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Gut zu wissen

ATEM IST VERBINDUNG


VERBINDUNGEN SIND DAS, WAS UNSEREM LEBEN EINEN TIEFEREN GRUND UND EINE BEDEUTUNG GIBT. Es gibt in der Sprache der Zulu den Begriff »Ubuntu«, der im südlichen Afrika für eine bestimmte Lebensphilosophie steht, die genau auf dieser Verbundenheit mit anderen Menschen basiert. Und der Dalai Lama sagt zum Beispiel, dass der eigentliche Sinn unseres Lebens im Streben nach Glück besteht, wobei Verbindung die Essenz für ein glückliches Leben ist. Tatsächlich ist das Suchen nach einer Verbindung so etwas wie ein tief in uns liegender Instinkt. Ab dem Moment, in dem wir auf die Welt kommen, sind wir darauf gepolt, uns zu verbinden, zu vernetzen und uns auszuweiten.

Zuerst suchen wir dafür den Kontakt zu unserer Mutter, dann zu der weiteren Familie, zu anderen Kindern, unseren Lehrern, Freunden und Freundinnen, Mentorinnen, Partnern, unserem Job und unserem Leben. Die Verbindung mit anderen Menschen lässt uns selbst erst zu Menschen werden, denn durch sie lernen wir unser Verhalten, unsere Sprache und vieles mehr. Und auch die Verbindung zu unserer unmittelbaren Umgebung ist für unsere Entwicklung überaus wichtig. Die Verbundenheit zur Natur schenkt uns zum Beispiel innere Ruhe und Ausgeglichenheit.

Verbindungen sind essenziell, damit wir innerlich weiter wachsen und uns nach außen positiv entwickeln können.

Doch wer sich mit dem Leben und den Menschen darin verbinden möchte, der muss sich vor allem und zuerst mit sich selbst verbinden. Das Erste, was wir tun, wenn wir geboren werden, ist zu atmen. Durch unseren Atem verbinden wir uns in diesem Moment mit unserem eigenen System, und zwar nicht nur im körperlichen Sinne; wir verbinden uns auch mit unserem emotionalen und geistigen System.

JE TIEFER UND BEWUSSTER MAN ATMET, DESTO MEHR VERBUNDENHEIT SCHAFFT MAN, UND ZWAR NICHT NUR ZU SICH SELBST, SONDERN ZUM GANZEN LEBEN.


Mit diesem Programm, in dem ich dir über den Zeitraum von drei Wochen jeden Tag eine neue Atemübung vorstelle, lernst du, deine komplette Atemkapazität zu nutzen, um nicht nur dein Wohlbefinden und deine Gesundheit zu optimieren, sondern auch in emotionaler und geistiger Hinsicht Stärke aufzubauen und dir näherzukommen.

IST ATMEN EINFACH?

Man könnte denken, dass es sich beim Thema doch eigentlich um etwas ganz Simples handelt, schließlich atmen wir die ganze Zeit, ohne dass wir darüber nachdenken müssten. Warum braucht es dann dafür ein Buch, einen Leitfaden oder sogar ein ganzes Programm? Wenn wir einmal beginnen, uns näher damit zu beschäftigen, wird uns vielleicht auffallen, dass unser Atem nicht häufig im Vordergrund steht und unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht. Erst wenn wir da einen Mangel spüren, uns der Atem stockt, etwas uns den Atem nimmt oder wir durch eine Krankheit Probleme beim Atmen haben, werden wir darauf aufmerksam.

ATEMÜBUNGEN MACHEN EINEN GROSSEN TEIL MEINER YOGAPRAXIS AUS UND ICH LEITE MEINE YOGASTUNDEN AUSSERDEM GERNE EIN MIT DEM SATZ: VOR DEM TUN KOMMT ERST EINMAL DAS SEIN.


Denn das ist es, was der Atem uns schenken kann: Er bringt uns ins Sein, in den jetzigen Moment und ins Bewusst-Werden. ER BRINGT UNS DAMIT NICHT NUR WEG VON DER ZERSTREUUNG UNSERER GEDANKEN UND DER ABLENKUNG, ER ENTSCHLEUNIGT UNS AUCH, WENN WIR IHN GANZ BEWUSST WAHRNEHMEN. Und wenn wir es schaffen, unsere Aufmerksamkeit immer wieder zum Atem zu bringen, holt er uns aus dem mechanischen, fast schon einprogrammierten Handeln heraus, das wir uns über die Jahre angewöhnt haben.

Hier ist eine meiner Lieblingsgeschichten aus der hinduistischen Mythologie, die diese Haltung des Seins gut symbolisiert. Sie handelt vom Gott Ganesha, der für das Glück und die Weisheit steht und dem die Gabe zugeschrieben wird, alle Hindernisse zu beseitigen. Ganesha hat einen Bruder namens Subrahmanya. Er symbolisiert Schönheit, Jugend und die Kraft, die das Negative besiegt.

Die beiden spielten eines Tages fröhlich im Garten ihrer Eltern, den Gottheiten Shiva und Parvati. Die Eltern beobachten ihre Sprösslinge voller Stolz und Wohlgefallen von der Veranda aus, bis Vater Shiva die beiden schließlich beim Spiel unterbricht, um ihnen eine Herausforderung zu geben – einen Wettlauf. Er reiht die beiden vor sich auf und leitet den Wettkampf ein mit den Worten: »Wer als Erster von euch beiden das Universum umrundet, der ist der Sieger und bekommt die reifste und goldigste Mango vom prall gefüllten Mangobaum unseres Gartens.«

Voller Vorfreude steigt Subrahmanya auf sein Reittier, einen Pfau, und rast sofort los. Auch Ganesha hat ein Tier, dass ihn trägt und überallhin begleitet, doch in seinem Fall ist es eine kleine Maus. Er schaut die Maus lange an, betrachtet anschließend die Staubwolke, die sein Bruder hinterlassen hat, und setzt sich erst einmal in Ruhe hin. Dann schlägt der sanftmütige Ganesha seine beiden großen Ohren nacheinander über seine Augen und bedeckt sein Gesicht. Die Eltern beobachten ihn dabei, wie er lange in Stille dort sitzend verweilt, bevor er die Ohren nach einer gefühlten Ewigkeit wieder aufschlägt, die Augen öffnet und sich vor seinen Eltern aufstellt. Dann umrundet er seine Eltern, bis er wieder vor ihnen steht, und sagt zu ihnen: »Ihr seid mein Universum.«

Ich mag diese Geschichte, weil sie so schön erläutert, wie unterschiedlich die Ausführung einer Handlung – in diesem Fall das Erfüllen eines Auftrags – sein kann, wenn wir uns einen Moment des »Ins-Sein-Kommens« gewähren. DIE MEISTEN VON UNS SIND IM MODUS DES SCHNELLEN VORWÄRTSKOMMENS GEFANGEN UND WIR REAGIEREN AUF AUFGABENSTELLUNGEN UND UNSER UMFELD AUS EINEM AUTOMATISMUS HERAUS. Das bewusste Agieren statt eines bloßen Reagierens entsteht in dem Moment, in dem wir erst einmal uns selbst wahrnehmen statt nur die äußeren Umstände und was gerade von uns erwartet wird.

Atem ist Verbindung

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