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7. Die Königin (Fortsetzung der Szene 5)

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Im Nebel erscheint eine weibliche Kreatur, sie lässt ihren durchsichtigen Schleier auf den Boden fallen und steigt - ausschließlich mit ihrer hüftlangen roten Haarmähne bedeckt – in den Springbrunnen mitten auf dem Domplatz. Mit ihrem seherischen Blick nimmt sie van Leiden und Knipperdolling nicht wahr.

JAN VAN LEIDEN

Wer ist sie?

KNIPPERDOLLING

Divara, Matthys’ Frau, eine Prophetin.

DIVARA

(hebt die Augen und die Hände zum Himmel empor) Seht nach oben, liebe Brüder und Schwestern, seht hinauf und hebet den Kopf hoch! Ich sehe Gott in seiner Glorie in den Wolken leuchten und die Siegesfahne in der Rechten tragen.

(Eine Flüchtlingskolonne zieht am Marktplatz vorbei.)

Weh euch, Gottlosen, die ihr hartnäckig im Bösen seid. Bekehrt euch! Ich sehe den himmlischen Vater mit vielen tausend Engeln in der Höhe, wie er euch Schlimmes droht. Wehe, wehe euch Gottlosen. Bekehrt euch! Jener große und schreckliche Tag des Herrn ist da. Bekehrt euch! Wenn ihr der Strafe Gottes entgehen wollt, nehmt das Zeichen des Bundes!

Aus der Ferne sind die Stimmen der Flüchtlinge zu hören.

FLÜCHTLINGE

Reicht es euch nicht, dass ihr uns unsere Häuser genommen, unsere Vorräte geplündert, Geld und Schmuck eingezogen habt. Jetzt giert ihr auch noch nach unseren Seelen!

FLÜCHTLINGE

Du redest mit ihnen, als ob das vernünftige Menschen wären! Das sind Besessene!

FLÜCHTLINGE

Der Teufel hat sie dahin gebracht, dass sie alles tun und wollen, was der Teufel selbst tut und will.

FLÜCHTLINGE

Lasst uns nicht aufhalten. Nichts wie weg hier.

DIVARA

Kommt alle her und hört die Stimmen der Heiligen! (Divara dreht sich immer ekstatischer um ihre eigene Achse herum.)

FLÜCHTLINGE

Das ist die Satansstimme, die aus euren Mündern spricht.

FLÜCHTLINGE

Gottlose Sekte!

Ein älterer Herr, Schmied Mollenheck, eilt von der Seite des Kreuztores herbei.

MOLLENHECK

Halt! Bleibt hier! Draußen wird geschossen! Alle Torausgänge sind verbarrikadiert. Der Bischof hat die Schlinge zugezogen. Die Stadt ist ringsum dicht.

FLÜCHTLINGE

Ach, rette, rette, rette!

FLÜCHTLINGE

Ist niemand da oben, der uns retten kann!

FLÜCHTLINGE

Kommt, lasst uns doch versuchen.

FLÜCHTLINGE

Es hieß, bis zum Sonnenaufgang dürfen alle, die nicht wiedergetauft sind, die Stadt heil verlassen.

FLÜCHTLINGE

Die Sonne ist noch nicht voll aufgegangen. Kommt, wir versuchen’s!

FLÜCHTLINGE

Wir sind viele, sie werden nicht gleich auf uns alle schießen.

Man hört mehrere Schüsse aus der Richtung des Kreuztores.

JAN VAN LEIDEN

Man will euch bewusst in den Tod locken. Ihr seid falsch informiert. Hier steht’s! (zeigt den Flüchtlingen die Flugschrift) Bis nach Sonnenuntergang. Das war gestern.

FLÜCHTLINGE

Was machen wir jetzt?

FLÜCHTLINGE

Unsere Häuser sind besetzt.

FLÜCHTLINGE

Unser Geld entzogen.

FLÜCHTLINGE

Unsere Kleider tragen die Holländer.

FLÜCHTLINGE

Und die Friesen.

FLÜCHTLINGE

Und futtern unsere Vorräte weg.

JAN VAN LEIDEN

(mit eindringlicher Stimme) Niemand kann zwei Herren dienen: entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird dem einen anhangen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.

Darum sage ich euch: Sorget nicht für euer Leben, was ihr essen und trinken werdet, auch nicht für euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr denn Speise? Und der Leib mehr denn die Kleidung? Sehet die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr denn sie? Wer ist aber unter euch, der seiner Länge eine Elle zusetzen möge, ob er gleich darum sorget?

Das neue Jerusalem

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