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|11|Tour 1: Redselige Fassaden Wanderung durch das Heusteig- und Lehenviertel

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Diese Tour ist ein absoluter Leckerbissen für Liebhaber des Jugendstils. Sie führt durch eines der schönsten gründerzeitlichen Wohnquartiere, dem Heusteigviertel, bis zum Weißenburgpark mit seinem idyllisch gelegenen Teehaus. Von dort geht es hinunter ins Lehenviertel mit weiteren schönen Gründerzeit- und Jugendstilbauten, der Architektur der „Belle Epoque“.

Kurzinfo

Tourenlänge: ca. 4 km

Höhenunterschied: ca. 250 m

Gehzeit: ca. 2 Stunden

Tourenstart: Wilhelmsplatz, Stadtbahnhaltestellen „Österreichischer Platz“, Linien: U1, U14 oder „Rathaus“, Linien: U1, U2, U4

Tourenende: Stadtbahnhaltestelle „Marienplatz“, Linien: U1, U14, Zahnradbahn

|12|Cafés, Gartenlokale

Teehaus im Weißenburgpark (Tel. 2 36 73 60): leichte Sommerküche, Kaffee und Kuchen, wunderschönes Ambiente mit herrlicher Terrasse, tägl. geöffnet;

Lokale am Wilhelmsplatz, jeweils mit Außenbewirtschaftung, z.B. La Concha (Tel. 24 18 51): spanische Gerichte, tägl. geöffnet; Ciba Mato (Tel. 2 36 98 51): Restaurant und Cocktailbar mit cooler Loungeatmosphäre im asiatischen Design, tägl. geöffnet; an der Ecke Filder-/Pelargusstraße liegt das Lokal Laguna (Tel. 6 49 93 94): spanische Küche, mit Terrasse, tägl. geöffnet. In der Lehenstraße 13 liegt die traditionsreiche Gaststätte Lehen mit Außenbewirtschaftung (Tel. 6 40 72 91), tägl. geöffnet. Café Herbertz, Immenhofer Str. 13 (Tel. 8 88 45 66): gemütliche Espressobar im Heusteigviertel, tägl. geöffnet; Café List, Liststraße 25 (Tel. 51 87 27 47): hübsch gestyltes Café mit einem gelungenen Mix aus Moderne und Wohnzimmerplüsch. Kleine aber feine Kuchenauswahl, Frühstücksangebote und Mittagstisch, mit Außenbewirtschaftung, Mo Ruhetag; Café Kaiserbau, Marienplatz 1 (Tel. 6 33 83 83): italienisches Restaurant, kombiniert mit angenehmer Kaffeehauskultur, tägl. geöffnet; Café La Luna, Marienplatz 20 (Tel. 66 48 92 61): Eiscafé mit guter Crèpe- und Kuchenauswahl in einem gläsernen Rundbau mit Außenbewirtschaftung auf dem Marienplatz, tägl. geöffnet.

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Die Tour beginnt am Wilhelmsplatz (1), dem mittelalterlichen Richtplatz der Stadt. Heute gibt es hier einige ganz nette, interessante Kneipen und Straßencafés, und abgesehen von dem einmal im Jahr hier am Platz gefeierten Henkersfest erinnert heute nichts mehr an seine grausige Vergangenheit. Vom Wilhelmsplatz geht es zunächst durch die noch gepflasterte Schlosserstraße, eine alte Handwerkerstraße, |14|die sich im 19. Jahrhundert am Rande des alten Gerberviertels entwickelt hat. Daher sind die Fassaden der Stadthäuser noch relativ einfach und schmucklos gestaltet. Dies ändert sich jedoch rasch, wenn man links durch die Sophienstraße – mit der eindrucksvoll gestalteten Gründerzeitfassade des Hauses Nr. 1b – zur Heusteigstraße hinaufgeht. Hier hält man sich rechts, vorbei am auffallend großen Eduard-Pfeiffer-Haus aus der Jahrhundertwende (Nr. 45), in dem zwischen 1945 und 1961 der Landtag tagte (2), und dem ganz mit Jugendstilornamenten gestalteten Haus Nr. 20, und geht dann links durch die Weißenburgstraße hinauf zur Olgastraße. Sowohl in der Weißenburgstraße wie auch in der kreuzenden Mozartstraße und der Olgastraße kann man viele schöne Beispiele prunkvoller gründerzeitlicher Repräsentationsarchitektur bewundern. Besonders imposant sind die Eckhäuser an der Kreuzung mit der Mozartstraße (3), die durch ihre aufwändige Gestaltung mit Giebeln und Erkern den Eindruck eines kleinen Platzes entstehen lassen. Zur Gestaltung der Fassaden dieser großbürgerlichen Stadthäuser des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts wurden die unterschiedlichsten Stilelemente zum Teil in allen Kombinationen verwendet – Gotik, Renaissance, Barock, Klassizismus und natürlich auch Jugendstil. Es lohnt sich hier, etwas genauer auf einzelne, oft sehr verspielte Details zu achten.

Zu empfehlen ist, in diesen Vierteln auch mal einen Blick in einen der zahlreichen Hinterhöfe zu werfen. Die durch alte Backsteinmauern, Geräteschuppen und Veranden geprägte Atmosphäre sollte |15|man sich nicht entgehen lassen, unterscheidet sich der Anblick doch extrem von den Vorderansichten. In der Olgastraße fallen sofort die Gebäude 108–112 (4) durch ihre prächtige Fassadengestaltung in der Formensprache der Neorenaissance und des Neobarock ins Auge. Hier lohnt es sich, einen kurzen Abstecher in die andere Richtung zum 1894 erbauten Haus Olgastraße 93b zu machen, das mit seinen beiden mächtigen Atlanten eines der eindrucksvollsten Eingangsportale Stuttgarts besitzt.

In der Olgastraße geht es nur wenige Meter aufwärts, bis die Route links in die Neue Weinsteige abbiegt. Hier kann man sich an weiteren Prachtbauten mit Jugendstilornamenten, die kurz nach 1900 entstanden sind, kaum sattsehen. So das imposante weinrote Eckhaus Nr. 2 und die stattlichen Gebäude 4–6. Besonders krass ist der Gegensatz zu dem danebenstehenden würfelartigen Betongebäude aus den 70er-Jahren. Dieses Häuserensemble ist eines der besten Beispiele in der Stadt, wie extrem sich der Geschmack innerhalb weniger Jahrzehnte ändern kann. An der nächsten Kreuzung geht es links in die ruhige Alexanderstraße mit zahlreichen weiteren schönen Beispielen aus dieser verspielten Stilepoche. Besonders augenfällig ist das 1906 errichtete Doppelhaus Nr. 151/153 mit einer eigenartigen Stilmischung aus Gründerzeit und Jugendstil, die sich besonders an den aufwändigen Balkonkonstruktionen bemerkbar macht. Weitere interessante Stadthäuser stehen ca. 150 m weiter an der kleinen Kreuzung mit der Bopserstraße. Besonders das Haus Bopserstraße 30 erweckt mit seinen Türmchen und Erkern den Eindruck einer geheimnisvollen, verwunschenen |16|kleinen Burg. Einige Häuser weiter geht es von der Alexanderstraße rechts die Schickstaffel hoch zur Danneckerstraße. Man kommt an weiteren schönen gründerzeitlichen Stadthäusern vorbei und geht anschließend rechts durch die Wächterstraße. Am Straßenende hält man sich links, quert die stark befahrene Hohenheimer Straße und wandert über die ansteigende Dobel- und Sonnenbergstraße nach rechts in die Neefstraße. Das am Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Quartier in diesem kleinen Tal ist eine schöne, reizvolle Mischung aus alten Gärten und netten, kleineren gründerzeitlichen Stadthäusern mit vielen schönen Details. Besonderes Interesse dürften die hier vielfach noch erhaltenen Gartentore mit den ausgefallensten Jugendstilornamenten wecken. Von hier steigt man die zahlreichen Stufen des Oberen Reichelenbergwegs hinauf zur aussichtsreichen Bopserwaldstraße. Dort biegt man rechts ein und geht leicht bergab Richtung Weißenburgpark. Unterwegs hat man immer wieder faszinierende Ausblicke auf die Stadt. Durch den Park schlängelt sich der Weg serpentinenartig nach oben zum wunderschönen Teehaus und Marmorsaal (5).

An einem schönen Sommertag kann man eine Einkehr in dieser grünen Oase nur empfehlen. Etwas oberhalb davon befindet sich im Park einer der herrlichsten Aussichtspunkte auf die Stadt (6).

Anschließend überquert man etwas unterhalb die stark befahrene Neue Weinsteige an der Kreuzung mit der Hohenheimer Straße und geht links hinunter durch die ab hier etwas ruhigere Fortsetzung der Neuen Weinsteige, bis nach ca. 400 m auf |18|der linken Seite die Treppen zur Cottastraße herunterführen. Die Cottastraße mit vielen schönen Stadthäusern aus der Gründerzeit geht man bis zur Olgastraße abwärts, vorbei an dem außergewöhnlichen Haus Nr. 63 mit Klinkerfassade und Jugendstilornamenten. Nun quert man links die Immenhofer Straße und begibt sich in die Filderstraße. Man geht am alten Fangelsbachfriedhof, auf dem u.a. die Gräber des Philosophen Immanuel von Fichte, des Baumeisters Nicolaus Friedrich von Thouret sowie des Fabrikanten Gustav Siegle zu finden sind, entlang bis zum Markusplatz. Dieser hat zwar mit dem gleichnamigen Platz in Venedig bis auf den über dem Platz thronenden Markuslöwen nicht sehr viel gemeinsam, aber durch die 1906–08 vom Architekten Dolmetsch in „protestantisch verhaltenem“ Jugendstil erbaute evangelische Markuskirche (7) und die umliegenden Wohngebäude mit ihren interessanten Fassaden und dem alten Baumbestand ist er durchaus einen Besuch wert. So fallen besonders die Gebäude Markusplatz 1–3 und Filderstraße 27 durch ihren eigenwilligen Baustil auf. Besonders reizvoll ist auch das gleich neben der Kirche in der Römerstraße liegende Pfarrhaus, dessen Garten von einer Mauer und einem Türmchen umgeben ist. Obwohl mitten in der Großstadt gelegen, verbreitet es doch eine beschaulich ländliche Atmosphäre. Die Markuskirche ist neben ihren Stilornamenten architektonisch sehr interessant, da sie als eine der ersten Sakralbauten überhaupt in Eisenbetonkonstruktion erstellt wurde. Sehr schöne Jugendstilhäuser sind auch in der oberen Römerstraße zu finden, so z.B. das 1903 von Heim & Sipple erbaute Haus Nr. 40. In der von der |19|Filderstraße nach links abzweigenden Pelargusstraßegibt es ein spanisches Restaurant mit einem kleinen Gartenlokal. Hier lohnt sich für Neugierige unbedingt noch ein Blick in die Liststraße, deren Häuser in diesem Teil des Lehenviertels durch ihre teilweise außergewöhnlichen Jugendstilformen eine wahre Augenweide sind.

Teehaus und Marmorsaal gehörten zu der Anfang der 60er-Jahren abgerissenen Villa Weißenburg des Seifen- und Ölfabrikanten und Ägyptenforschers Ernst von Sieglin. Die Villa wurde im 19. Jahrhundert auf dem Gelände der 1312 zerstörten Weißenburg erbaut und später als Luft- und Molkekuranstalt genutzt. Im verbliebenen Teehaus mit herrlichen Deckenmalereien von Julius Mössel, der auch an der Ausgestaltung des Großen Hauses (Oper) beteiligt war, befindet sich heute ein kleines Restaurant mit Gartenwirtschaft. Der darunterliegende Marmorsaal wurde im Stil eines antiken Nymphäums in den Hang gebaut.


Juwel im Weißenburgpark: das Teehaus

Wirklich eindrucksvoll sind die 1903/04 vom Architekten Walz erbauten Stadthäuser Liststraße 30 bis 34 mit ihren sehr auffällig gestalteten Turmaufbauten und Balkonen. Besonders das Haus Nr. 30 hat sehr interessante Jugendstildetails. Ansonsten führt der Weg weiter über die Filderstraße. Augenfällig durch ihren Baustil sind auf der linken Seite besonders das Eckhaus zur Lehenstraße Nr. 43 (Restaurant Sultan Saray) mit verspielten Jugendstilornamenten und das Gebäude „Theaterhaus Rampe“ (Nr. 47), dem alten Zahnradbahnhof der Architekten Lambert & Stahl. Die Zahnradbahn, auch kurz „Zacke“ genannt, die die Innenstadt mit Degerloch verbindet, wurde bereits 1884 eröffnet. Später wurde der untere Bahnhof an den Marienplatz verlegt (siehe Tour 2).

Die Tour endet nach Überquerung der Stuttgarter „Stadtautobahn“, der Hauptstätter Straße, am Marienplatz (8). Dieser Platz ist gut an den steil nach oben gehenden Gleisen der Zahnradbahn und dem 1902/03 erbauten monumentalen Prachtbau Filderstraße 61–65 mit seinen üppigen Stilformen des französischen Barock zu erkennen.

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