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Das Abenteuer der Resonanz

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Wie damals geht es auch heute noch darum, auf der Spielwiese des Alltags gleich vierfach das Abenteuer der Resonanz als Ermutigung zu entdecken: Einmal dadurch, im Gespräch miteinander erleben zu dürfen, mit unseren Gedanken und Gefühlen nicht allein zu sein und sich von anderen verstanden zu wissen; über Unterschiede hinweg „gut“ miteinander zu „können“, einen „Draht“ zueinander zu finden, weil, wie wir manchmal sagen, zwischen uns „die Chemie stimmt“.

Nicht weniger wichtig ist die Erfahrung, dass Auseinandersetzungen Gelegenheiten bieten, die eigenen Gedanken zu schärfen, in einer Streitkultur die Kunst zu üben, Argumente präziser zu formulieren, daran zu wachsen, den Horizont zu erweitern und sich über Dazugelerntes und neue Sichtweisen freuen zu können. Der Volksmund weiß ja nicht nur, dass „Gleich und Gleich sich gern gesellt“, sondern auch, dass Gegensätze sich anziehen, weil er aus Erfahrung weiß, wie viel Kraft und Potenzial in klug geführten Auseinandersetzungen stecken. Vorausgesetzt freilich, beide Seiten sind dabei mehr am Gemeinsamen als am Trennenden interessiert, mehr an Klärungen als an Siegen.

Das dritte und vierte Feld der Resonanz als ermutigende Erfahrung sind eng verwoben und die geheimnisvollsten und schönsten, weil sie aus der Stille kommen und wieder in die Stille führen. Sie lassen staunen, sie bedürfen keiner Worte. Das dritte Feld lässt sich am besten mit dem Bild der Reise und des Unterwegsseins fassen, mit dem Erreichen eines Ziels – in der äußeren wie inneren Welt. Ist man angekommen, gibt es einem das Gefühl, mit Menschen und auch mit den Orten, an denen sie leben, verbunden zu sein, sich geborgen und nicht allein (gelassen) zu fühlen.

Dieses Feld ist aber gleichzeitig das am schwersten zu fassende, weil es den Menschen auch mit den Abgründen des Menschen konfrontiert und ihn so die Orte, an denen solches passiert, meiden lässt, weil er an ihnen nicht freiwillig an negative Erfahrungen im menschlichen Miteinander erinnert werden möchte. Solche Erfahrungen gipfeln nicht selten in dem Satz: „Dort gehe ich nicht (mehr) hin!“ Damit kommt zum Ausdruck, wie mühsam und belastend es sein kann, an Negativ-Erlebtes erinnert zu werden; gleichzeitig aber wird dadurch auch bewusst, dass ein Mensch dem Leben und seinen täglichen Zumutungen nicht immer nur ausweichen, sondern daran auch wachsen kann. Resonanz erscheint so als die Grundmelodie allen Lebens, der sich kein Mensch zu verweigern vermag.

Bei allem, was er unternimmt, bietet ihm das Leben eine Spielwiese für das Abenteuer der Resonanz: Einmal in inniger Begegnung und Übereinstimmung mit anderen Menschen, dann in der Abgrenzung von ihnen beziehungsweise in der Auseinandersetzung mit ihnen; und das alles immer und überall in Verbindung mit der Natur und den konkreten Ereignisorten. Die dort erfahrenen Erlebnisse lassen seine erlebten Erfahrungen unverwechselbar an diesen Ort gebunden sein, und wenn er davon später zu erzählen beginnt, wird er immer zu sagen wissen, wo und wann sich etwas mit wem ereignet hat. Von der Geburt bis zum Ende seines Lebens ereignet sich so das Abenteuer der Resonanz unter den Koordinaten von Ort, Zeitpunkt und Weggefährten. Was immer Menschen einander erzählen, lebt aus dieser Grundstruktur.

Das vierte Abenteuer der Resonanz auf der Spielwiese des Lebens ereignet sich im Erleben von Kreativität, Kunst, Kultur und der auch damit verbundenen spirituellen Erfahrung, in der Lust, die Welt nicht nur zu erleben, sondern sie auch zu gestalten. Den Höhepunkt jeder Art von Resonanzerfahrung erlebt ein Mensch dort, wo ihm die Sprache versagt, wo er bei dem, was er erlebt, vergebens ums Wort ringt, ihm der Mund offen bleibt, er nichts zu sagen vermag ob des Entsetzens oder des unvermutet von menschlicher Schöpfungskraft gestalteten Schönen, mit dem er sich plötzlich konfrontiert sieht.

Der ermutigte Mensch

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