISSENSAUSTAUSCH: Damit hat alles mal angefangen – wir treffen uns und tauschen uns informell über Themen aus, die beide Seiten bewegen. Daraus entstehen immer wieder Aufträge und wir erhalten allerlei spannende Einblicke.

Mit dieser Auswahl an Sessions machen wir sehr gute Erfahrungen. Für Interessierte ist immer etwas dabei und wir können unsere Expertise genau so einbringen, wie es vor Ort am meisten Sinn ergibt. Denn uns ist es extrem wichtig, nicht nur selbst spannende Einblicke zu erhalten, sondern konkreten Mehrwert vor Ort zu stiften – schließlich befinden wir uns ja auf Moderner Walz.

Die Modern-Work-Tour

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