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DIE OPFERUNG

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Streit und Krieg existieren offensichtlich, seit es uns gibt. Früher war das einfach, der Sieger frisst den Besiegten auf, keine Verhandlungen, keine Rachefeldzüge, nichts geht verloren, alles wird verwertet. Über Jahrtausende hat das gut funktioniert. Wir gingen natürlich davon aus, dass die von uns erfundenen Götter auch gerne Menschenfleisch fressen, und es bürgerte sich weltweit die Sitte ein, Menschen zu opfern. Mit den Fähigkeiten, Tiere heranzuzüchten und zu kontrollieren, verliert das Menschenfressen seinen Reiz, denn man kann die Besiegten ja als Sklaven zum Schafe-Scheren und Zelt-Schleppen benützen. Um den Kannibalismus der Götter zu beenden, veranstaltet Gott ein grandioses, dramatisches Theater.

Abraham sagt zu seinem Sohn Isaak: »Komm, wir wollen im Land Moria für Gott ein Opfer bringen.« Sie ziehen los und irgendwann fällt dem Knaben Folgendes auf: Sie schleppen Brennholz, sie haben Feuer, sie haben auch einen Strick und ein Messer, aber sie haben kein Opfertier. Dem Buben wird von Tag zu Tag unheimlicher zumute. Er wagt es nicht, aufkommende Vermutungen zu Ende zu denken. Mit leiser, heiserer Stimme stellt er schließlich seinem Vater eine diesbezügliche Frage. Abrahams Antwort ist: »Gott wird sich ersehen ein Schaf zum Brandopfer« (1 Mose 22,8).

Mit zitternden Händen hilft Isaak Steine für den Altar zu schichten. In seinem Herzen wütet der Zweifel: »Ich bin das Schaf. Soll ich fliehen? Soll ich vertrauen? Auf wen? Auf meinen Vater? Auf Gott? Wo ist er, ich kann ihn nicht sehen? Wozu hat Vater einen Strick mitgenommen?« Da fühlt er schon den Strick an seinen Beinen, damit er nicht fliehen kann, und dann an seinen Armen, damit er sich nicht wehren oder um Gnade flehen kann. Schon liegt er festgebunden auf dem Altar und schon hebt sein Vater das Schlachtmesser.

Da ertönt ein schallendes Blöken. Das Schlachtmesser bleibt in der Luft stehen, Isaak wird losgebunden und der Schafbock geschlachtet. Es ist einerlei, ob der Bock zufällig oder weil Abraham ihn vorbereitet hatte in dem Busch hing. Fest steht, seit diesem Tag sind Menschenopfer verboten.

Die von uns erfundenen Götter machten natürlich unsere Entwicklung in Richtung Humanismus mit, und die Hebräer waren wahrscheinlich die Ersten, die Menschenopfer verboten. Jetzt also wird der Herr mit von ihm erschaffenen Tieren beschenkt und beschwichtigt. Das Geschenk soll das menschliche Verzichten sein.


Isaak als Opfer

Das Alte Testament

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