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2.2.2.2 Einfachgesetzliche Einordnung

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Der Gesetzgeber kann einzelne Bereiche innerhalb des weiten verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs abweichend enger regeln. Dies kann geschehen, um Erscheinungsformen, die zwar den verfassungsrechtlichen Schutz des weiten Rundfunkbegriffs genießen, aber z.B. nicht oder nicht in gleichem Maße meinungsrelevant sind, weniger streng zu regulieren. Um ein solches „liberaler“ reguliertes Angebot handelt es sich bei den Telemedien. § 1 Abs. 1 TMG (Bundesgesetzgeber) und § 2 Abs. 1 S. 3 RStV (Landesgesetzgeber) definieren ein Telemedium dementsprechend in negativer Abgrenzung zum Rundfunk faustformelartig und gleich lautend als einen elektronischen Informations- und Kommunikationsdienst, der weder Telekommunikation noch Rundfunk ist. Beim Rundfunk reduzieren sich die Möglichkeiten des Rezipienten auf das Ein- oder Ausschalten eines Angebots. Auf den Zeitpunkt des Empfangs kann der Nutzer keinen Einfluss nehmen, weshalb das Merkmal der Linearität erfüllt ist. Für redaktionell gestaltete Online-Angebote ist indes eine („nicht-lineare“) On-Demand-Nutzung charakteristisch. Hier werden Text-, Ton- und Bilddarbietungen auf einer Datenbank zum Abruf bereitgehalten, damit der Nutzer sie zu einem selbst bestimmten Zeitpunkt abrufen kann. Bei diesen Abrufdiensten handelt es sich, da sie nicht im oben genannten Sinne an die Allgemeinheit gerichtet sind, nicht um Rundfunk i.S.d. Rundfunkstaatsvertrags, sondern um Telemedien. Es stellt sich indes die Frage, ob das regulatorische Sonderregime des Rundfunks angesichts der zunehmenden Vermischung von linearen und nicht-linearen Angeboten, deren Inhalte sich häufig überschneiden, noch gerechtfertigt ist.[116] Sofern man von der Notwendigkeit ausgeht, ein dem konvergenten Zeitalter angepasstes Grundrecht der Medienfreiheit zu schaffen, müsste folgerichtig auch die einfachgesetzliche Medienordnung gattungsübergreifend im Sinne eines „level playing field“[117] angepasst werden. Die Abschaffung einer abgestuften Regulierung wäre hiermit nicht verbunden. Allerdings sollte der Umfang der Regulierung nicht – wie bislang – von der Zugehörigkeit zu bestimmten Mediengattungen abhängig gemacht werden. Vielmehr sollte insoweit an die Meinungsrelevanz bzw. das Gefährdungspotenzial der dargebotenen Inhalte angeknüpft werden.[118] Unter diesen Voraussetzungen wäre auch eine Regulierung des Internets denkbar und angesichts des teils erheblichen meinungsbildenden Einflusses sogar dringend geboten.[119] Nur durch ein inhaltliches Differenzierungskriterium, welches sich von den herkömmlichen Medienkategorien löst, kann der außerordentlichen Dynamik dieses Regulierungsgegenstandes Rechnung getragen werden.

Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

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