Читать книгу Die großen Klassiker der Antike - Aristoteles - Страница 21
Zweiter Gesang
ОглавлениеZeus, des Versprechens eingedenk, bewegt Agamemnon durch einen Traum, die Achaier zur Schlacht auszuführen. Rat der Fürsten; dann Volksversammlung. Agamemnon, das Volk zu versuchen, befiehlt Heimkehr; und alle sind geneigt. Odysseus, von Athene ermahnt, hemmt sie. Thersites dringt schmähend auf Heimkehr, und wird gestraft. Das beschämte Volk, durch Odysseus und Nestor völlig gewonnen, wird von Agamemnon zur Schlacht aufgefordert. Frühmahl, Opfer und Anordnung des Heers. Verzeichnis der achaiischen Völker. Die Troer in Versammlung hören die Botschaft, und rücken aus. Verzeichnis der troischen Völker.
Alle nunmehr, die Götter und gaulgerüsteten Männer,Schliefen die ganze Nacht; nur Zeus nicht labte der Schlummer;Sondern er sann im Geiste voll Unruh, wie er AchilleusEhren möcht’, und verderben der Danaer viel’ an den Schiffen. | |
5 | Dieser Gedank’ erschien dem Zweifelnden endlich der beste:Einen täuschenden Traum zu Atreus Sohne zu senden.Und er begann zu jenem, und sprach die geflügelten Worte: Eile mir, täuschender Traum, zu den rüstigen Schiffen Achaias; Gehe dort ins Gezelt zu Atreus Sohn Agamemnon, |
10 | Ihm das alles genau zu verkündigen, was ich gebiete.Heiß’ ihn rüsten zur Schlacht die hauptumlockten AchaierAll’ im Heer; denn jetzo sei leicht ihm bezwungen der TroerWeitdurchwanderte Stadt. Nicht mehr zweifaches EntschlussesSein die olympischen Götter; bewegt schon habe sie alle |
15 | Here durch Flehn; und hinab auf Ilios schwebe Verderben. Jener sprach’s; und der Traum, sobald er die Rede vernommen, Eilte hinweg, und kam zu den rüstigen Schiffen Achaias.Hin nun eilt’ er, und fand des Atreus Sohn AgamemnonSchlafend in seinem Gezelt; ihn umfloß der ambrosische Schlummer. |
20 | Jener trat ihm zum Haupt’, an Gestalt dem Sohne des NeleusNestor gleich, den hoch vor den Ältesten ehrt’ Agamemnon;Dessen Gestalt nachahmend begann der göttliche Traum so: Schlummerst du, Atreus Sohn, des feurigen Rossebezähmers? Keinem Richter gebührt’s die ganze Nacht zu durchschlummern, |
25 | Dem zur Hut sich die Völker vertraut, und so mancherlei obliegt.Auf, nun höre mein Wort; ich komm’, ein Bote Kronions,Der dich sehr, auch ferne, begünstiget, dein sich erbarmend.Rüsten heißt er zur Schlacht die hauptumlockten AchaierAll’ im Heer; denn jetzo sei leicht dir bezwungen der Troer |
30 | Weitdurchwanderte Stadt. Nicht mehr zweifaches EntschlussesSein die olympischen Götter; bewegt schon habe sie alleHere durch Flehn; und hinab auf Ilios schwebe VerderbenHer von Zeus. Du merk’ es im Geiste dir, daß dem GedächtnisNichts entfällt, wann jetzo vom lieblichen Schlaf du erwachest. |
35 | Also sagt’ ihm der Traum, und wandte sich; jenen verließ er Dem nachsinnend im Geist, was nie zur Vollendung bestimmt war.Denn er hoffte noch heut’ des Priamos Stadt zu erobern;Tor! und erkannte nicht, was Zeus für Taten geordnet.Denn er beschloß noch Jammer und Angstgeschrei zu erregen |
40 | Troern zugleich und Achaiern im Ungestüme der Feldschlacht.Jetzo erwacht’ er vom Schlaf, noch umtönt von der göttlichen Stimme;Setzte sich aufrecht hin, und zog das weiche Gewand an,Sauber und neugewirkt, und warf den Mantel darüber;Unter die glänzenden Füß’ auch band er sich stattliche Sohlen; |
45 | Hängte sodann um die Schulter das Schwert voll silberner Buckeln;Nahm auch den Herrscherstab, den ererbeten, ewiger Dauer;Wandelte dann zu den Schiffen der erzumschirmten Achaier. Eos aber die Göttin erstieg den hohen Olympos, Zeus und den anderen Göttern des Tageslicht zu verkünden. |
50 | Und er gebot Herolden von hellaustönender Stimme,Rings zur Versammlung zu rufen die hauptumlockten Achaier.Tönend ruften sie aus, und flugs war die Menge versammelt.Einen Rat nun setzt’ er zuerst der erhabenen Ältsten,Am Nestorischen Schiffe, des herrschenden Greises von Pylos; |
55 | Als sich jene gesetzt, entwarf er die weise Beratung: Freunde, vernehmt; ein göttlicher Traum erschien mir im Schlummer Durch die ambrosische Nacht; und ganz dem erhabenen NestorWar an Wuchs und Größ’ und Gestalt er wunderbar ähnlich.Dieser trat mir zum Haupt, und redete, also beginnend: |
60 | Schlummerst du, Atreus Sohn, des feurigen Rossebezähmers?Keinem Richter gebührt’s die ganze Nacht zu durchschlummern,Dem zur Hut sich die Völker vertraut, und so mancherlei obliegt.Auf, nun höre mein Wort; ich komm’ ein Bote Kronions,Der dich sehr, auch ferne, begünstiget, dein sich erbarmend. |
65 | Rüsten heißt er zur Schlacht die hauptumlockten AchaierAll’ im Heer, denn jetzo sei leicht dir bezwungen der TroerWeitdurchwanderte Stadt. Nicht mehr zweifaches EntschlussesSein die olympischen Götter; bewegt schon haben sie alleHere durch Flehn; und hinab auf Ilios schwebe Verderben |
70 | Her von Zeus. Du merk’ es im Geiste dir. - Dieses geredet,Flog er hinweg und verschwand; und der liebliche Schlummer verließ mich.Aber wohlan, ob vielleicht zu rüsten gelingt die Achaier!Selber zuerst durch Worte versuch’ ich sie, wie es Gebrauch ist,Und ermahne zur Flucht in vielgeruderten Schiffen: |
75 | Ihr dann, anderswo andre, beredet sie wieder zu bleiben. Also redete jener, und setzte sich. Wieder erhub sich Nestor, welcher gebot in Pylos sandigen Fluren;Dieser begann wohlmeinend, und redete vor der Versammlung: Freunde, des Volks von Argos erhabene Fürsten und Pfleger, |
80 | Hätte von solchem Traum ein anderer Mann uns erzählet;Lug wohl nennten wir ihn, und wendeten uns mit Verachtung.Doch ihn sah, der den ersten vor allem Volke sich rühmet.Drum wohlan, ob vielleicht zu rüsten gelingt die Achaier! Jener sprach’s, und wandte der erste sich aus der Versammlung. |
85 | Rings dann standen sie auf, dem Völkerhirten gehorchend,Alle bescepterten Fürsten. Heran nun stürzten die Völker.Wie wenn Scharen der Bienen daherziehn dichtes Gewimmels,Aus dem gehöhleten Fels in beständigem Schwarm sich erneuend;Jetzt in Trauben gedrängt umfliegen sie Blumen des Lenzes; |
90 | Andere hier unzählbar entflogen sie, andere dorthin:Also zogen gedrängt von den Schiffen daher und GezeltenRings unzählbare Völker am Rand des hohen GestadesSchar an Schar zur Versammlung. Entbrannt in der Mitte war Ossa,Welche, die Botin Zeus, sie beschleunigte; und ihr Gewühl wuchs. |
95 | Weit nun hallte der Kreis, und es dröhnete drunten der Boden,Als sich das Volk hinsetzt’; und Getös war. Doch es erhubenNeun Herolde den Ruf, und hemmten sie, ob vom Geschrei sieRuheten, und anhörten die gottbeseligten Herrscher.Kaum saß endlich das Volk, umher auf den Sitzen sich haltend; |
100 | Und es verstummt ihr Getön. Da erhub sich der Held Agamemnon,Haltend den Herrscherstab, den mit Kunst Hephästos gebildet.Diesen gab Hephästos dem wartenden Zeus Kronion;Hierauf gab ihn Zeus dem bestellenden Argoserwürger;Hermes gab ihn, der Herrscher, dem Rossebändiger Pelops; |
105 | Wieder gab ihn Pelops dem völkerweidenden Atreus;Dann ließ Atreus ihn sterbend dem lämmerreichen Thyestes;Aber ihn ließ Thyestes dem Held Agamemnon zu tragen,Viel’ Eilande damit und Argos reich zu beherrschen.Hierauf lehnte sich jener, und sprach die geflügelten Worte: |
110 | Freund’, ihr Helden des Danaerstamms, o Genossen des Ares, Hart hat Zeus der Kronid’ in schwere Schuld mich verstricket!Grausamer! welcher mir einst mit gnädigem Winke gelobet,Heimzugehn ein Vertilger der festummauerten Troja.Doch nun sann er verderblichen Trug, und heißet mich ruhmlos |
115 | Wieder gen Argos kehren, nachdem viel Volks mir dahinstarb.Also gefällt’s nun wohl dem hocherhabnen Kronion,Der schon vielen Städten das Haupt zu Boden geschmettert,Und noch schmettern es wird; denn sein ist siegende Allmacht.Schande ja daucht es und Hohn noch spätem Geschlecht zu vernehmen, |
120 | Daß so umsonst ein solches, so großes Volk der AchaierNiemals frommenden Streit rastlos fortschreitet und kämpfetGegen mindere Feind’, und noch kein Ende zu sehn ist.Denn wofern wir wünschten, Achaier zugleich und Troer,Treuen Bund uns schwörend, die Zahl zu wissen von beiden: |
125 | Erst zu erlesen die Troer, so viel dort eigenes Herdes;Wir dann ordneten uns je zehn und zehn, wir Achaier,Einen Mann der Troer für jegliche wählend zum Schenken:Viele der Zehenten wohl entbehreten, mein’ ich, das Schenken.So weit daucht mir größer die Zahl der edlen Achaier, |
130 | Als dort wohnen der Troer in Ilios. Aber GenossenSind aus vielen der Städt’ auch lanzenschwingende Männer,Deren Macht mir verwehrt, und nicht, wie ich wollte, gestattet,Ilios auszutilgen, die Stadt voll prangender Häuser.Sind doch bereits neun Jahre des großen Zeus uns vergangen, |
135 | Und schon stockt den Schiffen das Holz, und die Seile vermodern;Unsere Weiber indes und noch unmündigen KinderSitzen daheim und schmachten mach uns: wir aber umsonst hierEndigen nimmer das Werk, um dessenthalb wir gekommen.Aber wohlan, wie ich rede das Wort, so gehorchet mir alle: |
140 | Laßt uns fliehn in den Schiffen zum lieben Lande der Väter;Nie erobern wir doch die weitdurchwanderte Troja! Jener sprach’s; und allen das Herz im Busen bewegt’ er, Ringsumher in der Menge, die nicht anhörten den Ratschluß.Rege nun ward die Versammlung, wie schwellende Wogen des Meeres |
145 | Auf der ikarischen Flut, wann hoch sie der Ost-und der SüdwindAufstürmt, schnell dem Gewölke des Donnerers Zeus sich entstürzend.Wie wenn brausend der West unermeßliche Saaten erreget,Zuckend mit Ungestüm, und die wallenden Ähren hinabbeugt:So war rings die Versammlung in Aufruhr. Hin mit Geschrei nun |
150 | Stürzte das Volk zu den Schiffen; empor stieg unter dem FußtrittFinsterer Staub in die Luft; sie ermunterten einer den andern,Anzugreifen die Schiff’, und zu ziehn in die heilige Meerflut;Und man räumte die Graben; es scholl gen Himmel der heimwärtsStrebenden Ruf, und den Schiffen entzog man die stützenden Balken. |
155 | Jetzo geschah den Argeiern auch trotz dem Schicksal die Heimkehr,Hätte nicht, zur Athene gewandt, so Here geredet: Weh mir, des ägiserschütternden Zeus unbezwungene Tochter! Also sollen nun heim zum lieben Lande der VäterArgos Völker entfliehn auf weitem Rücken des Meeres? |
160 | Ließe man so dem Priamos Ruhm, und den troischen MännernHelena, Argos Kind, um welche so viel der AchaierHin vor Troja gesunken, entfernt vom Vatergefilde?Auf nun, geeilt in das Heer der erzumschirmten Achaier!Hemme da jeglichen Mann durch schmeichelnde Red’, und verbeut ihm, |
165 | Nicht zu ziehen ins Meer die zwiefachrudernden Schiffe! Jene sprach’s; ihr gehorchte die Herrscherin Pallas Athene. Stürmendes Schwungs entflog sie den Felsenhöhn des Olympos;Schnell erreichte sie dann die rüstigen Schiffe Achaias.Jetzo fand sie Odysseus, an Ratschluß gleich dem Kronion, |
170 | Stehn; und nicht an sein Schiff; das schöngebordete schwarze,Rühret’ er, weil ihm der Gram in Herz und Seele gedrungen.Nahend redete Zeus’ blauäugige Tochter Athene: Edler Laertiad’, erfindungsreicher Odysseus, Also wollt ihr nun heim zum lieben Lande der Väter |
175 | Hinfliehn, alle gestürzt in vielgeruderte Schiffe?Ließet ihr so dem Priamos Ruhm, und den troischen MännernHelena, Argos Kind, um welche so viel der AchaierHin vor Troja gesunken, entfernt vom Vatergefilde?Auf nun, geeilt in das Heer der Danaer, nicht so gezaudert! |
180 | Hemme da jeglichen Mann durch schmeichelnde Red’, und verbeut ihm,Nicht zu ziehen ins Meer die zwiefach rudernden Schiffe! Jene sprach’s; da erkannte der Held die Stimme der Göttin. Schnell abwerfend den Mantel enteilet er; aber den MantelHob Eurybates auf, sein Herold, der ihm gefolgt war. |
185 | Jener, wie Atreus Sohn Agamemnon gegen ihn herkam,Nahm ihm den Herrscherstab, den ererbeten, ewiger Dauer;Hiermit durcheilt’ er die Schiffe der erzumschirmten Achaier. Welchen der Könige nun und edleren Männer er antraf, Freundlich hemmt’ er diesen, mit schmeichelnden Worten ihm nahend: |
190 | Halt du, wenig dir ziemt’s, wie ein feiger Mann, zu verzagen! Sitz’ in Ruhe du selbst, und treibe zur Ruh’ auch die andern!Denn noch weißt du ja nicht, wie der Atreione gesinnt sei.Jetzo vielleicht versucht er, und züchtiget bald die Achaier.Denn nicht all’ im Rate vernahmen wir, was er geredet. |
195 | Daß nicht entbrenne sein Zorn, und wüte durchs Heer der Achaier!Furchtbar ist der Eifer des gottbeseligten Königs;Seine Ehr’ ist von Zeus, und ihn schirmt Zeus’ waltende Vorsicht. Welchen Mann des Volkes er sah, und schreiend wo antraf, Diesen schlug sein Scepter, und laut bedroht’ er ihn also: |
200 | Halt du! rege dich nicht, und hör’ auf anderer Rede, Die mehr gelten denn du! Unkriegerisch bist du und kraftlos,Nie auch weder im Kampf ein gerechneter, noch in dem Rate!Nicht wir alle zugleich sind Könige hier, wir Achaier!Niemals frommt Vielherrschaft im Volk; nur einer sei Herrscher, |
205 | Einer König allein, dem der Sohn des verborgenen KronosScepter gab und Gesetze, daß ihm die Obergewalt sei. Also durchherrscht’ er das Heer, ein Waltender; und zur Versammlung Stürzten die Völker zurück, von den Schiffen daher und Gezelten,Lärmvoll: wie wenn die Woge des weitaufrauschenden Meeres |
210 | Hoch an das Felsengestad’ anbrüllt, und die stürmende Flut hallt. |