Читать книгу Das Kolonistenraumschiff CATRAZ: Die Raumflotte von Axarabor - Band 207 - Antje Ippensen - Страница 7
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ОглавлениеWir sind Glückskinder, dachte Arsay Umurut zufrieden – Urlaub auf Aquandia, wer hätte das gedacht, so schnell! Ein Blick in das Gesicht ihres Käptns zeigte ihr, dass Xala O’Rapin das genauso empfand. Ihre Augen waren geschlossen, während ein Lächeln Weichheit in ihre herben Züge zauberte.
Durch mehrere Abenteuer, die sie hier oder jedenfalls mit aquandianischem Bezug bestanden hatten, war beiden die lapislazulifarbene Wasserwelt Aquandia ans Herz gewachsen, und nun hatte Admiral Johnson ihnen überraschenderweise Urlaub gewährt, obgleich ihr letzter, den sie auf dem Musikplaneten Korgolis verbracht hatten, noch gar nicht so lange her war.
Sie lagen nebeneinander auf der transparenten „Floßfolie“, die über das Meer glitt, eine neue Art, das vorherrschende Element Aquandias zu genießen und auf seinem Rücken zu reisen. Tatsächlich hatte sich noch mehr geändert, seitdem sie das letzte Mal hier gewesen waren: So gab es jetzt Schwärme von goldsilbrigen Fischen, semi-intelligent, die gemeinsam mit den ebenfalls höchst bemerkenswerten Flüsterkorallen Botschaften beförderten. Sie halfen den Korallen, entlasteten diese. Arsay rollte sich auf den Bauch und beobachtete minutenlang einen solchen Schwarm, der eine angenehme Ausstrahlung hatte wie fast alles auf Aquandia. Ja eigentlich wie – ALLES.
Die Fische waren so fröhlich, es machte Spaß, mit ihnen zu kommunizieren und kurz überlegte die Erste Offizierin der MEGAN 3, mittels Koralle/Fische-Übertragung eine Nachricht an Nathan oder Mevinziel zu schicken, auch wenn das über den Datenobelisken um ihren Hals ebenso gut ging. Korallen waren natürlich Bestandteil der Floßfolie, sie hatte ein leuchtend weißes, leise pulsierendes Stückchen zur Verfügung und Xala ebenfalls. Arsay begnügte sich dann damit, ihre Hand ins Wasser zu tauchen und den Nachrichtenfischen einen Gruß zu übermitteln. Diese formten eine Kugel der Begeisterung und flitzten dann weiter durch das außergewöhnliche Wasser, das sie umgab.
Arsay blickte ihnen lächelnd nach. Die Sonne wärmte ihren Rücken, eine federleichte Brise strich über ihre nackten Fußsohlen.
„ Käptn, wie sind diese Fische überhaupt entstanden? Ich meine, hat das Aquandium sie einfach so erschaffen?“
Ein Seitenblick zeigte ihr Xalas amüsiertes Schmunzeln. „Du scheinst anzunehmen, dass ich jederzeit über alles Bescheid weiß, was sich auf Aquandia so tut. Dass ich eine permanente Verbindung mit dem Aquandium habe …“
„ Und, stimmt das etwa nicht?“
„ Bei der Göttin, das wäre viel zu anstrengend, Arsay. Wir respektieren einander, und so haben wir uns – stillschweigend – darauf geeinigt, diesen besonderen Kontakt nur dann zu aktivieren, wenn es notwendig ist. – Doch da wir nun schon eine Weile hier sind, habe ich das eine oder andere erfahren, und um auf deine Frage zurückzukommen: Erstaunlicherweise haben das Aquandium und die humanoiden Aquandianer die Fische gemeinsam entwickelt, wobei letztlich das Aquandium seine Urenergie genutzt hat, um den Geschöpfen Lebensessenz zu geben. Das bleibt allerdings ein Mysterium – ich nehme an, die Fische sind somit ein Teil des Aquandiums, was sie zu einer Art nicht ganz natürlich entstandenem Nachwuchs macht …“
„ Wissenschaftlich erzeugte ‚Kinder‘, die dann statt eines Blitzes den göttlichen Funken vom Aquandium empfingen?“
„ Wobei man bei intelligentem Wasser wohl kaum von einem Funken sprechen kann.“
„ Eher von einem Tropfen.“
„ Exakt.“
Xala rollte sich von der Seite auf den Rücken und blickte verträumt in den wolkenlosen Himmel. „Seitdem sich das Aquandium als Teil der Völker Axarabors versteht, vor allem seitdem es eine ganze andere Welt retten, sie vom Giftfeuer befreien konnte, hat sich alles zum Guten gewendet. Das macht mich ausgesprochen froh, weißt du.“
Und zu einem großen Teil ist diese positive Entwicklung nur dir zu verdanken, dachte Arsay und bemühte sich um leises Denken, denn sonst fing der Käptn das noch auf, und sie mochte es nun mal nicht, mit Nachdruck gelobt und bewundert zu werden. Intuition war schon immer Xalas Kernkompetenz gewesen und seit einiger Zeit waren noch Telepathie, außergewöhnliche Empathie und weitere Para-Psi-Fähigkeiten hinzugekommen. Allerdings wandte sie sie auch nicht leichtfertig an, zumal sie oft an Nachwirkungen wie Kopfschmerzen und Erschöpfung zu leiden hatte, wenn sie es tat.
„ Ja, mich auch“, antwortete Arsay laut. „Ah, ich fühl mich so wohl wie lange nicht, Käptn!“ Um zu unterstreichen, was sie meinte, lenkte sie die Floßfolie in ein paar sanften Schlangenlinien, und Xala lachte. „Wie trunken vor Glück, was?“
Die flachen durchsichtigen Schalen, die über die ruhige ozeanische Oberfläche glitten, besaßen keine normale Steuerung und auch keinen herkömmlichen Antrieb. dergleichen habe ich hier auch nicht erwartet, ging es Arsay durch den Sinn. Vielmehr wurden sie durch Gefühle gelenkt und vorangebracht. Es erforderte Kraft und Training, bei Unausgeglichenen oder Kranken funktionierte es auch eher nicht, und wer, wie sie und der Käptn, sich zu zweit ein Floß teilten, musste sich einigen, wessen Emotionen gerade Vorrang hatten. Eine gute Übung, die trotz lucidianischer Erfahrung für sie beide eine kleine Herausforderung darstellte.
Die Klartraumlehre Lucidians half bei vielen Dingen, aber nicht bei allen.
Inzwischen kriegen wir es aber gut hin, dachte Arsay zufrieden. Ich lerne meine impulsive Art in geordnete Bahnen zu lenken, wenn es not tut, und mein Käptn lernt, nicht immer ganz so cool zu sein, nicht so beherrscht.
Wenn sie es schafften, ihrer beider Gefühle dermaßen in Einklang zu bringen, dass kein Ton mehr dazwischen passte, dann steuerten sie ihr „Boot“ zweistimmig und derart elegant-harmonisch, dass es einfach nur Spaß machte.
Was noch zu Arsays Wohlbefinden beitrug, war die Tatsache, dass ihr Vorgesetzter, Admiral Johnson, ihr gestattet hatte, direkt im Anschluss an den aquandianischen Urlaub eine persönliche Angelegenheit zu erledigen. Und ihr Käptn durfte sie zum Zielort bringen und ihr beistehen.
Plötzlich summte Xalas Com-Obelisk, den sie wie die gesamte Crew um den Hals trug, und Arsay runzelte die Stirn. Das war ungewöhnlich und verhieß nichts Gutes. Argwöhnisch wartete die Erste Offizierin, ob auch sie eine Botschaft erreichen würde, aber offenbar war es erst einmal nur Kapitäns-Info über den vertraulichen Kanal.
Sie sah Xalas Gesicht schlagartig ernst werden, während sie der Nachricht „lauschte“ – sie wurde ihr direkt in den Kopf gesendet –, die Haut straffte sich über ihren hohen Wangenknochen.
Verdammt.
Arsay wusste, sie würde gleich lauthals fluchen, das wusste sie einfach, und genau so kam es auch.
Die Übertragung endete, und die grauen Augen ihres Käptns richteten sich fest auf sie. „Wir haben eine eilige, höchst wichtige Mission bekommen, Arsay, und müssen sofort aufbrechen. Allerdings … warte! NEIN … Es …!“
Arsay ließ sie nicht ausreden. Ihre inbrünstige Verwünschung hatte zur Folge, dass die Floßfolie einen Bocksprung machte und beide Offizierinnen in das dichte, beseelte Wasser geworfen wurden – sie platschten mit voller Wucht hinein, und Xalas Protestruf erstickte in einem Gurgeln, als sie im Aquandium unterging. Das Floß raste davon und begann, die zwei aus den Fluten wieder auftauchenden Frauen wie wild zu umkreisen.
„ Na fein“, kommentierte Xala das Geschehen, „hat bestimmt höchst spaßig ausgesehen, als es uns von der Folie schleuderte.“
Arsay wischte sich Flüssigkeit aus den Augen und knurrte: „Entschuldige schon, Käptn, aber ich hab die Nase voll davon, meine eigene Mission wegen einer verstrahlten Raumflotten-Angelegenheit schon wieder aufschieben zu müssen!“
„ Du bist nun mal Angehörige der Flotte, Arsay“, erwiderte Xala mahnend und bewegte sich mit geschmeidigen Schwimmstößen auf das Floß zu, versuchte offenbar dessen „Kurs“ einzuschätzen und es abzufangen, „und als solche solltest du wissen, was Priorität hat. Als freiberufliche Söldnerin musstest du dich nicht unbedingt an Regeln halten und konntest Aufträge auch einfach mal ablehnen. Aber das geht hier nicht, und ich dachte, du hättest das auch inzwischen verstanden!“ Ihre Stimme bekam etwas Schneidendes. „Oder machst du etwa Rückschritte? Fällst in dein früheres, verwildertes Verhalten zurück?“
„ Nein, mein Käptn. Ich hoffe nicht. Ich habe nicht die Absicht“, antwortete Arsay, an ihrer Seite schwimmend, und hielt dem durchbohrenden Blick Xalas stand.
„ Außerdem hast du mich nicht zu Ende sprechen lassen.“
„ Stimmt“, seufzte Arsay. „Habe ich nicht. Stattdessen meinen Empfindungen freien Lauf gelassen.“
„ Dabei hast du mehr Glück als Verstand, weißt du.“ Das klang jetzt schon wieder weniger streng, eher amüsiert.
„ Wie das, mein Käptn?“
„ Unsere neue Raumflotten-Mission führt uns direkt zum dritten Planeten des Saliaman-Systems.“