Читать книгу Adelaide - Augusta von Goldstein - Страница 8

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„Ruhig liebe Gräfin! Er soll uns nicht wieder davon flattern“, sagte der regierende Fürst von *** zu Ludmillen — „Seine Unstätigkeit, sein Treiben entsteht aus Mangel an Geschäften, die nur allein seinem Geist genügen können. Er will ordnen, schaffen, verbessern.“

„Und kann er das nicht? — Verzeihen Ew. Durchlaucht! — Sind die Sorgen eines Vaters, die Verwaltung seiner Domainen nicht auch Beschäftigungen eines thätigen, Nutzen bewirkenden Mannes?“

„Für jeden Andern — ja, dem es löblicher und zugleich bequemer dünkt, sich in seinem 34sten Lebensjahr zur Ruhe auf sein ländliches Schloß zu setzen, und dann so en passant aus angebohrner Wirthschaftlichkeit ein wachsames Auge auf die Inspektors, Amt- und Verwaltersleute seiner Güter zu haben; und endlich als klugthuender Papa seinen Söhnen die Vokabeln überhört. — Nur ihr Gemahl vermag damit allein seine Stunden nicht auszufüllen; sein Wirkungskreis muß größer, sein Einfluß bedeutender seyn.“

„Aber wie, Monseigneur?“ —

„Ich hoffe damit, zu unser allerseitigen Zufriedenheit in’s Reine zu seyn.“

„Mein Gemahl schmeichelt sich bereits mit einem Auftrag beehrt zu werden — der indessen nur auf kurze Zeit ihn beschäftigen, und dann die Einförmigkeit des Daheimseyns um so lästiger machen würde.“

„Ah, Sie sprechen von der Unterhandlung mit dem ***schen Hofe wegen der Vermählung meines jüngsten Bruders. In der That, ich glaube sie keinen bessern Händen anvertrauen zu können. Doch das ist eine Affaire von sechs Wochen höchstens — und wollte ich ihm dann eine Charge am Hof oder im Zivil anbieten, dies würde ihm einen geringen Begriff von meiner Erkenntlichkeit geben — er schlüge sie ohne weiteres aus. Aber ich habe einen sicherern Plan, bei dem ich selbst gewinne, und den mir der kapriciöse Mann gewiß nicht zu Wasser machen wird.“

„Das gebe der Himmel!“ seufzte die Gräfin, denn sie wußte zu gut, wie Alexis über den Dienst in kleinern Staaten dachte, und, wiewohl dieser Fürst, dessen Vasall er war, sich unter die ansehnlichsten des Deutschen Reichs rechnen durfte, so hatte ihm doch immer die Pygmäengröße ihrer Diener nur zum Spiel seines Witzes, und ihre kleinliche Titelsucht zum Mitleid, den Stoff geliehen. — Aber diesmal wurden ihre Wünsche über ihre Erwartung erfüllt; wie wohl auch hier das Schicksal den Becher wohlthätiger Gewährung mit einigen Tropfen Wermuth vermischte.

„O wärst du Philemon und ich Bauzis!“ seufzte abermals Ludmilla, und kräuselte mit Thränen im Auge, die blendend weiße Straußfeder, welche jetzt den Generalsgrad ihres Alexis auf seinem Hute bezeichnen sollte —

„Dann hätten wir Beide ein halbes Sekulum mehr von unserm Lebensknaul abgewickelt“ nahm der neucreirte Feldherr das Wort. „Aber ich glaube, meine Bauzis würde noch auf die gesunden Pulsschläge ihres Philemons eifersüchtig seyn; sie würde wähnen, so lange uns Beide nicht ein und dasselbe Grab deckte — mit dem Himmel hadern zu müssen, daß ich mein — wenn auch schon gebrochnes Auge nach Süden wende, während Ihr matter Blick nach Osten gerichtet ist.“

„Mir das? — o Alexis! Wie ungerecht seyd Ihr Männer!“

„Und wie wankelmüthig ihr Weiber! — Noch vor einigen Wochen war dein heißester Wunsch, mich im Dienst des Vaterlandes an dasselbe gefesselt zu sehen. Und jetzt, da alles nach deinem Verlangen sich fügt, schwimmt dein Auge in Thränen.“

„Soll ich fröhlich der Gefahr, dich auf immer zu verlieren — Dank zulächeln? — Kann dich nur dann dein Vaterland fesseln, wenn ein bevorstehender Krieg dich auffordert für dasselbe zu bluten; dein Weib zur Wittwe, deine Kinder zu Waisen zu machen — o so verlaß es! Darf ich dir nicht folgen, so weiß ich doch dein Leben in Sicherheit.“

„Ludmilla! — Wahrlich, nur dem Uebermaaß deiner Liebe verzeih ich die mehr als weibliche Schwäche. — In einem frommen Stift erzogen, lerntest du wohl die Erfordernisse zarter weiblicher Tugend kennen — aber für die gemeinsten Begriffe von der Ehre des Mannes scheinst du keinen Sinn zu haben; deßhalb würde ich Erläuterungen dieser Art bei dir nur tauben Ohren predigen.“

„Ach, leider weiß ich, daß den Männern das Phantom der Ehre heiliger seyn muß, als die reellere stille Zufriedenheit häuslichen Familien Glücks! — Aber ich bin zu wenig Heldin, um mich mit Anerkennung dieser Nothwendigkeit zu trösten.“

„Aber doch wohl billig genug, mir zu glauben, wenn ich Dir — eben als Mann von Ehre betheure: daß ich mich, Dich und Deine Kinder brandmarkte, blieb ich müßig daheim und nähme die Aufforderung des Fürsten nicht an — und Dich dann mit dieser Ueberzeugung zu beruhigen?“

„Freilich, das Generalat über sämmtliche Truppen ist zu ehrenvoll! — Aber der drohende böse Krieg“ — —

„Bewog mich, das Generals-Patent anzunehmen. Ich bin kein Held in Friedenszeiten! — Der Fürst soll sich hoffentlich in seiner Erwartung nicht betrogen haben.“

Und Alexis rechtfertigte das Vertrauen des Fürsten, welcher nicht allein mit seinem ansehnlichen Reichscontingent — so er zu dem ausbrechenden Kriege stellen zu müssen erwartete — Ehre einlegen, sondern auch sein Land auf den Nothfall in gehörigen Defensionsstand setzen wollte. — Hier war es, wo Graf Wallersee zu gewinnen stand. Ruhm und Ehre konnten ihm, auf dem Posten, den er jetzt bekleidete, weder geschmälert, noch seinen Plänen in der Armee, deren Befehlshaber er war, entgegengearbeitet werden. Er organisirte seine Truppen nach der bessern Einsicht eines geschickten Feldherrn, bereiste die Gränzen, ließ die befestigten Plätze ausbessern, sorgte für Vorräthe, setzte die Feldbäckerei, das Proviantfuhrwesen in Stande, und zwar alles in der größten Stille. Als die übrigen Hülfs-Armeen, erst aus ihrem Schlummer geweckt, den Wind sondirten, um zu wissen, welche Segel wohl aufzuspannen wären, erwartete das Wallerseesche Korps schon längst nur die Ordre zu satteln und aufzumarschieren.

Der Krieg dauerte kurze Zeit; Hauptaktionen waren wenig vorgefallen. Krankheiten unter den Truppen, Noth und Theurung in den Ländern, wo sich der Feind einlagerte, Marodiren der undisciplinirten Korps, die nicht selten Raub und Plünderung schwachbesetzter Ortschaften zur Folge hatten, waren allein die Furien, die den träg dahin schleichenden Mars begleiteten, und seine Saumseligkeit durch ihre Aktivität ersetzten.

Demohnerachtet hatten sich die ***schen Truppen, deren Chef Graf Wallersee war, bei jeder Gelegenheit durch Ordnung, Ambition und Muth ausgezeichnet. Es ereigneten sich mehrere Fälle, in denen Alexis bewies, daß der Kommandostab in den Händen eines vollkommnen Genies und sein Fürst mit Fug und Recht stolz war, ihm solchen überreicht zu haben. —

Arnulph hielt jetzt die Alliance mit diesem Fürsten ungleich wichtiger, da die Dauer des so bald erfolgten Friedens eine eben so baldige Endschaft befürchten ließ; um so willkommner war ihm die schon vorhin erwähnte Verbindung beider Häuser durch die Vermählung des jüngern Prinzen von *** mit einer Nichte des Königs. Die wegen des Krieges abgebrochnen Unterhandlungen wurden wieder angeknüpft. General-Lieutenant Wallersee übernahm den ehrenvollen Auftrag, als fürstlicher Freiwerber sich Arnulphen vorzustellen, und dieser empfing ihn mit einer Auszeichnung, welche von einem Arnulph, dessen Art zu schmeicheln zwiefach berauschend war — unserm Alexis die vollkommenste Genugthuung für ehemalige Mißverständnisse gab. — Nicht allein die Vermählung wurde unter sehr vortheilhaften Bedingungen für das fürstliche Haus angenommen, sondern Verbindungen für alle künftige Fälle zwischen beiden Regenten geschlossen, welche dem Stolz des Einen, und den reellen Vortheilen des Andern sehr wesentlich entsprachen.

Mit Ehrenbezeugungen, mit königlichen Freundschaftsversicherungen überhäuft, mit dem Orden des Königlichen Adlers geziert, kehrte Alexis von seiner Gesandschaft zurück. Fast hielt sich der Fürst außer Stande, ihn — der nur durch Nahrung seines unbegränzten Ehrgefühls belohnt werden konnte, seine Dankbarkeit zu bezeugen. Das Gouvernement über sämmtliche fürstliche Staaten war ihm ohnedem gewiß, und Serenissimus gewannen selbst dabei, wenn er es jetzt anzutreten sich nicht weigerte.

Adelaide

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