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Neuntes Kapitel

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Gott, mein Gott, welche Not erfuhr ich da und welchen Spott! Da mir in den Knabenjahren als Richtschnur für das Leben empfohlen wurde, denen zu gehorchen, die mich ermahnten, dass ich zur Zeit vorwärtskäme, und mich auszeichnete durch rhetorische Kunstfertigkeit, welche Ehre bei den Menschen nur trügerische Reichtümer verschafft. Dann wurde ich zur Schule geschickt, Wissenschaften zu erlernen, deren Nutzen ich Beklagenswerter nicht einsah, obwohl ich, war ich träge im Lernen, geschlagen wurde. So schien es den Eltern gut, und viele vor uns, die ihr Leben also hinbrachten, hatten dornenvolle Pfade vorgebaut, welche wir Söhne Adams wandeln mussten unter verdoppelter Mühe und Qual. Wir fanden aber Menschen, o Herr, die dich anriefen, und von ihnen lernten wir nach unserem Vermögen, dass du ein mächtiges Wesen seiest, das uns erhören und helfen könne, wenn auch unseren menschlichen Sinnen verborgen. Denn schon da ich noch ein Knabe war, begann ich zu dir zu beten, du, meine Hilfe und Zuflucht, und im Gebet zu dir brach ich die Bande, die meine Zunge fesselten, und flehte zu dir, noch klein zwar, doch mit großer Innigkeit, dass ich in der Schule doch keine Schläge bekäme, und da du mich nicht erhörtest, was mir zum Heile war, spotteten die Erwachsenen, ja selbst meine Eltern, die doch nur mein Bestes wollten, über die Schläge, die ich bekam und die mir damals ein großes und schweres Leid zu sein schienen.

Hat jemand, o Herr, einen solch starken Geist, mit so überschwänglich großer Liebe dir anhängend, gibt es, sage ich, irgendjemanden – denn eine gewisse Stumpfheit bewirkt dies auch –, der so erhaben gestimmt, mit solcher Frömmigkeit an dir hinge, dass er die größten und verschiedenartigsten Foltern, von denen verschont zu werden alle Welt ängstlich fleht, so gering achtete, dass er diejenigen verlacht, welche sich davor ängstigen und zittern, wie unsere Eltern die Marterwerkzeuge verlachten, mit denen wir Knaben von den Lehrern geschlagen wurden? Denn nicht weniger fürchteten wir uns davor noch flehten wir weniger zu dir, sie von uns abzuwenden, und doch sündigten wir dadurch, dass wir uns weniger mit Schreiben und Lesen und Denkübungen beschäftigten, als es von uns gefordert wurde. Gedächtnis und Anlagen fehlten uns keineswegs, o Herr, du hattest uns selbst davon für unser Alter hinreichend verliehen; aber das Vergnügen am Spiel war es, und es wurde an uns von solchen gestraft, die selbst dergleichen trieben. Aber die Spielereien der Erwachsenen nennt man Geschäfte; Knaben aber, welche sie trieben, wurden von den Erwachsenen gestraft, und niemand erbarmt sich der Knaben, noch jener, noch beider. Würde wohl ein gerechter Schiedsrichter es billigen, dass ich geschlagen wurde, weil ich als Knabe oft Ball spielte und durch solches Spiel am schnellen Erlernen der Wissenschaften behindert wurde, mit denen ich späterhin noch hässlicher spielen sollte; oder handelte der selbst irgendwie anders, welcher mich schlug und der mehr vom Neid und von Galle gequält wurde, wenn er in irgendwelchem geringfügigem Wortgefecht von einem gelehrten Rivalen überwunden wurde, als wenn ich im Ballspiel von einem Mitspieler übertroffen wurde?

Bekenntnisse-Confessiones

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