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Psychische Funktionen.

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Psychosensorielle Erscheinungen: Die Wahrnehmung ist in der Periode der Ruhe normal. Im Augenblick der Erregung scheint er Sinnesstörungen unterworfen, er sieht seine Feinde, die ihn bedrohen und beleidigen.

Gedankengang: Wenn er ruhig ist, regelmäßig; in der Erregung zeigt er fieberhafte und verworrene Verfolgungswahngedanken. Er spricht allein gegen die vermeintliche Ursache seiner Leiden, schimpft, schreit und flucht; lebhafte Einbildungskraft, gutes Gedächtnis. Er erinnert sich an alle Einzelheiten seines Lebens, nur wenn man ihn nach seinen Verbrechen fragt, will er sich nicht erinnern oder sie in einem Augenblick begangen haben, wo er sich selbst nicht kannte. Aufmerksamkeit rasch und lebhaft.

Stimmung: Gewöhnlich trübe, nachdenklich; fragt man ihn nach seinen Verbrechen, so wird er zerknirscht, stützt den Kopf und weint. Er denkt liebevoll seiner Familie und sagt, daß um seinetwillen Weib und Kinder werden betteln gehen müssen.

Willen und Instinkt: Er ist gelehrig, höflich, fleißig. Er verkehrt mit den ruhigeren seiner Gefährten und verträgt sich mit den andern. Wenn ihn die gewöhnlichen Anfälle überkommen, ist er heftig, sonst ruhig. Der Fortpflanzungstrieb ist normal; er ist ein starker Onanist.

Bewußtsein: Er weiß, daß er im Irrenhaus ist, und auch, daß er beobachtet wird, um zu ermitteln, ob er irrsinnig ist. Er empfiehlt sich der Gnade seiner Vorgesetzten und versucht sie auf alle Weise zu überzeugen, daß er sein Verbrechen in einem Augenblick des Wahnsinns vollbrachte.

Sprache und Schrift: Er spricht rasch, gut und ziemlich formvoll, ebenso wie er leicht und eindringlich schreibt, abgesehen von den Fehlern, die von seinem geringen Bildungsgrad herrühren. Er macht Gedichte von derbem und oft hochfliegendem Inhalt in sorgfältiger Form. Die Stimme hat tiefe und kräftige Färbung.

Gesichtsausdruck: Rundes volles Gesicht wie ein Fettkrämer. Die Augen hält er immer niedergeschlagen; wenn er erregt wird, bewegt er alle Gesichtsmuskeln und begleitet seine Worte durch Gesten.

Schlaf und Traum: Er schläft gut und spricht nie im Traum.

M… wurde von Venturi einer mehrmonatigen Beobachtung unterworfen; ich reproduziere seine Beobachtungen während dieses Zeitraums.

Februar 1890. Die ersten vier Tage nach seiner Einlieferung war er erregt. Er sprach mit sich selbst, hauptsächlich nachts, und fluchte auf ein Frauenzimmer, das er die Ursache seines Unglücks nannte. Gefragt, weshalb er im Irrenhause sei, antwortete er: wegen einer verfluchten Sau, die mich verfolgt. Daß ich verrückt bin, sagten in Parghelia alle, aber diese Hure, meine Schwägerin, hat die Schuld. Er behauptet, sich an sein Verbrechen nicht zu erinnern. Wenn er spricht, so schüttelt er den Kopf und alle Gesichtsmuskeln geraten in Bewegung. Nach einem Tage wurde er ruhig, bat, daß man die Zwangsjacke ihm abnehmen möchte und versprach, sich gut zu führen. Er möchte in der Schneiderstube beschäftigt werden. Wurde bewilligt. Er scheint das Handwerk im Gefängnis etwas gelernt zu haben.

März 1890. Der Angeklagte giebt keine Ursache zu Tadeln, er ist höflich und fleißig. Am 11. März erwachte er schlechter Laune, sprach mit sich selbst, behauptete Stimmen zu hören und jene Frau zu sehen, die er als sein Unglück bezeichnet. Er fluchte gegen diese Frau, knirschte mit den Zähnen und bedrohte sie. Er hatte es auch mit einem Hauptmann zu thun, den er nicht nennt, und der ihm zu drei Jahren Gefängnis verholfen hätte. Nach fünf Stunden der Erregung mit anscheinenden Hallucinationen beruhigte er sich. Später erklärte er auf Befragen, daß er starkes Kopfweh habe, und behauptet, sich an nichts zu erinnern. Nachher bat er um Entschuldigung, wenn er vielleicht jemand beleidigt haben sollte. Am 12. ging er wieder in die Werkstatt.

April 1890. Immer ruhig, höflich, antwortet verständig auf alle Fragen; hatte keinen Anfall mehr. Heimlich schrieb er einen Brief, den er durch einen anderen Kranken, der das Zutrauen der Vorgesetzten besitzt, einer Person seiner Heimatstadt, die seine Familie kennt, zustellen lassen wollte. Auch ein Brief an seine Frau war dabei, in dem er ihr empfahl, guten Mut zu haben, denn er sei zufrieden mit seinen Vorgesetzten. Er bat um etwas Geld, um sich Zigarren zu kaufen. Dann fügte er hinzu: »Sei unbesorgt und denke, daß ich bald komme. Du weißt, was ich Dir mitteilen will. Ich küsse Papa und Mama die Hand, und lasse die Verwandten grüßen. Ich küsse und segne meine Kinder, grüße Vetter S… Ich umarme Dich.«

Am 14. gegen Abend war er sehr schlechter Laune; er sprach mit sich selbst wie gewöhnlich, so daß man ihn nachts allein unterbringen mußte; er fluchte gegen die bekannte Frau, schlief sehr wenig. Am 15. war er niedergeschlagen, promenierte auf dem Hof, weinte, sagte, daß sein Nervensystem in Aufregung sei und daß er Ruhe brauche. Er schien innerliches Fieber zu haben. Das Schreien und Lärmen der Gefährten verletzte seine Nerven; gegen Mittag wurde er wieder ruhig und verlangte nach Arbeit.

Am 13. April wurde er aufgefordert, die Einzelheiten des versuchten Brudermordes niederzuschreiben; anfangs wollte er nicht, dann, nachdem man ihm gesagt hatte, daß es ihm von Nutzen sein könnte, ließ er sich dazu bereit finden.[2] – Mitten im Schreiben warf er die Feder weg, und fing an zu schreien und zu fluchen, und Bruder, Schwägerin und Verwandte zu bedrohen und zu verwünschen. Man mußte ihn unschädlich machen. Auf mehrmaliges Rufen antwortete er nicht; endlich kam er herein und sagte, daß er es mit den Spilingoten zu thun hätte, mit denen er sich schlagen wollte.

Später wurde er ruhiger, zu Mittag wies er das Essen zurück. Er sagte, daß er von den Schlägen, die er bekommen hatte, vollständig gebrochen sei und große Schmerzen leide.

Dem Arzt gegenüber beklagte er sich über die Behandlung. Sie, sagte er, lassen mich prügeln, daß es eine Art hat, während ich mich um meine Angelegenheiten kümmere; aber Sie werden es bereuen. Später wurde er ruhig wie gewöhnlich und behauptete auf Befragen, sich an nichts zu erinnern, bat auch um Entschuldigung, wenn er jemand beleidigt haben sollte.

7. Mai. Er wurde von neuem genau untersucht, aber keinerlei Veränderungen wahrgenommen.

Man sagte ihm, daß er den Kopf eines Poeten habe; er antwortete rasch: Was nützt die Poesie? Dante starb in der Verbannung, Tasso im Hospital. Er erinnerte sich an alle Einzelheiten seines Lebens, nur sagte er, daß ihm die Umstände nicht gegenwärtig seien, welche zu dem Mord, den er in seinem 17. Lebensjahr begangen hatte, führten.

17. Mai. Immer ruhig. Gestern beleidigte ihn ein Leidensgefährte, er prügelte ihn durch. Er wurde bestraft, aber war nicht empört darüber. Seit einigen Tagen sucht er einen Gefährten zur Flucht zu überreden. Auf Fragen antwortet er zusammenhängend, spricht gut von seinen Vorgesetzten, von denen er, wie er sagt, gut behandelt wird, erinnert sich genau an die Einzelheiten seines Lebens; wenn man ihm eine von ihm gehaßte Person nennt, stößt er Flüche und Verwünschungen aus. Er arbeitet in der Schneiderstube und führt sich gut.

Juni 1890. Betragen wie gewöhnlich; höflich, dienstfertig, gehorsam; er ist es zufrieden, im Irrenhaus zu bleiben, wenn seine Vorgesetzten es wollen. Er verlangt Lektüre, versucht zu dichten, aber klagt selbst, daß ihm die dichterische Ader und der Schwung fehlt. Er versucht, die Vorgesetzten sich geneigt zu machen und sie zu rühren, indem er sagt, daß seine Familie ohne ihn betteln gehen müsse. Er schrieb einen langen Brief an seine Frau, in dem er sich zufrieden und ergeben zeigt. Eines Tages verlangte er ein Blatt Papier und schrieb einen Vers aus Dante: und einen halb rhetorischen, halb wahnsinnigen Entwurf: »Der Gedanke«.

Juli 1890. Er arbeitet fleißig in der Schneiderstube, und sein Benehmen ist in jeder Beziehung untadelhaft. In Worten und Briefen lobt er die Vorgesetzten, daß sie Mitleid mit einem armen Unglücklichen haben. Seiner Frau schreibt er, unbesorgt zu sein und zu hoffen. »Sorge für das Wohl unserer Kinder und achte darauf, daß ihnen kein Schaden zustößt.« »Ich empfehle Dir,« sagt er ein anderes Mal, »immer heiter zu sein und Dich mit Mut und Ergebung zu wappnen,« und er prophezeit ihr eine glückliche Zukunft. Er ist mit Allem und mit Allen zufrieden und verlangt und wünscht nichts. –

Damit schließt die Beobachtungsperiode des M…

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