Читать книгу Der ganz normale Wahnsinn - Anton Weiß - Страница 6

Die Gier Gier nach Gütern

Оглавление

Die SZ meldet am 18.4.08, dass die UN-Organisation ihre Lebensmittelrationen für die Menschen in der Krisenregion Darfur kürzen muss. Der Grund sind Banditenüberfälle auf die Lebensmitteltransporte. Seit Beginn des Jahres sind 60 Lastwagen entführt worden, 40 Fahrer werden noch vermisst. Die Gier treibt den Menschen zu einem absolut rücksichtslosen Verhalten, wobei es überhaupt keine moralischen Grenzen mehr gibt. Das Sprengen der moralischen Grenzen aber zeigt sich auch bei uns, wenn führende Manager, nur um die Gewinne weiter in die Höhe zu treiben, Tausende Menschen auf die Straße setzen, Menschen, die durch den Verlust ihres Arbeitsplatzes ins Elend gestürzt werden. Ich kann das nicht anders ansehen als die Banditen in Darfur. Es ist der gleiche Grund: die Gier. Und jeder kann sein Tun immer rechtfertigen. Die Banditen rechtfertigen ihr Handeln damit, dass sie selber Hunger leiden, die Manager damit, dass sie ihren Aktionären gegenüber verpflichtet sind, die nach immer höheren Dividenden verlangen. So kann immer jeder sein unmoralisches Tun rechtfertigen. Die Schuld für das eigene Tun lastet man immer den anderen an; Rationalisieren nennt man das, daher ist es so schwierig, bei solchen Menschen zu argumentieren.

Die Gier kostet fünf Menschen das Leben: Ein 39-jähriger Österreicher erschlägt fünf Mitglieder seiner Familie – seine Frau, seine siebenjährige Tochter, seine Eltern und seinen Schwiegervater - mit der Axt. „Er hat sich von seiner Familie Geld ausgeborgt, damit spekuliert und verloren.“ Er habe seine Familie ausgelöscht, um ihr die Schmach zu ersparen. (SZ vom 15.08.08).

Wie sehr heute die Gier nach Geld – der Motor der gesamten Wirtschaft - unser Leben bestimmt, ist eigentlich ungeheuerlich. Das finanzielle und wirtschaftliche Interesse erstickt jede Menschlichkeit.

Weil das Ich-Sein in der Spaltung des Menschen in Denken und Leben besteht und durch das im Denken Eingeschlossensein kein Leben an ihn herantreten kann, ist der Mensch immer auf der Suche nach diesem Leben, das ihm Erfüllung verspricht. Weil er den Grund nicht kennt, glaubt er bei allem, was er sich schon angeeignet hat in der Hoffnung, dadurch glücklich zu werden, nur noch nicht das Richtige gefunden zu haben und so sucht er immer weiter. Da durch die Unfähigkeit zur Einswerdung mit sich selbst die Erfüllung ausbleibt, ergibt sich daraus notwendigerweise die Gier.

Die Tragödie des menschlichen Lebens besteht darin, dass er auf der Suche nach der verlorenen Einheit ist, dies aber nicht sehen kann und dort, wo der Mensch sucht, ist sie nicht zu finden. Denn er sucht ja nicht die Einheit, die erfüllt, sondern Dinge, die ihm die Erfüllung bringen sollen. Und Dinge, was auch immer es sei und wie groß sie auch immer sein mögen, erfüllen nicht, lassen den Menschen letztlich leer zurück. Die Erfüllung erfolgt immer nur kurz, sozusagen ein Aufblitzen der Möglichkeit, ähnlich wie beim Geschlechtsakt. Treibt einen die Gier bis an die Grenze, dann bleibt immer ein Unwohlsein, Erschöpftsein oder ein Leeregefühl zurück, sei es beim Essen oder beim Sex.

Im Ichstand glaubt der Mensch Dinge zu brauchen, um glücklich zu sein. Solange er aber Dinge braucht, ist er von ihnen abhängig. Und da sich ja die Erfüllung nicht einstellt, braucht er immer neue Inhalte. Aber alles, was neu ist, wird in kurzer Zeit alt, und dann braucht man wieder Neues, und so immer fort. Und daraus wird die Gier: Man braucht immer Neues, um der Erfüllung nachzujagen, die sich aber immer nur kurz und letztlich nie in ihrer Fülle einstellt.

Der ganz normale Wahnsinn

Подняться наверх