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KAPITEL 4 Quo vadis, weniger schlechter Projektmanager? – Das Projektziel

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»Der Langsamste, der sein Ziel nicht aus den Augen verliert, geht immer noch geschwinder als jener, der ohne Ziel umherirrt.«

– Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781), deutscher Dichter

Am Anfang eines jeden Projekts steht die Festlegung von Zielen, oder zumindest sollte das so sein. Was dem weniger schlechten Projektmanager selbstverständlich erscheint, ist es leider oft nicht. Zumindest nicht als strukturierter Prozess, der es später ermöglicht, den Zielerreichungsgrad auch wirklich zu messen. Warum die Festlegung von Zielen von solch zentraler Bedeutung ist, erhellt uns der Blick in die Definition des Begriffs in Wikipedia. Da lesen wir:

Ein Ziel (griechisch τέλος [telos], lateinisch finis, englisch objective, goal, target) ist ein in der Zukunft liegender, gegenüber dem Gegenwärtigen im Allgemeinen veränderter, erstrebenswerter und angestrebter Zustand (Zielvorgabe). Ein Ziel ist somit ein definierter und angestrebter Zustand innerhalb einer Ereignisfolge, meist einer menschlichen Handlung zu einem Zweck.1

Ein Ziel liegt also in der Zukunft – als gedachte Ziellinie (»Nächstes Jahr mache ich mein Jodeldiplom!«) oder auch räumlich vor dem potenziellen Ziellinienerreicher wie bei einem 100-Meter-Sprint. Weiter im Text: Ein Ziel ist ein angestrebter Zustand, es soll also irgendwann anders sein, als es jetzt gerade ist. Auch so weit ist das klar. Aber achten wir auf den letzten Teil, denn hier wird es interessant. Da ist von einer »menschlichen Handlung« die Rede. Ein Ziel ist nämlich offensichtlich nicht etwas, das in der Zukunft einfach so – abrakadabra simsalabim – eintrifft, sondern etwas, für dessen Erreichen ich etwas tun muss. Das unterscheidet das Ziel von einem Wunsch oder von einem Traum im Sinne eines Luftschlosses. Träume haben wir alle, und wahrscheinlich unterscheiden sie sich gar nicht so sehr. Wir möchten gesund sein, wir möchten glücklich sein, wir möchten erfolgreich in unserem Beruf sein, wir möchten möglichst alt werden, wir möchten ein Einhorn, ein Bällebad und unlimitierten Zugang zu Schokoladenkuchen haben. Sie kennen das und wissen, worauf wir hinauswollen.

Auch bei den gerade genannten Beispielen zeigt sich, dass wir einige unserer Wünsche und Träume selbst beeinflussen können (Bällebäder sind zum Beispiel gar nicht so kostenintensiv), während das bei anderen nur bedingt möglich ist (noch ist die Existenz von Einhörnern nicht bewiesen). Aber noch etwas fällt auf: Bei allen Beispielen liegen uns Fragen auf der Zunge. Welche Krankheiten möchte ich nicht haben? Was bedeutet »erfolgreich im Beruf«? Wie alt will ich denn so konkret werden? Soll der Schokoladenkuchen mit oder ohne Walnüsse sein? Und was ist eigentlich dieses »Glück«, von dem alle immer reden?

Nehmen wir uns ein Beispiel heraus, das auch zum Rest dieses Buchs am besten passt: Ich möchte erfolgreich in meinem Beruf sein. Es gehört genau zu den Zielen, für die ich etwas tun kann. Ich kann meinen Erfolg selbst planen und kann mein Handeln danach ausrichten. Doch noch mal: Was bedeutet Erfolg? Für den einen bedeutet es, Ansehen im Beruf zu haben, im besten Fall verbunden mit einem schicken Firmenwagen, für den anderen bedeutet es, eine Aufgabe zu haben, die ihn aus- und erfüllt, und für einen dritten bedeutet es, viel Geld zu verdienen.

Für dieses Beispiel werfen Sie Ihre Selbstverwirklichungsideologie über Bord und stellen sich kurz vor, das kapitalistischste aller Ziele zu haben. Sagen Sie also: Ja, ich möchte viel Geld verdienen. Jetzt stellt sich die nächste Frage: Wie viel ist denn bitte VIEL? Sind das 4.000 Euro, oder gebe ich mich schon mit 2.000 Euro zufrieden, oder möchte ich gar 8.000 Euro im Monat verdienen? In diesem Beispiel pokern wir hoch, es ist ja auch nur ein Beispiel: Ja, ich möchte gern 8.000 Euro monatlich verdienen. Einen ganz schönen Wert haben wir uns da überlegt. In welcher Branche kann man denn so viel Geld verdienen? Die Frage sollte ich mir jetzt stellen, damit aus meiner Wunschvorstellung ein realistisches Ziel wird. Arbeite ich in einer sozialnahen Branche, werde ich die Zielgröße »8.000 Euro im Monat« wohl kaum erreichen. Arbeite ich in der Pharmaindustrie, dem Finanzsektor oder der Energiebranche, erscheint die Zielgröße schon deutlich realistischer.

Ohne das Beispiel endgültig zu Ende zu entwickeln, können wir schon jetzt einige Kriterien dafür erkennen, was ein Ziel ausmacht. Ziele müssen in jedem Fall spezifisch sein, ein in dieser Hinsicht gut formuliertes Ziel ist also: »Ich möchte mindestens 8.000 Euro monatlich verdienen.« Mit der Festlegung des Zielgehalts ist mein Ziel auch messbar, das heißt, ich kann bei Gelegenheit nachprüfen, ob ich es erreicht habe, ein Blick auf die monatliche Gehaltsabrechnung genügt. Mit der Auswahl der Branche ist mein Ziel zudem realistisch. Ich habe jetzt die nötigen Richtlinien für mein zukünftiges Handeln definiert, um das von mir gesteckte Ziel zu erreichen.

Die Zieldefinition in Projekten funktioniert dem Prinzip nach genauso. Es gibt einen Ausgangszustand (Wo stehe ich?), und es gibt einen Zielzustand (Wo will ich hin?). Um von dem einen Zustand in den anderen zu kommen, müssen Sie irgendwas tun, Dinge erledigen, Änderungen durchsetzen, was auch immer nötig ist. So gesehen, sind alle kleinen Schritte, die Sie machen müssen, um Ihr Ziel zu erreichen, die Aufgaben, die Ihr Projekt ausmachen und die damit letztlich Ihr Projekt sind. Das Projekt ist also nur das Mittel Ihrer Wahl, um einen erwünschten Zielzustand zu erreichen, wenn bloßes Abwarten, Hoffen und Beten nicht ausreichen.

Wir nehmen ein einfaches Beispiel: Sie führen eine Software ein, um die Bearbeitung von irgendeiner Art mäßig interessanter Anträge zu automatisieren. Ihr Ziel ist vor allem eine schnellere Durchlaufzeit für die Bearbeitung der Anträge. Dass Sie mit dieser Software auch Fehlerhäufigkeiten reduzieren, insgesamt wirtschaftlicher agieren und die Sachbearbeiter weniger langweiligen Aufgaben nachgehen können, sind hübsche Nebeneffekte, die uns aber nur sekundär interessieren. Das Projekt ist das Mittel, das Ziel ist der Zweck. Die Zieldefinition erfüllt die Funktion, Ihnen einen Handlungsrahmen zu geben, an dem Sie sich orientieren, damit Sie sich im Projektalltag nicht hoffnungslos verirren und das Ziel am Ende auch tatsächlich erreichen.

Weniger schlecht Projekte managen

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