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Crispin

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Ich ver­su­che, Ali­ce mit mei­nem Körper ab­zu­schir­men, und dre­he mich mit er­ho­be­nem Schwert um. Be­reit, mit Blut um un­ser Le­ben zu kämp­fen und Grimm die Stirn zu bie­ten. »Lust auf ei­nen schnel­len Ritt?« Elil sitzt in vol­ler Kampf­mon­tur auf die­sem Un­ge­tüm von Dra­chen und ich hal­te per­plex in­ne. Mit die­sem An­blick ha­be ich bei den Göt­tern nicht ge­rech­net – und bei sei­nem An­ge­bot dreht sich mir der Ma­gen um. Dra­chen­rei­ten? Es gibt in mei­nen Augen kaum et­was Schlim­me­res, mit dem man mir Qua­len zu­fü­gen könn­te. Aller­dings wer­de ich die­se Schwäche nie­mals preis­ge­ben und ich kann nicht leug­nen, auch ei­nen An­flug von Er­leich­te­rung, dass er hier ist, zu ver­spü­ren. Die­se Wen­dung ist über­ra­schend und po­si­tiv. Die Göt­ter schei­nen uns heu­te wohl­ge­son­nen, was wirk­lich lang­sam Zeit wird.

»Dass ich je­nes mal sa­ge … Aber ich bin froh, dich zu se­hen«, brin­ge ich fei­xend her­vor, wo­rauf­hin sich sei­ne Mund­win­kel zu ei­nem ver­schmitz­ten Lä­cheln ver­zie­hen. Alles an die­sem Bild ist wi­der­sprüch­lich: Ein tod­brin­gen­der Alb, der mich an­lä­chelt und mir sei­ne hel­le Hand reicht wie ein Freund.

»Du hast ei­ne Schwäche für mich, oder?« Ich win­ke ab.

»Ja, ge­nau so groß wie mei­ne Schwäche für Troll­dung.«

»Nicht sehr höf­lich sei­nem Ret­ter ge­gen­über, Prinz.«

Ali­ce er­hebt sich eben­falls. Sie mus­tert den Al­ben vor uns, der uns die Hand immer noch ent­ge­gen­hält. Plötz­lich zö­gert er, zieht sie an sei­ne Brust, ehe er mich an­schaut.

»Wird sie mich um­brin­gen? Dann war­ne mich vor, mein El­ben­freund.«

»Nein, sie hat ih­re Er­in­ne­run­gen wie­der­er­langt.«

»Wenn das so ist, kommt! Es wird nicht mehr lan­ge dau­ern, bis sie hier sind und euch su­chen. Mei­ne Män­ner len­ken sie ab, so lan­ge es geht. Sie wis­sen be­reits, dass ihr Hil­fe ge­habt habt. Cas­tiell und Grimm sind außer sich vor Wut. Sie su­chen die Ver­rä­ter. Al­so ge­nau ge­nom­men mich. Dass ihr Kom­man­dant der­je­ni­ge ist … Nun, das zie­hen sie wohl kaum in Er­wä­gung. Glück für uns. Vor­erst. Bald wird bei ih­nen der Edel­stein fal­len und sie wer­den eins und eins zu­sam­men­zäh­len. Wenn dies ge­schieht, wä­re ich gern fort.« Sei­ne Zäh­ne blit­zen auf.

Ein wei­te­rer Dra­che er­scheint über uns, er ist feu­er­rot. Sei­ne Schup­pen glän­zen im Licht der Son­ne. All­ia­ria klam­mert sich in vol­ler Kampf­aus­rüs­tung an Lio­ma. Bei­de wir­ken ent­schlos­sen. »Wir müs­sen los, sie kom­men. Was dau­ert das so lan­ge?«, zischt sie. Ali­ce macht ei­nen Schritt auf den Dra­chen zu, er­greift die ihr dar­ge­bo­te­ne Hand. Ich le­ge mei­ne Hän­de an ih­re Hüf­te und he­be sie an. Mit Schwung lan­det sie auf dem Rü­cken des Dra­chen und grinst wie ein klei­ner El­bling. Die­se Freu­de kann ich nicht tei­len, ge­wiss nicht, doch tra­ge ich mein Schi­cksal mit Fas­sung, wie es sich ge­hört. Ich drü­cke mei­ne Hand un­auf­fäl­lig auf mei­nen jetzt schon glu­ckern­den Ma­gen, ste­cke das Schwert weg.

»Dass ich das noch­mal ma­che …«, murm­le ich, ehe ich Elils Hand eben­falls er­grei­fe und mich auf die­sen ver­fluch­ten Dra­chen hie­ve, hin­ter Ali­ce Platz neh­me. So­fort grum­melt es ge­fähr­lich in mir. Mein Körper scheint an mir zu zwei­feln. El­ben sind nicht zum Flie­gen be­stimmt, de­fi­ni­tiv nicht.

»Hal­tet euch fest, das wird kein schö­ner Flug«, teilt der ver­fluch­te Alb mir mit, steigt so­fort sen­krecht in die Hö­he. Mein Ma­gen bleibt ir­gend­wo un­ter uns, mir wird un­sag­bar übel und ich bei­ße die Zäh­ne so kräf­tig auf­ein­an­der, dass mein ver­damm­ter Kie­fer knackt. Den­noch be­hal­te ich die Hal­tung und drü­cke mich an Ali­ce, um sie zu si­chern. Ich kann und wer­de die­se Schwäche nicht preis­ge­ben. Nie­mals! Vor­her bei­ße ich mir die Zäh­ne aus.

Was macht Ali­ce? Sie lacht aus vol­lem Hals und freut sich viel zu sehr über die­se fürch­ter­li­che Art, sich fort­zu­be­we­gen. Bei den Göt­tern, wo­mit ha­be ich das ver­dient? »Als wä­re ich ein Vogel«, ruft sie ge­gen den Wind, doch ich kann die­se Be­geis­te­rung we­der tei­len noch ver­ste­hen. Ich be­te still zu den Er­schaf­fern, dass wir es bald über­stan­den ha­ben.

»Dein klei­ner El­ben­prinz sieht das si­cher an­ders, er ist nicht für so et­was ge­macht. Das sind nur ech­te Al­be. Er hat sich nach un­se­rem er­sten Flug wie ei­ne klei­ne La­dy hin­ter den Bü­schen er­bro­chen. Sehr amü­sant. Ich wünsch­te, sei­ne Män­ner hät­ten dies ge­se­hen. Der le­gen­dä­re Prinz der El­ben, der sich nach ei­nem klei­nen Flug er­bricht.«

»Das hast du ihr jetzt un­be­dingt er­zäh­len müs­sen, oder?«, knur­re ich, wo­rauf­hin er ge­gen den Wind lacht. Das wird er mir für alle Ewig­kei­ten vor­hal­ten. Zum er­sten Mal, seit ich den­ken kann, wer­de ich rot bis an die Oh­ren­spit­ze. Es ist mir mehr als un­an­ge­nehm, dass er Ali­ce die­se Schwäche of­fen­bart. Vor al­lem, dass je­mand mich in solch ei­nem schwa­chen Mo­ment ge­se­hen hat, dann auch noch ein Alb. Schlim­mer geht es kaum. Ali­ce drückt trös­tend mei­ne Hand. Ich un­ter­drü­cke ein Knur­ren, will kein Mit­leid. Das ist … Nein!

»Hal­tet euch fest!« Wir ma­chen ei­ne schar­fe Dre­hung, weichen Bäu­men aus und flie­gen tie­fer, um un­ent­deckt zu blei­ben. Äs­te schla­gen ge­gen mei­ne Bei­ne, schram­men an uns ent­lang und ich ver­su­che, Ali­ce mit mei­nem Körper ab­zu­schir­men. Nicht viel spä­ter bre­chen wir aus dem Di­ckicht, stei­gen weit hin­auf in den Himmel, bis die Wol­ken un­ter uns ver­wei­len. Son­nen­licht blen­det mich und ich knei­fe die Augen zu­sam­men. »Cas­tiell hat uns aus­ge­schickt, euch zu fin­den«, teilt Elil uns mit und zeigt ne­ben sich. Dort glei­ten min­des­tens drei­ßig weite­re Dra­chen ne­ben uns her, wie ich über­rascht und leicht be­sorgt fests­tel­le. »Das sind mei­ne Män­ner, sie sind mir treu er­ge­ben. Die an­de­ren Trupps su­chen in der an­de­ren Rich­tung. Ich ha­be sie auf­ge­teilt. Sie wer­den nie­mals auf die Idee kom­men, dass ihr mit uns fliegt oder wir euch zur Flucht ver­hel­fen. Als er­ster Kom­man­dant ist es schwer, dies mit mei­nem Stolz zu ver­ein­ba­ren, denn ich füh­le mich wie ein Ver­rä­ter. Aller­dings hand­le ich nur im Sin­ne mei­nes Vol­kes und das Wis­sen hilft mir.«

»Wie sieht dein Plan aus?«, hin­ter­fra­ge ich.

»Wir kön­nen euch nicht bis ans En­de brin­gen, so leid es mir tut. Es ist zu ris­kant. Wir kön­nen sie kurz täu­schen, doch je­de Mi­nu­te zählt. Wäh­rend wir auf der Su­che nach euch sind, führt ein wei­te­rer Teil von uns alle aus dem Schloss, die sich uns an­schlie­ßen wol­len – je­ne, de­nen ich ver­traue, die sich ge­gen Cas­tiell stel­len. Ich wer­de sie mit dei­ner Kar­te füh­ren und auf dein Wort set­zen, dass wir will­kom­men sein wer­den. Die­ser Plan klingt immer noch so ver­rückt in mei­nen Oh­ren, aber hät­te mir je­mand ge­sagt, dass Cri­spin, der Kron­prinz der El­ben, mit mir auf ei­nem Dra­chen rei­ten wird, hät­te es nicht we­ni­ger ver­rückt ge­klun­gen.«

Ich den­ke fie­be­rhaft nach. Den Zeit­punkt für den Treff­punkt mit Ci­an und No­am ha­ben wir um Län­gen ver­passt. Sie ha­ben uns ge­stern er­war­tet. Wo wer­den sie lang­kom­men? Ich über­le­ge eif­rig und ver­su­che her­aus­zu­fin­den, wo wir sind. Aller­dings ha­be ich kei­nen blas­sen Schim­mer und fra­ge mich, wie Elil mit ei­nem Dra­chen na­vi­gie­ren kann. Ich be­wun­de­re ihn da­für, wenn ich ehr­lich bin, denn un­ter uns se­he ich nichts als Wol­ken, wei­che und di­cke Wol­ken.

»Elil, dan­ke, dass du uns hilfst.« Ali­ce rich­tet ihr Wort an ih­ren Cou­sin.

»Für ein bes­se­res Le­ben«, er­wi­dert er nur, ehe sich der Dra­che um sich selbst dreht. Bei den Göt­tern, ich schwö­re, er macht dies mit Ab­sicht, um mich zu quä­len. Hät­te ich heu­te et­was ge­ges­sen, so wä­re es jetzt auf dem Weg, tal­wärts.

All­ia­ria taucht ne­ben uns auf. »Fangt!« Sie wirft ei­nen Sack zu uns her­über, den ich ge­schickt auf­fan­ge, und zwi­schen uns plat­zie­re. »Neue Klei­dung und Vor­rä­te.« Ich ni­cke ihr dan­kend zu. Sie lä­chelt und wirkt nicht mehr wie die Zo­fe, die ich ken­nen­ge­lernt ha­be. Ihr Haar ist streng nach hin­ten zu ei­nem ho­hen Zopf ge­bun­den, be­tont ih­re schar­fen Ge­sichts­zü­ge und ver­leiht ihr et­was Krie­ge­ri­sches, was mir zu­vor ent­gan­gen ist. Ih­re Rüs­tung gleicht der, die Ali­ce auf dem Fest der Al­be ge­tra­gen hat, sie glänzt im Licht der Son­ne. Stolz und er­ha­ben schaut sie zu uns rü­ber. Sie äh­nelt Ali­ce mehr, als ich an­ge­nom­men ha­be.

»Bringt uns an den Rand der Ge­bir­ge! Von dort aus fin­de ich den Weg und wir wer­den als­bald auf mei­nen Bru­der tref­fen … Ich ken­ne sei­ne Rou­te. Ich ha­be die Kar­ten ge­nau stu­diert und mir den Weg ein­ge­prägt. Ich über­las­se nichts dem Zu­fall. Dein Über­le­ben kann da­von ab­hän­gen, ei­nen zwei­ten Plan in der Hin­ter­hand zu ha­ben.«

»So sei es«, ruft Elil, gibt sei­nen Dra­chen­reitern mit Hand­zeichen Be­feh­le, ehe er sich im mör­de­ri­schen Tem­po wie­der auf den Weg macht und die Wol­ken an uns vor­bei­zie­hen. Es fühlt sich ko­misch an, mit ei­ner Ar­mee Al­be zu flie­gen. Alles in mir ist auf Ob­acht, auch wenn Elil es ge­schafft hat, mein Ver­trauen zu ge­win­nen. Er hat sich be­wie­sen.

Der Flug ver­läuft äu­ßerst tur­bu­lent. Als wir nach viel zu lan­ger Zeit end­lich lan­den, ge­ben mei­ne Knie fast nach, so zit­trig sind sie. Nur mit Mü­he und Not ge­lingt es mir, ste­hen zu blei­ben, was die­ser ver­fluch­te Alb mit ei­nem Fei­xen quit­tiert. Kal­ter Schweiß sitzt mir im Na­cken und ich at­me ei­ni­ge Ma­le tief ein, um die Übel­keit zu über­win­den, wäh­rend Ali­ce leicht­fü­ßig ne­ben mir lan­det. Sie schaut mich fra­gend an, ehe sie leicht schmun­zelt. Die an­de­ren Dra­chen­reiter schwe­ben weiter über un­se­ren Köp­fen. Es ist ein son­der­li­ches Ge­fühl, dass sie uns schüt­zen, nicht, dass sie uns an­grei­fen wol­len. In mei­nem Kopf ist die­ses Wis­sen je­doch erst halb an­ge­kom­men.

»Es tut mir leid, dass ich euch nicht weiter be­glei­ten kann. Hier soll­tet ihr auf dei­nen Bru­der tref­fen – in ein, zwei Ta­gen, wenn dei­ne Rou­te stimmt.« Ich ni­cke ihm ernst zu. Sie stimmt, das weiß ich. »Wir se­hen uns an ei­nem bes­se­ren Ort, mein Freund. So die Göt­ter wol­len, wer­den wir Sei­te an Sei­te kämp­fen.« Freund … Die Wor­te schme­cken ko­misch in mei­nem Mund, aber er hat recht.

»So sei es, Freund. Mö­gen wir uns wie­der­se­hen. Wir tref­fen uns im Wüs­ten­hain. Pass auf dich auf«, er­wi­de­re ich und mei­ne je­des Wort ge­nau so, wie ich es sa­ge.

»Dein Prinz sorgt sich um mich, Ali­ce. Nied­lich, oder?« Ali­ce schnaubt be­lus­tigt, nimmt ih­ren Cou­sin in den Arm, was ihn kurz er­star­ren lässt. Wir äh­neln uns sehr, an­schei­nend ist er die­se körper­li­che Nä­he eben­so we­nig ge­wöhnt wie wir.

»Ich fra­ge mich wirk­lich, was ich alles ver­passt ha­be.«

»Das willst du nicht wis­sen«, mur­re ich. Elil nickt uns noch ein­mal zu, steigt dann hin­auf in den Himmel und ist als­bald nur noch ein Fleck am Ho­ri­zont. Mit ihm ver­schwin­den auch die an­de­ren Dra­chen, nur wir blei­ben zurück. Die­se Ret­tung ist denk­bar un­er­war­tet ge­kom­men. Ich zie­he Ali­ce an mei­ne Brust, drü­cke mei­ne Lip­pen auf ih­re war­me Stirn, mein Mund streift ih­ren, ehe ich ih­ren un­ge­schütz­ten Hals küs­se. Ich gön­ne mir die­se Se­kun­de und ge­nie­ße das Ge­fühl, dass wir zu­sam­men und, bis auf ein paar Krat­zer, wohl­auf sind. Sie schlingt die Ar­me um mei­nen Rumpf, was ich mit ei­ner Um­ar­mung er­wi­de­re. Ihr wei­cher Körper schmiegt sich an mich, sorgt da­für, dass die Be­sorg­nis in mir ab­nimmt. Wir hal­ten uns ei­ni­ge Se­kun­den nur fest. Wir ha­ben es ge­schafft. Zwar sind wir noch nicht in Si­cher­heit, doch un­se­re Ster­ne ste­hen bes­ser als heu­te Mor­gen. Da­rauf kann ich auf­bauen. »Küss mich.« Es ist kei­ne Bit­te, son­dern ein Be­fehl, den ich an Ali­ce rich­te. Ich brau­che sie wie die Luft zum At­men. So sehr, dass es mich schmerzt. Sie ist hier, bei mir. Wir sind zu­sam­men und le­ben. Dies­mal hat es nicht so ro­sig aus­ge­se­hen wie sonst. Es hat durch­aus schon solch brenz­li­gen Si­tua­tio­nen in mei­nem Le­ben ge­ge­ben, aber kei­ne hat die­se Furcht in mir aus­ge­löst wie je­ne, die Ali­ce be­trifft.

»Nur zu gern«, flüs­tert sie, wo­rauf­hin ih­re Fin­ger über mei­nen Na­cken glei­ten, sich in mei­nen Haaren, die ganz hart vom Salz sind, ver­gra­ben. Ich freue mich auf ein Bad und sau­be­re Klei­der. »Wir bei­de ge­ben ein schö­nes Paar ab, oder? Dre­ckig bis zur Na­sen­spit­ze.« Sie lä­chelt mich an. Ein Glu­cksen bahnt sich den Weg aus mei­ner Brust. Es fühlt sich fremd an … So lan­ge ha­be ich nicht mehr ge­lacht.

»Da vor­ne gibt es ei­nen Bach. Ich ha­be ihn von die­sem Un­ge­tüm aus er­blickt. Viel­leicht soll­ten wir uns wa­schen und um­zie­hen. So sehr ich dich lie­be, aber du hast recht. Du müf­felst, mei­ne Liebs­te. Dann se­hen wir weiter. Es wird bald Nacht wer­den. Wir müs­sen ei­nen Schlaf­platz fin­den. Ich ken­ne die­se Ge­gend nicht oder was hier nachts um­hers­treift. Ak­tu­ell möch­te ich das auch gar nicht.«

»Als ob du nach Rosen duf­ten wür­dest«, neckt sie mich, als wir uns Hand in Hand ei­nen Weg durch das Un­ter­holz bah­nen.

»Oh, was wür­de ich für ei­ne Haar­kur ge­ben«, stöhnt sie, doch ich ha­be kei­ne Ah­nung, was ei­ne Haar­kur ist, oder wie ich sie ihr be­schaf­fen kann. Ich spü­re je­den Schritt in mei­nen Kno­chen und ah­ne, dass es Ali­ce nicht an­ders geht, doch kei­ner von uns be­schwert sich. So sanft wie mög­lich, he­be ich sie über ei­nen um­ge­fal­le­nen Baum. Sie ver­zieht kurz ihr Ge­sicht. Ihr Rü­cken muss furcht­bar schmer­zen, aber er heilt. Immer wie­der wer­fe ich ver­stoh­le­ne Bli­cke da­rauf. Auch be­mer­ke ich ih­re Bli­cke, als sie mein leich­tes Hin­ken wahr­nimmt. Die­se Chi­mä­re hat gan­ze Ar­beit ge­leis­tet. Mein Bein be­nö­tigt drin­gend ei­ne Pau­se, um zu re­ge­ne­rie­ren. Wir fin­den den Bach, ent­le­di­gen uns un­se­rer Klei­dung und ba­den im eis­kal­ten Was­ser. Ich las­se die Um­ge­bung nicht aus den Augen, auch wenn alles fried­lich wirkt. Oh, was freue ich mich auf Zeiten, wo ich nicht hin­ter je­dem Baum ei­ne Ge­fahr ver­mu­ten muss. Ich lie­be es sonst, un­ter frei­em Himmel zu näch­ti­gen und die Ster­ne zu be­trach­ten.

Ali­ce spritzt mich nass. Ich kom­me nicht drum he­rum, ih­ren be­zau­bern­den Körper zu mus­tern. Mein ei­ge­ner Körper rea­giert mit Be­gier­de auf den An­blick mei­ner Ge­fähr­tin, wie sie mit dem nack­ten Rü­cken zu mir im Was­ser steht und sich nun weiter frös­telnd wäscht. Vor­sich­tig tre­te ich hin­ter sie, tup­fe ihr sanft das Blut und den Schmutz vom ram­po­nier­ten Körper ab, ehe ich mei­ne Lip­pen auf ih­re Schul­ter drü­cke. Sie ist so tap­fer. Mein wun­der­schö­ner Schmet­ter­ling. Stark und schön. Mei­ne. Sie ist über­sät von Blut­er­güs­sen und Schürf­wun­den, eben­so wie ich. Am schlimm­sten aber ist ihr Rü­cken, auch wenn die Hei­lung schon gut vor­an­ge­schrit­ten ist. Der lan­ge Schnitt hat sich ge­schlos­sen, Schorf und Nar­ben­ge­we­be bil­det sich lang­sam. Bald wird nur noch ei­ne Nar­be zurück­blei­ben und mich da­ran er­in­nern, wie schnell das Le­ben aus­ge­haucht sein kann. Mei­ne Hän­de strei­chen sach­te ih­re Sei­te hi­nab und sie er­zit­tert un­ter mei­nen Be­rüh­run­gen. Himmel, ich bin den Göt­tern so dank­bar, dass wir wie­der zu­sam­men sind. Das Wis­sen, dass sie mich liebt, nach all dem, ist schier un­glau­blich. Ich dre­he sie zu mir um, fah­re mit dem Mund ih­ren Hals ent­lang, bei­ße spie­le­risch hin­ein und trotz un­se­rer Bles­su­ren stöhnt sie ge­nüss­lich auf. Die­se Nä­he zu ihr macht mich ge­ra­de völ­lig fer­tig. Ge­füh­le strö­men auf mich ein. Er­leich­te­rung, Wut, Angst, Lie­be. Mein mo­men­ta­nes größ­tes Pro­blem? Ver­lan­gen. Ich möch­te sie all das Schlech­te ver­ges­sen las­sen und neue, schö­ne Er­in­ne­run­gen er­schaf­fen. »Soll ich auf­hö­ren?«, fra­ge ich mit rau­er Stim­me. Mein Dau­men fährt vor­sich­tig über ih­re wei­che Haut. Sie schmiegt ih­ren Körper an mich, das kal­te Was­ser ist längst in Ver­ges­sen­heit ge­ra­ten. Flam­men schie­ßen durch mich hin­durch. Es lo­dert heiß in mei­nen Adern.

»Dann müss­te ich dich wirk­lich tö­ten. We­he, du hörst auf«, mur­melt sie lei­se an mei­ner Brust und drückt ih­re Lip­pen auf ei­nen Blut­er­guss in der Grö­ße ei­nes Pfer­de­hu­fes. Mein Mund­win­kel hebt sich. Ich um­grei­fe ih­re Tail­le, zie­he sie so eng an mich, dass kein Blatt mehr zwi­schen uns passt, und er­obe­re ih­ren Mund mit dem mei­nem. Mei­ne har­te Männ­lich­keit drückt sich an ih­ren Bauch, zeigt ihr mehr als deut­lich, wie sehr ich sie be­geh­re. Und das tue ich, mit je­der Fa­ser mei­nes Körpers. Ih­re Hän­de kral­len sich in mei­ne Schul­tern. Sie brennt eben­so lich­ter­loh wie ich. In mir zischt das In­fer­no, be­reit, mich zu ver­zeh­ren, wenn ich nicht weiter­ma­che, sie nicht weiter küs­se und ih­ren Körper in Be­sitz neh­me. Mit dem Fin­ger fährt sie mei­ne Bauch­mus­keln ent­lang, wo­rauf­hin ich ge­nüss­lich die Augen schlie­ße. Die­se Frau bringt mich um den Ver­stand. Mit mei­ner Hand wan­de­re ich tie­fer, er­for­sche ih­re war­me Mit­te, wäh­rend sie sich in mei­nen Ar­men win­det. »Ich brau­che dich, Cri­spin«, flüs­tert sie er­stickt an mei­ne Brust. Ge­nau das will ich hö­ren. Mit Schwung he­be ich Ali­ce hoch, sie schlingt die Bei­ne um mei­nen Körper und ich tra­ge sie aus dem Was­ser, wäh­rend sie mei­nen Hals küsst und mich an den Rand mei­ner Selbst­kon­trol­le bringt. Un­ter den Bäu­men ge­he ich in die Knie. Sie schmiegt sich an mich, als wä­ren wir eins. Ihr Schoß drückt sich ein­la­dend und auf­rei­zend ge­gen mich. Ich kann mich kaum noch be­herr­schen, nicht wie ein wil­des Tier über sie herz­ufal­len. Ich bet­te sie vor­sich­tig auf dem Laub, was sie nicht zu stö­ren scheint. »Fass mich an, Cri­spin«, fleht sie. Zu ger­ne kom­me ich die­ser Auf­for­de­rung nach.

Mei­ne Hand wan­dert über ih­ren Na­cken. »Ich fas­se dich doch an«, ne­cke ich sie.

»Ich brau­che mehr von dir«, wim­mert sie fast und ich ge­nie­ße das Wis­sen, dass sie sich eben­so ver­zerrt wie ich mich.

»Sag mir, zu wem du ge­hörst, Ali­ce? Für jetzt und alle Zeit«, for­de­re ich rau, denn alles in mir be­nö­tigt die­se Ant­wort. Ich muss wis­sen, dass sie mein ist. Ein an­ima­li­scher Teil in mir lechzt da­nach, dass ih­re schö­nen Lip­pen es aus­spre­chen.

»Zu dir, ich ge­hö­re dir«, haucht sie. Schon brau­che ich kei­ne Auf­for­de­rung mehr, son­dern ver­sen­ke mich mit ei­nem Stoß in ihr.

Fegoria - Dunkle Stunden

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