Читать книгу Der Schutzgeist - August von Kotzebue - Страница 8
ОглавлениеDritte Szene.
Während ihrer letzten Worte sind drei tief betrübte Frauen in Trauerkleidern schüchtern hereingetreten: hinter ihnen drei andere in bunten Gewändern mit heiteren Gesichtern.
Adelheid.
(ihre Frauen erblickend)
Ha! (Eine Pause, in welcher sie sich zu fassen sucht)
Tretet näher —
(bei Seite) Aus der Leidensschale
Ein bittrer Zug! (laut) Ich weiß, warum
Ihr kommt —
Ich weiß, wir sehen uns zum letzten Male —
Seid standhaft wo zu klagen doch nicht frommt.
(Die fremden Frauen erblickend.)
Wer seid Ihr? und wie mögt Ihr Euch erkühnen
Hereinzutreten ohne mein Geheiß?
Eine der Frauen.
Uns ward geboten Euch hinfort zu dienen.
Adelheid.
Wohl! so gehorcht und geht! (Die Frauen entfernen sich)
Den Trauerkreis,
Den kummervolle Lieb' um mich gezogen —
Entweihen soll ihn mir kein fremdes Herz;
Der um die letzte Freude mich betrogen,
Belausche nicht den letzten, heil'gen Schmerz.
Ihr weint? — ein Balsam für die leidende Seele
Der Tränen Tau auf bleichem Angesicht!
Mein Aug ist heiß in seiner trocknen Höhle —
Ihr habt noch Tränen — ach! die hab' ich nicht! —
Wir sollen uns für diese Welt nun trennen
Auch Euch entreißt mir höhnende Gewalt!
Ich soll die teuren Namen nicht mehr nennen,
Die in der Wiege schon das Kind gelallt.
Von Eltern und von Vaterland geschieden
Stand ich umringt von lauter Fremden da;
Ach! da gewährt' es mir oft stillen Frieden,
Wenn ich die wohlbekannten Züge sah. —
(Zu der Ersten.)
Auf deinem Arm, in kindlich frohen Scherzen,
Hab' ich die ersten Jahre süß verträumt;
Auf deinem Arm, an deinem Mutterherzen
Hat meine erste Geisteskraft gekeimt. —
(Zu der Zweiten.)
Und du, Gespielin meiner Kindheit —
Schwester!
Die mir ein gleiches Alter zugesellt —
Ein süßes Band umschlang uns beide fester,
In dieser neuen, ach! so fremden Welt. —
(Zu der Dritten.)
Camilla, du von meiner muntern Jugend
Die ernste, doch so milde Führerin,
Du zeigtest mir den steilen Pfad der Tugend
Und streutest Blumen freundlich drüber hin.
Dir hofft ich einst die Augen zuzudrücken —
Euch allen zu vergelten wähnt' ich süß —
Fürwahr, mich selbst wollt' ich in Euch beglücken —
Versunken ist mein Hoffnungs-Paradies!
Ich bin ein armes, armes Weib geworden!
Mein Los — die Sklaverei, mein Wittum — Harm!
Ich sah schon längst mir jede Freude morden
Und selbst an Tränen bin ich arm!
Doch ohne meiner Liebe letzte Gabe
Von mir Euch trennen, sollt Ihr nicht.
Da, nehmt und teilt, s'ist alles was ich habe —
Mir ziemt der Schmuck nicht mehr, verschmäht ihn nicht.
(sie gibt ihnen die Schmuckkästlein.)
Auch die Gewänder, die ich einst getragen,
In meiner Herrlichkeit, in meinem Glück —
Sie rufen Euch von unsern bessern Tagen
Die wehmutsvoll' Erinnerung zurück.
Nehmt alles hin! mir ist kein Gold gesponnen!
(sie deutet auf das Pilgerkleid)
Mir bleibe nur dies härene Bußgewand,
In dem zu spät die Wallfahrt ich begonnen
Zur heil'gen Jungfrau in der Römer Land.
Im Pilgerkleid hofft' ich das teure Leben
Von ihrem Wunderbilde zu erflehn,
Und musste mir den Witwenschleier weben,
Denn ach! daheim — schon wars um ihn geschehn! — —
Vergebens hatt' ich mit betränten Wangen,
Mit wunden Knien heißer mich gefleht!
Auch seinen letzten Seufzer zu empfangen —
Es war mir nicht vergönnt — ich kam zu spät!
Verstumme endlich, klagend Herz, verstumme!
Denn ach! wer hört dich, wer versteht dich hier?
In dieses kalten Drohnenschwarms Gesumme
Die Einzigen, die Letzten, raubt man dir! —
Gehabt Euch wohl! des Wiedersehens Freude
Im Vaterland vergäll' um mich kein Schmerz;
Verheimlichet dem Vater was ich leide
Und schont mir auch das weiche Mutterherz.
Mein Kindergärtchen wollet künftig pflegen —
Die alten Diener — Jeder sei gegrüßt —
Noch einmal meinen Dank — und meinen Segen —
Nun fort! fort eh mir Blut vom Auge fließt!
(Die Frauen küssen weinend ihre Hände und gehen.)