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REISEN 1

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Für eine Reise hierher gilt jene Devise, die wir ganz vorne auf der Speisekarte im Restaurant des Hotels El Pilar in La Carlota in der Provinz Córdoba finden:

Schauen Sie vorbei und lassen sie glücklich.

Wie aber gelangen wir an unser Ziel?

Wie können wir vorbeischauen und uns glücklich lassen?

Mit dem Auto?

Da ziehe ich die Mail von Frau L. aus Laudenbach (Bergstraße) aus dem Ordner. Sie schrieb mir, als Kind habe sie oft Radio gehört, samt Verkehrsnachrichten. In denen sei immer wieder von c-flüssigem Verkehr die Rede gewesen, was in ihr (der kleinen L. also) die Frage aufwarf, warum denn niemals vom a-, b- oder d-flüssigen Verkehr die Rede sei; nie berichtete man darüber, immer nur vom c-flüssigen Verkehr.

Und tatsächlich stellt man sich vor, wie es wäre, wenn die Flüssigkeit von Verkehr in die Kategorien a, b, c und d eingeteilt wäre, wie ja auch, nach der Europäischen Norm EN2, brennende Stoffe in Brandklassen sortiert sind, A, B, C, D und sogar F nämlich. A sind zum Beispiel Brände fester Stoffe, meistens organischer Herkunft. B, das ist Benzin oder Lack. C sind Brände von Gasen, D solche von Metallen, F von Speiseöl, vulgo: Frittenfett.

Und wieso nicht E, wo ist E, gibt es denn keine Brandklasse E?

»Im Jahr 1978«, lese ich bei Wikipedia, »wurde die Brandklasse E, die für Brände in elektrischen Niederspannungsanlagen (bis 1000 Volt) vorgesehen war, abgeschafft. Alle heutigen Feuerlöscher können in Niederspannungsanlagen eingesetzt werden, sofern der auf dem Feuerlöscher aufgedruckte Sicherheitsabstand eingehalten wird.«

Hätte sich das also auch erledigt, Brandklasse E, meine ich. Na ja, und entsprechend werden dann die Löschmittel eingesetzt, deshalb heißt das Pulver in Feuerlöschern oft ABC-Pulver.

Wieder was gelernt.

Wie wir auch lernen, C-Flüssigkeit des Autoverkehrs bedeutet: Besser mit der Bahn fahren!

Meinen liebsten Bahnbericht bekam ich übrigens von Herrn K. aus Ulm, er schickte mir den Text eines Werbehefts für eine berühmte, die Anden überquerende Eisenbahn. Sie fährt in Ecuador. Im Prospekt wird die Baugeschichte der Bahn erklärt, ein wunderbares und etwas längeres Zitat, das man wirklich bis ganz zum Schluss lesen muss – denn dort …

Aber bitte, hier, ich zitiere ausführlich!

»Die geschichte der transandischen eisenbahn im Jahre 1860 machte man erste planene und versuche die bahnstrecke von Guayaquil bis Quito zu haven und erst 1874 kam die erste lokomotive in Milagro an. Aber erst 1895 unter der presidentschaft von Eloy Alfaro, nahm man kontakt mit der amerikanischen konpaine Archer Harmann un Edwar Morely auf, welche daran interressiert waren die schwieriste bahnstrecke der welt wie sie zu dieser zeit hiess, zu baven … spaetr, in jahre1915 begann der bau der teilstrecke sibmbe Cuenca welcher nur sehr langsam fortschritt und erst 1930 funrder zug auf dem bahnnof el Tambo ein im august 1945 wurde die strecke bis Azoguez und am 6 maerz 1965 bis Cuenca eingeweint.«

Eingeweint.

Es gibt so viele Orte, die man zwar meinetwegen auch einweihen, aber dann gleich erst einmal einweinen müsste: Bahnhöfe, Orte der Zusammenführung und des Abschieds; Friedhöfe; und dann Taschentücher, Kopfkissen, Freundesschultern, Zwiebelschneider.

Warum ist dieses Wort bisher nur in Ecuador benutzt worden? Oder, wenn es bei uns erwähnt wurde, dann in anderen Zusammenhängen, von Weinkennern etwa, die vor einer Weinprobe einen Schluck von bereits bekanntem Wein trinken, um Mund und Schleimhäute auf andere Weine vorzubereiten, sie also einzuweinen, ähnlich vielleicht wie man ein neues Auto einfährt. (Deshalb vermutlich fand ich auf einer slowenischen Weinkarte einmal den Begriff Vinska Karta mit Weinenkarte übersetzt.)

Einzig Hildegard Knef soll das Wort einmal so genommen haben, wie es genommen werden sollte, als sie sich über Schönheitsoperationen äußerte nämlich. Ein frisch geliftetes Gesicht, so wird sie oft zitiert, das müsse man jahrelang einlachen und einweinen.

Anfangs läuft der Tränenstrom nur c-flüssig, aber dann, irgendwann …

Müsste man nicht übrigens auch neue Betten einschlafen? Neue, dicke Bücher einlesen? Und wenn man dann nicht mehr weiterlesen mag, weil es eine dieser sterbenslangweiligen Schwarten ist, die man sich wieder von einem Rezensenten im Literaturteil hat aufschwatzen lassen, was dann?

Dann setzt man eine Fertiglesebrille auf, wie sie Leser K. aus Brannenburg einmal bei Tengelmann entdeckte, als es Tengelmann noch gab: Brille auf, fertig gelesen, Ende, danke.

Aber das nur en passant.

Wir waren ja beim Bahnfahren.

Seltsame Orte gibt es in Sprachland, wo wir auf den Bahnsteigen die Züge erwarten. Einer der größten heißt Nichteinsteigen. Sehr viele Züge fahren dorthin, aber immer sind sie leer. Ich habe mich selbst überzeugt, eines längst vergangenen Tages in der WestfalenBahn auf einem Bahnhof in Nordrhein-Westfalen. Über einem Zugfenster, genau dort, wo sonst die Reiseziele verkündet werden, stand Nichteinsteigen. Aber niemand saß oder stand im Zug. Niemand wollte nach Nichteinsteigen fahren.


Ein anderes Mal an einem anderen Bahnhof: Ich stand vor dem Zug, der als ICE 77777 gekennzeichnet war, darunter stand Wir reinigen, -einsteigen. Und wiederum darunter, genau wieder dort, wo sonst die Reiseziele angegeben sind, las ich Willkommen. Und wiederum darunter, dort, wo man sonst die Zwischenziele und -halte findet, dort also entdeckte ich die Worte bitte nicht.

Willst du nach Willkommen reisen, so musst du mit der Bahn über bitte nicht fahren.

Möglich wäre des Weiteren auch die Reise mit dem Schiff.

Hier sind die Angebote vielgestaltig. Allein reisende Herren dürfte besonders das Angebot interessieren, das sich vor Jahren für eine ganze Weile auf der Internetseite der Fährgesellschaft Moby Lines in Italien fand, ganz unauffällig. Dort standen, jeweils mit einem Kästchen zum Ankreuzen versehen, die Sonderangebote ANGEBOT HIN/RÜCK, Staufreie Abfahrten, Super Frau, Angebot Kinder.

Ansonsten ist bei Schiffsreisen zu beachten: Die Überfahrt ist nicht ungefährlich. Man muss also den Sicherheitsanweisungen an Bord Beachtung schenken. Leser H. aus Wertingen zum Beispiel fand es bei einer Seereise entlang der norwegischen Küste nicht leicht, wie gefordert die Anzüge an den Enkeln zu befestigen – warum? Aus reinem Enkelmangel, er hatte zu diesem Zeitpunkt einfach keine. Denn er sollte erst vier Monate später Großvater werden.

Gott sei Dank trat der Notfall nicht ein.


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