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Von der Treulosigkeit meiner ungeborenen Söhne

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Einmal im Sommer stand ich an den Türrahmen gelehnt und blickte in die Küche, wo Valentina Maria am Ofen Salsa zubereitete. Sie führte die Küchengeräte mit achtloser Sicherheit und trug ein geblümtes Sommerkleid, unter dem sich ihr Bauch hervorwölbte. Sie erschien mir wie ein Gespenst, das ein Versprechen aus einer früheren Zeit erfüllt, und ich war für den Moment reglos. Auf dem Boden krabbelte Rebekka, das Mädchen über dessen Namen wir uns tödlich zerstritten hatten.


Seit das Mädchen ihren Namen hat, trägst du diesen Blick, sagte Valentina Maria, sie hatte bei ihrer Arbeit innegehalten und betrachtete mich. Ich wandte mich ab und ging.


Dieser Sommer war von einer besonderen Schwüle, die über Tage und Wochen anhielt, bis alle Kleidung klamm war und die Schuhe von innen heraus verrotteten. Wir alle litten unter der Schwüle gleichermaßen und jeder für sich alleine, denn es gab kein Entkommen. Die Feuchtigkeit war in unsere Gehirne gedrungen und hatte unsere Gedanken ersetzt. Unsere Köpfe schmerzten von den hoffnungslosen Versuchen, sie zu eröffnen und wir hielten es in unseren Kleidern so wenig aus, wie wir es ohne sie aushielten. Nur mühsam hatten wir uns daran gewöhnt und waren zum Alltag übergegangen.


Mein Vater, ein alter Lügenpriester, den die Straßen irgendeiner versunkenen Stadt hervorgewürgt hatten, schritt mit seiner Frau durch meine Tür. Er sprach vom Weltenende, wenn alles in gleichsamer Feuchtigkeit verfault, und begann, nachdem er zwei Flaschen Agavenwein geleert hatte, zu schreien und nach Valentina Maria zu schlagen.


Du bist eine Missgeburt, sagte ich. Man hätte dich schon lange begraben sollen.

Die Frau blickte seinen wankenden Schritten nach, durch ihre sternenen Brillengläser hindurch, bevor sie wie von Fäden gezogen von ihrem Schemel emporstieg und davon schlurfte.

Wir sind alle Todgeweihte, schrie der Mann. Verfaulte, aus unserem Innersten heraus.

Er spricht schlimme Dinge, sagte Valentina Maria. Er ist wie du.

Ich hatte den Tod in Rebekka gesehen als ich das Neugeborene in den Armen hielt und das verborgene Gewürm aus ihren Herzohren kriechen hörte. Ich sah Rebekka blühen, wie ein Korallenbaum in der unwahrscheinlichen Zukunft.

Es gibt keinen unerwarteten Tod für ein vom Beginn an zum Sterben verdammtes Geschöpf.


Lange nachdem wir Rebekka vergraben hatten, war Valentina Maria wieder schwanger geworden und ich sah, wie sie täglich mehr durch die wuchernde Eihülle ausgefüllt wurde, die den anmutigen Platz ihres Körpers weder mit mir noch mit Valentina Maria teilen wollte. Ihre Haut wurde weich und formlos, sie ging auf wie Hefeteig. Eines Morgens wachte ich neben einer überlebensgroßen Qualle auf, die vom unermüdlichen Rauschen des Ozeans ihres Herzens sprach und auf der Seepocken und Algen wuchsen. Sie sagte, es wird ein neues Mädchen werden, und ich sagte, du kannst nur Huren aus dir herausbringen.


Ich wollte keinen Namen für das Kind, auch nicht für einen Grabstein, Herrgott, ich wollte keinen Namen für meinen eigenen Grabstein.

Meine Freunde lachten mich aus. Du hast eine Hure geheiratet, sagten sie. Huren gebären Huren. Und sie leerten den Aguardiente.

Als ich in dieser Nacht die Wohnung betrat, war Valentina Maria wach. Sie stand in der Mitte des Raumes, die Arme auf dem Rücken verschränkt.

Ich werde dich ertränken, sagte sie. Ich sank zu Boden und Valentina Maria bettete meinen Kopf an ihre Brust. Sie presste die Finger in meine Augen bis Tränen heraus schossen. Das Herz ihres Meeres brauste. Du wirst der schönste Ertrunkene von der Welt sein, sagte sie. Sie war das einsamste Wesen auf Erden.


Von Markus Eichelmann (Vessel)

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