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Die »Neue Seidenstraße« (»Belt & Road«)

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»Dass Italien so offen seine Bereitschaft zeigt, der Belt & Road-Initiative beizutreten, weist drauf hin, dass seine populistischen Führer überaus pragmatisch und wirklich besorgt sind, ihrem Volk Gutes zu tun. Sie sind besonders motiviert, die Wirtschaft des Landes anzukurbeln, weil ihre Macht von den Menschen kommt.«6

Ein ganz erstaunliches Urteil, wenn man sich vor Augen hält, was die damalige (2019) Regierung in Italien alles angestellt hat. Einer Koalitionsregierung bestehend aus der rassistischen »Lega« und der im Kern ebenso rechten »Fünfsterne-Partei« wird unterstellt, das Wohlergehen des Volkes liege ihr am Herzen und ihre Macht käme vom Volk. Der Pragmatismus der italienischen Regierung entsprang der katastrophalen Situation der italienischen Wirtschaft, der Staat ist einer der höchstverschuldeten der Europäischen Union, und ihr besonderes Engagement betraf die Reduktion der Steuern für Reiche (»flat tax«) und die hemmungslose Diskriminierung der Flüchtlinge und Einwanderer.

Warum sollte dies für das chinesische Kapital interessant sein? Es geht nur um das Geschäft. Der chinesische Regierungschef Xi Jinping hat infolge seines Besuchs in Italien im März 2019 einige Abkommen im Rahmen des »Belt & Road«-Projekts abgeschlossen, die den Konkurrenten Deutschland und Frankreich überhaupt nicht gefielen. Das Mega-Projekt »Belt & Road«, die »Neue Seidenstraße«, läuft, rennt und überschlägt sich. Der aktuelle Stand ist aus den Medien zu erfahren.

Besonders aufsehenerregend war das italienische Business eigentlich nicht.7 Zehn private Unternehmen und neunzehn staatliche Institutionen in Italien haben mit China folgende Vereinbarungen getroffen: Finanzierung einiger italienischer Wirtschaftsvorhaben in China (Cassa depositi/ CDP, ein überwiegend staatliches Kreditinstitut in Italien und die Bank of China); Schürfrechte des Energiekonzerns Eni in China; Gasturbinen von Ansaldo Energia in technologischer Zusammenarbeit mit China sowie Lieferung von Turbinen an Shanghai Electric und Benxi Steel; finanzielle Zusammenarbeit zwischen der CDP, Snam und dem Silk Road Fund in Bezug auf einige Belt & Road-Projekte; Förderung des Verkaufs von italienischen Luxusprodukten durch das »Istituto per il commercio estero« und Sunning, einem chinesischen Elektronikkonzern und Eigentümer der Fußballmannschaft Inter Mailand, und die Errichtung eines Industriekomplexes zur Stahlgewinnung in Aserbaidschan durch die Gruppe Danieli und China Camc Engineering. Die 19 zwischenstaatlichen Vereinbarungen betreffen die Zusammenarbeit für innovative Start-ups und Elektronik – und einen gemeinsamen Satelliten zur geophysischen Forschung. Dazu kommt der Bereich der Landwirtschaft: der Export von Orangen, tiefgekühltem Schweinefleisch und Rindersamen nach China. Dann gesellt sich noch die Kultur hinzu: Verhinderung des Verkaufs von archäologischen Schätzen, die Rückgabe von 796 Funden an China und die gemeinsame Förderung von Unesco-Stätten. Und Verona wird die Schwesterstadt von Hangzhou, der Stadt von Ali Baba und Jack Ma.

Heftig diskutiert wurden jedoch die Vereinbarungen zu den italienischen Häfen Triest und Genua. China hat die Verwaltung dieser Häfen übernommen, die der chinesische Konzern China Communications Construction Company (CCCC) ausbauen wird. Damit bleiben auf der europäischen Seite des Mittelmeers nach der Übernahme von Athen-Piräus nicht mehr viele Häfen übrig, die nicht der chinesischen Autorität unterstehen würden.

Der Gründer des Think Tank »Center for China and Globalization«8 in Beijing, Wang Huiyao, erklärte in einem Interview mit der auflagenstärksten italienischen Tagezeitung Repubblica9: »Italien sollte nicht Frankreich und Deutschland folgen: Machen wir weniger Geopolitik und doch mehr Geschäfte.« Und dann: »Italien hat viele wirtschaftliche Schwierigkeiten, Europa ist in einer Krise. Belt & Road ist der einzige groß angelegte Plan globaler Investitionen. Als erste daran teilzunehmen bedeutet, Vorteile für die eigenen Unternehmen zu haben – so wie das Vereinigte Königreich, das der AIIB10 beigetreten ist.« »Die populistische Regierung hat verstanden, dass die italienische Wirtschaft sich nicht mehr bewegt, dass die Globalisierung ihr geschadet hat. Sie möchte jetzt etwas anderes tun, sie folgte nicht ideologischen Linien, sie greift nicht China an, sondern versucht, die Geschäfte für die Unternehmen zu erhöhen. Sie muss ermutigt werden.«

Klingt doch alles ganz gut. Nämlich nach Geld. Außer vielleicht, dass den Chinesen jetzt die italienischen Häfen gehören, so wie die Engländer früher Hongkong besaßen. Aber wer investiert sonst in Italien, wenn nicht China?

Die EU möchte die chinesischen Investitionen in Europa unbedingt bremsen. Ganz zu schweigen von den USA, die in Asien kaum mehr etwas zu sagen haben und weltweit gegenüber China an Bedeutung verlieren. Wer hat denn die Vorteile und wer hat die Nachteile? Oder ist es für Europa und China eine »Win-Win-Situation«, wie Xi Jinping behauptet? Ist es nicht egal, wem ein Betrieb gehört? Chinese oder Russe oder Deutscher? Welche Nachteile sollte es geben, wenn jetzt Chinesen die deutschen Unternehmen aufkaufen und nicht Amerikaner, Franzosen oder Russen?

Die traditionelle Schlossbrauerei im bayrischen Au in der Hallertau wurde von einem chinesischen Konzern aus Dalian aufgekauft (einschließlich der prächtigen Schlossanlage.11 Na und? Wird das Bier deswegen schlechter? Von den legendären Münchner Brauereien gehören Spaten, Franziskaner und Löwenbräu zu Anheuser-Busch InBev, der größten Brauereigruppe der Welt mit Sitz in Brüssel, und Paulaner sowie Hacker-Pschorr zu Schörghuber/BHI/Heineken, der zweitgrößten Brauereigruppe der Welt, die zu 49,9 % Eigentum von Heineken mit Sitz in den Niederlanden ist. Soll man deswegen kein Paulaner mehr trinken?

Die chinesischen Investitionen in Deutschland sind beträchtlich.12 Sie legten 2018 gegenüber dem Vorjahr um rund 400 Millionen Euro zu und erreichten 2,1 Milliarden Euro. Vergleicht man die Jahre 2004 und 2014, so steigerten sie sich in diesen zehn Jahren von 129 Millionen Euro auf 5,9 Mrd. Euro – sie haben sich vervierzigfacht. Aber in China waren im Jahr 2016 rund 8000 deutsche Unternehmen aktiv, in Deutschland nur 2000 chinesische – von insgesamt 16.000 ausländischen Unternehmen. Die US-Investitionen in Deutschland betragen mehr als das Hundertfache der chinesischen.13 Trotz zunehmender Kontroll- und Abschottungspolitik der Bundesregierung besonders bei Investitionen in sensiblen Technologiebereichen und wichtigen Infrastrukturen rechnet man damit, dass Deutschland und die EU auch künftig ein attraktiver Standort für chinesische Investoren bleibt.14

In diesen Rahmen gehört die »Neue Seidenstraße«: ein gigantisches, in der Menschheitsgeschichte einzigartiges Vorhaben zur Schaffung modernster, effektivster Infrastrukturen für die Verbindung zwischen China und Europa, das heißt zur Schaffung eines in seiner Infrastruktur neu angelegten Handelsweges zwischen den beiden Kontinenten. Insgesamt sind es Ende 2020 16+1, China und 16 europäische Länder, davon 13 EU-Mitglieder, die im B&R-Kontext zusammenarbeiten.

Berlin »warnt« vor der chinesischen Wirtschaftsmacht und dem Ausverkauf der europäischen Länder. Was macht denn Deutschland? Die deutschen Banken und Holdings treiben die wirtschaftlich schwächeren EU-Länder in ihre Zinsknechtschaft und profitieren von ihrer angeblichen »Rettung«. Beispiel Griechenland: Die Gremien der »Troika« – EU-Kommission, EZB und IWF – die faktisch den gesamten griechischen Staatshaushalt kontrollierten, wurden allesamt von Deutschland dominiert:

»Wir waren es, die die Griechen gedrängt haben, Staatsbesitz zu privatisieren, darunter den Hafen von Piräus«, sagte ehrlicherweise der deutsche Staatsminister Michael Roth.

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