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 Kapitel 2

Nun schneit es schon seit einer Stunde ununterbrochen, und es ist kein Ende in Sicht.

Und es ist auch kein leichter Schauer mehr, sondern richtiger, echter Schnee – große, weiße Flocken, die nicht sofort schmelzen, wenn sie auf dem Boden landen. Ich wollte selbst nach dem Wetterbericht schauen, aber mein Smartphone hat keinen Empfang. Daher habe ich kein Gegenargument für Chase, der noch immer darauf besteht, dass es »gleich« aufhört zu schneien.

Chase geht vom Gas und aus den halsbrecherischen 140 km/h werden etwas vernünftigere 110, die mich noch nervös genug machen. Wir haben die Grenze nach Vermont inzwischen überquert, und der Verkehr hat während der letzten zwanzig Minuten stark abgenommen. Mittlerweile sind wir auch nicht mehr auf dem Highway und haben seit mindestens zehn Minuten kein anderes Fahrzeug mehr gesehen.

»Der Schnee gefällt mir nicht«, sage ich.

»Sind doch nur ein paar Flocken«, entgegnet Chase. »In spätestens einer Stunde ist das wieder vorbei.«

So ein Quatsch! Ich krame das Handy aus meiner Handtasche und öffne die Wetter-App. Immer noch nichts. Kein LTE, kein 4 G … rein gar nichts.

Ich schaue auf das Navi, das am Armaturenbrett des Porsches befestigt ist. Unten im Bildschirm steht: »Kein GPS. Signal wird gesucht …«

»Ich hab kein Internet.«

Chase zuckt mit den Schultern. »Ich hab dir doch gesagt, dass es hier oben nicht überall Netz gibt. Du hast dir was zum Lesen mitgenommen, oder?«

Ja, habe ich. Meinen Reader mit fünf E-Books und zwei Taschenbücher habe ich in meiner Reisetasche verstaut – eine Leselampe im Miniformat inklusive, nur für den Fall der Fälle. Aber ich bin eigentlich nicht davon ausgegangen, dass ich wirklich das ganze Wochenende ohne Internetverbindung verbringen werde. Länger als für die Dauer eines Flugs war ich noch nie von der Welt abgeschnitten. Zumindest nicht, seit das Internet existiert.

Drew und ich haben uns während der Fahrt immer mal wieder Nachrichten geschickt, also schreibe ich ihm: Kannst du nachschauen, was der Wetterbericht für Vermont sagt?

Drew wird mich damit aufziehen, dass ich das nicht selbst nachgesehen habe, aber damit kann ich leben. Jetzt im Moment will ich einfach nur wissen, ob ich darauf bestehen muss, dass wir umdrehen.

Allerdings ziert sich mein Handy, als ich versuche, die Nachricht zu schicken. Irgendwann wird mir dann die Meldung »Übertragungsfehler« angezeigt.

Verdammt.

Ich schaue aus dem Fenster auf die schnell vorbeiziehende Landschaft – die Äste der Bäume sind mit einer dicken Schneeschicht bedeckt, ich sehe ein einsames Bauernhaus, dessen Dach wie mit weißem Zuckerguss überzogen wirkt. »Könntest du etwas langsamer fahren?«

»Langsamer?« Chase klingt so, als ob er dieses Wort zum ersten Mal in seinem Leben hört. Als müsste er es erst im Wörterbuch nachschlagen. »Ich fahre doch nur noch 110.«

Für seine Begriffe ist das langsam. Wenn ich 110 km/h auf einer Landstraße fahre, fühle ich mich wie eine Raserin.

»Ich sag’s ja nur«, murmele ich. »Der Schnee liegt schon ziemlich hoch.« Und der Porsche hat nicht einmal Winterreifen.

»Dieses Auto hat mit Schnee null Probleme.« Aus den Augenwinkeln sieht er wohl meinen Gesichtsausdruck und seufzt. »Wir sind fast bei der Hütte. Entspann dich einfach, Natalie.«

»Wie wollen wir die überhaupt finden?« Ich tippe mit dem Finger auf das nutzlose Navi. »Wir haben kein GPS-Signal.«

»Ich hab eine Landkarte dabei. Sie liegt im Handschuhfach.«

Oh Gott. Ich muss eine Karte aus Papier verwenden und uns damit lotsen? Sind wir in der Steinzeit gelandet? Warum holen wir nicht auch gleich noch Kompass und Sonnenuhr hervor, wenn wir schon mal dabei sind? Aber ich will nicht, dass wir uns verfahren, also hole ich pflichtschuldig die Karte aus dem Handschuhfach.

Und die ist riesig. Als ich versuche, sie flach auf meinem Schoß auszubreiten, verdeckt sie teilweise das Fenster auf meiner Seite und ragt bei Chase ein Stück ins Armaturenbrett hinein. Die Karte ist einfach überall. Ich hasse Landkarten, und mein Orientierungssinn ist unfassbar schlecht. Ohne Navi bin ich verloren.

»Ich habe die Hütte auf der Karte markiert«, erklärt Chase.

Ich starre das große, rote X an, das wahrscheinlich unser Ziel darstellen soll. Das ist aber erst die halbe Miete – ich habe leider keinen Schimmer, wo wir uns im Moment befinden. Ich schaue aus dem Fenster und halte nach Orientierungspunkten Ausschau, aber da draußen gibt es nur kahle Bäume und Schnee. Ganz, ganz viel Schnee.

»Wo sind wir überhaupt?«, frage ich schließlich.

Chase verdreht die Augen. »Rocking Stone Lane.«

Ich fahre mit dem Finger über die Karte und versuche, die Straße zu finden. Dabei fällt mir auf, dass meine Fingernägel bis aufs Nagelbett abgeknabbert sind – anscheinend habe ich unbewusst wieder mit dem Nägelkauen angefangen. Zur Maniküre gehe ich schon nicht mehr, seit ich meine Kochausbildung begonnen habe. Abgeblätterte Nagellackstückchen sind das Letzte, was man in seinem Essen vorfinden möchte. Damit gewinnt man keine Stammklientel. Ich würde nie die Zufriedenheit meiner zahlenden Kundschaft aufs Spiel setzen oder riskieren, dass ich etwas serviere, das meine hohen Ansprüche nicht erfüllt.

»Hab’s gefunden!«, verkünde ich triumphierend, auch wenn ich weiß, dass mir niemand eine Medaille verleihen wird, nur weil ich eine Straße auf einer Karte ausfindig gemacht habe – ich bin schließlich keine fünf mehr. »Okay. Du musst links auf die Cook Hollow Road abbiegen.«

Wir halten nach der entsprechenden Straße Ausschau, was jedoch schwierig ist, weil sämtliche Orientierungspunkte vom Schnee verdeckt sind. Chase drosselt das Tempo auf schockierende 65, hauptsächlich weil die Straße immer holpriger wird.

»Da ist sie!«, rufe ich.

Wow. Ich habe etwas auf einer Papierlandkarte gefunden und konnte es bei einem richtig echten Roadtrip anbringen. Das ist definitiv neu für mich. Vielleicht bringe ich ja doch noch ein paar neue Dinge zustande, bevor ich dreißig werde.

Darf ich Chase jetzt sagen, dass er umkehren und mich nach Hause fahren soll?

Chase schwenkt in die Cook Hollow Road ein. Diese Straße ist sogar noch schmaler als die vorherige, und die weiße Schneedecke auf dem Asphalt ist unberührt, weil wir offenbar die einzigen Idioten sind, die bei diesem Wetter mitten im Nirgendwo herumkurven. Ich kann die Fahrbahn nicht sehen, aber man merkt deutlich, dass sie so gut wie nicht asphaltiert ist. Der Porsche schlingert, weil seine Reifen kaum Halt finden.

»Hör mal, Chase«, sage ich. »Vielleicht sollten wir zurück auf die Hauptstraße fahren und uns ein Hotel suchen, bis der Schneesturm vorbei ist.«

In seiner Wange zuckt ein Muskel, wie das immer passiert, wenn er sich ärgert. »Im Ernst? Wir sind fast da.«

»Ja, aber …« Ich lasse den Blick über die vor uns liegende und immer urwüchsiger aussehende Landschaft schweifen, die ganz in Weiß eingehüllt ist. »Ich hab einfach das Gefühl, dass das gefährlich werden könnte. Ein Hotel wäre besser.«

»Ich wüsste nicht mal, wie wir hier ein Hotel finden sollen. Wir haben kein GPS, schon vergessen?«

Stimmt. Bei diesem Gedanken breitet sich ein flaues Gefühl in meiner Magengrube aus.

»Ich fahre langsamer, okay?«, sagt er, und der Tacho geht auf 50 km/h runter. »Wo muss ich als Nächstes hin?«

Ich schaue mit zusammengekniffenen Augen auf die Karte. »Da stehen keine Straßennamen, aber es müsste bald rechts rein gehen.«

Nach ein paar Minuten sehen wir sie. Und, oh mein Gott, diese Straße ist winzig. Falls uns ein Fahrzeug entgegenkommt, rammt es uns frontal, bevor wir es in diesem verfluchten Schneesturm überhaupt sehen. Ich will unbedingt hier weg, aber ich weiß nicht, ob das nicht sogar gefährlicher ist als weiterzufahren. Chase hat recht – wir haben keine Ahnung, wo das nächste Hotel ist. Immerhin befindet sich die Hütte laut der Karte ganz in der Nähe.

Es wird immer schwieriger, draußen überhaupt noch etwas zu erkennen. Es ist stockfinster, und im Licht der Scheinwerfer sieht man nur das dichte Schneetreiben des inzwischen ausgewachsenen Blizzards. Das Mädchen mit dem entzündeten Augenbrauenpiercing hatte absolut recht.

Die Tachonadel sinkt auf 30 km/h. Dann auf 15, und ich kann spüren, wie die Räder des Porsche immer wieder den Halt verlieren. Das wird nicht gut ausgehen.

»Chase.«

Der Muskel in seiner Wange zuckt erneut, doch der Blick seiner grün-braunen Augen bleibt fest auf die Straße gerichtet. Die Ray-Ban-Sonnenbrille trägt er nicht mehr, seit die ersten Schneeschauer eingesetzt haben und die Sonne dahinter verschwunden ist. »Wir sind fast da.«

Ist das sein Ernst? Ich schaue auf die Karte hinunter, was mir allerdings nur wenig nützt. Ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob wir uns überhaupt noch auf einer richtigen Straße befinden. Die Hütte könnte absolut überall sein – sie könnte genauso gut nur ein paar Meter von uns entfernt stehen, und wir würden es dank der bescheidenen Sicht nicht merken.

»Es ist gleich da vorne.« Chase scheint keinerlei Zweifel daran zu hegen.

Ah, da ist er ja wieder, der Unerschütterliche Chase. Ich wünschte, ich könnte ihm glauben.

Erneut hole ich mein Handy aus der Handtasche. Nicht nur, dass die Internetverbindung weg ist, nun gibt es nicht einmal mehr Telefonnetz. Kein einziger Balken auf der Anzeige! Nur eine kleine Meldung in der Bildschirmecke: »Kein Empfang.«

»Chase, ich glaube, wir sollten echt zurück.«

»Ich hab dir doch gesagt, dass wir fast da sind.«

»Es wäre wirklich besser, wenn wir umdrehen.«

Die Tachonadel schwankt nun um die 8 km/h. Wir schleichen durch den Schnee. Ich spüre, wie das Auto um jeden halben Meter kämpft. Und dann …

Geht es nicht weiter.

»Scheiße«, ist Chase’ einzige Reaktion.

Selbst über das Heulen des Windes hinweg kann ich hören, wie die Räder des Porsche durchdrehen, aber nichts passiert. Wir bewegen uns kein Stück vorwärts. Nun sind wir offiziell steckengeblieben.

»Wir hängen vielleicht an irgendwas fest«, sagt er.

»Ich glaube, wir hängen an dreißig Zentimeter Schnee fest.«

Er schüttelt den Kopf. »Dieses Auto hat kein Problem mit Schnee.«

»Ist das dein Ernst?«

Er setzt diesen gekränkten Gesichtsausdruck auf, wie immer, wenn jemand sein Auto beleidigt. Die Ehre dieses Autos würde er wohl auch eher verteidigen als meine. Niemand, wirklich niemand, darf abfällig über seinen Porsche reden.

»Da blockiert bestimmt nur irgendwas eins der Räder«, beharrt er. »Könntest du aussteigen und nachsehen?«

Ich starre ihn an. »Warum gehst du nicht raus und schaust nach?«

»Deine Jacke ist wärmer als meine.«

Da hat er nicht unrecht. Chase trägt eine Lederjacke, die er aus einem Londoner Laden namens Belstaff importieren lassen hat, weil er ein Foto gesehen hat, auf dem David Beckham so eine anhatte. Das Leder ist unglaublich weich, aber absolut unpraktisch für Ausflüge in den Schnee. Aber wehe, wenn ich ihm das sage. Und statt Stiefeln oder irgendetwas Stiefelähnlichem hat er natürlich seine Everlane-Lederslipper an.

Ich bin leider auch nicht viel passender angezogen. Aber wenigstens habe ich Stiefel an – meine rot besohlten Metograf-Stiefelchen von Christian Louboutin sind nicht wasserdicht, immerhin hatte ich nicht vor, im Schnee herumzustapfen. Doch die Verkäuferin hat mir versichert, dass sie einen gewissen Schutz bieten. Sieht so aus, als ob die Schuhe vor ihrem ersten Praxistest stehen.

»Meinetwegen«, murre ich.

Schon allein das Öffnen der Autotür ist ein ziemlicher Kampf, weil so viel Schnee auf dem Boden liegt. Und dazu kommt noch der heftige Wind, der mir Schneeflocken ins Gesicht peitscht, sobald ich die Tür aufbekommen habe. Verdammt, ist das kalt draußen – viel kälter als vorhin, als die Sonne noch da war. Mein Telefon kann mir die aktuelle Temperatur nicht anzeigen, aber sie liegt sicher deutlich unter dem Gefrierpunkt. Das muss sie doch, wenn es schneit, oder? Ich bin keine Wetterexpertin, aber ich weiß, dass es echt kalt sein muss, damit es schneit.

Ich trete in den frischen, weißen Pulverschnee, und mein rechter Stiefel sinkt sofort ein. Und, oh mein Gott, diese Stiefel sind kein bisschen wasserdicht. Die Verkäuferin bei Christian Louboutin hat mich angeschwindelt.

»Siehst du was?«, fragt mich Chase, obwohl ich noch nicht einmal meinen Hintern aus dem Auto befördert habe.

»Nein«, fauche ich ihn an.

Gottverdammter Chase! Ich hasse ihn und seine nicht-klatschnassen Füße. Ich wollte von Anfang an nicht in diese Hütte fahren – warum nur musste er mich zu diesem blöden Ausflug überreden? Stattdessen könnte ich jetzt zufrieden zu Hause warm eingekuschelt auf meinem Ledersofa liegen und vom Fenster aus den Schneeflocken beim Tanzen zusehen, statt meine Socken einzuweichen. Ich hätte mich nie zu diesem Unsinn breitschlagen lassen sollen.

Endlich schaffe ich es, mich aus dem Auto zu hieven, und kämpfe mich zur Motorhaube vor. Vorn rechts an der Haube ist ein Kratzer, der garantiert noch nicht da war, als wir losgefahren sind – wahrscheinlich stammt er von einem Ast. Chase wird durchdrehen, wenn er das sieht. Und dieser Gedanke verschafft mir einen vielleicht etwas unangebrachten Glücksmoment. Chase hat sein Auto nicht mal bezahlt – seine Eltern haben es ihm gekauft. Wenn ich wegen dieser Affenkälte krank werde, muss ich mich am Montag trotzdem durch den Catering-Auftrag für Mandy Duvalls Babyparty quälen, während Chase in seinem Büro kommt und geht, wie es ihm in den Kram passt. Seine Aufgabe besteht nämlich darin, in einem Eckbüro zu sitzen und gut auszusehen. Er könnte eine Woche lang nicht auftauchen, und niemand würde es merken oder ihn vermissen.

Okay, das ist gemein. Stimmt aber. Trotzdem gemein.

Die Kälte lässt meine Laune noch weiter sinken. Und hungrig bin ich auch – warum hat er mich nichts bei KFC essen lassen, wie ich es wollte?

Ich fege mit bloßen Händen Schnee von der Motorhaube, da ich natürlich keine Handschuhe mitgenommen habe. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Wer vergisst denn bitte seine Handschuhe, wenn er im Februar nach Vermont fährt? Ich verbringe zwar nicht viel Zeit in der freien Natur, aber das hätte ich dann doch besser wissen sollen. Aber nun kann ich es nicht mehr ändern.

Ich schaue mir die Vorderseite des Autos so genau wie möglich an. Im Dunkeln und bei dem ganzen Schnee erkenne ich kaum etwas, aber ich kann nichts entdecken, das das Auto vom Vorwärtsfahren abhält. Es gibt keine Hindernisse. Nur Schnee. Schnee, Schnee und nochmals Schnee.

Plötzlich trifft mich eine Windböe und wirft mich fast um. Gott, was für ein Wetter. Ich kämpfe mich langsam zur Tür zurück und muss mich dabei die ganze Zeit am Auto festhalten, um nicht weggeweht zu werden. Als ich endlich wieder auf meinen Sitz falle und die Tür hinter mir zuknalle, bin ich zutiefst erleichtert.

»Da ist nichts«, keuche ich. »Nur Schnee.«

»Na, und hast du den Schnee weggeräumt?«, fragt Chase ungehalten.

Ich schaue ihn fassungslos an. »Nein.«

»Wieso denn nicht?«

»Weil ich keine Schaufel habe.« Ich reibe mir die Hände in dem Versuch, sie aufzuwärmen. Dann halte ich meine geröteten Finger vor die Lüftungsschlitze der Heizung, aus denen heiße Luft strömt. Meine Zehen fühlen sich taub an. »Nur so könnte man den Schnee vielleicht wegräumen.«

»Scheiße.« Mehr scheint Chase auch diesmal nicht dazu einzufallen.

Ich starre durch die Windschutzscheibe nach draußen, und mir wird langsam angst und bange. Das Auto steckt fest. Wir fahren so schnell nirgendwo mehr hin – selbst wenn es zu schneien aufhört, wird der Schnee nicht sofort verschwinden. Der Weg, den wir entlanggekommen sind, ist inzwischen zugeschneit.

Und dann schaue ich auf die Tankanzeige. Der Tank ist nicht einmal mehr zu einem Viertel voll.

Das bedeutet, dass wir in wenigen Stunden kein Benzin mehr haben werden. Was wiederum bedeutet, dass dann die Heizung wegfällt.

»Was machen wir denn jetzt?«, flüstere ich, als mir zum ersten Mal das ganze Ausmaß der Lage aufgeht, in der wir uns befinden.

Chase klammert sich so fest ans Lenkrad, dass seine Knöchel weiß hervortreten. »Ich hab keine Ahnung. Vielleicht kommt jemand vorbei.«

»Jemand kommt vorbei? Wer ist denn sonst noch so blöd und fährt hier in einem Schneesturm herum?«

Vor ein paar Tagen hätte ich diese Worte wahrscheinlich nur gedacht und nicht ausgesprochen. Aber zum Teufel damit. Wegen Chase sitze ich jetzt irgendwo im Nirgendwo in einem Auto fest, das kaum noch Benzin im Tank hat. Dann kann ich auch sagen, was ich denke.

»Es wird jemand vorbeikommen«, sagt er. Ah, da ist er wieder: der Unerschütterliche Chase – beruhigend, aber letzten Endes vollkommen nutzlos. »Es gibt hier draußen Hütten. Wir sind hier nicht in der Wildnis.«

»Hütten? Ich seh keine Hütten.«

»Entspann dich einfach, Natalie.«

»Ich soll mich entspannen?« Am liebsten würde ich ihn kräftig schütteln. »Dir ist klar, dass uns das Benzin ausgeht, oder? Wir werden wahrscheinlich erfrieren, bevor uns hier jemand findet.«

»Wir werden nicht erfrieren.«

»Ganz zu schweigen davon, dass wir nichts zu essen haben.«

Darauf erwidert er nichts. Wenn es ihm so geht wie mir, dann ist er wahrscheinlich auch am Verhungern.

»Ich bin mir sicher, dass irgendwann jemand vorbeikommen wird. Lass uns einfach abwarten«, meint er schließlich.

Mir gefällt das alles hier so was von gar nicht, aber was soll ich machen? Außer zu beten, dass er recht hat.

Liebe, Eis und Schnee

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