Читать книгу Der kleine Bibelcoach - o. Anselm Grün OSB, Anselm Grün - Страница 6
ОглавлениеVerschiedene Ausgaben und Übersetzungen der Bibel
Wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, sich entschieden haben, eine Bibel zu kaufen, stehen Sie wahrscheinlich zunächst einmal vor dem Problem, dass es verschiedene Ausgaben gibt. Zunächst gibt es schon zwischen katholischen und evangelischen Bibelausgaben Unterschiede.
Die katholische Kirche rechnet zum Alten Testament alle Schriften, die in der sogenannten Septuaginta aufgeführt sind. Die Septuaginta (= siebzig) ist die angeblich von siebzig jüdischen Gelehrten vom Hebräischen ins Griechische übersetzte Bibel. Die Autoren des Neuen Testamentes zitieren die Bibel immer nach dieser griechischen Übersetzung. Die Reformatoren nahmen für ihre Bibelausgaben die sogenannten deuterokanonischen Schriften wieder heraus, die in der ursprünglichen hebräischen Bibel fehlen und nur in der Septuaginta als biblische Texte überliefert sind. Es handelt sich um die Bücher Judith, Weisheit, Tobias, Jesus Sirach, Baruch, 1. und 2. Makkabäerbuch. Martin Luther hat diese Schriften zwar übersetzt, rechnete sie aber nicht zum eigentlichen Kanon, das heißt, zu der vom Judentum und dann später von der Kirche festgelegte Auswahl der heiligen Schriften. Diesen Kanon hat die Kirche zwischen dem 2. und 4. Jahrhundert festgelegt, das heißt, sie hat entschieden, welche Schriften zur Bibel gehören und welche nicht. Denn außer den jetzigen im Neuen Testament gesammelten Schriften kursierten in den ersten Jahrhunderten noch andere Schriften, zum Beispiel das Thomasevangelium oder das Petrusevangelium. Diese Schriften rechnet man heute zu den sogenannten apokryphen (verborgenen) Schriften. Sie beschreiben das Leben Jesu, sind aber oft auch von gnostischen Gedanken durchzogen. Daher hat sie die Kirche nicht in den Kanon aufgenommen.
Dann geht es um die verschiedenen Übersetzungen der Bibel. In der evangelischen Kirche ist die Lutherbibel beliebt. Sie zeugt von großer Sprachkraft, wurde über die Jahrhunderte in ihrer Übersetzung aber immer wieder auch dem neueren Sprachgebrauch angepasst.
Daneben gibt es die Zürcher Bibel, die auf Huldrych Zwingli, den ersten Schweizer Reformator, zurückgeht und erstmals 1531 erschien. Sie wurde zwischen 1987 und 2007 neu nach dem Grundtext der Bibel übersetzt.
Im katholischen Bereich ist es vor allem die Einheitsübersetzung, die von vielen katholischen Exegeten im Auftrag der deutschen Bischofskonferenz erstellt wurde. Am Neuen Testament und an den Psalmen haben auch die evangelischen Übersetzer mitgearbeitet. In der Einheitsübersetzung finden Sie am Seitenende jeweils Fußnoten und Anmerkungen zu einzelnen Versen. Diese Anmerkungen entspringen den Erkenntnissen der historisch-kritischen Methode. Sie machen deutlich, wie wir den Text verstehen können beziehungsweise in welchem Kontext er zu sehen ist. Sie zeigen in relativ kurzen Anmerkungen Hintergründe.
Die Jerusalemer Bibel, die vom Französischen ins Deutsche übersetzt wurde, liefert dagegen ausführlichere Kommentare.
Neben diesen Übertragungen gibt es Bibelübersetzungen, die mehr dem heutigen Sprachgebrauch angepasst sind, etwa »Die Gute Nachricht« oder die Übersetzung des evangelischen Theologen Jörg Zink. Wenn Sie Zeit und Geduld haben, wäre es sicher gut, zum einen oder anderen Buch der Bibel einen Kommentar zur Hilfe zu nehmen. Manche dieser Anmerkungen geben auch Anregungen, den Text in unser persönliches Leben hinein auszulegen.
Sollten Sie ein Bibelgespräch vorbereiten, ist es sinnvoll, in einem Kommentar nachzulesen, was dort zu der Bibelstelle, die Sie sich herausgesucht haben, an Hintergründen zu lesen ist. Wichtig ist jedoch, dass Sie den Text nicht festlegen auf das, was der Kommentar sagt. Der Kommentar ist nur eine Hilfe, den Zusammenhang zu erkennen, in dem der Text steht, oder die eigentliche Aussageabsicht zu erahnen. Dann geht es jedoch darum, von der historisch-kritischen Methode zur persönlichen Auslegung zu kommen: Wenn ich den Text auf dem Hintergrund all dessen lese, was es darüber zu wissen gibt, was will er mir heute sagen? Was ist seine Botschaft an mich persönlich oder auch an uns als kirchliche Gemeinschaft? Wie verwandelt dieser Text mich und meine Selbstwahrnehmung?