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1.Tétouan: Spanisch-maurisches Kleinod am Rande des Rif

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Kaum bekannt und wenig besucht: Die Altstadt von Tétouan mit ihren verwinkelten Gassen, quirligen Souks, prächtigen Stadthäusern und der mächtigen Stadtmauer zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Andalusien liegt nahe – das macht sich in Nordmarokko nicht nur in der Architektur, sondern auch im Spracheinfluss bemerkbar. So sprechen in Tanger, Tétouan und Chefchaouen viele Menschen eher Spanisch als Französisch. Von 1912 bis zur Unabhängigkeit 1956 gehörte Tétouan wie Tanger zur spanischen Protektoratszone in Nordmarokko. Nur elf Kilometer sind es bis zur Mittelmeerküste und den Badestränden zwischen Martil und Ceuta, an denen im Hochsommer marokkanische Familien Urlaub machen. Die Hafenstadt Ceuta ist bis heute eine spanische Exklave, mit der Tétouan intensive Handelsbeziehungen pflegt.


Das Häusermeer von Tétouan erstreckt sich über die Hügel am Rand des Rif-Gebirges.


Prächtiger Mosaikbrunnen in der Altstadt

Im Gegensatz zu Tanger rund 60 Kilometer nordwestlich gelegen und Chefchaouen, 60 Kilometer weiter südlich, hat es Tétouan nie auf die touristische Landkarte geschafft. Völlig zu Unrecht, denn die Provinzhauptstadt mit mehr als 400.000 Einwohnern wird wegen ihrer Schönheit auch „Die weiße Taube“ (La Colombe Blanche) genannt – unzählige weiße Häuser erstrecken sich zwischen den Hügeln am Rand des Rif-Gebirges und heben sich besonders im Frühjahr saftiggrün von dem blauen Himmel ab. Doch Tétouan ist nicht nur wegen seiner Lage zwischen Meer und Bergen, sondern wegen seiner einzigartigen Mischung aus spanischen und maurischen Elementen interessant.

Vom zentralen Place Moulay el Mehdi führt die Avenue Mohamed V. ostwärts in Richtung Königspalast. Prächtige Kolonialfassaden schmücken die Häuser an der gepflasterten, von Cafés gesäumten Fußgängerzone. Ganz untypisch für arabische Städte haben die Gebäude aus der spanischen Protektoratszeit im Ensanche-Viertel große Fenster, schmuckvolle Erker und schmiedeeiserne Balkone. Besonders abends herrscht hier und in den umliegenden Straßen reges Leben. Rund um das Centro Cultural Espanol verkaufen Händler Altkleider und Schuhe. Das spanische Kulturzentrum bietet Sprachkurse, Filmabende und Veranstaltungen zum interkulturellen Austausch an. An der Place al Jala können Museumsfreunde einen Stopp im Musée d´Archéologie einlegen. Sehenswertestes Exponat ist das gut erhaltene Mosaik „Drei Grazien“ (2. Jh. v. Chr.) aus der römischen Ruinenstätte Lixus. Kurz darauf ist der von Springbrunnen umrahmte Paradeplatz Place Hassan II. mit dem Eingangsportal in den heutigen Königspalast (Palais Royal, Dar el Makhzen) erreicht. Der im 17. Jahrhundert unter Sultan Moulay Ismail erbaute Palast war einst Sitz des Kalifen, der in der spanischen Kolonialzeit als Vertreter des Sultans hier residierte. Im Gegensatz zu seinem Vater Hassan II. meidet der moderne König Mohammed VI. den Norden nicht – im Gegenteil, er ist sogar relativ regelmäßig in der Stadt zu Besuch.

Unmittelbar südlich angrenzend an den Königspalast führt die Rue Ahmed Torres durch das Tor Bab er Rouah (Tor der Winde) in die Medina (arabische Altstadt), die seit 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Die vergleichsweise übersichtliche Altstadt von Tétouan ist eine der authentischsten in Marokko. Hier spielen sich Handwerk und Handel noch (fast) unbeeinflusst vom Tourismus ab. Die Medina hat den typischen Aufbau einer orientalischen Stadt: Eine fünf Kilometer lange Stadtmauer umschließt die Medina, sieben Stadttore (arab. Bab) bieten Einlass in das Gassengewirr. Breitere Hauptgassen führen durch die Marktviertel (Souks), die traditionell nach Handwerkszweigen gegliedert sind: Hier kann man Kupfer- und Silberschmieden, Tischlern, Gerbern, Töpfern, Schneidern etc. bei der Arbeit zusehen.


In den Souks herrscht typisches Markttreiben.


Beim Bummel durch die Gassen der Medina begegnet man kaum Touristen.

Vor allem für Orientneulinge ist es unvermeidbar, sich zu verirren – am besten man lässt sich einfach treiben und die fremden Gerüche, Geräusche und Eindrücke auf sich wirken. Es findet sich immer eine hilfsbereite Person, die gegen ein paar Dirham Trinkgeld wieder zurück zum Bab er Rouah führt. An der Place Ghersa Kebira verkaufen Händler Webstoffe und gebrauchte Textilien. Auf der Westseite des Platzes lohnt sich ein Blick in die Medersa Loukach (Musée du Patrimoine Religieux). In der ehemaligen islamischen Hochschule gibt es typisch maurische Architektur zu bewundern.

Weiter Richtung Osten durch die Souks geht es vorbei an der Großen Moschee (Jamaa Kebira) zum Stadttor Bab Oqla, wo die Rifbauern der Umgebung ihr Gemüse und Obst verkaufen. Hier sollte man es nicht verpassen, das Musée d´Ethnographie (Ausstellung von Kunshandwerk und Trachten in einem Palastgebäude) und die Ecole des Métiers d´Arts zu besuchen. Die Kunsthandwerksschule im prachtvollen Palast Dar Sanaa zeigt in ihren Ausstellungsräumen die Vielfalt des marokkanischen Kunsthandwerks: Mosaikkunst (Zellij bzw. Zellige), Holzmalerei, Lederbearbeitung und Stickerei aus Tétouan zählen zu den besten und raffiniertesten des Landes.

Um die Runde zu vollenden, spaziert man nun entlang der Stadtmauer (Avenue Hassan I.) und durch den Park Jardin Moulay Rachid zurück ins spanische Viertel (Ensanche).

Info

Lage: Tétouan liegt etwa 60 km südöstlich von Tanger zwischen Mittelmeerküste und Rif-Gebirge.

Anfahrt: Internationale Flüge nach Tanger und Casablanca. Von Tanger auf der guten Asphaltstraße N2 nach Tétouan. Von Casablanca (ca. 6 Std.) und Tanger verkehren auch mehrmals täglich Busse.

Öffnungszeiten:

Medersa Loukach (Musée du Patrimoine Religieux), Place Ghersa Kebira, Di-So 10-17 Uhr

Ecole des Métiers d´Arts und Musée d´Ethnographie bei dem Stadttor Bab Oqla, Mo-Fr 9-16:30 Uhr

Musée d´Archéologie, 2 Avenue Mohamed Ben Hesain / Place el Jala, Mo-Sa 10-18 Uhr

Eintritt: Die Museen kosten jeweils etwa 70 Dirham Eintritt.

Aktivitäten: Bummel durch die Souks, Besuch der Museen, Spanischkurs und Kulturveranstaltungen im Centro Cultural Español (Instituto Cervantes), baden an den im Sommer viel frequentierten Mittelmeerstränden zwischen Martil und Ceuta (Tamuda Bay), Ausflug zur kleinen Bucht von Oued Amsa mit einem ruhigen, schönen Sandstrand wenige Kilometer südlich von Tétouan

Unterkünfte:

Blanco Riad, das wunderbare Hofhaus mit Arkaden und Stuckdekor verbindet maurische Architektur mit modernem Design. Komfortable Zimmer um den Patio, Dachterrasse mit Ausblick, günstige Lage in der Medina nahe Place Hassan II. 25 Rue Zaouia Kadiria, Medina, Tel.: +212 539 70 42 02, blancoriad.com

El Reducto, das üppige Stuck- und Zedernholzdekor deuten darauf hin, dass dieser Palast einst die Residenz des spanischen Premierministers war. Die Zimmer sind originell eingerichtet, es gibt eine schattige Dachterrasse und ein sehr gutes Restaurant. 38 Rue Zaouia Kadiria, nur ca. 100 m vom Blanco Riad auf der rechten Seite, Medina, Tel.: +212 539 96 81 20, elreducto.com

Hinweis: Wegen der Nähe zum Rif-Gebirge (Cannabisanbau) kann es vorkommen, dass man von Haschischhändlern angesprochen wird. Vorsicht ist vor allem bei freundschaftlichen Einladungen geboten.

Webseite:

visittanger.com/fr/villes/tetouan

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